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Friedrich August Josef Lejeune genannt Fritz 1 Juli 1892 in Koln 26 Oktober 1966 in Villach Osterreich war ein deutscher Arzt und Zahnarzt arztlicher Standespolitiker und Medizinhistoriker sowie Grundungsprasident des Deutschen Kinderschutzbundes e V Inhaltsverzeichnis 1 Werdegang 2 Veroffentlichungen Auswahl 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseWerdegang BearbeitenFritz Lejeune als Sohn eines Kaufmanns in Koln aufgewachsen legte dort 1912 am Realgymnasium die Reifeprufung ab Fruh zeigte er Interesse und Begabung fur Fremdsprachen Er studierte Medizin Zahnheilkunde und vergleichende Sprachwissenschaften an den Universitaten Bonn und Greifswald Im Ersten Weltkrieg diente er als Unterarzt in einem Ersatzbataillon bis zu einer Erkrankung 1916 Im gleichen Jahr promovierte er in Greifswald beim Romanisten Gustav Thurau mit einer Arbeit uber den Kolner Schriftsteller und Ubersetzer Johannes Fastenrath 1839 1908 als Vermittler zwischen Deutschland und Spanien zum Dr phil 1 1918 folgte ebenfalls in Greifswald die Promotion zum Dr med sowie 1922 in Konigsberg zusatzlich noch eine zahnheilkundliche Promotion Lejeune habilitierte sich zudem 1922 in Greifswald fur Medizingeschichte und lehrte dort anschliessend als Privatdozent bevor er 1925 zuruck nach Koln ging 1927 erhielt er hier einen Lehrauftrag fur Geschichte der Medizin an der Universitat Koln die ihn 1928 zum nichtbeamteten ausserordentlichen Professor ernannte Um den Lebensunterhalt seiner Familie zu sichern war er zunachst in Greifswald dann auch in Koln als praktischer Arzt tatig Lejeune der sich nach dem Ersten Weltkrieg in nationalistischen und volkischen Kreisen engagiert hatte war bereits 1925 26 Mitglied der NSDAP Mitgliedsnummer 3 964 2 und fungierte in dieser Zeit an der Seite des Mathematikers Theodor Vahlen als stellvertretender Gauleiter in Pommern 3 1932 trat er der Partei erneut bei Er war Mitglied der SA der Sturmabteilung der paramilitarischen Kampforganisation der NSDAP wahrend der Weimarer Republik die als Ordnertruppe eine entscheidende Rolle beim Aufstieg der Nationalsozialisten spielte Spater wurde er Mitglied der SS der Schutzstaffel SS dem wichtigsten Terror und Unterdruckungsorgan im NS Staat was er selbst eingestand 4 Die SS war massgeblich an der Planung und Durchfuhrung von Kriegsverbrechen und von Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie dem Holocaust beteiligt 5 Des Weiteren gehorte er dem Deutschen Reichskriegerbund Kyffhauser der NSV dem NS Arztebund und dem NS Lehrerbund an 6 Von 1928 bis 1934 war er Vorsitzender der politisch rechtsgerichteten Reichsnotgemeinschaft Deutscher Arzte einem Sammelbecken fur meist junge bei den Krankenkassen nicht zugelassene Arzte die sich von den etablierten arztlichen Standesorganisationen unzureichend vertreten fuhlten 7 Mit der Uberfuhrung des Verbandes in NS Organisationen 1934 wurde Lejeune in den Reichsausschuss fur Arzte und Krankenkassen berufen Die Machtubernahme der Nationalsozialisten begrusste Lejeune Sein fruhes Engagement fur die NS Bewegung war ab 1933 seiner Karriere forderlich Von nun an bekleidete er verschiedene Amter in Kolner Hochschulgremien ausserdem hatte er unterschiedliche Funktionen in der NS Dozentenschaft inne Im Wintersemester 1934 35 wurde ihm die Leitung des Portugiesisch Brasilianischen Instituts an der Universitat Koln ubertragen Dessen Direktor und Grunder der bedeutende Romanist Leo Spitzer hatte als Jude die Lehrbefugnis verloren Lejeune nutzte das Institut als Instrument der deutschen Auslandspropaganda und fur den kulturellen Austausch mit dem faschistisch autoritaren portugiesischen Staat Trotz allem gelang es Lejeune nicht in Koln ein Ordinariat zu erhalten Stattdessen wechselte er 1939 nach Wien und ubernahm die Leitung des Instituts fur Geschichte der Medizin Hier folgte er auf den nach dem Anschluss im Marz 1938 vertriebenen Max Neuburger Unter Lejeune erweiterte die Bibliothek im Josephinum zwischen 1940 und 1945 ihren Bestand erheblich wobei nicht zuletzt auch auf arisierte und geraubte Bucher zuruckgegriffen wurde 8 9 Beim Zusammenbruch des NS Regimes setzte sich Lejeune aus Wien ab Von US Truppen Anfang April 1945 verhaftet blieb er bis Ende 1946 im Internierungslager Glasenbach Salzburg festgesetzt und wurde bei der Freilassung nach Deutschland abgeschoben Wahrend seiner Haftzeit wurde er am 10 Mai 1945 vom Hochschuldienst beurlaubt und am 23 August 1945 als Reichsdeutscher aus diesem entlassen 6 Lejeunes Bemuhungen in der Nachkriegszeit seine akademische Karriere fortzusetzen scheiterten Publizistisch blieb er inzwischen in Hamburg niedergelassen weiterhin aktiv Mit Erfolg veroffentlichte er 1951 ein Deutsch Englisches Worterbuch fur Arzte Ein neues Betatigungsfeld fand er vor allem als Mitgrunder 1953 in Hamburg 10 und erster Prasident des Deutschen Kinderschutzbundes bis 1964 In dieser Funktion machte er auch mit drastischen Forderungen auf sich aufmerksam Zum Beispiel schlug er laut einem Spiegel Artikel 1962 vor offensichtlich geisteskranke Triebverbrecher aber auch an schwerer Schizophrenie leidende Personen sollten in eigenen Siedlungen in schwer zuganglichen Gebirgstalern oder auf einsamen Inseln zwangsweise isoliert werden 11 Gleichwohl ernannte ihn der Kinderschutzbund zu seinem Ehrenprasidenten 2 Des Weiteren war Lejeune ab 1952 Senator der Deutschen Gesellschaft fur Wissenschaft und Forschung 6 Ausserdem gehorte er ab 1953 als beratender Arzt dem Vorstand der Deutschen Angestellten Krankenkasse an Er wurde 1959 in Hamburg emeritiert 2 Trotz zahlreicher Publikationen und organisatorischem Geschick blieb Lejeunes wissenschaftlicher Einfluss im Fach Medizingeschichte bescheiden Seine Arbeiten wurden meist mit Skepsis aufgenommen Keine medizinhistorische Fachzeitschrift widmete ihm einen Nachruf Auf seiner Mitgliederversammlung im Jahr 2017 fasste der Deutschen Kinderschutzbund den Beschluss sich aufgrund seines Engagements fur das NS Regime von seinem fruheren Prasidenten Lejeune zu distanzieren und ihn zumindest in zukunftigen Publikationen oder Veroffentlichungen nicht mehr als Ehrenprasidenten zu benennen 12 Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenDie deutsch spanischen Freundschaftsbestrebungen von Johannes Fastenrath Abel Greifswald 1916 zugleichen Philosophische Dissertation Greifswald erweiterte Fassung in der Schriftenreihe Romanisches Museum Bd 11 Bruncken Greifswald 1917 Die Albee sche Operation ihre Erfolge und Anwendung an der Chirurgischen Klinik zu Greifswald Hans Adler Greifswald 1917 zugleich Medizinische Dissertation Greifswald Die Zahnheilkunde im dreizehnten Jahrhundert mit besonderer Berucksichtigung Guglielmo da Salicetos und Lanfranchis nach lateinischen italienischen und spanischen Inkunabeln Arbeiten der Deutsch Nordischen Gesellschaft fur Geschichte der Medizin der Zahnheilkunde und der Naturwissenschaften 2 Bamberg Greifswald 1923 81 S Diss med dent Univ Konigsberg Die Brucke Klinische Bilder in 6 Sprachen Ein Hilfsbruch fur Arzte bei der Behandlung fremdsprachiger Patienten Thieme Leipzig 1941 Leitfaden zur Geschichte der Medizin Georg Thieme Leipzig 1943 Deutsch englisches englisch deutsches Worterbuch fur Arzte German English English German dictionary for physicians Bd 1 Deutsch Englisch Thieme Stuttgart 1951 Bd 2 Englisch Deutsch Thieme Stuttgart 1953 zus mit Werner E Bunjes weitere Aufl 1954 und 1958 neu bearb 1968 Christoph Wilhelm Hufeland Makrobiotik oder Die Kunst das menschliche Leben zu verlangern Eingel u hg von F Lejeune Der Text folgt d 8 Aufl von 1860 Hippokrates Verlag Stuttgart 1958 Literatur BearbeitenKlaus Schmierer Medizingeschichte und Politik Karrieren des Fritz Lejeune in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften 96 Matthiesen Verlag Husum 2001 ISBN 978 3 7868 4096 1 Weblinks BearbeitenArt Fritz Lejeune in Universitatsbibliothek der Medizinischen Universitat Wien Exlibris Sammlung WDR Stichtag 16 November 2008 Vor 55 Jahren Deutscher Kinderschutzbund gegrundetEinzelnachweise Bearbeiten Fritz Lejeune Die deutsch spanischen Freundschaftsbestrebungen von Johannes Fastenrath Abel Greifswald 1916 a b c Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Fischer Frankfurt am Main 2007 S 365 Kyra T Inachin Martyrer mit einem kleinen Hauflein Getreuer Der erste Gauleiter der NSDAP in Pommern Karl Theodor Vahlen In Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte Band 49 Nr 1 2001 S 31 51 doi 10 2307 30195559 ifz muenchen de PDF abgerufen am 31 August 2017 Dominik Gross Zahnarzte im Dritten Reich und im Nachkriegsdeutschland Ein Personenlexikon Stuttgart 2020 Klaus Schmierer Medizingeschichte und Politik Karrieren des Fritz Lejeune in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus Husum 2001 S 237 a b c Roman Pfefferle Hans Pfefferle Glimpflich entnazifiziert Die Professorenschaft der Universitat Wien von 1944 in den Nachkriegsjahren Schriften des Archivs der Universitat Wien 18 V amp R Unipress Gottingen 2014 S 330 Rainer Stommer Medizin im Dienste der Rassenideologie Die Fuhrerschule der Deutschen Arzteschaft in Alt Rehse Ch Links Berlin 2008 ISBN 978 3 86153 477 8 S 57 60 Mentzel Walter Albrecht Harald Die Antiquariats und Exportbuchhandlung Alfred Wolf ehemals Hans Peter Kraus und Leo Weiser Die Geschichte eines Raubunternehmens In Regine Dehnel Hrsg NS Raubgut in Museen Bibliotheken und Archiven Viertes Hannoversches Symposium Klostermann Frankfurt am Main 2012 ISBN 978 3 465 03761 3 S 441 454 Walter Mentzel Bauer Bruno Bruche in der Entwicklung medizinischer Bibliotheken in Wien wahrend des NS Regimes Anmerkungen zur Geschichte der Vorgangerbibliotheken der Universitatsbibliothek der Medizinischen Universitat Wien In Gertrude Enderle Burcel Alexandra Neubauer Czettl Edith Stumpf Fischer Hrsg Bruche und Kontinuitaten 1933 1938 1945 Fallstudien zu Verwaltung und Bibliotheken Studien Verlag Innsbruck 2013 ISBN 978 3 7065 5198 4 Stichtag 16 November 2008 Vor 55 Jahren Deutscher Kinderschutzbund gegrundet WDR abgerufen am 30 August 2017 Geisteskranke Inseln der Verdammten In Der Spiegel 14 Marz 1962 abgerufen am 30 August 2017 DKSB Beschluss Mitgliederversammlung 2017 PDF Archiviert vom Original am 30 August 2017 abgerufen am 11 August 2017 Normdaten Person GND 119527227 lobid OGND AKS LCCN n86046491 VIAF 84837464 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Lejeune FritzALTERNATIVNAMEN Lejeune Friedrich August Josef vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Arzt Zahnarzt und MedizinhistorikerGEBURTSDATUM 1 Juli 1892GEBURTSORT KolnSTERBEDATUM 26 Oktober 1966STERBEORT Villach Osterreich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fritz Lejeune amp oldid 228600243