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Erwin Jekelius 5 Juni 1905 in Hermannstadt 8 Mai 1952 in der Sowjetunion war ein osterreichischer Psychiater und Neurologe zur Zeit des Nationalsozialismus und als T4 Gutachter an Euthanasieverbrechen beteiligt Leben BearbeitenJekelius promovierter Mediziner erhielt 1931 seine erste Anstellung an der Heilpadagogischen Station der Universitats Kinderklinik in Wien wo er bis 1936 tatig war 1 Ab 1933 war Jekelius illegales Mitglied der NSDAP 2 aber auch der Vaterlandischen Front Auf Betreiben des Prasidenten des Evangelischen Oberkirchenrates erhielt Jekelius eine Beschaftigung als Amtsarzt der Stadt Wien Im Marz 1938 marschierte die Wehrmacht in Osterreich ein es folgte der Anschluss Osterreichs Jekelius beantragte am 23 Mai 1938 die Aufnahme in die NSDAP und wurde ruckwirkend zum 1 Mai aufgenommen Mitgliedsnummer 6 135 066 3 Ab 1938 fungierte er auch als SA Arzt 4 Ab 1938 war Jekelius Facharzt fur Nervenkrankheiten und leitete in Wien ab Anfang November 1938 kommissarisch die Ambulanz fur Nervenkranke der Arbeiterkrankenversicherungskasse Zudem ubernahm er ab 1938 zunachst kommissarisch und ab 20 Marz 1939 offiziell die Leitung der Trinkerheilstatte Am Steinhof in Wien Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde Jekelius zur Wehrmacht einberufen aber bereits Mitte April 1940 wieder im Hauptgesundheitsamt der Stadt Wien beschaftigt wo er vom 2 Juni 1940 bis Anfang August 1941 das Referat Geisteskranken Psychopathen und Suchtigenfursorge leitete Ein zu diesem Zeitpunkt eingeleitetes Ermittlungsverfahren aufgrund von Unzucht wider die Natur nach StGB 129 wurde im August 1940 eingestellt 5 Vom 24 Juli 1940 bis 1941 war Jekelius an der Wiener stadtischen Jugendfursorgeanstalt Am Spiegelgrund als arztlicher Direktor tatig Wahrend des Zweiten Weltkrieges wurden in der Kinderfachabteilung der Anstalt im Rahmen der Kinder Euthanasie mindestens 789 behinderte und oder verhaltensauffallige Kinder durch Verabreichung von Schlafmitteln durch Mangelernahrung oder Unterkuhlung umgebracht 6 Vom 14 Oktober 1940 an bearbeitete Jekelius im Rahmen der Aktion T4 als T4 Gutachter Meldebogen von Patienten und entschied anhand der Aktenlage welche Patienten in den NS Totungsanstalten als Euthanasiefall vergast werden sollten Jekelius arbeitete zudem mit weiteren Medizinern z B Berthold Kihn Friedrich Mauz Kurt Pohlisch an einem Euthanasiegesetz Gesetz uber Sterbehilfe bei unheilbar Kranken mit 2 Dieses Gesetz wurde im Oktober 1940 verabschiedet erlangte aber keine Rechtsgultigkeit Jekelius wurde zum Jahreswechsel 1941 1942 von seinem Direktorenposten in der Anstalt Am Spiegelgrund aufgrund einer Auseinandersetzung mit dem Gaujugendamt entbunden da er das Zuchtigungsrecht bei ihm anvertrauten Minderjahrigen uberschritt Ein gegen ihn daraufhin eingeleitetes Disziplinarverfahren wurde im November 1942 eingestellt Nach einer kommissarischen Vertretung wurde ab Anfang Juli 1942 Ernst Illing Nachfolger von Jekelius 5 Ein weiterer Grund fur seine Einberufung zur Wehrmacht war eine intime Beziehung zu Paula Hitler der Schwester Adolf Hitlers die er in dienstlichen Zusammenhangen kennenlernte Paula Hitler intervenierte bei Jekelius zugunsten von Aloisia Veit einer geisteskranken Grosscousine Hitlers die vom Abtransport in die NS Totungsanstalt Hartheim bedroht war 6 und am 14 Dezember 1940 tatsachlich dort vergast wurde Paula bat Adolf um die Erlaubnis Jekelius heiraten zu durfen dieser lehnte ab Paula gehorchte und loste daraufhin die Verlobung mit Jekelius 7 Ein weiteres im Oktober 1943 eingeleitetes und spater eingestelltes Disziplinarverfahren bezog sich auf ein ungebuhrliches Antwortschreiben von Jekelius an den Beigeordneten des Gesundheitswesens 5 Anfang 1942 wurde Jekelius erneut zur Wehrmacht als Truppenarzt einberufen und gehorte zuletzt einer Kosakendivision an Von August 1943 bis November 1943 und ab Anfang Juli 1944 war er als Chefarzt auf der neurologischen Station des Altersheims Lainz tatig zudem wurde ihm ein Direktorenposten an der Nervenheilanstalt Rosenhugel in Aussicht gestellt Des Weiteren gehorte er der Wiener Asozialenkommission an 5 Jekelius wurde 1945 auf der Flucht von Soldaten der Roten Armee verhaftet 2 und 1948 in Moskau wegen der Beteiligung an Euthanasieverbrechen zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt Er starb im Mai 1952 in einem sowjetischen Arbeitslager an Blasenkrebs 8 In einem Moskauer Archiv wurden im Sommer 2005 die Verhorprotokolle von Jekelius entdeckt in denen er sich selbst und auch den ihm unterstellten Arzt Heinrich Gross schwer belastete 6 1941 nach dem Eintreffen von Dr Gross begannen wir in unserer Klinik mit der Vernichtung der Kinder mein Gehilfe Dr Gross hatte einen praktischen Lehrgang zur Totung von Kindern absolviert Monatlich toteten wir zwischen 6 und 10 Kinder Dr Gross arbeitete unter meiner Leitung Die Totung der Kinder nahm er auf der Grundlage seiner Erfahrungen und Instruktionen vor Nach der Einfuhrung von Luminal uber den After in den Organismus des Kindes schlief dieses sofort und befand sich uber 20 24 Stunden in diesem Zustand Anschliessend trat zwangslaufig der Tod ein In wenigen Fallen so Jekelius habe die Dosis nicht genugt dann habe Dr Gross zur Erreichung des Zieles in Absprache mit mir einen todlichen Cocktail auf Morphiumbasis injiziert 9 Zudem gestand Jekelius wahrend der Verhore tausende Patienten nach Aktenlage als Euthanasiefall eingestuft zu haben die in den NS Totungsanstalten vergast wurden 8 Literatur BearbeitenErnst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945 Fischer 16048 Die Zeit des Nationalsozialismus 2 Auflage Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 596 16048 8 Ernst Klee Euthanasie im NS Staat Die Vernichtung lebensunwerten Lebens Frankfurt am Main S Fischer Verlag 1983 ISBN 3 10 039303 1 Ernst Klee Was sie taten Was sie wurden Arzte Juristen und andere Beteiligte am Kranken oder Judenmord 12 Auflage Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2004 ISBN 3 596 24364 5 Michael Hubenstorf Kontinuitat und Bruch in der Medizingeschichte Medizin in Osterreich 1938 bis 1955 In Friedrich Stadler Hg Kontinuitat und Bruch 1938 1945 1955 Beitrage zur osterreichischen Kultur und Wissenschaftsgeschichte LIT Verlag Berlin Hamburg Munster 2004 ISBN 3 8258 7489 3 Einzelnachweise Bearbeiten Asperger Felder Hans Asperger 1906 1980 Leben und Werk In Rolf Castell Hrsg 100 Jahre Kinder und Jugendpsychiatrie V amp R Unipress Gottingen 2008 ISBN 978 3 89971 509 5 S 102 a b c Ernst Klee Das Personenlexikon zum Dritten Reich Frankfurt am Main 2007 S 286 Bundesarchiv R 9361 IX KARTEI 18181029 Maria A Wolf Eugenische Vernunft Eingriffe in die reproduktive Kultur durch die Medizin 1900 2000 Bohlau Wien 2008 ISBN 3 205 77761 1 S 429 FN 74 a b c d Michael Hubenstorf Kontinuitat und Bruch in der Medizingeschichte Medizin in Osterreich 1938 bis 1955 In Friedrich Stadler Hrsg Kontinuitat und Bruch 1938 1945 1955 Beitrage zur osterreichischen Kultur und Wissenschaftsgeschichte LIT Verlag Berlin Hamburg Munster 2004 S 328 f a b c Ulrich Weinzierl Ein furchtbarer Psychiater In Die Welt vom 14 November 2005 Guido Knopp Hrsg Geheimnisse des Dritten Reichs 2011 a b Euthanasie Zitiert bei Ulrich Weinzierl Ein furchtbarer Psychiater In Die Welt vom 14 November 2005 PersonendatenNAME Jekelius ErwinKURZBESCHREIBUNG osterreichischer Psychiater und Aktion T4 GutachterGEBURTSDATUM 5 Juni 1905GEBURTSORT HermannstadtSTERBEDATUM 8 Mai 1952STERBEORT Sowjetunion Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erwin Jekelius amp oldid 236566361