www.wikidata.de-de.nina.az
Das Gausssche Gesetz auch Satz von Gauss beschreibt in der Elektrostatik und Elektrodynamik den elektrischen Fluss durch eine geschlossene Flache Da das Gesetz in gleicher Weise auch fur die klassische Gravitationstheorie formuliert werden kann beschreibt es entsprechend den Fluss des gravitativen Beschleunigungsfeldes durch eine geschlossene Flache Es handelt sich um eine Anwendung des Satzes von Gauss Ostrogradski Es ist auch unter diesem Namen bekannt Wie das Amperesche Gesetz das Analogon fur den Magnetismus gilt ist auch das Gausssche Gesetz eine der vier Maxwellschen Gleichungen die erste und somit fundamental fur die klassische Elektrodynamik Im Falle der Gravitation ergibt sich eine Gleichung die bis auf einige Konstanten gleichwertig mit der ersten Maxwellgleichung ist Inhaltsverzeichnis 1 Integrale Form 1 1 Einfache Anwendungen 1 1 1 Punktladung 1 1 2 Linienladung 1 1 3 Flachenladung 1 1 4 Zwei entgegengesetzt geladene Flachen 2 Differentielle Form 3 Zeitunabhangigkeit 4 Anwendung auf die Gravitation 5 EinzelnachweiseIntegrale Form BearbeitenFur jedes Vektorfeld ist der Begriff des Flusses definiert Man denke sich einen Korper mit der Ladung Q displaystyle Q nbsp der von einer orientierten geschlossenen Flache A displaystyle A nbsp umgeben ist Die Flache kann dabei beliebig geformt sein es kann eine Kugel sein oder ein beliebig verbeulter Ballon Die nach der Feldvorstellung von der Ladung ausgehenden Feldlinien fliessen nun durch diese Oberflache genau wie Wasser durch die Oberflache flosse gabe es innerhalb der Flache eine Quelle oder eine Senke Der Fluss einer Ladung ausserhalb von A displaystyle A nbsp fliesst auf der einen Seite herein aber auf der anderen Stelle wieder hinaus Der Gesamtfluss hangt also nur von der eingeschlossenen Ladung Q displaystyle Q nbsp ab Der Kernpunkt des Gesetzes ist dass der Gesamtfluss tatsachlich gleich Q displaystyle Q nbsp ist Die Oberflache A displaystyle A nbsp wird in kleine vektorielle Flachenelemente d A displaystyle mathrm d vec A nbsp unterteilt deren Betrag der Flacheninhalt des Elements ist und deren Richtung senkrecht auf der Ebene steht Normalenvektor Der Fluss durch ein solches Element ist die Komponente des Vektorfeldes in der Richtung des Elementes multipliziert mit seinem Flacheninhalt genau das wird durch das Skalarprodukt ausgedruckt Der Gesamtfluss durch A displaystyle A nbsp ist dann das Oberflachenintegral dieses Produktes uber die gesamte Oberflache 1 F A E d A Q e 0 displaystyle Phi oint A vec E cdot mathrm d vec A frac Q varepsilon 0 nbsp Dabei ist F displaystyle Phi nbsp der Fluss des Vektorfeldes E x displaystyle vec E vec x nbsp durch die Oberflache A displaystyle A nbsp des Volumens V displaystyle V nbsp das die Ladung Q displaystyle Q nbsp enthalt Achtung Nicht verwechseln mit dem elektrischen Fluss PS displaystyle mathit Psi nbsp der sich als Integral aus der elektrischen Flussdichte D displaystyle vec D nbsp ergibt Die Elektrische Feldkonstante e 0 displaystyle varepsilon 0 nbsp sorgt fur die korrekten Einheiten Einfache Anwendungen Bearbeiten Bei manchen Problemen wie der Berechnung elektrostatischer Felder in der Umgebung einfacher geometrischer Korper wie Platte Linienladung oder Kugel kann man F displaystyle Phi nbsp durch geschickte Wahl der Flachenelemente auch ohne Integral berechnen Dazu legt man um die vorgegebene Ladungsverteilung eine moglichst einfache geschlossene Hullflache aus wenigen Flachenelementen fur die der Fluss F displaystyle Phi nbsp leicht bestimmt werden kann Punktladung Bearbeiten nbsp Radiales elektrisches Feld einer positiven Kugel Eine elektrisch geladene Kugel elektrische Ladung Q displaystyle Q nbsp ist von Feldstarkevektoren E displaystyle vec E nbsp umgeben die radial nach aussen laufen Keine Richtung wird bevorzugt Als geschlossene Hullflache im Sinne des gaussschen Gesetzes legt man darum eine konzentrische Kugel mit dem Radius R displaystyle R nbsp die von den Feldstarkevektoren lotrecht durchstossen wird Die Hullflache mit der Flache 4 p R 2 displaystyle 4 pi R 2 nbsp denkt man sich aus vielen kleinen Flachenelementen zusammengesetzt Jedes besitzt eine Flachennormale mit Betrag d A displaystyle mathrm d A nbsp die parallel zum durchtretenden Vektor der Feldstarke ist Dann folgt aus dem Gaussschen Gesetz Q e 0 4 p R 2 E displaystyle frac Q varepsilon 0 4 pi R 2 cdot E nbsp mit dem Ergebnis E Q 4 p e 0 1 R 2 displaystyle E frac Q 4 pi varepsilon 0 cdot frac 1 R 2 nbsp Bei doppeltem Abstand sinkt die Feldstarke auf ein Viertel 2 Linienladung Bearbeiten nbsp Zylinderformige Hullflache um einen geladenen DrahtEin elektrisch geladener unendlicher langer Draht trage pro Langeneinheit L displaystyle L nbsp die Ladung Q displaystyle Q nbsp Das entspricht der Ladungsdichte l Q L displaystyle lambda Q L nbsp Aus Symmetriegrunden bilden die Vektoren E displaystyle vec E nbsp rechte Winkel mit dem Draht und durchstossen die gelb eingezeichnete Zylinderwand senkrecht Wurde man diese Vektoren einzeichnen ergabe sich das Bild einer Rundburste Als geschlossene Hullflache im Sinne des gaussschen Gesetzes legt man um einen Abschnitt dieses Drahtes einen Kreiszylinder der Lange a displaystyle a nbsp der den Draht als Achse besitzt Die Hullflache besteht aus drei Teilflachen Linker und rechter Deckel mit den Flacheninhalten p R 2 displaystyle pi R 2 nbsp jede Flachennormale ist parallel zum Draht und bildet deshalb mit den radial verlaufenden Vektoren der Feldstarke rechte Winkel Dieser sorgt wiederum dafur dass die entsprechenden Skalarprodukte den Wert Null ergeben Die Deckel geben daher keinen Beitrag zum Fluss Integral Zylindermantel mit dem Flacheninhalt 2 p R a displaystyle 2 pi Ra nbsp den man sich aus vielen kleinen Flachenelementen zusammengesetzt denkt Die Flachennormalen haben den Betrag d A displaystyle mathrm d A nbsp und sind parallel zu den durchtretenden Feldstarkevektoren Deshalb besitzt jedes Skalarprodukt den Wert d A E displaystyle mathrm d AE nbsp Das Oberflachenintegral uber den Zylindermantel ergibtQ e 0 l a e 0 2 p R a E displaystyle frac Q varepsilon 0 frac lambda cdot a varepsilon 0 2 pi RaE nbsp mit dem Ergebnis E l 2 p e 0 1 R displaystyle E frac lambda 2 pi varepsilon 0 cdot frac 1 R nbsp Bei doppelter Entfernung sinkt die Feldstarke auf die Halfte Der Draht muss nicht tatsachlich unendlich lang sein Es genugt wenn der Abstand R in dem die Feldstarke gemessen wird viel kleiner ist als die Drahtlange Andernfalls treten Randeffekte auf und der Anteil von Boden und Deckel muss mit berucksichtigt werden 3 Flachenladung Bearbeiten nbsp Feldlinien einer positiv geladenen unendlich ausgedehnten EbeneEine positiv geladene unendliche grosse Ebene trage pro Flacheneinheit die Ladung Q displaystyle Q nbsp Das entspricht der Ladungsdichte s Q A displaystyle sigma Q A nbsp Aus Symmetriegrunden stehen die Vektoren E displaystyle vec E nbsp der elektrischen Feldstarke lotrecht auf der Ebene Als geschlossene Hullflache im Sinne des gaussschen Gesetzes legt man um eine Teilflache einen Quader der Hohe 2 H displaystyle 2H nbsp der von der geladenen Ebene etwa halbiert wird Die E displaystyle vec E nbsp Vektoren durchstossen beide Deckel des Quaders senkrecht Seine Oberflache besteht aus drei Elementen Oberer und unterer Deckel mit den Flacheninhalten A displaystyle A nbsp jede Flachennormale steht senkrecht zur geladenen Ebene und ist deshalb parallel zu E displaystyle vec E nbsp Durch jeden der beiden Deckel geht der Fluss F oben F unten A E displaystyle Phi text oben Phi text unten AE nbsp nach aussen Der Rand des Quaders tragt nichts bei zum Fluss F displaystyle Phi nbsp weil E displaystyle vec E nbsp mit den jeweiligen Flachennormalen rechte Winkel einschliesst Daran hatte sich auch nichts geandert wenn man statt des Quaders ein Prisma mit anderer Grundflache oder einen Zylinder gewahlt hatte Auch die Hohe H displaystyle H nbsp ist ohne Belang Der Gesamtfluss betragt also F g e s a m t 2 A E displaystyle Phi mathrm gesamt 2AE nbsp Wegen der im Quader enthaltenen Ladung gilt F 1 e 0 Q e i n g e s c h l o s s e n 1 e 0 s A displaystyle Phi 1 over varepsilon 0 Q mathrm eingeschlossen 1 over varepsilon 0 sigma cdot A nbsp Ein Vergleich der rechten Seiten liefert das Ergebnis E s 2 e 0 displaystyle E frac sigma 2 varepsilon 0 nbsp Die Feldstarke E displaystyle E nbsp ist also unabhangig vom Abstand H displaystyle H nbsp zur unendlich ausgedehnten geladenen Ebene Wenn die Ebene begrenzt ist gilt dieses Ergebnis nur fur hinreichend geringe Abstande Zwei entgegengesetzt geladene Flachen Bearbeiten nbsp Blau E Vektoren der negativen Platte Rot E Vektoren der positiven PlatteEine positiv geladene sehr grosse Ebene trage pro Flacheneinheit die Ladung Q displaystyle Q nbsp Das entspricht der Ladungsdichte s Q A displaystyle sigma Q A nbsp Im Abstand d displaystyle d nbsp verlauft eine parallele Ebene der Ladungsdichte s displaystyle sigma nbsp Diese Anordnung wird auch als Plattenkondensator bezeichnet Um Polaritaten unterscheiden zu konnen wurde vereinbart dass die Feldlinien von der positiven Platte weg zeigen rot eingezeichnet und zur negativen Platte hin zeigen blau eingezeichnet Zwischen den beiden Platten sind die Pfeile gleich orientiert dort addieren sich die einzelnen Feldstarken zu E s e 0 displaystyle E frac sigma varepsilon 0 nbsp Im Aussenraum sind die Pfeile entgegengesetzt gerichtet dort kompensieren sich die Feldstarken und es gilt E gesamt 0 displaystyle E text gesamt 0 nbsp Vereinfachend sagt man das elektrische Feld ist nur im Innenraum eines Kondensators vorhanden 4 Differentielle Form BearbeitenStatt der makroskopischen Gesamtladung Q displaystyle Q nbsp kann man die Ladung auch durch die Ladungsdichte r displaystyle rho nbsp in jedem Punkt ausdrucken wobei Q displaystyle Q nbsp wiederum das Volumenintegral von r displaystyle rho nbsp uber dem gesamten von A displaystyle A nbsp eingeschlossenen Volumen V displaystyle V nbsp ist Man erhalt dann unter Verwendung der integralen Form und des Satzes von Gauss r d V e 0 E d A e 0 E d V displaystyle int rho mathrm d V varepsilon 0 oint vec E cdot mathrm d vec A varepsilon 0 int vec nabla cdot vec E mathrm d V nbsp wobei displaystyle nabla nbsp der Nabla Operator ist Da das Volumen beliebig ist folgt die differentielle Form des Gesetzes E r e 0 displaystyle nabla cdot vec E frac rho varepsilon 0 nbsp Zeitunabhangigkeit BearbeitenDas gausssche Gesetz wird in der Literatur haufig fur den Bereich der Elektrostatik hergeleitet Es gilt jedoch ohne Einschrankungen auch fur die Elektrodynamik obwohl dort auch zeitabhangige Vorgange zu betrachten sind Um die Bedeutung des zeitunabhangigen gaussschen Gesetzes und seinen starken Zusammenhang mit der Ladungserhaltung zu veranschaulichen bietet sich ein Gedankenexperiment an Es sei moglich Ladungen zu erzeugen und es entstehe an einer Stelle im Raum zu irgendeinem Zeitpunkt eine bestimmte positive oder negative Ladung Gefragt ist nach dem Feld der elektrischen Flussdichte D displaystyle vec D nbsp das eine konzentrisch um die Ladung gedachte Kugelflache mit dem Radius r displaystyle r nbsp durchdringt Da der Satz von Gauss keinerlei Zeitabhangigkeit enthalt musste dieses Feld gleichzeitig mit dem Erzeugen der Ladung durch die Hullflache treten auch wenn diese beispielsweise r displaystyle r nbsp 1 Lichtjahr weit entfernt ware Diese Vorstellung widerspricht jedoch der Relativitatstheorie gemass der sich Information die Information uber die Existenz der Ladung und Energie die Feldenergie hochstens mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten konnen Demnach kame das Feld im genannten Beispiel erst ein Jahr spater an der gedachten Hullflache an Da nach allen physikalischen Erkenntnissen sowohl die einsteinsche Relativitatstheorie als auch das gausssche Gesetz gilt folgt dass eine einzelne Ladung weder erzeugt noch vernichtet werden kann Moglich ist nur die paarweise gleichzeitige Erzeugung positiver und negativer Ladung am gleichen Ort siehe Paarbildung Physik Anwendung auf die Gravitation BearbeitenIm Rahmen der newtonschen Gravitationstheorie lassen sich die oben dargestellten Prinzipien auch auf das Gravitationsfeld anwenden Die Gravitationsbeschleunigung einer Masse M ergibt sich aus dem Gravitationsgesetz zu g G M r 2 r r displaystyle vec g frac GM r 2 frac vec r r nbsp Der Fluss durch die Oberflache eines beliebigen Volumens ist dann V g d A V G M r 2 r r n d A 4 p G M displaystyle int int partial V bigcirc vec g cdot mathrm d vec A int int partial V bigcirc frac GM r 2 frac vec r r cdot vec n mathrm d A 4 pi GM nbsp wobei n displaystyle vec n nbsp der Normalenvektor ist Somit lasst sich das gravitative Beschleunigungsfeld einer Massenverteilung bestimmen mit V g d A 4 p G M displaystyle int int partial V bigcirc vec g cdot mathrm d vec A 4 pi GM nbsp In differentieller Form und fur allgemeine Massenverteilungen ergibt sich g 4 p G r r displaystyle nabla cdot vec g 4 pi G rho vec r nbsp was das gravitative Aquivalent der ersten Maxwellgleichung ist Einzelnachweise Bearbeiten Torsten Fliessbach Elektrodynamik 5 Auflage Spektrum Heidelberg 2008 S 50 Torsten Fliessbach Elektrodynamik 5 Auflage Spektrum Heidelberg 2008 S 52 Wolfgang Demtroder Experimentalphysik 2 Elektrizitat und Optik 3 Auflage Springer Berlin Heidelberg 2004 S 12 Wolfgang Demtroder Experimentalphysik 2 Elektrizitat und Optik 3 Auflage Springer Berlin Heidelberg 2004 S 20 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gausssches Gesetz amp oldid 226097037