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Die 1909 entstandenen Funf Orchesterstucke op 16 des osterreichischen Komponisten Arnold Schonberg 1874 1951 wurden 1912 in London uraufgefuhrt Sie sind sein einziges Orchesterwerk in freier Atonalitat Arnold Schonberg Selbstportrat 1908 Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung und Urauffuhrung 2 Instrumentation und Fassungen 3 Charakterisierung 4 Literatur 5 Einzelnachweise 6 WeblinksEntstehung und Urauffuhrung BearbeitenArnold Schonberg begann seine Funf Orchesterstucke im Mai 1909 und vollendete sie August 1909 im niederosterreichischen Steinakirchen wo er einen Urlaub mit seiner Familie Alexander Zemlinsky Alban Berg Anton Webern und Max Oppenheimer verbrachte Unmittelbar danach schloss er mit dem Monodram Erwartung sein erstes Buhnenwerk ab Noch vor Fertigstellung bot er sie im Juli 1909 Richard Strauss zur Urauffuhrung an Sich der Komplexitat und Neuartigkeit seines Werks bewusst schrieb er Ich glaube diesmal ists wirklich unmoglich die Partitur zu lesen Fast ware es notig auf blinde Meinung sie aufzufuhren Ich verspreche mir allerdings kolossal viel davon insbesondere Klang und Stimmung Nur um das handelt es sich absolut nicht symphonisch direkt das Gegenteil davon keine Architektur kein Aufbau Bloss ein bunter ununterbrochener Wechsel von Farben Rhythmen und Stimmungen Aber und das ist der Vorteil durch den Sie es vielleicht doch riskieren konnten sehr kurz Strauss lehnte im September 1909 jedoch hoflich ab Es ist mir sehr schmerzlich Ihnen Ihre Partituren ohne eine Zusage der Auffuhrung zuruckschicken zu mussen Sie wissen ich helfe gern und habe auch Muth Aber Ihre Stucke sind inhaltlich und klanglich so gewagte Experimente dass ich vorlaufig es nicht wagen kann sie einem mehr als conservativen Berliner Publikum vorzufuhren 1 Die Funf Orchesterstucke waren ursprunglich unbetitelt Erst auf Wunsch von Henri Hinrichsen in dessen Verlagshaus Peters 1912 Schonbergs Funf Orchesterstucke op 16 erscheinen sollten die Universal Edition hatte abgelehnt fand sich der Komponist unwillig zur Findung programmatischer Uberschriften bereit wie ein Tagebucheintrag vom 28 Januar 1912 zeigt Im ganzen die Idee nicht sympathisch Denn Musik ist darin wunderbar dass man alles sagen kann so dass der Wissende alles versteht und trotzdem hat man seine Geheimnisse die die man sich selbst gesteht nicht ausgeplaudert Titel aber plaudert aus 2 Schonbergs Titel I Vorgefuhle II Vergangenes III Akkordfarbungen IV Peripetie V Das obligate Rezitativ trafen die Vorstellungen des Verlegers hinsichtlich Verkaufsforderung allerdings so wenig dass sie in der Erstausgabe doch weggelassen wurden und erst in die 1922 erschienene Revision aufgenommen wurden Zu einer Teilurauffuhrung Stucke Nr 1 2 und 4 kam es am 4 Februar 1912 im Berliner Harmonium Saal in einer Fassung fur zwei Klaviere achthandig die Erwin Stein erstellt hatte Die Urauffuhrung der Orchesterfassung fand gespielt vom Queen s Hall Orchestra im Rahmen der Promenade Concerts unter Leitung von Sir Henry Wood am 3 September 1912 in London statt Schonberg erfuhr so spat von der geplanten Urauffuhrung dass er zu seinem Arger nicht teilnehmen konnte Die Auffuhrung stiess auf breites Unverstandnis Der Musikkritiker Ernest Newman schrieb in The Nation 3 It is not often that an English audience hisses the music it does not like but a good third of the people the other day permitted themselves that luxury after the first performance of the five orchestra pieces of Schoenberg Another third of the audience was not hissing because it was laughing and the remaining third seemed too puzzled either to laugh or to hiss Es geschieht nicht oft dass ein englisches Publikum die Musik auszischt die es nicht schatzt jedoch erlaubte sich ein gutes Drittel der Leute kurzlich diesen Luxus nach der ersten Auffuhrung der funf Orchesterstucke von Schonberg Ein weiteres Drittel des Publikums zischte nicht weil es stattdessen lachte und das restliche Drittel schien zu verwirrt um zu lachen oder zu zischen 1914 erhielt Schonberg die Gelegenheit sein Werk selbst in London zu dirigieren Die deutsche Erstauffuhrung fand 1920 beim 50 Tonkunstlerfest in Weimar statt Instrumentation und Fassungen BearbeitenDie Partitur der Funf Orchesterstucke Arnold Schonbergs sieht in der Erstfassung fur grosses Orchester folgende Besetzung vor 2 Floten 2 Piccolofloten 3 Oboen Englischhorn 2 Klarinetten in A Klarinette in D Bassklarinette in B Kontrabassklarinette in A 3 Fagotte Kontrafagott 4 Horner in F 3 Trompeten in B 4 Posaunen Basstuba Xylophon Pauke Grosse Trommel Tamtam Harfe Celesta und Streicher 1920 erstellte Schonberg eine Bearbeitung fur Kammerorchester um eine Auffuhrung im Rahmen eines Konzertes des Vereins fur musikalische Privatauffuhrungen zu ermoglichen Die Einzelstimmen gingen bald darauf verloren es existiert lediglich eine Partitur des Erstdrucks in die Schonberg entsprechende Notizen eintrug Auf Initiative Schonbergs erstellte sein Schuler und Schwiegersohn Felix Greissle eine neue Version fur Kammerorchester die 1925 erschien Nachdem 1922 bereits eine Revision der Erstfassung erfolgt war schuf Schonberg 1949 hauptsachlich aus auffuhrungspraktischen Grunden eine Fassung fur Standard Orchester in der speziell die umfangreiche Holzblasergruppe auf gangiges Mass reduziert ist Charakterisierung BearbeitenDie Auffuhrungsdauer des Werks betragt etwa 16 bis 18 Minuten Die funf Stucke sind wie folgt uberschrieben Titel gemass Revision 1922 Vorgefuhle Sehr rasch Vergangenes Massige Viertel Farben Massige Viertel Peripetie Sehr rasch Das obligate Rezitativ Bewegte Achtel Schonbergs Musiksprache wandelte sich in den Jahren 1908 1909 von einer stark erweiterten Tonalitat hin zur Atonalitat ein Begriff den er selbst wegen der potenziell negativen Konnotation ablehnte die zunachst nur in einzelnen Werkteilen oder satzen voll zutage trat etwa den Drei Klavierstucken op 11 oder einigen Liedern im Buch der Hangenden Garten op 15 Die Funf Orchesterstucke op 16 sind Schonbergs einziges reines Orchesterwerk in freier Atonalitat Hier werden die Bindungen an einen Grundton ebenso aufgegeben wie die Vorstellung Dissonanzen seien als Spannungsklange in Konsonanzen aufzulosen Zugleich gelten auch auf Tonartbeziehungen fussende Formprinzipien nicht mehr was in der neutralen Bezeichnung als Funf Stucke zum Ausdruck kommt die weder die Monumentalsinfonik Gustav Mahlers noch den Gattungstypus der Sinfonischen Dichtung fortsetzen wollen Im ersten Stuck wird der Untergrund uber lange Strecken durch ein dreitoniges Motiv gebildet D A Cis daruber spielt sich eins der wildesten Ostinati ab die je geschrieben wurden 4 das kanonisch in Vergrosserung und Verkleinerung verlauft Im zweiten mit einer Spieldauer von gut funf Minuten langsten Stuck mit einer gegenuber dem ersten starken Zuruckgenommenheit und transparenteren Instrumentation erkennt Winfried Zillig nach anfanglich entfernter Tristan Tragik Klange einer astralen Zartheit und glasernen Fragilitat 5 Das dritte Stuck erlangte besondere Bekanntheit da es in gewisser Hinsicht den Begriff der Klangfarbenmelodie vorwegnimmt von der im Schlusskapitel der Harmonielehre Schonbergs 1911 die Rede ist einer Idee wonach dem gleichen Ton durch blosse Anderung der Klangfarbe ein melodischer Ausdruck verliehen werden kann Ein funftoniger Akkord C Gis H E A erscheint in alternierender Farbung und wandert in etwa 60 langsamen kleinen Tonanderungen fast unmerklich durch die verschiedenen Instrumentengruppen um am Ende wieder die Ausgangsposition zu erreichen In der Kammerbesetzung von Greissle s o wie auch in der Fassung von 1949 fur Standard Orchester ist das Stuck offenbar mit Billigung Schonbergs poetisierend als Farben Sommermorgen am See betitelt Das vierte Stuck besitzt mit seinem schnellen Dreivierteltakt und triolischen Bildungen den Charakter eines Scherzos Im funften Stuck mit seinen Walzer Anklangen erscheinen trotz des spater zugefugten Titels keine rezitativischen Passagen in traditionellem Sinn Allerdings lasst sich eine an ein Rezitativ erinnernde Hauptstimme ausmachen die aus kleinsten mosaikartig verbundenen Motiven besteht die durch die verschiedenen Instrumente gefuhrt werden Literatur BearbeitenManuel Gervink Arnold Schonberg und seine Zeit Laaber 2000 ISBN 3 921518 88 1 S 192 200 Hans Renner Klaus Schweizer Reclams Konzertfuhrer Orchestermusik 10 Auflage Stuttgart 1976 ISBN 3 15 007720 6 S 542 543 Hansjurgen Schaefer Konzertbuch Orchestermusik P Z VEB Dt Verlag f Musik Leipzig 1974 S 174 176 Michael Mackelmann Arnold Schonberg Funf Orchesterstucke op 16 Ausgabe 45 von Meisterwerke der Musik W Fink 1987 Carl Dahlhaus Schonbergs Orchesterstuck op 16 3 und der Begriff der Klangfarbenmelodie in Schonberg und andere Gesammelte Aufsatze zur Neuen Musik Schott 1978 ders Das obligate Rezitativ in Schoberg und andere Schott 1978Einzelnachweise Bearbeiten zit n Arnold Schonberg Center zit n Manuel Gervink Arnold Schonberg und seine Zeit Laaber 2000 ISBN 3 921518 88 1 S 197 198 zit n Werkeinfuhrung von Herbert Glass Memento vom 8 Dezember 2012 im Internet Archive Hansjurgen Schaefer Konzertbuch Orchestermusik P Z VEB Dt Verlag f Musik Leipzig 1974 S 175 Winfried Zillig Variationen uber neue Musik List Verlag Munchen 1964 S 44 Weblinks BearbeitenAngaben des Arnold Schonberg Center mit Komplettaufnahme des Werks und Einfuhrung von Therese Muxeneder Angaben des Arnold Schonberg Center zu Quellenlage und Entstehung Werkeinfuhrung bei ON Neue Musik Koeln e V Werkeinfuhrung von Richard Hoffman Oberlin Conservatory engl Werkeinfuhrung von Herbert Glass engl Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Funf Orchesterstucke amp oldid 235316518