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Eine Dampflokomotive der Bauart Fairlie ist eine in Langsrichtung weitgehend symmetrisch aufgebaute Gelenk oder Doppellokomotive mit zwei Triebdrehgestellen sowie einem Doppelkessel mit je einer Rauchkammer und einem Schornstein an jedem Lokende Das Fuhrerhaus befindet sich in der Lokomotivmitte Die Lokomotiven werden auch als Double Fairlie bezeichnet zur Unterscheidung von der abgeleiteten Bauart Single Fairlie Fairlie Merddin Emrys der Ffestiniog Railway im Jahr 2013Fairlie James Spooner der Ffestiniog Railway im Jahr 1887Fairlies sind nach Robert Francis Fairlie 1831 1885 benannt und stellten die erste brauchbare Bauart von Gelenklokomotiven dar Sie konnten sich aber gegen modernere Bauarten nicht halten und wurden nur bis Ende des Ersten Weltkriegs gebaut mit Ausnahme von zwei Neubauten der Ffestiniog Railway fur den Museumseinsatz gegen Ende des 20 Jahrhunderts Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Aufbau und Technik 3 Vergleich mit anderen Gelenkbauarten 4 Erhaltene Lokomotiven 5 Einzelnachweise 6 Literatur 7 WeblinksGeschichte Bearbeiten nbsp Zeichnung der Semmering Lokomotive Seraing nbsp Mountaineer der Neath and Brecon Railway Baujahr 1866 nbsp Little Wonder die erste Fairlie der Ffestiniog Railway um 1870 in PorthmadogDie wahrscheinlich erste Gelenklokomotive uberhaupt 1832 fur die Charleston amp South Carolina Rail Road gebaut kann auch als Ursprung der Bauart Fairlie angesehen werden Die symmetrisch aufgebaute Lokomotive hatte zwei Drehgestelle sowie Feuerbuchse und Fuhrerstand in der Lokmitte Ansonsten war sie jedoch eine sehr ungewohnliche Konstruktion mit je zwei Kesselschussen auf jeder Seite zwischen denen jeweils ein Zylinder angeordnet war Insgesamt hatte die Lokomotive mit der Achsfolge 1A A1 also nur zwei Zylinder 1 Details sind kaum uberliefert aber es erscheint unwahrscheinlich dass der Lokomotive Erfolg beschieden war Die 1851 fur den von der Semmeringbahn ausgeschriebenen Wettbewerb gebaute Seraing von Cockerill glich dagegen im grundsatzlichen Aufbau schon weitgehend den modernen Fairlies Die Seraing hatte allerdings anders als spatere Fairlies einen durchgehenden Hauptrahmen an dem auch die Kupplungen befestigt waren Der Kessel hatte einen ovalen Querschnitt die Zylinder waren innerhalb der Drehgestellrahmen angeordnet Die Lokomotive erzielte im Wettbewerb den dritten Platz und wurde von der Bahn ubernommen Allerdings verhinderten vor allem Dichtigkeitsprobleme der beweglichen Dampfleitungen einen dauerhaften Einsatz und die Lokomotive wurde bald abgestellt Davon enttauscht verfolgte Cockerill dieses Konzept nicht weiter Robert Fairlie griff die Idee mehr als zehn Jahre spater wieder auf und liess sich das Prinzip 1864 patentieren wobei der einzige wesentliche Unterschied seines Konzepts gegenuber der Seraing darin bestand dass die Kupplungen an den Drehgestellen der Fahrzeuge befestigt waren und nicht mehr am Hauptrahmen Fairlies Absicht war es das gesamte Gewicht einer Lokomotive fur die Traktion zu nutzen also alle Achsen anzutreiben und gleichzeitig eine Lokomotive mit ausreichenden Vorraten zu schaffen die enge Kurven durchfahren konnte ohne Schlepptender auskam und deshalb an den Enden der Strecke nicht gedreht werden musste Die erste nach diesem Patent gebaute Lokomotive ging 1865 an die Neath and Brecon Railway Sie bewahrte sich nicht weil sie nur eine Feuerbuchse besass in der der Saugzug der einen Rauchkammer gegen den aus der anderen arbeitete Die schmalspurige Ffestiniog Railway FR stand in dieser Zeit wegen des stark angestiegenen Verkehrsaufkommens vor der Entscheidung ihre Strecke zweigleisig auszubauen Als kostengunstigere Alternative bot sich eine Fairlie Lokomotive an mit der man die Zuglangen deutlich vergrossern konnte 1869 lieferte Fairlie der die Lokomotivfabrik von George England ubernommen hatte dem Erbauer der fruheren Lokomotiven der FR die Lokomotive Little Wonder kleines Wunder aus Bei Versuchsfahrten zeigte sich dass diese Lokomotive mehr als das Doppelte der zweiachsigen England Maschinen ziehen konnte und die Bahn beschaffte in den folgenden Jahren drei weitere Fairlies James Spooner Merddin Emrys und Livingston Thompson wobei die beiden letzten in den bahneigenen Werkstatten entstanden Ausserdem wurde eine Single Fairlie beschafft im Prinzip eine halbe Fairlie mit nur einem Triebdrehgestell sowie einem einfachen Laufdrehgestell Die Vulcan Foundry baute ab 1872 mehrere Fairlies zunachst fur Neuseeland und Peru Auch in Mexiko und anderen Staaten wurden vorubergehend Fairlies verwendet konnten sich aber nirgends sehr lange halten In Russland fuhren 45 Fairlies der Reihe F bei der Transkaukasischen Eisenbahn und waren dort aufgrund des steigungs sowie krummungsreichen Gebirgszuges des Suramipasses uber Jahrzehnte unentbehrlich Letztlich blieb die Ffestiniog Railway die einzige Bahn der Welt bei der sich Fairlies dauerhaft und bis heute bewahrten Aufbau und Technik Bearbeiten nbsp Fuhrerstand der Double Fairlie David Lloyd George der Ffestiniog Railway Lokfuhrerseite In der Turoffnung ist der Hebel der Steuerung zu sehen die Regler befinden sich oben auf dem Stehkessel nbsp Fairlie fur eine mexikanische Bahngesellschaft nbsp Pechot Bourdon Lokomotive nbsp Fairlie fur die Burma Railways nbsp Lokomotive Reihe F der Transkaukasischen EisenbahnEine Fairlie verfugt uber einen Doppelkessel das ist ein Kessel bei dem sich der Stehkessel in der Mitte zwischen den beiden Langkesseln befindet In diesem Stehkessel befinden sich zwei separate Feuerbuchsen uber die die Rauchgase durch die Heizrohre der Langkessel zu den Rauchkammern mit je einem Schornstein an jedem Ende des Kessels stromen Die Feuerturen zu den Feuerbuchsen befinden sich auf der Heizerseite des Kessels Heizer und Lokfuhrer stehen auf beiden Seiten der Lokomotive und sind durch den Stehkessel voneinander getrennt 2 Meist sind zwei Dampfdome vorhanden z B bei der Sachsischen I M In jedem Dampfdom befindet sich ein Dampfregler mit dem man den Dampf zu dem darunter liegenden Triebdrehgestell leiten kann Die franzosische Variante Pechot Bourdon die auf ein eigenes Patent zuruckgeht hat als charakteristisches Merkmal nur einen zentralen Dampfdom auf dem Stehkessel besitzt aber trotzdem zwei Regler fur jedes Triebdrehgestell einen laut Pechot Bourdon Fur das Bedienen der beiden Regler zeigen die noch existierten Fairlielokomotiven mehrere Varianten auf Bei der Sachsischen I M sind beide Regler fest miteinander verbunden Bei der Pechot Bourdon Lokomotive konnen die beiden Regler wahlweise miteinander mechanisch verbunden werden 3 Oder die Bediengriffe fur die beiden Regler sind so angebracht dass man sie mit einer Hand gleichzeitig bedienen kann wie bei der Lok Earl of Merioneth der Festiniog Railway 4 Der Kessel einer Fairlie ruht auf einem Bruckenrahmen der sich an beiden Enden auf ein Drehgestell abstutzt Die Dampfzufuhr erfolgt uber bewegliche Leitungen zwischen den Rauchkammern und den Schieberkasten der an den Lokomotivenden angeordneten Zylinder eine Ausnahme in dieser Hinsicht ist die Sachsische I M bei der die Zylinder auf der Lokomotivinnenseite angebracht sind Die Achsfolge der meisten Fairlies war B B oder C C d h alle Achsen waren angetrieben Einige Fairlies hatten jedoch auch Laufachsen also die Achsfolgen 1 B B1 oder 1 C C1 Auf den Seiten beider Langkessel befinden sich die Wassertanks Auf der Heizerseite sind in diese Tanks beiderseits des Fuhrerhauses Kohlenkasten oder Oltanks integriert Die Fairlies der Transkaukasischen Eisenbahn besassen ursprunglich Feuerung mit Brennholz Dabei besassen die Lokomotiven auf dem Kessel Gitterbehalter die von dem Fuhrerhaus bis zur Rauchkammer reichten Spater wurden auch sie auf Olfeuerung umgebaut Die Wassertanks der Ffestiniog Fairlies sind unter dem Fuhrerstand jeweils durch einen wannenartigen Teil miteinander verbunden der den Raum zwischen den Drehgestellen auch optisch ausfullt Bei einigen grosseren Fairlies befanden sich zusatzliche Behalter oberhalb des Kessels vor und hinter dem Fuhrerhaus Die nebenstehend abgebildete Fairlie der Burma Railway fur den Einsatz auf der Bahnstrecke Mandalay Lashio weicht von der ublichen Bauform ab Sie verfugt uber zwei voneinander unabhangige Kessel so dass Lokfuhrer und Heizer nicht mehr voneinander getrennt sind Von Nachteil ist die Notwendigkeit Wasserstand und Druck in beiden Kesseln unabhangig voneinander zu regeln 5 Vergleich mit anderen Gelenkbauarten Bearbeiten nbsp Die tasmanische K1 die erste Garratt Mit dieser Bauart erhielt die Fairlie Anfang des 20 Jahrhunderts eine in praktisch allen Belangen uberlegene Konkurrenz nbsp Sachsische IM eine uberdachte Fairlie mit Rundumfuhrung und Kuhfangern von 1902Wie bei allen Gelenklokomotiven ist ein Nachteil der Fairlie ihre grossere Komplexitat und der damit verbundene grossere Wartungsaufwand Dies relativiert sich jedoch wenn man den Aufwand fur eine Gelenklokomotive mit dem Aufwand fur zwei konventionelle Lokomotiven vergleicht die eine Gelenklokomotive ersetzen kann Es bleiben die Probleme mit den beweglichen Dampfleitungen deren Abdichtung besonders im 19 Jahrhundert noch erhebliche Probleme bereitet hat Die Fairlie stand zunachst in Konkurrenz zu den Bauarten Mallet und Meyer Ein Vorteil gegenuber diesen Bauarten war dass Feuerbuchse und Aschkasten der Fairlie wegen ihrer Anordnung zwischen den beiden Drehgestellen kaum in ihrer Ausdehnung eingeschrankt waren und letzterer praktisch bis zu den Schienen herabreichen konnte Mit der Kitson Meyer und schliesslich der Garratt wurde dieses Prinzip spater aber auch mit einem einfachen Kessel realisiert Neben der grundsatzlichen Komplikation die sich durch das doppelte Vorhandensein von Kesselbauteilen ergeben ist ein wesentlicher Nachteil der Fairlie der enge Raum fur den Lokfuhrer und besonders den Heizer Dieses Problem verscharfte sich mit zunehmendem Kesseldurchmesser wobei gleichzeitig der Raum fur die Wasser und Kohlenvorrate weniger wurde so dass es eine praktische Obergrenze fur die Grosse von Fairlies gibt Die grossten Fairlies gebaut fur die Ferrocarril Mexicano FCM waren mit Ol gefeuert wodurch der Heizer mit weniger Raum auskommen konnte Die Drehgestelle der Fairlies neigen zum Schlingern wie auch die von Meyer Lokomotiven und kleineren Malletts weil die Krafte durch die hin und hergehenden Massen der Zylinder bezogen auf das Gewicht der Drehgestelle relativ gross sind Mit der Garratt bei der die Kohlen und Wasserkasten auf den Drehgestellen aufgebaut waren und damit deren Gewicht vergrosserten wurde dieses Problem behoben Wahrend die Meyer in Form der Kitson Meyer als Vorlauferbauart der Garratt zu sehen ist erfuhr die Fairlie keine Weiterentwicklung Bei der sogenannten Modified Fairlie handelt es sich um eine Variante der Kitson Meyer die eher einer Garratt ahnelt als einer Fairlie Erhaltene Lokomotiven Bearbeiten nbsp David Lloyd George die jungste Fairlie der Welt gebaut 1992 von der Ffestiniog RailwayNur wenige Fairlies sind erhalten geblieben und vier davon sind mit der Ffestiniog Railway verbunden Die Bahn hat seit den 1990er Jahren drei Exemplare im Einsatz Die Merddyn Emrys stammt aus dem Jahr 1879 wurde jedoch mehrfach umgebaut und mit einem modernen Kessel ausgestattet Die anderen beiden Earl of Merioneth und David Lloyd George sind Neubauten aus den Jahren 1979 und 1992 bei denen allerdings Teile alterer Lokomotiven verwendet wurden Eine vierte 1971 aus dem Betrieb genommene Lokomotive Livingston Thompson steht im National Railway Museum in York Josephine eine der 1872 nach Neuseeland gelieferten Lokomotiven wird im Otago Settlers Museum in Dunedin aufbewahrt Je eine Pechot Bourdon Lokomotive steht im Verkehrsmuseum Dresden und in Pozega eine Sachsische I M gehort ebenfalls zum Bestand des Verkehrsmuseums Dresden sie ist als Dauerleihgabe in Oberheinsdorf bei Reichenbach im Vogtland stationiert Einzelnachweise Bearbeiten A E Durrant Garratt Lokomotiven der Welt Birkhauser Verlag ISBN 3 7643 1481 8 S 10 Fotografie der Merddin Emrys mit abgenommenem Fuhrerhaus Man erkennt den Bruckenrahmen und die Heizerseite des Kessels mit zwei Feuerturen http www gillbachbahn de pechot p600 p40 jpg http www buntbahn de fotos data 9012 80Sommer 2013 2013 06 25 5107 jpg Rolf Ostendorf Ungewohnliche Dampflokomotiven von 1803 bis heute Motorbuchverlag Stuttgart 1978 ISBN 3 87943 406 9 S 114 Literatur BearbeitenOber Ing Gebauer Das Fairlie sche patentirte Locomotiv System und sein Einfluss auf den billigeren Betrieb von Eisenbahnen insbesondere Vicinalbahnen In Polytechnisches Journal 196 1870 S 392 405 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Fairlie Lokomotive Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien 1 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fairlie Lokomotive amp oldid 236839182