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Dieser Artikel behandelt die Entwicklung eines individuellen Gehirns Zur stammesgeschichtlichen Entwicklung des Gehirns siehe Zerebralisation Die Gehirnentwicklung beim Menschen auch Hirnentwicklung beginnt in der dritten Schwangerschaftswoche und ist erst nach der Pubertat mehr als 20 Jahre nach der Geburt weitgehend abgeschlossen 1 Embryogenese des Vertebratengehirns Das Neuralrohr nicht illustriert differenziert zunachst in Prosencephalon Mesencephalon und Rhombencephalon linke Bildhalfte ungefahr 4 Woche Anschliessend differenziert das Prosencephalon in Diencephalon und Telencephalon Das Diencephalon differenziert weiter aus Unter den Primaten verfugt der Mensch uber das grosste Gehirn in Relation zu seiner Korpermasse Dies ermoglicht ihm seine typisch menschlichen Fahigkeiten wie ausgepragte Lernfahigkeit komplexes Sozialverhalten und die Kommunikation durch Sprache 2 Inhaltsverzeichnis 1 Die Abschnitte der Gehirnentwicklung 1 1 Pranatale Gehirnentwicklung 1 1 1 Neuronale Induktion 1 1 2 Neuronale Proliferation 1 1 3 Migration Aggregation und Differenzierung 1 1 4 Bildung der Verbindungen 1 1 5 Neuronale Apoptose und Selektion der synaptischen Verschaltungen 1 1 6 Entwicklung des Grosshirns und der Grosshirnrinde 1 1 7 Entwicklung des Kleinhirns 1 2 Postnatale Gehirnentwicklung 1 2 1 Myelinisierung 1 2 2 Synaptogenese und Selektion von Synapsen 1 2 3 Entwicklung von Denk und Erinnerungsprozessen 1 3 Entwicklungsstorungen 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseDie Abschnitte der Gehirnentwicklung BearbeitenDie Entwicklung des menschlichen Gehirns kann in mehrere Abschnitte unterteilt werden die jedoch gleitend ineinander ubergehen Pranatale Gehirnentwicklung Bearbeiten Ab der dritten Entwicklungswoche beginnt beim menschlichen Embryo die Entwicklung von Gehirn und Nervensystem 3 Dazu bildet sich entlang des Ruckenmarks aus der Neuralplatte eine Zellplatte am Rucken des Embryos ein Rohr aus Nervengewebe das Neuralrohr In diesem wachsen die entstehenden Nervenzellen bis zu ihrem Bestimmungsort wobei sie sich an radial ausgerichteten Gliazellen orientieren In der vierten bis sechsten Woche formieren sich die Neuronen zu drei Ausbuchtungen den Primarvesikeln Aus diesen werden die Hirnareale Vorderhirn Mittelhirn und Hinterhirn gebildet 4 Auf dem Primarvesikel des Vorderhirn sitzt ausserdem die Augenknospe auf dem des Hinterhirns die Ohrknospe Aus zwei Ausbuchtungen des Vorderhirns werden schliesslich die beiden Gehirnhalften Diese durchlaufen ein schnelles Wachstum und fangen an sich uber das Hinterhirn auszubreiten Ab der elften Woche beginnt sich das Kleinhirn zu entwickeln Bei der Geburt verfugt das Gehirn dann uber seine vollstandige Anzahl an Nervenzellen Bei der Betrachtung der Entwicklung des Nervensystems und damit des Gehirns ergeben sich grob funf unterscheidbare Stadien 5 Neuronale Induktion Neuronale Proliferation Migration Aggregation und Differenzierung Bildung der Verbindungen neuronale Apoptose und Selektion der synaptischen VerschaltungenNeuronale Induktion Bearbeiten Bei der neuronalen Induktion geht es darum dass sich ein Teil des Ektoderms die aussere Zellschicht des Embryos in Gewebe umwandelt das fur die Bildung von Nervenzellen geeignet ist namlich die Neuroektoderm die Neuralplatte Das heisst hier wird erstmals die Voraussetzung dafur geschaffen dass sich ein Nervensystem und somit ein Gehirn entwickeln kann Dieser Vorgang wird durch eine komplexe Wirkungskette verschiedener Induktions Molekule bewirkt Grundlegend dafur ist die Hemmung der Ausschuttung von BMP bone morphogenetic protein das ansonsten die neuronale Entwicklung verhindern wurde Diese Hemmung wiederum wird durch Substanzen wie Follistatin Chordin und Noggin hervorgerufen die im Chordafortsatz gebildet werden Der Chordafortsatz ist ein sternformiges Gebilde im Mesoderm mittlere Zellschicht des fruhen Embryos das dazu mit dem Ektoderm verschmilzt 6 7 Dies ist die eine Seite der Differenzierung der Zellen im Ektoderm hin zu neuronalen Stammzellen die durch das Mesoderm also eine andere Zellschicht induziert wird Es gibt aber daruber hinaus noch einen weiteren Wirkungsfaktor So haben neuere Untersuchungen gezeigt dass bereits in einem fruheren Stadium FGF fibroblast growth factor dazu dient die Transkription von BMP zu unterdrucken Ausserdem ist FGF notig um zu einer neuronalen Ausgestaltung der Zellen zu fuhren 8 9 Schliesslich kommt es zur Differenzierung des Neuronalrohrs selbst was zur Ausbildung der drei bekannten Gehirnareale in dieser Reihenfolge fuhrt Vorderhirn Mittelhirn und Hinterhirn sowie Ruckenmark Die Differenzierung wird durch Modulation der Genexpression induziert Zunachst bewirkt am Vorderhirn die Prachordalplatte durch Expression von Transkriptionsfaktoren wie Emx empty spiracle Lim und Otx orthodenticle die Differenzierung der Zellen Diese Aufgabe ubernehmen am Mittel und Hinterhirn der Cordafortsatz und das paraxiale Mesoderm Weiterhin scheint der Isthmus Organisator eine wichtige Rolle bei der Gliederung des Gehirns durch Expression von FGF und en engrailed zu spielen 9 In diesem Zustand sind die Zellen noch nicht besonders spezialisiert und kleinere Gewebeschaden konnen leicht ausgeglichen werden So kann man zum Beispiel Gewebe des Vorderhirn Augen Feldes entfernen ohne dass es zu bleibenden Schaden kommen wurde da der Verlust an Zellen einfach durch vermehrte Zellteilung ausgeglichen wird 10 Neuronale Proliferation Bearbeiten Etwa ab dem 23 Tag der Schwangerschaft kommt es zur sogenannten Proliferation eine Phase verstarkter Zellteilung der Neuronen Stammzellen Wahrend die Anzahl an Zellen im Neuronalrohr mit ca 125 000 Zellen relativ klein ist kommt es sobald das Neuronalrohr verschlossen ist zu einem sprunghaften Anstieg der Teilungsrate an der in diesem Stadium alle Zellen beteiligt sind Dabei wandern die Zellen in einem Teilungszyklus von der Aussenflache des Neuronalrohrs zur Innenflache mit der sie durch einen dunnen Fortsatz verbunden sind Bevor sie sich teilen ziehen die Zellen diese Fortsatze ein um sie nach der Teilung sofort wieder zu bilden Je nachdem ob der Teilungszyklus symmetrisch d h vertikal oder asymmetrisch d h horizontal ist entstehen dabei zwei neue Zellen die ihre Teilungsfahigkeit behalten oder je eine Zelle mit und eine ohne erneute Teilungsfahigkeit 11 Nach mehreren Teilungszyklen abhangig vom Hirngebiet und der dortigen Zelldichte scheiden die Zellen aus dem Teilungszyklus aus und wandern aus der Ventrikularschicht in die intermediare Schicht wo sie zu postmitotischen Neuronen differenzieren Die intermediare Schicht besteht dann letztendlich aus jungen Zellen ohne jegliche Teilungsfahigkeit und Vorstufen von Gliazellen mit lebenslanger Teilungsfahigkeit Diesen Vorgang der Teilung und Differenzierung bezeichnet man als Neurogenese Es ist noch unklar wie genau die Bildung der verschiedenen Nerven und Gliazellen an den verschiedenen Positionen im Nervensystem koordiniert ist Prinzipiell scheint sie im Gehirn jedoch ahnlich wie im Ruckenmark abzulaufen Jede Nerven Vorlauferzelle erhalt durch ausserhalb des Neuralrohrs produzierte Signale eine positionelle Information zugewiesen Diese Position in Zusammenhang mit dem Zeitpunkt zu dem die Zelle gebildet wurde bestimmt dann ihr spateres Schicksal Der Gradient an SHH Molekulen sonic hedgehog Molekule ist dabei primar bestimmend fur die spatere Region Abhangig von seiner Konzentration fallt die Kontrolle von Homoodomanen Transkriptionsfaktoren der Klasse I die unterdruckt werden und Faktoren der Klasse II die induziert werden in den Neuronen Vorlauferzellen aus SHH fuhrt somit zur Bildung von funf verschiedenen Streifen ventraler Vorlauferzellen Diese Muster bestimmen spater welche Transkriptionsfaktoren in den neuronalen Zellen exprimiert werden 8 12 Ebenfalls eine Rolle fur die spatere Differenzierung scheint der Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Teilungszyklus zu spielen Drei Aussagen lassen sich treffen Grosse Neuronen oder solche mit relativ langen Axonen werden allgemein fruher angelegt als kleine Nervenzellen oder solche mit relativ kurzen Axonen Das Muster der Zeitpunkte zu denen die Zellen aus dem Teilungszyklus ausscheiden unterscheidet sich je nach Hirnregion So horen zum Beispiel Zellen in der Grosshirnrinde die naher an der Oberflache liegen spater auf sich zu teilen Bei der Netzhaut des Auges ist es dagegen genau umgekehrt Hier horen Zellen die in oberflachlicheren Schichten der Netzhaut liegen fruher auf sich zu teilen Obwohl die ersten Gliazellen zusammen mit den ersten Nervenzellen entstehen uberdauert ihre Produktion die der Nervenzellen Migration Aggregation und Differenzierung Bearbeiten Siehe auch Aggregationsverband und Differenzierung Biologie Die Wanderung der Zellen danach ist amoboid das heisst die Zellen senden einen Fortsatz aus an dem sie entlang fliessen Dabei orientieren sie sich an speziellen Gliazellen die von der Ventrikularschicht Fortsatze bis zum Neuronalrohr gebildet haben Die durchschnittliche Wanderungsgeschwindigkeit betragt dabei ca 0 1 Millimeter pro Tag 13 Gelegentlich kommt es auch vor dass Zellen ihren Bestimmungsort verfehlen und in falsche Positionen gelangen Diese konnen aber spater eliminiert werden Sobald die Nervenzellen ihre endgultige Position erreicht haben beginnen sie Aggregate Zellansammlungen und damit die verschiedenen Strukturen des Gehirns zu bilden Molekule an der Zelloberflache ermoglichen es den Zellen dabei wahrscheinlich sich untereinander zu erkennen und aneinander zu binden Daruber hinaus nehmen die Neuronen aber auch eine bestimmte Orientierung ein So ist beispielsweise die Ausrichtung der Pyramidenzellen so dass ihre apikalen von ihrer Spitze ausgehenden Dendriten senkrecht zur Gehirnoberflache stehen ihre Axone dagegen in Richtung der weissen Substanz verlaufen Ausserdem findet bei den Nervenzellen in dieser Phase der Differenzierung die Wahl der Erregungsleitung und ubertragung in den Synapsen statt Bildung der Verbindungen Bearbeiten Hauptartikel Wachstumskegel Die meisten Nervenzellen in Gehirnen von Saugetieren sind multipolar das heisst sie bilden zahlreiche sich verjungende Dendriten aber nur ein einzelnes Axon Die Bildung dieser Strukturen findet statt wenn die Zelle ihre endgultige Position erreicht hat Wie es den wachsenden Nervenfasern dabei gelingt ihren vorbestimmten Weg zu finden hangt von einer Reihe komplexer Mechanismen ab Es sind dabei drei Fragestellungen zu unterscheiden Wie finden die Axone ihren Weg pathway selection Einige Nervenfasern scheinen an einem chemischen Gradienten entlang zu wachsen Andere wiederum orientieren sich moglicherweise an ihren Nachbarn 14 Wie erkennen sie das Zielgebiet target selection Das richtige Zielgebiet ist wahrscheinlich genetisch vordefiniert 14 Wie erkennen sie die Zielzelle address selection Hier spielen vor allem aktivitatsabhangige Prozesse eine grosse Rolle Eng damit verwandt sind die molekularen und zellularen Prozesse des Lernens in Organismen 14 Ist die Zielzelle erkannt kommt es zur Ausbildung von Synapsen zwischen den Nervenzellen Dabei ist der NGF Nerve Growth Factor entscheidend ohne ihn kommt es nicht zur Ausbildung eines funktionierenden Nervensystems 11 Der Zeitpunkt wann es zur Synaptogenese Bildung der Synapsen kommt ist dabei von Gehirnregion zu Gehirnregion verschieden Teilweise dauert sie sogar uber die Schwangerschaft hinaus an Im prafrontalen Kortex etwa halt sie bis zum Jugendalter hin an 12 Neuronale Apoptose und Selektion der synaptischen Verschaltungen Bearbeiten Etwa zeitgleich mit dem Prozess der Synaptogenese kommt es zur Apoptose das ist das kontrollierte Sterben von Zellen Da im fruhen Stadium der Entwicklung des Nervensystems sehr viele Zellen gebildet wurden kommt es je nach Gehirnregion zur Apoptose von bis zu 85 der Neuronen Dies geschieht dadurch dass alle Nervenzellen um synaptische Kontakte konkurrieren Neuronen die nicht in der Lage sind eine bestimmte Zahl an Verschaltungen auszubilden sterben in der Folge ab Damit werden gleich zwei Ziele erreicht Zum einen den quantitativen Ausgleich von untereinander in Verbindung stehenden Neuronpopulationen und zum anderen die Auflosung von fehlgeschlagenen inkorrekten Verbindungen 12 Die Zahl an uberlebenden Nervenzellen ist damit abhangig von den benotigten synaptischen Kontakten die sich aus dem Zielgebiet des Nervenverbandes ergeben So verbleiben beispielsweise mehr motorische Neuronen im Ruckenmark wenn man dem Embryo eine zusatzliche Extremitat einpflanzt Auslosende Faktoren fur die Apoptose konnen dabei sein apoptogene Membranrezeptoren werden aktiviert insbesondere durch TNF a oder zelltod spezifische Liganden wie FAS kerngebundene Rezeptoren werden aktiviert verschiedene Stressfaktoren wirken ein und wichtigster Ausloser ist das Fehlen von Uberlebenssignalen wachstumsauslosende Molekule wie NGF BDNF CNTF 15 Etwas spater passt sich dann ausserdem die Zahl der Synapsen an Zum Beispiel werden bei erwachsenen Saugetieren die einzelnen Muskelzellen in den Extremitaten von nur einer einzigen Synapse innerviert In der Entwicklung kommt es jedoch zu einer Phase der mehrfachen Innervation Wahrend der zweiten und dritten Woche nach der Geburt verschwinden dann alle uberzahligen Synapsen bis auf eine pro Muskelzelle Auch hier kommt es also zu einer Art Anpassung an die gegebenen Umstande die aktivitatsabhangig gesteuert ist Die Aktivitat kann entweder von der Zelle selbst endogene Aktivitat oder von von aussen ankommenden Signalen stammen funktionelle Aktivitat Durchschnittlich degenerieren so etwa 40 der ursprunglich gebildeten Synapsen wieder 12 Entwicklung des Grosshirns und der Grosshirnrinde Bearbeiten Zur Entwicklung der beiden Gehirnhalften kommt es indem sie aus der lateralen Wand des Prosencephalus das am weitesten mundwarts gelegene Primarvesikel des embryonalen Hirns bestehend aus End und Zwischenhirn beidseitig Ausstulpungen bilden die sich immer weiter vergrossern 16 Prinzipiell lagern sich die Perikaryen graue Substanz bei der Entwicklung des Gehirns um den zentralen Liquorraum an wohingegen die Axone weisse Substanz weiter aussen liegen Allerdings kommt es in den Bereichen der Grosshirnhemisphare und des Kleinhirns auch zur Bildung grauer Substanz an der Oberflache sogenannter Rinde Dies geschieht indem Neuronen die ursprunglich in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Vesikeln gebildet wurden an die ausseren Bereiche der Grosshirnhemisphare abwandern Schliesslich bildet sich so eine 6 schichtige und ca 2 mm dicke Schicht aus 10 bis 14 Milliarden Nerven und etwa zehnmal so vielen Gliazellen heraus Ab der 18 Schwangerschaftswoche hat die Grosshirnrinde dann ihre typische Form die durch die Fissuren Spalten Sulci Furchen und Gyri Windungen gekennzeichnet ist 17 Neuronen im Inneren dagegen bilden die sogenannten Basalganglien 18 Entwicklung des Kleinhirns Bearbeiten Auch im Kleinhirn liegt graue Substanz sowohl im Inneren als Kerngebiet als auch oberflachlich als dreigliedrige Rinde vor Die Histogenese Entwicklung des Kleinhirns findet ab der funften Woche statt und geht dabei von zwei verschiedenen Zonen aus innere Keimschicht der Flugelplatten des Metencephalons Hier werden jene Zellen gebildet die von der 6 bis zur 8 Woche auswandern und dabei die Kerngebiete bilden Weiterhin ab der neunten Woche Neuroblasten fur die Purkinje Zellen die ebenfalls abwandern und schlussendlich noch die Sternzellen Korbzellen und Golgi Zellen rostraler Teil der Rautenlippen Er stellt den Bildungsort fur die Kornerzellen dar die ab der 11 Woche zur Kleinhirnoberflache abwandern und die aussere Kornerschicht bilden Damit ist die Entwicklung des Kleinhirns aber noch lange nicht abgeschlossen Die Bildung des neuronalen Netzwerkes der Purkinje Zellen und die Wanderung der Neuronen der ausseren Kornerschicht dauert noch einige Jahre uber die Geburt hinaus an 19 Wahrend der gesamten Schwangerschaft ist das neuronale Netzwerk ausserst fragil und daher anfallig fur jegliche Umwelteinflusse die ihm Schaden konnten So kann z B Alkohol zum fetalen Alkoholsyndrom fuhren was mit erheblichen Schaden verbunden sein kann 20 3 21 Postnatale Gehirnentwicklung Bearbeiten Auch wenn bei der Geburt bereits alle Nervenzellen vorhanden sind so ist die Entwicklung des Gehirns noch lange nicht abgeschlossen Ein funktionsfahiges Netzwerk muss sich erst noch entwickeln zum Zeitpunkt der Geburt ist erst ein grobes Gerust angelegt Daher wachsen Gehirn und Nervennetz bis zum sechsten Lebensjahr ausserst zugig danach verlangsamt sich die Entwicklung bis sie letztendlich jenseits des 20 Lebensjahrs abgeschlossen ist Myelinisierung Bearbeiten Hauptartikel Myelinisierung Werden Nervenzellen myelinisiert so bildet sich um sie herum ein Mantel aus Oligodrendrogliazellen was zu einer erheblich verbesserten Leitungsfahigkeit fuhrt und damit notwendig ist um sinnvolle intakte Verknupfungen im Gehirn auszubilden Sie beginnt schon im zweiten Drittel der Schwangerschaft erreicht innerhalb der ersten acht Lebensmonate aber ihren Hohepunkt Letztendlich fuhrt das in Kombination mit der Selektion von Verbindungen dazu dass die Geschwindigkeit der Nervenimpulse sich um das 16fache erhoht 4 12 Bei der Myelinisierung lassen sich folgende Regeln fur die Reihenfolge feststellen in der die Axone ummantelt werden proximale werden vor distalen Verbindungen myelinisiert sensorische Neuronen kommen vor motorischen zuerst spezifische Afferenzen die vom Thalamus kommen dann die unspezifischen die zentralen werden vor den polaren Bereichen des Grosshirns myelinisiert occipitale werden vor temporalen Polen myelinisiert Auch das Grossenwachstum des Gehirns ist durch die Ummantelung der Nervenfasern mit der Myelin Scheide erklarbar denn die Zahl der Neuronen selbst nimmt nicht zu 3 Synaptogenese und Selektion von Synapsen Bearbeiten Auch der Vorgang der Synaptogenese ist bei der Geburt mit gerade einmal durchschnittlich 2 500 Synapsen pro Neuron noch lange nicht abgeschlossen Bei Kleinkindern liegt diese Zahl schon bei 15 000 das Gehirn eines Zweijahrigen enthalt schon so viele Synapsen wie das eines Erwachsenen und das eines Dreijahrigen sogar doppelt so viele Bis zum zehnten Lebensjahr werden sie daraufhin wieder abgebaut Diese enorme Zahl an Verbindungen pro Nervenzelle lasst auf eine sehr hohe Anpassungs und Lernfahigkeit im Alter von zwei bis zehn Jahren schliessen 4 3 Ausserdem findet im Zeitraum nach der Geburt der Grossteil an Selektionsprozessen von neuronalen Verbindungen statt In Zusammenschau mit den obigen Punkten deutet dies darauf hin dass die Entwicklung des Gehirns massgeblich von seiner Umwelt mitbestimmt und nur die Grundlage dieser Entwicklung pranatal genetisch determiniert gelegt wird 5 4 Das erwachsene Gehirn ist dann nur noch begrenzt veranderbar und umbaufahig 3 Entwicklung von Denk und Erinnerungsprozessen Bearbeiten Das Vermogen zur Bildung von Erinnerungen ist schon im Kleinkind angelegt jedoch ist der Zeitraum fur den eine Erinnerung gespeichert werden kann anfangs noch recht kurz Er betragt bei einem Alter von 6 Monaten 24 Stunden 9 Monaten 1 Monatund nimmt im Laufe der Zeit immer weiter zu Deswegen erinnert man sich im Allgemeinen nicht an Ereignisse aus dem 3 bis 4 Lebensjahr und nur sehr schwach an die aus dem 5 bis 6 3 Ab etwa vier Jahren wird die Kommunikation zwischen rechter und linker Gehirnhalfte entscheidend verbessert was zum logischen analytischen Denken befahigt Studien mit dem MRT haben ausserdem gezeigt dass der Anteil an grauer Substanz und weisser Substanz im Gehirn sich etwa ab 12 Jahren bis zum Erwachsenenalter zu Gunsten der weissen verschiebt 22 3 Entwicklungsstorungen Bearbeiten Abhangig vom Stadium der Gehirnentwicklung kann es bei schadlichen ausseren Einflussen zu Schadigungen des Gehirns und Storungen in seiner Entwicklung kommen Genetische toxische und infektiose Einflusse stehen dabei im ersten und zweiten Drittel der Schwangerschaft im Vordergrund im letzten dagegen hypoxisch ischamische infektiose oder thromboembolische Ereignisse 12 Literatur BearbeitenTony Smith Anatomie Atlas DK Verlag Munchen 2007 ISBN 978 3 8310 1116 2 Titel der englischsprachigen Originalausgabe Human Body DK Verlag London 2002 Renate Huch Klaus D Jurgens Hrsg Mensch Korper Krankheit 6 Auflage Urban amp Fischer Verlag Munchen 2011 ISBN 978 3 437 26792 5 Olav Wieser et al Anatomie Neuer Kaiser Verlag Klagenfurt 2006 ISBN 978 3 7043 6057 1 Titel der italienischen Originalausgabe Atlante de Anatomia Giunto Gruppo Editorale Firenze 2000 Ralf Burger et al Natura 12 Biologie fur Gymnasien Ernst Klett Verlag 1 Auflage Stuttgart 2010 ISBN 978 3 12 045570 7 Fred T Adams Der Weg zum Homo sapiens Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1971 Titel der englischsprachigen Originalausgabe The Way to Modern Man Teachers College Columbia University New York 1968 W Maxwell Cowan Entwicklung des Gehirns In Spektrum der Wissenschaft Verstandliche Forschung Gehirn und Nervensystem 9 Auflage Heidelberg 1988 ISBN 3 922508 21 9 William H Calvin Die Symphonie des Denkens Wie aus Neuronen Bewusstsein entsteht Carl Hanser Verlag Wien 1993 ISBN 3 446 17279 3 Titel der englischsprachigen Originalausgabe The Cerebral Symphony Seastore Beflections in the Structure of Consciousness 1989 Weblinks BearbeitenGrundlagen der Gehirnentwicklung Auf embryology ch einem Projekt der Universitaten von Fribourg Lausanne und Bern abgerufen am 20 Juli 2020 Alexander Gottschalk Vorlesung Entwicklung des Nervensystems PDF Universitat Frankfurt 2010 abgerufen am 20 Juli 2020 Entwicklung und Plastizitat PDF Universitat des Saarlandes abgerufen am 20 Juli 2020Einzelnachweise Bearbeiten Jay N Giedd The Amazing Teen Brain In Scientific American Band 312 Nr 5 2015 S 32 37 doi 10 1038 scientificamerican0615 32 Interview mit Jay Giedd Professor fur Psychiatrie University of California San Diego Ratsel Pubertat Nebel hinter der Stirn In spiegel de 4 Mai 2010 Robert D Martin Hirngrosse und menschliche Evolution In Spektrum der Wissenschaft 1 September 1995 abgerufen am 3 Oktober 2016 a b c d e f g Andreas Meyer Lindenberg Gregor Hasler Entwicklung von Gehirn und Nervensystem Neurologen und Psychiater im Netz abgerufen am 19 April 2015 a b c d Martin R Textor Gehirnentwicklung im Kleinkindalter Konsequenzen fur die fruhkindliche Bildung 2002 Uberarbeitung und Erweiterung 2010 a b Kipp Cengiz Yavas Bettina Burgardt Die Entwicklung des Gehirns und ihre Risiken PDF Vortrag an der Universitat des Saarlandes In Seminar zu neuropsychologischen Entwicklungsstorungen 2006 Definition Chordafortsatz In Medizinlexikon von gesundheit de abgerufen am 20 April 2015 Definition Mesoderm In Medizinlexikon von gesundheit de abgerufen am 20 April 2015 a b Neuronale Entwicklung diss fu berlin de abgerufen am 20 April 2015 a b Molekulare Mechanismen wahrend der fruhembryonalen Entwicklung des ZNS embryology ch abgerufen am Neuronale Grundlagen entwicklungsdiagnostik de abgerufen am 20 April 2015 a b A Gottschalk Vorlesung Entwicklung des Nervensystems Memento vom 4 Marz 2016 im Internet Archive Universitat Frankfurt 2010 abgerufen am 20 April 2015 a b c d e f Matthias Keller Georg Simbruner Neurophysiologie der menschlichen Hirnentwicklung pra peri und postnatale Storungen In Liane Kaufmann Hans Christoph Nuerk Kerstin Konrad Klaus Willmes Hrsg Kognitive Entwicklungsneuropsychologie Hogrefe Gottingen u a 2007 S 11 24 ISBN 978 3 8017 1898 5 Nervenzellwanderung In Lexikon der Wissenschaft Spektrum Verstandliche Forschung Heidelberg 2000 a b c Karl Friedrich Fischbach Heinz Gert de Couet und Markus Hofbauer Neurogenetik In Wilhelm Seyffert Lehrbuch der Genetik Gustav Fischer Verlag 1998 ISBN 3 8274 0787 7 43 Kapitel abgerufen am 21 April 2015 Apoptose embryology ch abgerufen am 22 April 2015 Eintrag zu Isocortex im Flexikon einem Wiki der Firma DocCheck abgerufen am 19 April 2015 Lexikon der Naturwissenschaft Grosshirnrinde In Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg 2000 Grundlagen der Gehirnentwicklung Histogenese der Grosshirnrinde embryology ch abgerufen am 20 April 2015 Grundlagen der Gehirnentwicklung Histogenese der Kleinhirnrinde embryology ch abgerufen am 20 April 2015 JC Bell C Raynes Greenow et al Maternal Alcohol Consumption during Pregnancy and the Risk of Orofacial Clefts in Infants a Systematic Review and Meta Analysis In Paediatric and Perinatal Epidemiology 2014 Jul 28 4 322 32 ISSN 1365 3016 doi 10 1111 ppe 12131 PMID 24800624 Chrysanthy Ikonomidou et al Ethanol Induces Apoptotic Neurodegeneration and Fetal Alcohol Syndrom In Science vom 11 Februar 2000 doi 10 1126 science 287 5455 1056 Johanna Braig Neurologische Grundlagen der Entwicklung In Rolf Oerter Leo Montada Hrsg Entwicklungspsychologie Kapitel 3 Beltz PVU Weinheim 2008 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gehirnentwicklung beim Menschen amp oldid 227644798