Das Architektur-Büro Fellner & Helmer (auch Atelier Fellner & Helmer) in Wien wurde 1873 von den Architekten Ferdinand Fellner d. J. (1847–1916) und Hermann Helmer (1849–1919) gegründet und bis 1919 betrieben.
Arbeiten Bearbeiten
Das Architekturbüro war auf den Bau von Theatern spezialisiert – was schon durch die Arbeiten von Fellner I. initiiert war – und insgesamt am Bau von 48 Theatergebäuden in Europa beteiligt. Der Boom an Theaterbauten um 1900 förderte eine solche Spezialisierung, die in Großbritannien etwa durch das Büro Frank Matchams repräsentiert wurde. Maßgeblich war der Wunsch des Bürgertums nach eigenen Bühnen. Hinzu kamen verschärfte Sicherheitsbedingungen bezüglich des Feuerschutzes (Ringtheaterbrand 1881), die Umbauten notwendig machten. Besonders Helmer befasste sich intensiv mit Brandschutzvorkehrungen, Versuchen und Vorschriften und war in einer Reihe von Ausschüssen tätig. Die fast schon monopolartige Stellung der Architekten in Österreich-Ungarn lässt sich darauf zurückführen, dass die Bürogemeinschaft hohe Qualität bei niedrigen Kosten und schneller Durchführung, Zuverlässigkeit, Berechenbarkeit und Professionalität garantieren konnte. Ihr Baustil hat eine neue Epoche in der Architektur des 20. Jahrhunderts eingeleitet. Durch ihren Baustil schlugen sie neue Wege im Städtebau ein, weg von der streng italienischen Renaissance zur Wiederentdeckung des Barocks bis hin zum Jugendstil ihrer spätesten Bauten. In diesem Stil haben sie nicht nur Theater, sondern auch Kaufhäuser, Banken, Hotels, Palais, Landschlösser sowie Landhäuser und Villen gebaut, insgesamt sind mehr als 200 Bauten dokumentiert. Bei der Bautechnik wandten sie die neuesten bekannten Baumethoden an.
Trotz vieler Kriege und Brände sind fast alle Theater heute noch in Betrieb und dienen dem kulturellen Leben in vielen Städten Europas – ein Zeichen, wie zukunftsweisend die Wiener Architekten bereits im 19. Jahrhundert gebaut haben.
Unternehmensgeschichte Bearbeiten
Nach seinem Studium trat Hermann Helmer um das Jahr 1871 herum in das Atelier des herzleidenden Ferdinand Fellner I. (1815–1871) ein, welcher schon seit 1866 von seinem Sohn Ferdinand Fellner II. tatkräftig unterstützt wurde. Dieser führte auch nach Tod des Vaters das Atelier weiter. Im Jahre 1873 gründeten dann Fellner II. und Helmer die Architektengemeinschaft Fellner & Helmer. In den ersten Jahren war Fellner vor allem für die Verhandlungen, die Bauleitung und die Besprechungen vor Ort zuständig, während Helmer im Büro arbeitete. Später wurden die Aufträge aufgeteilt und jeder Architekt hatte seinen eigenen Mitarbeiterstab. Die Arbeiten wurden jedoch immer in einheitlicher Gestaltungsweise geplant und liefen stets unter dem gemeinsamen Ateliernamen.
Im Atelier waren zeitweise bis zu 20 Architekten beschäftigt, um die Aufträge bewältigen zu können. Darunter befanden sich Franz Krauß, Rudolf Krausz, Ernst Gotthilf, Alexander Graf, Arthur Meinig und Alexander Neumann. Nach ihrem Studium traten auch die Söhne Ferdinand Fellner III. und Hermann Helmer jun. in das Atelier ein, wobei Fellner III. schon 1911 starb. Nach dem Tod von Fellner II. wurde das Büro von Helmer sen. weitergeführt und nach dessen Tod von Helmer jun. Nach dem Zerfall der Habsburgermonarchie kamen jedoch keine nennenswerten Aufträge mehr, und das Büro wurde schließlich aufgelöst.
Theater- und Konzertbauten Bearbeiten
Foto | Baujahr | Name | Standort | Beschreibung |
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1870 | Interimstheater Brünn | Brünn, Tschechien | zerstört Anmerkung: 1882 zerstört | |
1871–1872 | Wiener Stadttheater | Wien 1, Seilerstätte 9 | zerstört Anmerkung: 1884 zum Teil abgebrannt. 1888 ebenfalls von Fellner&Helmer zum Etablissement Ronacher ausgebaut | |
1871–1873 | Kroatisches Nationaltheater Varazdin Wikidata | Ulica Augusta Cesarca 1, Varaždin Standort | ||
1871–1875 | Theater-Hotel- und Redoutengebäude Wikidata | Temesvar, Siebenbürgen / Timișoara, Rumänien Standort | verändert Anmerkung: 1920 verändert. Lediglich die Seitenteile sind im Original | |
1874–1875 | Volkstheater Budapest Wikidata | Budapest, Ungarn Standort | zerstört Anmerkung: Népszínház, 1965 abgerissen | |
1877 | Stadttheater Augsburg Wikidata | Augsburg, Deutschland Standort | Anmerkung: 1937 auf Initiative Hitlers umgebaut, im 2. Weltkrieg weitgehend zerstört und vereinfacht wiederaufgebaut | |
1881–1882 | Stadttheater Brünn / Mahen-Theater Wikidata | Brünn, Tschechien Standort | Anmerkung: erstes Theater Europas mit elektrischer Beleuchtung | |
1881–1883 | Stadttheater Reichenberg Wikidata | Böhmen / Liberec, Tschechien Standort | Anmerkung: Divadlo F. X. Šalda | |
1882–1883 | Stadttheater Szegedin / Szeged Wikidata | Szeged, Ungarn Standort | ||
1883–1885 | Stadttheater Fiume / Kroatisches Nationaltheater in Rijeka Wikidata | Rijeka, Kroatien Standort | ||
1884–1886 | Stadttheater Karlsbad Wikidata | Karlovy Vary, Tschechien Standort | Anmerkung: Městské divadlo | |
1884–1887 | Opernhaus Odessa / Teatr operi ta baletu / Stadttheater Odessa Wikidata | Odessa, Ukraine Standort | ||
1885–1886 | Slowakisches Nationaltheater Wikidata | Pressburg (heute Bratislava), Slowakei Standort | Anmerkung: Zweites Theater | |
1886–1887 | Neues Deutsches Theater Prag / Staatsoper Wikidata | Legerova 75, Prag, Tschechien Standort | Anmerkung: Státní opera Praha | |
1887–1888 | Etablissement Ronacher | Wien 1, Seilerstätte 9 Standort | Anmerkung: Wiederaufbau des zum Teil abgebrannten Stadttheaters | |
1888 | Schlosstheater des Grafen Esterhazy Wikidata | Várszínház, Totis / Tata, Ungarn Standort | zerstört Anmerkung: 1913 abgerissen. Miklós Esterházy | |
1888–1889 | Volkstheater | Wien 7, Museumsstraße 2A / Neustiftgasse / Burggasse Standort | Anmerkung: früher Deutsches Volkstheater | |
1890–1891 | Stadttheater Opernhaus Zürich Wikidata | Zürich, Schweiz Standort | ||
1891–1892 | Theater unter den Linden Berlin / Komische Oper Berlin Wikidata | Berlin, Deutschland Standort | Anmerkung: als „Theater Unter den Linden“, später „Metropol-Theater“. Außenbau im Zweiten Weltkrieg zerstört. | |
1892 | Pavillon zur Wiener Musik- und Theaterausstellung 1892 | Wien 2 | zerstört | |
1892–1893 | Hoftheater Wiesbaden Wikidata | Wiesbaden, Deutschland Standort | ||
1893 | Landestheater Salzburg | Schwarzstraße 22, Salzburg Standort | ||
1893–1894 | Orfeum Somossy Wikidata | Budapest, Ungarn Standort | Anmerkung: Fővárosi Operettszínház | |
1893–1895 | Ton- und Kongresshalle Zürich Wikidata | Zürich, Schweiz Standort | verändert | |
1894 | Restauration St. Annahof | Wien 1, Annagasse 3–3a Standort | Anmerkung: darüber Wohnungen | |
1894–1895 | Nationaltheater Zagreb Wikidata | Agram / Zagreb, Kroatien Standort | Anmerkung: Hrvatsko Narodno Kazalište | |
1894–1896 | National- und Hoftheater Jassi Wikidata | Iași, Rumänien Standort | ||
1895–1896 | Lustspieltheater Budapest Wikidata | Budapest, Ungarn Standort | Anmerkung: Vígszínház | |
1895–1896 | Stadttheater Kecskemét Wikidata | Kecskemét, Ungarn Standort | Anmerkung: Katona József Theatre | |
1896–1897 | Konzerthaus Ravensburg Wikidata | Ravensburg, Deutschland Standort | ||
1894–1895 | Kunstpavillon Zagreb Wikidata | Zagreb, Kroatien Standort | ||
1899 | Opernhaus Graz | Graz Standort | ||
1898–1899 | Stadttheater Arbeitertheater Berndorf | Berndorf, Niederösterreich Standort | ||
1899–1900 | Stadttheater Großwardein Wikidata | Oradea, Rumänien Standort | ||
1899–1900 | Deutsches Schauspielhaus Hamburg Wikidata | Hamburg, Deutschland Standort | ||
1901–1902 | Stadttheater Fürth Wikidata | Fürth, Deutschland Standort | ||
1902 | Theater an der Wien Umbau | Wien 6, Linke Wienzeile 8 Standort | Anmerkung: früher Magdalenenstraße; 1960/61 Umgestaltung | |
1902 | Theater im Schloss Ottensheim | Ottensheim, Oberösterreich Standort | zerstört Anmerkung: geschlossen seit den 1930er Jahren nur Reste vorhanden | |
1903–1904 | Wilama Horzycy / Stadttheater Thorn Wikidata | Toruń, Polen Standort | ||
1904 | Umbau des Inneren des Hoftheaters Darmstadt Wikidata | Darmstadt, Deutschland Standort | zerstört Anmerkung: Heute befindet sich in dem Gebäude das Hessische Staatsarchiv Darmstadt | |
1904–1905 | Stadttheater Czernowitz Wikidata | Bukowina / Cernovci, Ukraine Standort | ||
1889–1890 | Theater Bielitz-Biala Wikidata | Bielsko-Biała, Polen Standort | Anmerkung: Erbaut 1889–1890 durch Emil von Förster. 1904–1905 durch Helmer und Fellner umgebaut. Bielsko-Biała Teatr Polski | |
1904–1906 | Nationaltheater Sofia Iwan Wasow Wikidata | Sofia, Bulgarien Standort | ||
1904–1906 | Nationaltheater Klausenburg Wikidata | Cluj-Napoca (Siebenbürgen), Rumänien Standort | Anmerkung: Nemzeti Színház | |
1906–1907 | Stadttheater Gablonz an der Neiße Wikidata | Jablonec nad Nisou, Tschechien Standort | Anmerkung: Městské divadlo | |
1906–1907 | Stadttheater Gießen Wikidata | Gießen, Deutschland Standort | ||
1906–1909 | Stadttheater Jungbunzlau Wikidata | Mladá Boleslav, Tschechien Standort | Anmerkung: Mladá Boleslav | |
1908–1909 | Stadttheater Baden | Baden bei Wien, Österreich Standort | ||
1909–1910 | Stadttheater Klagenfurt | Klagenfurt, Kärnten Standort | Anmerkung: 1996–1998 Zubau von Günther Domenig | |
1909–1910 | Stadttheater Adama Mickiewicza Teschen Wikidata | Cieszyn, Polen Standort | ||
1910 | Landshut Schlosstheater Wikidata | Łańcut, Polen Standort | Anmerkung: Łańcut | |
1910–1913 | Akademietheater und Hochschule für darstellende Kunst | Wien 3, Lothringerstraße 18 / Lisztstraße 1 Standort | Anmerkung: mit Ludwig Baumann | |
1910–1913 | Wiener Konzerthaus | Wien 3, Lothringerstraße 20 Standort | Anmerkung: mit Ludwig Baumann |