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Evolutionsokonomik auch Evolutorische Okonomik oder Evolutionare Okonomik ist ein in den 1980er Jahren entstandenes Forschungsgebiet der Wirtschaftswissenschaft das sich mit der Rolle des Wissens seinem Wandel und seinen Begrenzungen fur die Wirtschaft befasst 1 Es baut auf alteren Theorien der Anpassung der Unternehmen an ihre Umwelten Armen A Alchian auf Theorien des Entrepreneurs Schumpeter und auf ressourcentheoretischen Ansatzen Edith Penrose auf und stellt die mikrookonomische Gleichgewichtstheorie in Frage Inhaltsverzeichnis 1 Stellung 2 Grundbegriffe 3 Denktradition 4 Zentrale Pramissen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseStellung BearbeitenEine einheitliche Auffassung uber die Stellung der Evolutionsokonomik innerhalb der Wirtschaftswissenschaft existiert nicht vielmehr sind zwei grundlegend verschiedene Ansatze zu unterscheiden 1 Die auf Joseph Schumpeter aufbauende Richtung sieht die Evolutionsokonomik als ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaft das sich mit den durch Innovationen technischen Fortschritt und Unternehmertum erzeugten Wandlungsprozessen der Wirtschaft beschaftigt Der auf den Ideen von Friedrich August von Hayek basierende Ansatz betrachtet die Evolutionsokonomik als grundlegendes Paradigma in Konkurrenz zur neoklassischen Mikrookonomik Wahrend die Neoklassik von der Bildung wirtschaftlicher Gleichgewichte auf Markten ausgeht rekonstruiert die Evolutionsokonomik Wirtschaftsprozesse analog zur biologischen Evolution Auf keinem Markt und damit auch fur kein Unternehmen existiert irgendein anzustrebender Gleichgewichtszustand Ein permanenter Wettbewerb zwischen Produkten Dienstleistungen Unternehmensformen und sogar Wirtschaftssystemen sorgt dafur dass nur jene Wettbewerbsteilnehmer weiterbestehen konnen die den jeweiligen Umweltanforderungen entsprechen und sich an die laufend wechselnden Wettbewerbsbedingungen anpassen Bedurfnisse werden als eine Form von Wissen aufgefasst Grundbegriffe BearbeitenZentrale Grundbegriffe der Evolutionsokonomik sind Wissen Regeln die Handlungsmuster und Zusammenhange abbilden stellen Wissen dar das die Beziehung eines Systems zu seiner Umwelt koordiniert Diese Kenntnisse konnen direkt oder indirekt gewonnen werden und konnen wahr oder falsch sein Oft handelt es sich um tradierte Handlungsmuster die mehr oder weniger reflektiert werden Anders als die klassische Nationalokonomie definiert die Evolutionsokonomik das Grundproblem der Wirtschaft als Wissensmangel Da die Wahrnehmung des Menschen subjektiv ist nimmt das gemeinsame Wissen im Vergleich zum gesamten in einem System enthaltenen durch jede fur einen Aktor neue Information ab Aktor An die Stelle des Individuums im Sinne des Homo oeconomicus der klassischen Okonomie tritt der Aktor oder Akteur als Handelnder Er besitzt weder die Fahigkeit unmittelbar und absolut rational zu handeln noch verfugt er uber absolutes Wissen Diese drei Kriterien des Homo oeconomicus werden nicht erfullt Daraus sowie aus der Schwierigkeit komplexe Situationen zu bewerten ergibt sich dass in Situationen von Unsicherheit scheinbar einfache Regeln wie das Prinzip der Profitmaximierung sinnlos werden Die Akteure suchen also keine optimale Losung sie handeln meist routiniert auf Basis bisheriger Erfahrungen Population Eine bestimmte Menge von Akteuren bildet eine Population Zu unterscheiden sind fundamentale Akteure der Mensch und derivative Akteure Organisationen und Unternehmen Jeder Handelnde ist selbst bimodal und vereint in sich singular wahres sowie falsches Wissen und Vermogen Diejenigen Akteure die eine weniger erfolgreiche Strategie haben scheiden im Laufe der Zeit aus der Population aus Das Entscheidungsverhalten wird jedoch immer rationaler weil der Anteil der Akteure mit einer erfolgreichen Strategie wachst Element Evolutionsokonomisch ist das Element ein Trager von Wissen welcher selbst wiederum Teil einer grosseren Einheit sein kann Das gespeicherte Wissen muss nicht personenbezogen sein sondern kann auch auf Datentragern gespeichert werden Netzwerk Geordnete Systeme von Elementen und den in ihnen wirkenden Akteuren bilden Netzwerke durch die Beziehungen die jeder Akteur zu anderen Teilnehmern unterhalt In Transaktionen mundende Beziehungen stellen die Konfiguration des Netzwerkes dar Denktradition BearbeitenDie Evolutionsokonomik wurde beeinflusst von Friedrich August von Hayek Wettbewerb als Entdeckungsverfahren Joseph Schumpeter Wettbewerb als Prozess schopferischer Zerstorung der Institutionenokonomik Thorstein Veblen Ronald Coase The Nature of the Firm der Klassischen Nationalokonomie Thomas Robert Malthus Essay on the Principle of Population bzw Die Grenzen des Wachstums David Ricardo Theorie der komparativen Kostenvorteile sowie Beitragen von G L S Shackle George Lennox Sharman Shackle 1903 1992 The Nature and Role of Profit und Nicholas Georgescu Roegen Mit Erscheinen des Werks An Evolutionary Theory of Economic Change von Richard R Nelson und Sidney G Winter im Jahr 1982 hat sich der Begriff der Evolutionsokonomik in der Wissenschaft etabliert Zentrale Pramissen BearbeitenAls zentrale Pramissen gelten Historische Bedingtheit von Entwicklungspfaden Ressourcen usw dadurch besteht per se eine Ressourcenheterogenitat der Akteure Unvollkommene Information der Akteure dadurch Berucksichtigung echter Unsicherheit und des Informationsparadoxons von Kenneth Arrow Der evolutionsokonomische Ansatz negiert das in der Neoklassik verwendete Modell des Homo oeconomicus als dem rationalen Entscheider der stets uber alle Informationen verfugt und auf dieser Grundlage die fur ihn beste Losung anstrebt Jede Entscheidung kann ein ganzes Spektrum an Ergebnissen zur Folge haben es besteht immer eine Fulle zielfuhrender Wege aber welches Resultat eintritt ist erst ex post festzustellen Absolut beste Wege gibt es nicht Erfolgsindikator ist dass uberhaupt Profite realisiert werden nicht dass der Maximalprofit erreicht wurde Es kommt also nicht auf die Gewinnerzielungsabsicht an sondern auf das Ergebnis Das Uberleben von Unternehmen wird angesichts der Marktkomplexitat eher vom Zufall oder von trial and error abhangig sein als von der bewussten Wahl einer Anpassungs oder Uberlebensstrategie 2 Die Bedingungen des Uberlebens sind den Unternehmen oft gar nicht bewusst insofern gleichen sie Lebewesen die der Evolution unterliegen sie konnen aber von Okonomen ex post wenn auch nur im statistischen Mittel erkannt und erklart werden die quasi die Rolle des Biologen einnehmen 3 Evolutorische Netzwerke sind nicht zur Ganze darstellbar da der Darstellende selbst uber alle relevanten Daten verfugen musste Wissenschaftsphilosophisch ist dieses Problem dem Quine Theorem vergleichbar Die Einzigartigkeit jedes Akteurs bedingt dass ein Netzwerk eine nicht integrale Struktur ist Literatur BearbeitenArmen A Alchian Uncertainty Evolution and Economic Theory Journal of Political Economy 58 Jg 1950 S 211 221 Edith T Penrose The Theory of the Growth of the Firm Oxford Basil Blackwell 1959 Carsten Herrmann Pillath Grundriss der Evolutionsokonomik UTB Munchen 2002 ISBN 3 8252 2340 X Kenneth Ewart Boulding Evolutionary Economics Sage Publications Beverly Hills London 2nd Ed 1982 ISBN 0 8039 1648 5 Geoffrey Hodgson Economics and Evolution Bringing Life Back into Economics University of Michigan Press Ann Arbor 1994 ISBN 0 472 10522 1 Lambert T Koch Evolutorische Wirtschaftspolitik Mohr Siebeck Tubingen 1996 ISBN 3 16 146555 5 Richard R Nelson Sidney G Winter An Evolutionary Theory of Economic Change Cambridge 1982 u Reprint Belknap Press 1990 ISBN 0 674 27228 5 Joseph Schumpeter Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung Eine Untersuchung uber Unternehmergewinn Kapital Kredit Zins und den Konjunkturzyklus Duncker amp Humblot Berlin 1997 9 Aufl Nachdruck 1934 4 Aufl ISBN 3 428 07725 3 Alexander T Nicolai Dirk Fischer Schumpeter Strategie und Evolutionare Okonomik In T Beschorner R Pfriem 2000 S 219 255 Thomas Beschorner Reinhard Pfriem Hrsg Evolutorische Okonomik und Theorie der Unternehmung Metropolis Marburg 2000 Sascha Kraus Carl Henning Reschke Evolutionares Strategisches Management von Grundungsunternehmen Eul Lohmar 2004 ISBN 978 3 89936 255 8 Jurgen Kumbartzki Die interne Evolution von Organisationen Evolutionstheoretischer Ansatz zur Erklarung organisationalen Wandels Deutscher Universitats Verlag Wiesbaden 2002 ISBN 3 8244 7604 5 Eric Beinhocker Origin of Wealth Evolution Complexity and the Radical Remaking of Economics Harvard Business School Press 2006 ISBN 9781578517770Weblinks BearbeitenKoen Frenken Scirus Evolutionary Economics Max Planck Institut fur Okonomik Abteilung Evolutionsokonomik Max Planck Institut fur Okonomik The Evolutionary Economics Group John P Birchall Evolutionary Economics Einzelnachweise Bearbeiten a b Carsten Herrmann Pillath Grundriss der Evolutionsokonomik UTB Munchen 2002 S 21 A A Alchian S 214 A A Alchian S 221 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Evolutionsokonomik amp oldid 237594532