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Als Gesellenschaft oder Gesellenbruderschaft werden die seit dem 14 Jahrhundert urkundlich nachweisbaren Zusammenschlusse der Gesellen und Knechte einer bestimmten Handwerksgruppe bezeichnet 1 die bei Streitigkeiten um Arbeitsbedingungen dem Zusammenschluss der Meister das heisst der fur dieses Handwerk zustandigen Zunft oder Meisterschaft gegenuberstanden Etymologie BearbeitenGesellenschaft bedeutet 2 1 die zeit und der Stand da einer gesell ist 2 verhaltnis der genossen zueinander ihre des papstes und des teufels gegenseitige gesellenschaft 3 die gesamtheit der gesellen Geschichte BearbeitenIn der Zeit des freien Zunftwesens standen die Gesellen rechtlich im gleichen Verhaltnis zu den Meistern wie die Lehrlinge Der Geselle gehorte dem patriarchalischen Grundton der Zeit entsprechend zum Hauswesen seines Meisters dessen Haus er der Knecht oder Knappe nicht einmal fur eine Nacht verlassen durfte Der Geselle war werdender Meister 3 Die Gesellenschaft war Durchgangsstufe zum Meisterstand 4 Es gab also ursprunglich keine Trennung eines Standes der unselbstandigen Arbeiter und eines Standes der selbstandigen Unternehmer Erst die soziale Trennung fuhrte zur Selbstwahrnehmung der Gesellen als Gruppe Im Laufe des 14 Jahrhunderts differenzierten sich die Zunfte der einzelnen Handwerke Gesellen die mit den Arbeitsbedingungen nicht zufrieden waren konnten in der Regel eine Anderung nur bewirken wenn sie als Gruppe auftraten Urkundlich nachweisbar ist eine solche Koalition von Gesellen 1329 in Breslau Dort hatten wie es in der lateinischen Ratsurkunde 5 heisst die Gurtlergesellen einen Entschluss gefasst dass keiner innerhalb Jahresfrist irgend einem Gurtlermeister dienen solle Der genaue Grund der Unzufriedenheit ist den Urkunden nicht zu entnehmen muss aber angesichts der langen Dauer des Ausstandes schwerwiegend gewesen sein Die vereinigten Gurtlermeister verpflichteten sich ihrerseits untereinander und dem Rat gegenuber keinen der streikenden Gesellen wieder in ihre Dienste zu nehmen In der ersten urkundlich belegten 6 Lohnstreitigkeit hatten die schon eigenstandigen Weberknechte sie durften verheiratet sein und waren nicht in Kost bei ihren Meistern in Speier 1351 ihren Meistern gemeiniglich erklart dass der ubliche Lohn zu gering sei und ihre Arbeit eingestellt Es kam zu einem Vergleich auf ewige Zeiten der 10 Jahre eingehalten wurde und dann zu einer neuen Arbeitseinstellung fuhrte die 1362 erneut beigelegt wurde Im weiteren Verlauf des 14 Jahrhunderts ist es vielerorts zu Verabredungen der Zunfte gekommen um den zunehmenden Anspruchen der selbstbewussteren Gesellen zu begegnen auch durch die Verlangerung der von den Zunften vorgeschriebenen Lehr und Wanderzeit der Gesellen 7 Im Verlauf des 15 Jahrhunderts verstarkten sich sowohl die Bestrebungen zur Bildung von Gesellenschaften als auch die gegenlaufigen Bemuhungen der Zunfte und Rate diese zu begrenzen oder zu verbieten 8 9 10 Zu Beginn des 16 Jahrhunderts werden die zunehmend besser organisierten Gesellenschaften in verschiedenen Reichsstadten auf Drangen der Zunfte mit Verboten belegt So beschwerten sich etwa die Brauermeister zu Luneburg 11 im Jahr 1519 daruber dass ihre Knechte ausserhalb der Stadt Zusammenkunfte hielten woraus leicht Rotterei und boses Vornehmen folgen konnte Als Folge zahlreicher Beschwerden der Reichsstadte ergeht 1530 auf dem Reichstag zu Augsburg eine allgemeine Reichspolizeiordnung 12 mit einem ersten allgemeinen Verbot gegen gemeinsam ausgefuhrte Unternehmungen von Gesellen doch scheint dies ohne nachhaltige Wirkungen gegen die zunehmend fest geschlossenen Gesellenschaften geblieben zu sein wie der Nurnberger Rat 1565 in einem Schreiben an die Strassburger feststellt 13 Im 17 Jahrhundert setzen sich Gesellenordnungen der ihrer Macht zunehmend bewussten Gesellenschaften gegenuber den Meistern zunehmend durch 14 und es kommt zu Missstanden die zum Reichsgutachten von 1672 fuhrten 15 Im 18 Jahrhundert werden durch das Reichsgewerbegesetz von 1731 16 und die ihm folgenden Landesordnungen die bestehenden Bruderschaften und Gesellenschaften aufgehoben Die Obrigkeit wird verpflichtet Versammlungen oder Verbindungen der Gesellen zu verbieten Harteste Strafen einschliesslich der Todesstrafe werden angedroht Im 19 Jahrhundert setzt sich als Folge der Liberalisierung der Begriff der Koalitionsfreiheit zunehmend durch und mundet schliesslich in der Reichsgewerbeordnung von 1872 die alle Koalitionsverbote aufhob Einzelnachweise Bearbeiten Ritscher Wolfgang Koalitionen und Koalitionsrecht in Deutschland bis zur Reichsgewerbeordnung Neudruck Keip Verlag 1992 ISBN 3 8051 0111 2 Deutsches Worterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm Band 5 Seiten 254 255 S Hirzel Verlag Leipzig 1897 Gierke Das deutsche Genossenschaftsrecht Lujo Brentano Die gewerbliche Arbeiterfrage in Schonber Hrsg Handbuch der politischen Okonomie Korn Schlesische Urkunden zur Geschichte des Gewerbewesens Mone Zeitschrift fur Geschichte des Oberrhein Band 17 S 56 ff Lujo Brentano Das Arbeitsverhaltnis gemass heutigem Recht Schmidt Geschichte der Stadt Schweidnitz Schonlank Soziale Kampfe vor 300 Jahren Rudiger Altere Hamburgische und HanseatischHandwerksgesellendokumente Bodemann Altere Zunfturkunden der Stadt Luneburg Emminghaus Corpus Juris Germanici Schonlank s oben Schmoller Das brandenburgisch preussische Innungswesen von 1640 1800 Meyer Geschichte der preussischen Handwerkspolitik Band I Gerstlacher Handbuch der teutschen Reichsgesetze Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gesellenschaft amp oldid 238606428