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Giftgas ist ein Stummfilmdrama von Michail Dubson aus dem Jahr 1929 FilmOriginaltitel GiftgasProduktionsland DeutschlandOriginalsprache DeutschErscheinungsjahr 1929Lange 2 397 Meter 87 MinutenStabRegie Michail DubsonDrehbuch Peter Martin LampelNatan SarchiProduktion Paul Michael BungerMusik Werner Schmidt BoelckeKamera Akos FarkasEduard TisseBesetzungHans Stuwe Arnold Horn ein Erfinder Lissy Arna Ellen seine Frau Alfred Abel Direktor Hansen Fritz Kortner Konzernprasident ten Straaten Gerhard Dammann Arbeiter Pieter Vera Baranowskaja Pieters Frau Bobby Burns Pieters Sohn Nico Turoff Paul Rehkopf Carl Goetz Inhaltsverzeichnis 1 Handlung 2 Hintergrund 3 Rezeption 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseHandlung BearbeitenArnold Horn ein junger idealistischer Chemiker entdeckt eine Verbindung die fur die Herstellung eines wirksamen Dungemittels genauso wie fur todliches Giftgas verwendet werden kann Gegen seinen Willen setzt die Leitung der chemischen Fabrik die Produktion von Giftgas durch um so den Wert ihrer Aktien zu steigern Als der Konzernchef ten Straaten sich obendrein noch an Horns Frau Ellen heranmacht verliert der Erfinder die Nerven Als er in seiner Verzweiflung in die Fabrik einzudringen versucht schiesst der Direktor Hansen auf ihn und trifft dabei einen Gasbehalter Das Gas stromt aus und es kommt zu einer Katastrophe die alles menschliche Leben in der Stadt ausloscht In der Schlussvision des Films erheben sich die Toten des Ersten Weltkriegs und prangern den Einsatz von Giftgas an 1 Hintergrund BearbeitenDer Film entstand in Berlin nach dem Buhnenstuck Giftgas uber Berlin von Peter Martin Lampel fur die Firma Low amp Co Das Drehbuch schrieben Peter Martin Lampel und der russische Autor Natan Sarchi Die Produktion wurde von Paul Michael Bunger geleitet Die Filmbauten schuf August Rinaldi Aufnahmeleiter war Adolf Rosen Photographiert hat die Handlung der ungarische Kameramann Akos Farkas Ihm stand der Russe Eduard Tisse zur Seite 2 den eigene leidvolle Erfahrung mit dem Gegenstande verband 3 Den unglucklichen Erfinder spielte Hans Stuwe seine Frau Ellen war Lissy Arna Den Konzernchef ten Straaten gab Fritz Kortner den Direktor Hansen Alfred Abel Die russische Schauspielerin Vera Baranowskaja war in der Rolle einer Arbeiterfrau zu sehen Die Herstellung des Filmes wurde von der pazifistisch gesinnten Deutschen Liga fur Menschenrechte gefordert An der Inszenierung der Schlussvision war der russische Regisseur Sergej Eisenstein beteiligt 4 Der Film lag der Filmprufstelle Berlin am 8 November 1929 zur Prufung vor Die Urauffuhrung fand am 13 November 1929 in Berlin im Marmorhaus am Kurfurstendamm statt das als Schauplatz filmhistorisch wichtiger zuweilen stark umstrittener Filmpremieren 5 gilt die Musik zur Urauffuhrung komponierte und dirigierte Werner Schmidt Boelcke 6 Der Musikkritiker Kurt London rezensierte sie im Fachblatt Der Film 1929 wie folgt Die Gesamtlinie der Musik war ausserordentlich geschlossen und steigerte sich zu dem allegorischen Schluss von dem verhaltenen Anfang her zu einem gewaltigen sorgsam vorbereiteten Crescendo 7 Der Film lief auch in Japan wo er am 5 Marz 1931 Premiere hatte Dem Film wie auch dem Buhnenstuck das sogleich verboten wurde 8 lagen reale Zeitgeschehnisse zugrunde die geheime Aufrustung der Reichswehr unter General von Seeckt und ein Unfall in einem illegalen 9 Giftgasdepot der Firma Stoltzenberg in Hamburg bei dem 1928 acht Menschen starben und hunderte verletzt wurden 10 Rezeption BearbeitenDer Film wurde besprochen u a in der Weltbuhne Berlin Nr 47 vom 19 November 1929 und in der Frankfurter Zeitung Nr 885 vom 27 November 1929 Der Film konzentriert sich vor allem auf die Geschichte des Wissenschaftlers der seine Erfindung nicht mehr fur sich behalten kann und im Kampf gegen die Industrie unterliegt In der Aktualitat des Themas liegt die wesentliche Wirkung des Films der in seiner Gestaltung unausgeglichen ist Interessantes steht neben Dilettantischem und Unbewaltigtem Bewegend sind einige Szenen mit der Schauspielerin Vera Baranowskaja als Frau des Werkstattleiters Auf ihrem Gesicht zeigt sich das Leid und die Betroffenheit der Mutter sie ist auch in der Lage ihren Protest gross auszustellen 11 Viele Kritiker bemangelten dass die Bilder des Films zwar stark wirkten jedoch nur in eine klischeehafte Geschichte eingebettet waren und melodramatische und gesellschaftliche Konflikte unzulassig verquickt wurden Der Film notigte aber selbst seinen Gegnern Respekt ab Fritz Olimsky schrieb dazu am 14 November 1929 in der Berliner Borsen Zeitung Genau wie das bei den Russenfilmen der Fall ist kann man auch hier die kunstlerische Note keinesfalls leugnen Die Darstellung muss vom Gesichtspunkt der Tendenz betrachtet als geradezu glanzend bezeichnet werden 12 die Toten stehen aus den Grabern auf und schweben anklagend uber die Lichtreklamen der Berliner Firmen Bechstein und Kempinski Seid menschlich rufen sie aber das Publikum eilt schon zu den Garderoben So macht man keine Propaganda Tendenzwirkungen konnen von einem Kunstwerk nur dann ausgehen wenn es die Schrecken der Realitat zeigt Hier aber macht man ein Puppenspiel aus einer ernsten Sache lasst man den machtigen Bundesgenossen Film unausgenutzt Kinematographisches in Die Weltbuhne Jg 25 Nr 47 vom 19 November 1929 Wenn irgendein Film so veranschaulicht uns dieser welche Giftgase sich in unserer Filmproduktion entwickeln Die Berliner Firma Loew amp Co hat mit ihm um jeden Preis die Konjunktur ausnutzen wollen Lampel ist aktuell Giftgas ist sensationell Also dreht man nach Lampels Buhnenwerk Giftgas uber Berlin einen Reisser Lampels politische Tendenzen werden wie sich leicht versteht ausgemerzt aber das macht nichts bleibt doch das Giftgas noch ubrig Die Zensur verstummelt den Rest kein Ungluck das Publikum wird das Giftgas schon schlucken Von der Verlogenheit des ganzen Machwerks in dem Kortner und Abel durchaus fehl am Platze sind gibt die Tatsache einen Begriff dass eine Privataffare zur Ursache des offentlichen Unglucks erhoben wird Triebe nicht eine albern genug motivierte Eifersucht den Erfinder zur Verzweiflung so ginge sein Giftgas niemals in alle Winde Nicht etwa der Krieg sondern ein personliches Missverstandnis bringt hier der Bevolkerung ein prachtig arrangiertes Verderben Siegfried Kracauer in Frankfurter Zeitung Jg 74 Nr 885 vom 27 November 1929Literatur BearbeitenHerbert Birett Stummfilmmusik Eine Materialsammlung Berlin Deutsche Kinemathek 1970 Gunther Dahlke Gunter Karl Hrsg Deutsche Spielfilme von den Anfangen bis 1933 Ein Filmfuhrer 2 Auflage Henschel Verlag Berlin 1993 ISBN 3 89487 009 5 Gero Gandert Hrsg Der Film der Weimarer Republik Ein Handbuch der zeitgenossischen Kritik 1929 Unveranderter Nachdruck der gebundenen Ausgabe von 1993 de Gruyter Berlin u a 1997 ISBN 3 11 015805 1 S 247 254 868 876 Benjamin Carter Hett Crossing Hitler The Man Who Put the Nazis on the Witness Stand Illustrierte Ausgabe Oxford University Press Oxford u a 2008 ISBN 978 0 19 536988 5 S 293 Notes zu S 42 46 13 Kurt London Film Music A Summary of the Characteristic Features of Its History Aesthetics Technique And Possible Developments Ubersetzt von Eric S Bensinger Faber amp Faber London 1936 Pierre de La Rue Giftgas Filmnovelle Ein Film nach dem Buhnenwerk von P M Lampel Giftgas uber Berlin Drehbuch N Sarchi Schmidt amp Company u a Berlin u a 1929 Thomas F Schneider Hans Wagener Hrsg Von Richthofen bis Remarque Deutschsprachige Prosa zum I Weltkrieg Amsterdamer Beitrage zur neueren Germanistik Bd 53 Rodopi Amsterdam u a 2003 ISBN 90 420 0955 1 S 188 zu Anm 18 Thomas F Schneider Rezension zu Stiasny Philipp Das Kino und der Krieg Deutschland 1914 1929 Munchen 2009 In H Soz u Kult 10 Mai 2010 14 Philipp Stiasny Das Kino und der Krieg Deutschland 1914 1929 edition text kritik Munchen 2009 ISBN 978 3 86916 007 8 15 Heiner Widdig Lampel Peter Martin In Wilhelm Kuhlmann Hrsg Killy Literaturlexikon Autoren und Werke des deutschsprachigen Kulturraumes Band 7 Kram Marp 2 vollstandig uberarbeitete Auflage de Gruyter Berlin u a 2010 ISBN 978 311 02204 8 3 S 178 179 Friedrich v Zglinicki Der Weg des Films Die Geschichte der Kinematographie und ihrer Vorlaufer Mit 890 Abbildungen Rembrandt Verlag Berlin 1956 Weblinks BearbeitenGiftgas in der Internet Movie Database englisch Giftgas bei filmportal deEinzelnachweise Bearbeiten nach Dahlke Karl Hrsg Deutsche Spielfilme von den Anfangen bis 1933 1993 S 200 filmportal de und dhm de es fallt auf dass sowohl bei filmportal de als auch bei dhm de Horn es ist der willentlich und bewusst das Gas freisetzt wahrend nur bei Dahlke der Schuss des Direktors Hansen in den Gasbehalter als Ausloser der Katastrophe vorkommt Vgl Gandert Hrsg Der Film der Weimarer Republik 1929 1997 S 247 254 hier S 248 wahrend er 1916 1918 an mehreren Fronten als Kriegskameramann arbeitete wurde er bei einem Giftgasangriff verletzt vgl difarchiv Vgl dhm de Vgl Zglinicki Der Weg des Films 1956 S 437 438 Vgl Birett Stummfilm Musik 1970 S 144 zu B 24 101 IX 538 Zitiert nach Gandert Hrsg Der Film der Weimarer Republik 1929 1997 S 247 254 hier S 248 249 vgl dazu Dieter Wunderlich Marieluise Fleisser 1901 1974 Biografie Bibliografie 5 Marz 1929 Nach der Dreigroschenoper wurde im Theater am Schiffbauerdamm in Berlin die Satire Giftgas uber Berlin von Martin Lampel uraufgefuhrt und sofort verboten weil es dabei um Putschplane der Reichswehr ging Dem Deutschen Reich war durch den Versailler Vertrag der Besitz die Herstellung und die Einfuhr chemischer Waffen untersagt vgl Genfer Protokoll vom 17 Juni 1925 Vgl dazu Heiner Widdig Lampel Peter Martin In Killy Literaturlexikon Bd 7 S 178 f Sein krit Zeitstuck Giftgas uber Berlin 1929 als Film u d T Giftgas uber die geheime Aufrustung der Reichswehr unter General von Seeckt wurde unmittelbar nach der Urauffuhrung am 5 Marz 1929 von der Zensur in Berlin verboten und dhm de Der Kampf gegen den Gaskrieg der Zukunft stand in den 20er Jahren im Mittelpunkt der Anti Kriegs Bewegung Als 1928 acht Menschen beim Unfall in einem illegalen Giftgasdepot in Hamburg umkommen und hunderte verletzt werden gelangte das Thema Gaskrieg auch in den Blick der Offentlichkeit Peter Martin Lampel schrieb danach das aufsehenerregende Theaterstuck Giftgas uber Berlin das auch die Grundlage des Films Giftgas bildete Vgl Dahlke Karl Hrsg Deutsche Spielfilme von den Anfangen bis 1933 1993 S 201 202 Zit bei dhm de Note Nr 72 Hans Litten Wie das Geschmeiss gegen Lampel kampft Nr 73 Hans Litten Giftgas uber Berlin 1 Das Stuck Schwarze Fahne Jg 5 Nr 12 1929 online Dass imaginierte zukunftige Kriege unabhangig vom gewahlten Medium stets mit einem Sieg Deutschlands und der Revision des Versailler Vertrages endeten uberrascht daher ebenso wenig wie das Primat der Konsensstiftung in den von Stiasny gewahlten Filmen wie Welt ohne Krieg oder Giftgas Klappentext Wie reagiert das Kino auf die epochale Erfahrung des Ersten Weltkriegs Wie reflektiert es massenhaftes Leid Gewalt und Tod Welche Bilder traegt es zur Erinnerung an den Krieg bei Um diese Fragen zu beantworten unterzieht Philipp Stiasny das populaere Kino zwischen 1914 und der Einfuehrung des Tonfilms im Jahr 1929 einer umfassenden Revision Neben dem Genre des Weltkriegsfilms geraten dabei all die Melodramen Krimis Spionage und Abenteuergeschichten in den Blick die vom Buergerkrieg dem Krieg im historischen Gewand und dem Krieg der Zukunft handeln Sie bieten Spannung Tiefsinn und Sensationen befriedigen die Schaulust wecken grosse Gefuehle und Emotionen Darin Kapitel 3 Strahlen Gas und schwache Manner Szenarien des Zukunftskrieges 238 In Zukunft jeder Krieg unmoeglich WELT OHNE KRIEG 1920 280 Pazifismus Kitsch und Massenmord GIFTGAS 1929 300 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Giftgas Film amp oldid 223841320