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Faunistik von Fauna Tierwelt neulateinisch nach dem Feld und Waldgott Faunus ein Teilgebiet der Zoologie hat die Erfassung der Tierarten in einem bestimmten geographischen Gebiet zum Ziel Meistens werden nur bestimmte Taxa Tiergruppen erfasst Ihre Daten sind die Grundlage der Arealkunde Chorologie und der Biogeographie Faunistik ist von grosser Bedeutung fur Taxonomie und Okologie diese Wissenschaftszweige befruchten sich wechselseitig Der verwandte Begriff Fauna umfasst die Gesamtheit der Tierwelt in einem abgrenzbaren Gebiet Auch systematische Zusammenstellungen der in einem Gebiet vorkommenden Tierarten werden oft Fauna genannt Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 2 Geschichte der Faunistik 3 Arbeitsweise der Faunistik 4 Bedeutung der Faunistik fur den Naturschutz 5 Aktuelle Trends 6 Literatur 7 EinzelnachweiseGrundlagen BearbeitenFaunistik ist eine deskriptive Wissenschaft Letztes Ziel der Faunistik ist es den Bestand aller Tierarten und moglichst auch der Unterarten in allen Teilgebieten der Welt zu erfassen 1 Jede faunistische Untersuchung entspricht einer Momentaufnahme Um die Veranderungen der Faunenzusammensetzung zu dokumentieren werden aktuelle faunistische Ergebnisse mit fruheren Untersuchungen verglichen Auch die Auswertung von Sammlungen kann Informationen zur historischen Veranderung der Faunenzusammensetzung von bestimmten Gebieten ergeben Das mutmassliche Aussterben von bestimmten Arten in einzelnen Gebieten kann ebenso erkannt werden wie neue Faunenelemente inklusive Neozoen dokumentiert werden Das Verbreitungsgebiet oft auch Areal genannt jeder Art ist ein wichtiger Teil zu seiner vollstandigen Kenntnis und damit genuiner Gegenstand seiner Erforschung Darum ist auch stets der Fundort des Typusexemplars oder der Typusserie der locus typicus ein wichtiger Teil jeder Beschreibung einer Art und in taxonomischen Arbeiten werden Fundorte der untersuchten Individuen aufgelistet Damit die Ergebnisse von faunistischen Untersuchungen uberpruft werden konnen ware es aus Grunden der wissenschaftlichen Dokumentation und Beweissicherung erforderlich dass geeignete Belegexemplare in der Regel Sammlungsexemplare auch DNA oder Gewebeproben hinterlegt werden 2 Leider ist das keineswegs immer ublich Insbesondere bei Untersuchungen zur Verbreitung von Wirbeltieren und Vogeln ist es die Regel dass eine sichere Beobachtung teils durch Horen des Gesanges eines Fachmannes als ausreichend erachtet wird In einzelnen Fallen konnen auch Bilder von Tieren ihre Spuren und ahnliches genugen sofern dadurch die Art zweifelsfrei identifizierbar ist Bei besonders interessanten Fundortmitteilungen wird eine Bestatigung von verschiedenen Zoologen angestrebt Aus Grunden der enormen Artenvielfalt und der dadurch notwendigen Spezialisierung sind die meisten faunistischen Untersuchungen auf eine Tiergruppe beschrankt oft auf nur eine Gattung oder sogar nur auf eine Art Ausserdem sind sie oft auf ein kleinraumiges Areal beschrankt Geschichte der Faunistik BearbeitenSchon die Veroffentlichungen uber Tiere im Altertum beinhalten faunistische Informationen die Faunistik ist also genauso alt wie die Zoologie insgesamt 3 Die fruheste faunistische Publikation der Neuzeit scheint die Zusammenfassung der Wassertiere von Marseille von Pierre Gilles Petrus Gyllius 1490 1555 zu sein 4 Ein wichtiger Meilenstein war neben dem bekannten enzyklopadischen Werk Historia animalium 1551 1558 von Conrad Gessner 1516 1565 unter anderem das Werk von Ulisse Aldrovandi 1522 1605 der auf der Grundlage umfangreicher Sammlungen die Fauna Italiens beschrieb sieben Bucher behandeln die Insekten drei die Vogel teils posthum publiziert 1599 1638 Das Werk De animalibus insectis libri septem Bologna 1602 war das erste Buch das sich ausschliesslich Insekten widmete 3 Ab dem 16 Jahrhundert wurden zunehmend Arbeiten mit umfangreicheren faunistischen Daten publiziert wobei naturlich die Erfahrung dass es in fremden Landern bisher unbekannte Tiere gibt eine wichtige Erkenntnis war die sich in den Reisebeschreibungen niederschlug 5 So berichtete der Spanier de Enciso 1470 1528 im Jahre 1518 von Kolibris einem Tapir und dem Neunbindengurteltier aus Sudamerika Etwas ausfuhrlicher beschrieb Hans Staden 1557 einige auffallige Tierarten der Neuen Welt 6 Das Wort Fauna wurde wohl bei Carl von Linne in der Fauna Suecica 1746 zum ersten Mal publiziert spater wird der Begriff zunehmend ublich In der Nachfolge Linnes wurde die Fauna einzelner Lander systematisch untersucht Der Begriff Faunistik scheint bei Adolf Horion 1888 1977 in seiner Faunistik der mitteleuropaischen Kafer 1941 zum ersten Mal publiziert 3 Klausnitzer schreibt aber auch moglicherweise wurden beide Begriffe schon fruher verwendet Arbeitsweise der Faunistik BearbeitenDie Grundlage von faunistischen Untersuchungen sind Aufsammlungen von Tieren oder systematische Beobachtungen Die Belegexemplare mussen sachgerecht prapariert und etikettiert werden mit Fundort Datum Sammelmethode und Sammler 7 Fur die meisten faunistischen Untersuchungen ist eine gute wissenschaftliche Sammlung eine wesentliche Grundlage Als nachstes ist die Bestimmung der Arten notig dies ist oft der schwierigste Teil der Untersuchung Dazu benotigt man neben Fachliteratur und den optischen Hilfsmitteln Mikroskop Binokular haufig eine Vergleichssammlung und viel Erfahrung In neuerer Zeit kommen vermehrt auch molekulare Verfahren zur Artbestimmung in Einsatz z B DNA Barcoding 8 9 siehe auch weiter unten Trotz aller Schwierigkeiten sind faunistische Untersuchungen oft auch fur sogenannte Fachamateure Liebhaber Sammler moglich an Universitaten wird Faunistik als Wissenschaft nur wenig gelehrt und manchmal gering geachtet 10 Die Sachkenntnis der Fachamateure ist jedoch in summa ein enormes Detailwissen das sehr wertvoll ist Bedeutung der Faunistik fur den Naturschutz BearbeitenFaunistische Untersuchungen haben grosse Bedeutung fur Naturschutz und Okologie 11 12 Sie sind notig um feststellen ob eine Art in einem bestimmten Gebiet uberhaupt vorkommt ob sie gefahrdet ist ob sie besonders schutzenswert ist und ob ggf anhand ihrer Bestandsanderungen Ruckschlusse auf Veranderungen okologischer Parameter gezogen werden konnen 13 Ein besonders wichtiges Kriterium bezuglich der Prioritat im Naturschutz ist zum Beispiel wenn eine Art im entsprechenden Gebiet endemisch ist Arten die durch EU Recht geschutzt sind sog FFH Arten mussen in ihrem Bestand beobachtet werden sog Monitoring 14 Daruber hinaus gibt es weltweite Bestrebungen Abundanz und Arealanderungen insbesondere von gefahrdeten Arten zu untersuchen die z B durch die IUCN gefordert werden Aktuelle Trends BearbeitenNaturlich werden neue technische Entwicklungen dazu verwendet die Verbreitung von Tieren zu dokumentieren So bieten Fotofallen eine ausgezeichnete Moglichkeit scheue Saugetiere zu dokumentieren 15 oder Populationen zu uberwachen 16 Durch die Verwendung von entsprechenden Computer Programmen wird es zunehmend moglich automatisierte Verfahren zu entwickeln mit deren Hilfe Vogel Frosche oder Zikaden akustisch 17 oder anhand von Bildern 18 erkannt und protokolliert werden Ein anderer Trend der auch in Zukunft zunehmend von Bedeutung sein durfte ist das Einbeziehen von freiwilligen Amateuren Im angelsachsischen Sprachraum hat sich dafur der Begriff citizen science Burgerwissenschaft etabliert Schon seit vielen Jahren werden Vogelvorkommen von sogenannten Birdwatchers koordiniert erhoben siehe die verschiedenen Links bei Vogelbeobachtung Das keineswegs wirklich neue Konzept der Burgerwissenschaft wird von deutschen Organisationen unterstutzt in einer Webseite vorgestellt 19 und betrifft zunehmend auch faunistische Projekte Ein Beispiel ist der Muckenatlas eine Erfassung der Verbreitung der Stechmucken in Deutschland mit Hilfe von engagierten Laien Wie schon erwahnt ist das Engagement von Fachamateuren schon seit Langem eine vielfaltige und wertvolle Unterstutzung bei faunistischen Untersuchungen 10 Die aktuellen Naturschutzgesetze gelten als Hindernis zur Durchfuhrung von faunistischen Untersuchungen da die Entnahme von Belegexemplaren aus der Natur oft nur nach einer Ausnahmegenehmigung erlaubt ist und das Anlegen von Vergleichssammlungen erschwert wird Auch die dadurch schwierige Forderung des faunistisch interessierten Nachwuchses wird verschiedentlich beklagt 10 Eine wichtige neue Methodik die unter anderem von grosser Bedeutung fur Faunistik Taxonomie und Okologie ist ist die Verwendung von DNA Barcodes zur Bestimmung von Tieren Durch den Vergleich der DNA Barcodes wird die Identifizierung von Tierarten erleichtert und in bestimmten Fallen z B bei Larvenformen die morphologisch nicht zur Art bestimmt werden konnen erst ermoglicht Im Rahmen verschiedener Projekte in Deutschland BFB 20 und GBOL 21 international IBOL 22 wurden in den letzten Jahren viele Tierarten gezielt gesammelt und dadurch viele interessante faunistische Daten gewonnen Die neuen Methoden erlauben es auch zunehmend dass neue Fragestellungen untersucht werden Zum Beispiel werden durch die DNA Barcode Untersuchungen verschiedene taxonomische Problemfalle neu beleuchtet z B 23 24 25 und verschiedene Tierarten konnten fur bestimmte Gebiete neu nachgewiesen werden z B Neunachweis fur Andrena ampla in Deutschland 25 Literatur BearbeitenB Klausnitzer Entomofaunistik an der Schwelle zum 3 Jahrtausend In Entomologica Basiliensia 22 2000 S 61 74 3 B Klausnitzer Faunistik als Zukunftswissenschaft In Entomologische Zeitschrift 117 1 2007 S 3 6 10 K Schonitzer Faunistik Grundlagen Status Ausblick In Spixiana 38 1 2015 S 133 138 Einzelnachweise Bearbeiten Gustav de Lattin Grundriss der Zoogeographie G Fischer Verlag Jena 1967 S 19 Terry Wheeler The role of voucher specimens in validating faunistic and ecological research Biological survey of Canada Document series 9 2003 S 1 24 Volltext a b c d B Klausnitzer Entomofaunistik an der Schwelle zum 3 Jahrtausend In Entomologica Basiliensia 22 2000 S 61 74 I Jahn Hrsg Geschichte der Biologie 3 Auflage Heidelberg Berlin 2000 S 185 I Jahn Hrsg Geschichte der Biologie 3 Auflage Heidelberg Berlin 2000 S 189 Wolf Engels Sabine Heinle Hans Staden als Tropen Biologe Erste Beschreibungen andersartiger Tiere und Pflanzen Brasiliens in seinem Buch Warhaftige Historia von 1557 22 Beispiele von uns identifizierter Species In Spixiana 37 2014 S 283 287 zobodat at PDF T A Wheeler u a Label data standards for terrestrial arthropods Biological Survey of Canada Documents series 8 2001 S 1 20 Volltext P D N Hebert A Cywinska S L Ball J R DeWaard Biological identifications through DNA barcodes In Proceedings of the Royal Society of London Series B Biological Sciences 270 2003 S 313 321 doi 10 1098 rspb 2002 2218 G Haszprunar Barcoding Fauna Bavarica eine Chance fur die Entomologie In Nachrichtenblatt der bayerischen Entomologen 58 1 2 2009 S 45 47 a b c d B Klausnitzer Faunistik als Zukunftswissenschaft In Entomologische Zeitschrift 117 1 2007 S 3 6 naheres z B J Blab M Binot Hafke S Capt F Cordillot F Essl J Gepp u a Rote Listen Barometer der Biodiversitat Entstehungsgeschichte und neuere Entwicklungen in Deutschland Osterreich und der Schweiz In Naturschutz und Biologische Vielfalt 18 2005 F Courchamp J A Dunne Y Le Maho R M May C Thebaud M E Hochberg Fundamental ecology is fundamental In Trends in Ecology amp Evolution 30 1 2015 S 9 16 doi 10 1016 j tree 2014 11 005 Methodik der Gefahrdungsanalyse fur Rote Listen In H Haupt G Ludwig H Gruttke M Binot Hafke C Otto A Pauly Bearb Rote Liste gefahrdeter Tiere Pflanzen und Pilze Deutschlands Band 1 Wirbeltiere Bundesamt fur Naturschutz 2009 ISBN 978 3 7843 5033 2 S 23 76 Jens Sachteleben Martin Behrens Konzept zum Monitoring des Erhaltungszustandes von Lebensraumtypen und Arten der FFH Richtlinie in Deutschland BfN Skripten 278 2010 download beim BfN z B Matthias Graub Amurleoparden Raritaten in der Kamerafalle In Tierwelt 7 Jan 2015 z B Weingarth u a Grenzuberschreitendes Fotofallenmonitoring wie zahlt man Luchse In Berichte aus dem Nationalpark 7 2011 S 1 48 R Bardeli u a Detecting bird sounds in a complex acoustic environment and application to bioacoustic monitoring In Pattern Recognition Letters 31 2010 S 1524 1534 doi 10 1016 j patrec 2009 09 014 A Marini u a Bird species classification based on color features In IEEE International Conference on Systems Man and Cybernetics 2013 S 4336 4341 doi 10 1109 SMC 2013 740 Citizen science Plattform BFB GBOL IBOL Axel Hausmann Gerhard Haszprunar Andreas H Segerer Wolfgang Speidel Gottfried Behounek Paul D N Hebert Now DNA barcoded The Butterflies and Larger Moths of Germany Lepidoptera Rhopalocera Macroheterocera In Spixiana 34 1 2011 S 47 58 zobodat at PDF L Hendrich u a A comprehensive DNA barcode database for Central European beetles with a focus on Germany adding more than 3500 identified species to BOLD In Molecular Ecology Resources 2014 S 1 24 doi 10 1111 1755 0998 12354 a b S Schmidt u a DNA barcoding largely supports 250 years of classical taxonomy identifications for Central European bees Hymenoptera Apoidea partim In Molecular Ecology Resources Band 15 Nr 4 2015 S 1 16 doi 10 1111 1755 0998 12363 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Faunistik amp oldid 231723961