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Geschmack ist ein kulturelles und asthetisches Ideal dessen Verstandnis wiederkehrender Bestandteil der soziologischen und philosophischen Debatte ist So lehnen Soziologen wie Bourdieu oder Simmel das Konzept eines guten Geschmacks vollstandig ab und argumentieren dass der legitimierte Geschmack einer Gesellschaft der der herrschenden Klasse ist Kant hingegen versteht Geschmack als asthetisches Urteilsvermogen dessen Gultigkeit nicht von der allgemeinen Meinung der Mehrheit oder einer bestimmten sozialen Gruppe abhangt Nach Kant existiert ein allgemeingultige Form des guten Geschmacks diese kann aber nicht empirisch identifiziert werden und findet sich nicht in Normen oder Verallgemeinerungen wieder Inhaltsverzeichnis 1 Verschiedene Dimensionen des Begriffs 1 1 Zwischen Asthetik und Moral 1 2 Zwischen Allgemeingultigkeit und Subjektivitat 1 3 Geschmack im soziologischen Sinne 1 4 Empirische Forschung 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseVerschiedene Dimensionen des Begriffs BearbeitenZwischen Asthetik und Moral Bearbeiten Gadamer fuhrt dazu aus Die lange Vorgeschichte die dieser Begriff hat bis er von Kant zum Fundament seiner Kritik der Urteilskraft gemacht wird lasst erkennen dass der Begriff des Geschmacks ursprunglich eher ein moralischer als ein asthetischer Begriff ist 1 Dieses handlungsbezogene eher moralische Geschmacksideal wird unmittelbar verstandlich wenn man z B seine Auswirkung auf die Mode d h auf die Kleiderordnung im ursprunglichen Sinne des Wortes bedenkt Hier schlagt sich die entsprechende Bedeutung des Begriffs in der Art des Auftretens und der Gestaltung seiner personlichen Umgebung nieder Die Rolle der Sinnlichkeit und Asthetik ergibt sich aus der bewusstseinsbildenden Funktion der Sinne wie sie die heutige Sinnesphysiologie und Psychologie verdeutlicht und immer schon eine uberlieferte Erfahrungstatsache im Bereich der Erziehung und Ausbildung war Der Begriff des Sensus communis betont das sinnlich Erfassbare schon von der Wortbedeutung eines Sinnes her lat sensus Sinn sentire spuren fuhlen Dem Sinnlichen ist andererseits die Doppelbedeutung von Sinnesorgan und abstraktem Sinn gelaufig Sinn und Unsinn sind eben Gegenstand des abstrakten Urteilsvermogens als einer Frage des asthetischen Bewusstseins Damit wird ein Unterscheidungsvermogen bezeichnet das sich aus allen Sinnen zusammensetzt naturlich nicht nur aus dem Geschmacksvermogen als der Leistung des gustatorischen und olfaktorischen Systems Insofern stellt Geschmack naturlich eine Verallgemeinerung dar Wesentlich fur die Bewusstseinsqualitat des guten Geschmacks ist dass sie zwar nicht wie die Leistungen des Verstands an Begriffe gebunden ist uns aber dennoch zu Mitteilungen befahigt 2 Wenn Gadamer von einer Einengung des Begriffs des Geschmacks selbst spricht so meint er damit die Einengung auf das Schongeistige Zwischen Allgemeingultigkeit und Subjektivitat Bearbeiten Wahrend der Begriff einer naturlichen Bildung sich auch heute noch auf die aussere Erscheinung und die Bildung der Gestalt sowohl fur den einzelnen Menschen als auch als allgemeines Erziehungsideal bezieht hat sich fur die geistige Bildung ein Wandel hin zur Allgemeingultigkeit vollzogen ein Wandel der auch Einfluss auf den Begriff des Geschmacks genommen hat Geschmack ist demnach nicht mehr nur ein subjektives Vermogen wie es noch Kant verstanden hat sondern vielmehr eine kulturelle Eigenschaft wie sie bereits von Hegel und Wilhelm von Humboldt vorausgesetzt wird Vorliebe wird von Geschmacksurteilen getrennt De gustibus non est disputandum Uber Geschmack darf nicht verhandelt werden Er ist nicht vom Urteil anderer abhangig Das verleiht ihm die subjektive Entschiedenheit ebenso wie den objektiv gultigen Anspruch auf Geltung Geschmack umfasst den ganzen Bereich von Sitte und Anstand Das Geschmacksideal hat Geschichte gemacht indem es zum Ideal des dritten Standes wurde und somit nicht mehr Geburt und Rang sondern allein die Gemeinsamkeiten des Urteils entscheidend waren Geschmack im soziologischen Sinne Bearbeiten Geschmack haben wird auch als gesellschaftlich soziales Distinktionsmittel gebraucht insofern wird so genannter guter bzw hoher Geschmack von schlechtem bzw niedrigem Geschmack unterschieden Dem Soziologen Pierre Bourdieu in seinem 1979 erschienenen Hauptwerk Die feinen Unterschiede zufolge entwickeln die Akteure im Raum der Lebensstile uber und untergeordnete Formen des Geschmacks die an die Klasse gebunden sind Empirische Forschung Bearbeiten Fragestellungen zum Geschmack als asthetischer Praferenz werden auch mit Methoden der empirischen Asthetik als Teildisziplin der Psychologie untersucht So hat zum Beispiel eine Meta Analyse von 23 Studien mit insgesamt 1531 Teilnehmern das Verhaltnis von Intelligenz zum Geschmack untersucht Es zeigte sich dass die Fahigkeit visuelle Schonheit zu bewerten eine geringe bis mittlere Korrelation mit dem Generalfaktor der Intelligenz hat 3 Auch die Personlichkeit beeinflusst den Geschmack Eine Studie von uber 90 000 Personen zeigte dass Personlichkeitsmerkmale wie Offenheit fur Erfahrung starke Korrelate der Praferenzen fur bestimmte Gemalde und des Geniessens von Besuchen in Kunstgalerien sind 4 Literatur BearbeitenBaldassare Castiglione Der Hofmann Lebensart in der Renaissance Wagenbach Berlin 1996 ISBN 3 8031 2264 3 italienisch Il Libro del Cortegiano Ubersetzt von Albert Wesselski Mit einem Vorwort von Andreas Beyer Originalausgabe von 1528 Ute Frackowiak Der gute Geschmack Studien zur Entwicklung des Geschmacksbegriffs Fink Munchen 1994 Baltasar Gracian y Morales Der kluge Weltmann Dt Taschenbuch Verlag Munchen 2004 ISBN 3 423 13254 X spanisch El Discreto Ubersetzt von Sebastian Neumeister Aus dem Original von 1646 ins Deutsche ubertragen und mit einem Anhang versehen David Hume Von der Regel des Geschmacks catware net Verlag Norden 2016 ISBN 978 3 941921 60 3 Originaltitel Of the Standard of Taste Ubersetzt von Martin Kohler Pierre Bourdieu Die feinen Unterschiede Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft 1 Auflage Suhrkamp Frankfurt am Main 2008 ISBN 978 3 518 28258 8 Annemarie Gethmann Siefert Einfuhrung in die Asthetik Fink Munchen 1995 ISBN 3 7705 3059 4 Weblinks BearbeitenJames Shelley The Concept of the Aesthetic In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Michael R Spicher Aesthetic Taste In J Fieser B Dowden Hrsg Internet Encyclopedia of Philosophy Einzelnachweise Bearbeiten Hans Georg Gadamer Wahrheit und Methode Grundzuge einer philosophischen Hermeneutik Gesammelte Werke Band I Hermeneutik I J C B Mohr Paul Siebeck Tubingen 1990 ISBN 3 16 145616 5 S 40 Immanuel Kant Kritik der Urteilskraft 1790 39 B 153 f Nils Myszkowski Pinar Celik Martin Storme A meta analysis of the relationship between intelligence and visual taste measures In Psychology of Aesthetics Creativity and the Arts Band 12 Nr 1 S 24 33 doi 10 1037 aca0000099 apa org abgerufen am 27 Marz 2018 Tomas Chamorro Premuzic Stian Reimers Anne Hsu Gorkan Ahmetoglu Who art thou Personality predictors of artistic preferences in a large UK sample The importance of openness In British Journal of Psychology Band 100 Nr 3 August 2009 ISSN 0007 1269 S 501 516 doi 10 1348 000712608x366867 wiley com abgerufen am 3 Mai 2018 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Geschmack Kultur amp oldid 232750701