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Eine erkennungsdienstliche Behandlung oder erkennungsdienstliche Massnahme ist die Erfassung von personenbezogenen und biometrischen Daten einer Person durch die Polizei Eine erkennungsdienstliche Behandlung wird in der Regel nach einer Festnahme wegen einer Straftat an einer Person vorgenommen aber auch vorbeugend zum Beispiel auch durch die Auslanderbehorden im Rahmen von Asylverfahren Des Weiteren kann sie zur Feststellung der Identitat dienen 1 Die Abnahme von Fingerabdrucken ist ein Teil der erkennungsdienstlichen BehandlungMessen der KorpergrosseErhoben werden abhangig von der Jurisdiktion und teilweise vom Anlass in der Regel folgende Daten der betroffenen Person Vorname Familienname Wohnort andere Daten aus Ausweisen und Reisepassen Alter beziehungsweise Geburtsdatum Lichtbilder Mug shots Korperhohe Korpergewicht besondere korperliche Merkmale wie Narben Muttermale Sommersprossen Tatowierungen Tonaufnahmen des gesprochenen Wortes Fingerabdrucke aller zehn Finger sowie Abdrucke beider HandflachenInhaltsverzeichnis 1 Deutschland 1 1 Gesetzliche Grundlagen 1 1 1 81b StPO 1 1 2 163b StPO 1 1 3 49 AufenthG 1 1 4 16 AsylG 1 1 5 Polizeirecht z B HSOG BpolG PolG NRW 1 1 6 4 und 6 Passgesetz PassG 1 1 7 86 Strafvollzugsgesetz StVollzG 2 Weblinks 3 Einzelnachweise 4 LiteraturDeutschland Bearbeiten nbsp Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar Bitte hilf uns dabei die Situation in anderen Staaten zu schildern In Deutschland wird es mit ED Behandlung abgekurzt Die Aufnahme biometrischer Daten wie sie seit November 2005 bei der Ausstellung eines Reisepasses vorgeschrieben ist ist keine ED Behandlung weil ja bereits alle Daten des Antragstellers bekannt sind und die Person feststeht Erkennungsdienstliche Massnahmen konnen auch gegen den Willen der betroffenen Person mit unmittelbarem Zwang durchgesetzt werden Die Loschung der Daten kann zehn Jahre nach der Erkennung beantragt werden Gesetzliche Grundlagen Bearbeiten 81b StPO Bearbeiten Bei der erkennungsdienstlichen Behandlung ED Behandlung ist zu unterscheiden zwischen 81b 1 Alt StPO zur Durchfuhrung eines Strafverfahrens und 81b 2 Alt StPO zum Zwecke des Erkennungsdienstes d h als vorbeugende Massnahme Wahrend die 1 Alternative auch gegen den Willen des Beschuldigten im Strafverfahren durchgefuhrt werden kann weil die ED Unterlagen fur das aktuell vorliegende Verfahren erforderlich sind beinhaltet die 2 Alternative einen sogenannten polizeipraventiven Charakter Hier steht dem Beschuldigten ein vorheriges Anhorungsrecht sowie ein Widerspruchsrecht gegen die polizeiliche Anordnung zu da es sich um Verwaltungshandeln handelt Wenn die Behorde die sofortige Vollziehung anordnet weil aus ihrer Sicht das offentliche Interesse an der Erhebung der Daten das Interesse des Einzelnen am Schutz seines informationellen Selbstbestimmungsrechts uberwiegt 80 Abs 2 Nr 4 VwGO dann kann der Beschuldigte die aufschiebende Wirkung seiner Rechtsmittel nur vor Gericht 80 Abs 5 S 1 und 2 VwGO wiederherstellen Die ED Behandlung nach 81b 2 Alt StPO zum Zwecke des Erkennungsdienstes setzt eine entsprechende Prognose voraus wonach die Gefahr besteht dass der Beschuldigte weitere nicht notwendigerweise dieselben Straftaten begeht und die Aufklarung dieser kunftigen Taten durch die erkennungsdienstlichen Unterlagen erleichtert werden wird Dabei gehort in die Prognose der Wiederholungsgefahr die Beurteilung am Einzelfall insbesondere sollten Aussagen zur Schwere z B gefahrliche Korperverletzung zum Deliktstyp zum Beispiel Drogendelikt zur Begehungsweise z B besonders brutale Ausfuhrung zur Personlichkeit des Taters z B gewaltbereit unter Alkoholeinfluss und zur zeitlichen Nahe verschiedener dem Beschuldigten vorgeworfener Taten aber auch der Ersttater kann erkennungsdienstlich behandelt werden wenn ihm etwa ein Sexualdelikt vorgeworfen wird gemacht werden Diese Kriterien sind jedoch lediglich standige Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte 2 3 In der polizeilichen Praxis werden die Kriterien grosszugig ausgelegt d h es wird haufig ungerechtfertigt von einer nachteiligen Prognose ausgegangen Dem Beschuldigten wird dargelegt dass die ED Behandlung bei einer Weigerung zwangsweise vollzogen wurde Dies setzt jedoch zunachst eine Anordnung der Polizei voraus gegen die Widerspruch eingelegt werden kann Die Auffassung wonach die Vorladung zur ED Behandlung nach 81b Alt 2 StPO nur durch die Kriminalpolizei und nicht durch den Polizeidienst erfolgen kann 4 grundet sich auf das zitierte Urteil aus dem Jahre 1972 und ist uberholt Die Anordnung ist auch durch die Schutzpolizei moglich Ein gerichtlicher Beschluss ist erst notwendig wenn Widerspruch eingelegt wurde 5 6 Es entsteht also kein Nachteil wenn man eine ED Massnahme unmittelbar nach der Festnahme zunachst ablehnt und einen Rechtsbeistand verlangt 7 8 Die Behorde muss dann begrunden konnen warum gerade welche durchgefuhrten Massnahmen Fingerabdruck Dreiseitenbild Personenbeschreibung etc die kunftige Strafverfolgung im Einzelfall erleichtern Nach 81b 1 sowie 2 Alternative StPO konnen erkennungsdienstliche Massnahmen nur gegenuber einem Beschuldigten i S d StPO durchgefuhrt werden generell ausgeschlossen sind damit Kinder aber auch Personen gegen die noch kein Ermittlungsverfahren eroffnet wurde Diese Einschrankung kennen dagegen die Landespolizeigesetze nicht Demnach kann am Betroffenen nicht Beschuldigten eine erkennungsdienstliche Massnahme durchgefuhrt werden wenn eine zuverlassige Identitatsfeststellung auf andere Weise nicht durchgefuhrt werden kann oder wenn dies zur vorbeugenden Bekampfung von Straftaten erforderlich ist weil der Betroffene verdachtig ist eine Straftat begangen zu haben und die Umstande des Einzelfalles die Annahme rechtfertigen dass er zukunftig eine Straftat begehen wird vgl 36 PolG BaWu Betroffener kann damit jeder sein auf Strafmundigkeit oder ein gegen ihn gerichtetes Ermittlungsverfahren kommt es nicht an Anordnungen zur erkennungsdienstlichen Behandlung aufgrund des Polizeigesetzes sind Verwaltungsakte i S v 35 Satz 1 VwVfG da die Behorde den Beschuldigten zur Duldung der erkennungsdienstlichen Massnahme verpflichtet und somit eine Einzelfallregelung trifft und gegebenenfalls deren Inhalt festlegt 2 Gemass dem Grundsatz dass Bundesrecht Landesrecht bricht finden die landerpolizeilichen Vorschriften zur praventiven ED Behandlung nur Anwendung wenn der 81b 2 Alt StPO nicht greift meist straffallige Kinder die nicht strafmundig sind Gegen die Anordnung eine erkennungsdienstliche Massnahme durchfuhren zu lassen sind damit die gegen Verwaltungsakte ublichen Rechtsbehelfe Widerspruch Anfechtungsklage Fortsetzungsfeststellungsklage vorlaufiger Rechtsschutz zulassig Anordnungen zur erkennungsdienstlichen Behandlung nach der Strafprozessordnung sind keine Verwaltungsakte i S v 35 Satz 1 VwVfG Massnahmen nach der 1 Alternative Durchfuhrung des Strafverfahrens beschreibt Strafverfahrensrecht im engeren Sinne Zustandige Behorde ist grundsatzlich die Staatsanwaltschaft da eine Straftat vorausgegangen ist Massnahmen nach der 2 Alternative Erkennungsdienst gilt als Strafverfahrensrecht im weitesten Sinne Entgegen landlaufiger Meinung stellt die 2 Alternative kein materielles Polizeirecht dar und hat auch keinen praventiven Charakter Es geht vielmehr um die Sicherstellung der Erleichterung zukunftige Strafverfahren in durch den Polizeivollzugsdienst PVD durch Prognose begrundeten Einzelfallen Dies wird auch als Strafrechtspflege bezeichnet 2 Gegen die Anordnung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts der Verwaltungsrechtsweg und anders als sonst fur Massnahmen nach der StPO nicht der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nach 23 Abs 1 EGGVG eroffnet 9 Erkennungsdienstliche Daten die aufgrund der ersten Alternative des 81b StPO gewonnen wurden durfen nicht langer gespeichert werden als fur die Aufklarung der Straftat notig Fallt der Zweck die Strafverfolgung weg weil etwa das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft abgeschlossen ist sind die erkennungsdienstlichen Daten wieder zu loschen Ganz anders kann die Polizei mit Daten verfahren die gemass der zweiten Alternative beim Beschuldigten erhoben wurden Diese konnen auf unbestimmte Dauer gespeichert werden auch dann noch wenn der Beschuldigte seinen Status langst verloren hat durch Einstellung des Ermittlungsverfahrens etwa oder durch Freispruch Es ist laut hochstrichterlicher Rechtsprechung 10 den Strafverfolgungsbehorden erlaubt die Daten dauerhaft in ihren Bestanden zu pflegen da die ursprungliche Prognose uber die erkennungsdienstlich behandelte Person nicht allein deshalb obsolet wird weil die Person ihren Beschuldigtenstatus verloren hat Eine einmal bejahte Wiederholungsgefahr wirkt regelmassig uber den Zeitpunkt des Verfahrensende hinaus Die Ausnahme bildet der klare Freispruch des Angeklagten durch das Gericht sofern alle Verdachtsmomente ausgeraumt sind 10 163b StPO Bearbeiten Nach 163b StPO ist zur Feststellung der Identitat eines Verdachtigen die Durchfuhrung erkennungsdienstlicher Massnahmen zulassig wenn die Identitat sonst nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann 49 AufenthG Bearbeiten Nach 49 AufenthG konnen Auslander erkennungsdienstlich behandelt werden wenn sie unerlaubt nach Deutschland eingereist sind keinen Asylantrag gestellt haben und nicht sofort in Abschiebehaft genommen oder zuruckgeschoben werden konnen 15a AufentG i V m 49 Abs 4 AufenthG sie mit einem gefalschten oder verfalschten Pass oder Passersatz einreisen wollen oder eingereist sind sonstige Anhaltspunkte den Verdacht begrunden dass der Auslander nach einer Zuruckweisung oder Beendigung des Aufenthalts erneut unerlaubt ins Bundesgebiet einreisen will sie vollziehbar ausreisepflichtig sind sofern die Zuruckschiebung oder Abschiebung in Betracht kommt ein nationales Visum beantragt wird sie in einen in 26a Abs 2 des Asylgesetzes genannten Drittstaat zuruckgewiesen oder zuruckgeschoben werden vorubergehendem Schutz nach 24 AufenthG sowie in den Fallen der 23 und 29 Abs 3 AufenthG gewahrt wird ein Versagungsgrund nach 5 Abs 4 AufenthG festgestellt worden ist 16 AsylG Bearbeiten Nach 16 AsylG ist die Identitat eines Auslanders welcher Asyl beantragt durch erkennungsdienstliche Massnahmen zu sichern Ausgenommen von dieser Regelung sind nur Personen unter 14 Jahren Kinder Es werden nur Lichtbilder Fotos und Fingerabdrucke aller zehn Finger aufgenommen 11 Diese werden an das Bundeskriminalamt ubermittelt und mit dem Automatisierten Fingerabdruckidentifizierungssystem AFIS der deutschen Polizei 12 13 auf nationaler Ebene und dem Fingerabdruckidentifizierungssystem EURODAC auf europaischer Ebene abgeglichen Auf diese Weise sollen Mehrfach Identitaten und mehrfache Asylantrage erkannt werden 14 Zu Konsequenzen im Asylverfahren siehe auch Identitatsfeststellung im deutschen Auslanderrecht Polizeirecht z B HSOG BpolG PolG NRW Bearbeiten Nach deutschem Polizeirecht der Lander und des Bundes konnen ebenfalls erkennungsdienstliche Behandlungen zur Feststellung der Identitat im Rahmen des Polizeirechtes z B 18 HSOG Identitatsfeststellung und Prufung von Berechtigungsscheinen oder zur vorbeugenden Bekampfung von Straftaten durchgefuhrt werden 15 16 Im Gegensatz zum Strafprozessrecht 81b StPO konnen nach Polizeirecht auch strafunmundige Personen Kinder etc zur vorbeugenden Verbrechensbekampfung erkennungsdienstlich behandelt werden 4 und 6 Passgesetz PassG Bearbeiten Zur Ausstellung eines biometrischen Reisepasses werden flache Abdrucke des linken und des rechten Zeigefingers des Passbewerbers abgenommen und im Pass gespeichert 4 6 Passgesetz 86 Strafvollzugsgesetz StVollzG Bearbeiten Im Strafvollzug sind zur Sicherung verschiedene ED Massnahmen zulassig 86 StVollzG Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Mug shots Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Kanton Zurich 551 112 Verordnung uber die erkennungsdienstliche Behandlung von Personen Art 4 Abs e 1 a b c BVerwG Urteil vom 23 November 2005 Az 6 C 2 05 Volltext BVerwG Urteil vom 19 Oktober 1982 Az 1 C 29 79 BVerwGE 66 192 199 OVG Munster NJW 72 2147 Hinweise zur erkennungsdienstlichen Behandlung Rechtsanwaltskanzlei Odebralski abgerufen im Mai 2016 OLG Hamm I 15 W 131 12 Hinweise zur erkennungsdienstlichen Behandlung Rechtsanwaltskanzlei Ferner abgerufen im Mai 2016 Ausfuhrungen zu Verhalten und Rechte auf der Seite der Blau Weiss Roten Hilfe abgerufen im Mai 2016 Ausfuhrungen zum Umgang mit der Polizei auf der Seite der Blau Weiss Roten Hilfe abgerufen im Mai 2016 BVerwG Beschluss vom 18 05 11 6 B 1 11 Webseite BVerwG a b BVerfG Beschluss vom 16 Mai 2002 Az 1 BvR 2257 01 Volltext Rn 9 11 Das deutsche Asylverfahren ausfuhrlich erklart Zustandigkeiten Verfahren Statistiken Rechtsfolgen BAMF Oktober 2015 abgerufen am 21 Juli 2016 S 8 Konrad Schober Europaische Polizeizusammenarbeit Heidelberg 2017 ISBN 978 3 8114 4258 0 S 229 Fussnote 651 Fakten und Zahlen zu AFIS Memento des Originals vom 5 April 2017 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www bka de Bundeskriminalamt Deutschland BKA 19 Mai 2003 Das deutsche Asylverfahren ausfuhrlich erklart Zustandigkeiten Verfahren Statistiken Rechtsfolgen BAMF Oktober 2015 abgerufen am 21 Juli 2016 S 14 15 19 HSOG bei lexakt 19 HSOG Stand 10 September 2008 24 BPolG bei juris 24 BPolG Stand 10 September 2008Literatur BearbeitenSonke Gerhold Wiebke Rakoschek Erkennungsdienstliche Massnahmen zur vorbeugenden Bekampfung von Straftaten gemass 81 b 2 Alt StPO in der Verwaltungsrechtsklausur JURA 2008 895 ff Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Erkennungsdienstliche Behandlung amp oldid 233699736