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Der Fuhrerkreis der vereinigten Gewerkschaften war knapp drei Monate nach der Machtubergabe an die Nationalsozialisten der spate Versuch der deutschen Richtungsgewerkschaften ihre Zersplitterung aufzugeben und sich zusammenzuschliessen Dieser Schritt erfolgte am 28 April 1933 mit einem Grundungsdokument Bereits wenige Tage darauf war der Versuch obsolet da am 2 Mai 1933 die freien Gewerkschaften zerschlagen und die christlichen Gewerkschaften am 3 Mai 1933 unter das nationalsozialistische Aktionskomitee zum Schutz der deutschen Arbeit gestellt wurden Inhaltsverzeichnis 1 Gewerkschaftlicher Anpassungskurs 2 Vereinigungsbestrebungen 3 Grundungsmanifest 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGewerkschaftlicher Anpassungskurs BearbeitenDie Schwache der Gewerkschaftsbewegung Anfang 1933 erklarte sich aus der hohen Arbeitslosigkeit aus der Segmentierung in eine Vielzahl von miteinander konkurrierenden Berufsgewerkschaften und der politischen Spaltung in Richtungsgewerkschaften 1 Nach der Machtubergabe an die Nationalsozialisten im Januar 1933 und insbesondere nach den Marzwahlen reagierten die Gewerkschaften aller Richtungen mit einem sehr weitgehenden Anpassungskurs an das neue Regime Zur Aufrechterhaltung der eigenen Existenz gingen die Organisationen bis zur Preisgabe zentraler Positionen Die Freien Gewerkschaften etwa erkannten am 21 Marz 1933 das Recht des Staates an bei den Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern einzugreifen Innerhalb der christlichen Gewerkschaften begrusste man die nationale Revolution und erklarte sich zur Mitarbeit im neuen Staat bereit Die Gewerkschaften distanzierten sich von der SPD beziehungsweise vom Zentrum als ihren politischen Bundnispartnern Auch der ADGB erklarte sich am 9 April bereit seine Organisation in den Dienst des neuen Staates zu stellen Man befurworte die Einsetzung eines Reichskommissars fur die Gewerkschaften Fuhrende Gewerkschafter des ADGB diskutierten sogar mit der Nationalsozialistischen Betriebszellenorganisation NSBO insbesondere mit Ludwig Brucker uber eine zukunftige Gewerkschaftsorganisation Die Gesprache scheiterten nur an den Maximalforderungen von Seiten der NSBO Die Betriebsratswahlen im April 1933 zeigten dass die NSBO nur zogerlich an Gewicht gewann Sie kam auf 11 7 Die Freien Gewerkschaften kamen auf 73 4 die Christlichen Gewerkschaften auf 7 6 die Hirsch Dunckerschen Gewerkvereine auf 0 6 und die Revolutionare Gewerkschafts Opposition auf 4 9 Diese Beharrungskraft der alten Organisationen durfte zum Entschluss des Regimes beigetragen haben die Gewerkschaften zu zerschlagen 2 Bereits am 29 Marz wurde insgeheim das schon genannte nationalsozialistische Aktionskomitee zum Schutz der deutschen Arbeit unter Leitung von Robert Ley und Reinhold Muchow gebildet um die Zerschlagung der Gewerkschaften bis ins Detail zu planen Ley und Joseph Goebbels holten zu diesen Planen die Zustimmung von Adolf Hitler ein Goebbels notierte am 17 April 1933 in sein Tagebuch Den 1 Mai werden wir zu einer grandiosen Demonstration deutschen Volkswillens gestalten Am 2 Mai werden dann die Gewerkschaftshauser besetzt Gleichschaltung auch auf diesem Gebiet Es wird vielleicht ein paar Tage Krach geben aber dann gehoren sie uns Man darf hier keine Rucksicht kennen Wir tun dem Arbeiter nur einen Dienst wenn wir ihn von der parasitaren Fuhrung befreien die ihm bisher das Leben sauer gemacht hat Sind die Gewerkschaften in unserer Hand dann werden sich auch die anderen Parteien und Organisationen nicht mehr lange halten konnen Ein Zuruck gibt es nicht mehr Man muss den Dingen nur ihren Lauf lassen Diese Vorbereitungen blieben den Gewerkschaften verborgen Die Ankundigung den 1 Mai als Tag der nationalen Arbeit zu feiern begrussten die Gewerkschaften 3 Vereinigungsbestrebungen Bearbeiten nbsp Anton Erkelenz Bild ca 1943 von dem Anregungen zur Vereinigung ausgingenNeben der Anpassung an das Regime gab es den Versuch zur Vereinigung der bisherigen Richtungsgewerkschaften Ansatze dazu waren bislang stets insbesondere aus programmatischen Grunden gescheitert Dies gilt auch fur den Vorschlag von Walter Dirks der 1932 eine Bundesgenossenschaft von christlichen und freien Gewerkschaften zur Abwehr des Faschismus gefordert hatte Die Situation war insofern verandert als dass die parteipolitische Rucksichtnahme entfallen war In allen Richtungsgewerkschaften gab es vor diesem Hintergrund Ausserungen mit dem Ziel einer engen Zusammenarbeit oder Vereinigung 4 Ein Initiator des Fuhrerkreises war Anton Erkelenz von den liberalen Hirsch Dunckerschen Gewerkvereinen Er konnte an Vorschlage aus dem Jahr 1931 anknupfen 5 und strebte eine Einheitsorganisation der Gewerkschaften an Erkelenz wandte sich am 1 April 1933 in einem Brief an Adam Stegerwald von den christlichen Gewerkschaften Darin hiess es dass die drei alten Gewerkschaftsrichtungen von sich aus verschmelzen und sich dann der Regierung als Einheitsgewerkschaft prasentieren Wenn die Gewerkschaften selber die Umformung zur Einheitsgewerkschaft in die Hand nehmen konnen sie vielleicht erreichen dass diese Einheitsgewerkschaft eine freiwillige Gewerkschaft im bisherigen Sinne bleiben wird dass also keine staatliche Zwangsgewerkschaft daraus wird Ziel war es also mit diesem freiwilligen Schritt der Schaffung einer vom Regime initiierten Zwangsvereinigung zuvorzukommen Bereits am 5 April erklarte sich der ADGB bereit sich an einer Vereinheitlichung des Gewerkschaftswesens zu beteiligen Etwas weniger klar fiel die Zustimmung der christlichen Gewerkschaften vom 14 April aus 6 Die eigentlichen Verhandlungen begannen nach Aufzeichnungen von Wilhelm Leuschner am 20 April in der Pension Adler am Kurfurstendamm in Berlin Die Gewerkschaftsspitzen trafen sich im privaten Rahmen weil man die Verhandlungen noch nicht offentlich machen wollte Danach folgten zahlreiche weitere Gesprache 7 Am 28 April 1933 kam der Fuhrerkreis der vereinigten Gewerkschaften zu einer Einigung uber eine gemeinsame Erklarung Daran beteiligt waren freie christliche und hirsch dunckersche Gewerkschaften sowie der deutsch nationale Handlungsgehilfenverband Grundungsmanifest Bearbeiten nbsp Jakob Kaiser Bild ca 1950 war am Entwurf des Grundungsdokuments massgeblich beteiligtDas Grundungsmanifest wurde insbesondere von den christlichen Gewerkschaftern Theodor Brauer und Jakob Kaiser entworfen Der ursprungliche Entwurf aus der Feder christlicher Gewerkschafter wurde im Laufe der Diskussion von Seiten der freien Gewerkschaften etwas modifiziert der genaue Wortlaut ist nicht bekannt Es gibt unterschiedliche Uberlieferungen etwa von Seiten Jakob Kaisers Eine weitere Version stammt aus einer Veroffentlichung der Deutschen Arbeitsfront DAF Beide Versionen sind moglicherweise von den jeweiligen politischen Interessen beeinflusst und spiegeln nicht die Originalfassung wider Der Historiker Gerhard Beier halt die Fassung aus der DAF Veroffentlichung fur die dem Original am nachsten stehende 8 Das Bundnis erklarte sich bereit an der Neuordnung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens mitzuwirken Als Ziel wurde nach der Fassung von Jacob Kaiser formuliert Die Gewerkschaften sind die berufenen Vereinigungen zur Vertretung der sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Arbeiter und Arbeiterinnen Das hochste Ziel ihrer Arbeit ist die Forderung eines gesunden Staates und Volkes als Voraussetzung zur Sicherung der sittlichen kulturellen staatlichen und wirtschaftlich sozialen Lebensrechte des deutschen Arbeiterstandes Die religiosen Grundkrafte sind in ihrer staats und gesellschaftlich aufbauenden Bedeutung zu achten und anzuerkennen Die Gewerkschaften haben parteipolitisch vollig ungebunden zu sein 9 In der Version wie sie die DAF teilweise uberlieferte 10 hiess es in der Einleitung Die nationale Revolution hat einen neuen Staat geschaffen Dieser Staat will die gesamte deutsche Volkskraft einheitlich zusammenfassen und machtvoll zur Geltung bringen Aus diesem volklichen Einheits und Machtwillen heraus kennt er weder klassenmassige Trennung noch volksabgewandte Internationalitat Diese Tatsache stellt das gesamte deutsche Volk jeden seiner Stande und jeden einzelnen vor die Notwendigkeit seine Haltung zu diesem Staat festzulegen Die deutschen Gewerkschaften sind des Glaubens dass sie der grossen Aufgabe des neuen Staates alle Krafte des deutschen Volkes zu einer starkeren Einheit zusammenzufassen am besten dienen wenn sie sich uber alle Trennungen der Vergangenheit zu einer einzigen nationalen Organisation der Arbeit vereinigen 11 Man bekannte sich zur positiven Mitarbeit am neuen Staat in einer einzigen umfassenden nationalen Organisation der Arbeit Allerdings enthielt das Dokument auch die Forderung nach ungehinderter gewerkschaftlicher Arbeit Insofern hatte die Anpassungsbereitschaft ihre Grenzen Unterzeichner waren unter anderem Wilhelm Leuschner Jakob Kaiser und Theodor Leipart Die Erklarung war von seiner volkisch nationalistischen Sprache gepragt Von Klassenkampf und Internationalismus war keine Rede mehr Damit war dieses Dokument weit entfernt von der bisherigen Programmatik der freien Gewerkschaften als dem grossten Bundnispartner Inhaltlich schienen sich also die christlichen Gewerkschaften durchgesetzt zu haben Es handelte sich bei dem Bundnis eher um einen losen Zusammenschluss als um eine wirkliche Einheitsgewerkschaft Diese kam vor dem Hintergrund der Erfahrungen der folgenden Jahre erst nach dem Krieg mit der Grundung des DGB zustande Charakterisiert wurde der Zusammenschluss als eine Gleichschaltung von unten oder Gleichschaltung von innen 12 Zum 1 Mai 1933 der von Adolf Hitler zum Tag der nationalen Arbeit erklart worden war veroffentlichte der ADGB am 22 April einen Aufruf 13 Der Versuch eine richtungsubergreifende Gewerkschaftsorganisation zu schaffen war bereits am 2 Mai 1933 mit der Zerschlagung der freien Gewerkschaften gescheitert Die christlichen Gewerkschaften unterstellten sich am 3 Mai dem Aktionskomitee zum Schutz der deutschen Arbeit Literatur BearbeitenMichael Schneider Manfred Scharrer Hrsg Zwischen Gegnerschaft und Unterwerfung Die christlichen Gewerkschaften und der Nationalsozialismus In Kampflose Kapitulation Arbeiterbewegung 1933 Rowohlt Reinbek 1984 S 183 215 Gerhard Beier Zur Entstehung des Fuhrerkreises der vereinigten Gewerkschaften Ende April 1933 In Archiv fur Sozialgeschichte Bd 15 1975 S 365 392 Gerhard Beier Gleichschaltung und Widerstand Zum Verhalten der deutschen Gewerkschaften im April 1933 im Lichte bisher unbekannter Dokumente In Gewerkschaftliche Monatshefte Jg 26 1975 Nr 7 S 410 421 Freier Abruf bei der FES Gerhard Beier Das Lehrstuck vom 1 und 2 Mai 1933 Europaische Verlagsanstalt Frankfurt am Main 1975Weblinks Bearbeiten2 Mai 1933 ein Ruckblick von Hans MommsenEinzelnachweise Bearbeiten Gerhard Beier Die illegale Reichsleitung der Gewerkschaften 1933 1945 Bund Koln 1981 S 22 Michael Schneider Hohen Krisen und Tiefen Die Gewerkschaften in der Weimarer Republik 1918 bis 1933 In Ulrich Borsdorf Hrsg Geschichte der deutschen Gewerkschaften Koln 1987 S 434 439 Heinrich August Winkler Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik Bd 3 Der Weg in die Katastrophe 1930 1933 2 Aufl Berlin Bonn 1990 S 918f Heinrich August Winkler Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik Bd 3 Berlin Bonn 1990 S 927 Bernd Martin Die deutschen Gewerkschaften und die nationalsozialistische Machtubernahme Von der Anpassungspolitik wahrend der Prasidialkabinette zur Selbstausschaltung im totalitaren Staat In Geschichte und Wissenschaft im Unterricht 36 1985 S 620 Michael Schneider Manfred Scharrer Hrsg Zwischen Gegnerschaft und Unterwerfung Die christlichen Gewerkschaften und der Nationalsozialismus In Kampflose Kapitulation Arbeiterbewegung 1933 Reinbek Rowohlt 1984 S 203 Heinrich August Winkler Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik Bd 3 Der Weg in die Katastrophe 1930 1933 2 Aufl Berlin Bonn 1990 S 919 Anton Erkelenz Um die Einheit der deutschen Gewerkschaftsbewegung In Kolner sozialpolitische Vierteljahrsschrift Zeitschr d Forschungsinstituts fur Sozialwissenschaften in Koln fur d Sozialpolitik aller Lander H 2 1932 S 151 181 Michael Schneider Manfred Scharrer Hrsg Zwischen Gegnerschaft und Unterwerfung Die christlichen Gewerkschaften und der Nationalsozialismus In Kampflose Kapitulation Arbeiterbewegung 1933 Reinbek Rowohlt 1984 S 203f Klaus Schonhoven Die deutschen Gewerkschaften Frankfurt am Main 1987 S 182 Gerhard Beier Gleichschaltung und Widerstand Zum Verhalten der deutschen Gewerkschaften im April 1933 im Lichte bisher unbekannter Dokumente In Gewerkschaftliche Monatshefte Jg 26 1975 Nr 7 S 416 Gerhard Beier Gleichschaltung und Widerstand Zum Verhalten der deutschen Gewerkschaften im April 1933 im Lichte bisher unbekannter Dokumente In Gewerkschaftliche Monatshefte Jg 26 1975 Nr 7 S 419 Gerhard Beier Gleichschaltung und Widerstand Zum Verhalten der deutschen Gewerkschaften im April 1933 im Lichte bisher unbekannter Dokumente In Gewerkschaftliche Monatshefte Jg 26 1975 Nr 7 S 412 f Das von der DAF teilweise wiedergegebene Dokument wurde im Informationsdienst Amtliche Korrespondenz der Deutschen Arbeitsfront 28 Marz 1934 abgedruckt Diese Version ist vollstandig wiedergegeben bei Gerhard Beier Das Lehrstuck vom 1 und 2 Mai 1933 1975 S 37 Gerhard Beier Gleichschaltung und Widerstand Zum Verhalten der deutschen Gewerkschaften im April 1933 im Lichte bisher unbekannter Dokumente In Gewerkschaftliche Monatshefte Jg 26 1975 Nr 7 S 413 Michael Schneider Hohen Krisen und Tiefen Die Gewerkschaften in der Weimarer Republik 1918 bis 1933 In Ulrich Borsdorf Hrsg Geschichte der deutschen Gewerkschaften Koln 1987 S 440 Klaus Schonhoven Die deutschen Gewerkschaften Frankfurt am Main 1987 S 182 Michael SchneiderManfred Scharrer Hrsg Zwischen Gegnerschaft und Unterwerfung Die christlichen Gewerkschaften und der Nationalsozialismus In Kampflose Kapitulation Arbeiterbewegung 1933 Reinbek Rowohlt 1984 S 204 Heinrich August Winkler Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik Bd 3 Der Weg in die Katastrophe 1930 1933 2 Aufl Berlin Bonn 1990 S 926 Gerhard Beier Das Lehrstuck vom 1 und 2 Mai 1933 1975 S 37 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fuhrerkreis der vereinigten Gewerkschaften amp oldid 236765682