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Die Bezeichnung Eisenoxidierende Mikroorganismen umfasst Bakterien und Archaeen welche Energie durch die Oxidation von zweiwertigem Eisen Fe II gewinnen Bakterien mit einem solchen Energiestoffwechsel werden oft verkurzt Eisenbakterien genannt diese Gruppe stellt jedoch keine phylogenetisch nahe verwandte Einheit dar Als Oxidationsmittel fur die Eisenoxidation dient uberwiegend Sauerstoff In der Abwesenheit von Sauerstoff anoxische Bedingungen konnen von einigen Arten auch Nitrat oder Perchlorat verwendet werden Einige anoxygen phototrophe Bakterien oxidieren Fe II indem sie es als Reduktionsmittel im Baustoffwechsel nutzen wobei sie Licht als Energiequelle nutzen Inhaltsverzeichnis 1 Aerobe Eisenoxidierer 1 1 Milieubedingungen 1 2 Acidophile Eisenoxidierer 1 3 Neutrophile Eisenoxidierer 2 Anaerobe Eisenoxidierer 2 1 Anaerobe nicht phototrophe Eisenoxidierer 2 2 Anaerobe phototrophe Eisenoxidierer 3 Bedeutung in der Geochemie 4 EinzelnachweiseAerobe Eisenoxidierer BearbeitenMilieubedingungen Bearbeiten Die Oxidation von zweiwertigem Eisen Fe II zu dreiwertigem Eisen Fe III ist in einem hohen Masse vom pH Wert und der Sauerstoffkonzentration abhangig Unter neutralen pH Bedingungen pH 7 und atmospharischer Sauerstoffkonzentration erfolgt eine abiotische Oxidation also ohne Beteiligung von Mikroorganismen so schnell dass zweiwertiges Eisen nur fur wenige Minuten vorliegt die Halbwertszeit betragt etwa 6 7 Minuten 1 Unter diesen Bedingungen ist die Reaktionsgeschwindigkeit so hoch dass Mikroorganismen damit nicht konkurrieren konnen Eisenoxidierende Mikroorganismen kommen deshalb nur unter Umweltbedingungen vor bei denen die Reaktionsgeschwindigkeit der abiotischen Fe II Oxidation herabgesetzt ist so dass es ihnen moglich ist durch Fe II Oxidation Energie zu gewinnen Das ist der Fall wenn der pH Wert die Sauerstoff Konzentration oder beides niedrig ist Acidophile Eisenoxidierer Bearbeiten Als acidophile Fe II Oxidierer kommen Bakterien und Archaeen vor Alle Vertreter dieser Gruppe betreiben eine Fe II Oxidation unter sauren Bedingungen lt pH 4 Bei diesen Bedingungen spielt die abiotische Oxidation von Eisen mit Sauerstoff nur noch eine untergeordnete Rolle Die derzeit am besten beschriebenen Organismen aus der Gruppe der acidophilen Eisenoxidierer sind die Bakterienarten Acidithiobacillus ferrooxidans und Leptospirillum ferrooxidans Neben diesen beiden gibt es noch weitere acidophile Fe II Oxidierer und zwar sowohl Bakterien wie auch Archaeen 2 Wahrend Acidithiobacillus und Leptospirillum Arten haufig in sauren Minenabwassern Rio Tinto Saure Grubenwasser zu finden sind bevorzugen Arten der Archaeen Gattung Sulfolobus en heisse und saure Quellen Die Temperatur dieser Quellen Solfatare erreicht dabei oftmals Siedetemperatur Die Energie fur die Bildung von ATP und NADPH wird bei den acidophilen Fe II Oxidierern ausschliesslich aus der Oxidation von Fe II mit Sauerstoff gewonnen Bei pH 2 lassen sich aus dieser Reaktion 33 kJ mol 1 gewinnen Dieser Energiebetrag liegt nur unwesentlich uber der Energiemenge von 31 8 kJ mol 1 welche fur die Bildung von 1 Mol ATP benotigt wird Sulfolobus acidocaldarius kommt in der Industrie bei der Hochtemperaturlaugung von Kupfer und Eisenerzen zum Einsatz Neutrophile Eisenoxidierer Bearbeiten Neutrophile Eisenoxidierer bevorzugen bei mittlerem pH Wert Umgebungen mit herabgesetzter Sauerstoffkonzentration lt 1 mg pro Liter und einem Redox Potential zwischen 200 und 300 mV Zu dieser Gruppe gehoren die Bakterien Gattungen Gallionella und Leptothrix Ein Problem der Eisenoxidation bei mittleren pH Werten ist dass unter diesen Bedingungen Fe III in Form von festen Verbindungen ausfallt die die Mikroorganismen umkrusten und damit deren Stoffaustausch mit der Umgebung behindern Beide genannten Bakterien vermeiden dies indem sie das Oxidationsprodukt in bestimmter Form ablagern Gallionella in Form eines von der Zelle weggerichteten Bandes Leptothrix an einer aus organischem Material gebildeten Rohre in der sich die Zellen befinden und in der sie sich frei bewegen konnen Da die Produkte der bakteriellen Eisenoxidation bei mittleren pH Werten fast wasserunloslich und gelbbraun Ocker bis rotbraun gefarbt sind sind sie sehr auffallig Neutrophile Eisenoxidierer wurden deshalb schon fruh untersucht und beschrieben Eine fruhe zusammenfassende Beschreibung von N Cholodny wurde 1926 veroffentlicht 3 Anaerobe Eisenoxidierer BearbeitenAnaerobe nicht phototrophe Eisenoxidierer Bearbeiten Wahrend die aeroben und phototrophen Fe II Oxidierer fast ausschliesslich autotrophe Organismen sind kommen bei den anaeroben nicht phototrophen Fe II Oxidierern autotrophe und heterotrophe Organismen vor Diese Reaktion und die dafur verantwortlichen Organismen wurden bisher in einer grossen Bandbreite von unterschiedlichen Okosystemen wie marine Sedimente Brackwasserlagunen Tiefseesedimente oder Flussen nachgewiesen 4 5 6 7 Diese Bandbreite von Okosystemen und die grosse phylogenetische Variabilitat der daran beteiligten Mikroorganismen lasst den Schluss zu dass die an die Nitratreduktion gekoppelte Fe II Oxidation eine wichtige Rolle im Eisen und Stickstoffkreislauf auf globaler Ebene spielt Anaerobe phototrophe Eisenoxidierer Bearbeiten Mit der Entdeckung von phototrophen Fe II oxidierenden Mikroorganismen 8 gelang erstmals der Nachweis einer biologischen Fe II Oxidation in sauerstofffreien Okosystemen Diese Entdeckung warf ein neues Licht auf die Entwicklung der Erdgeschichte speziell auf die Entstehungsbedingungen von Bandereisenerz in geologischer Zeit War es bis dahin Konsens in der Geologie das zur Entstehung von Bandereisenerzen molekularer Sauerstoff fur die Oxidation von Fe II vorhanden sein musste somit mussten auch die dafur verantwortlichen Cyanobakterien bereits existiert haben so bestand nun erstmals die Moglichkeit einer Entstehung von Bandereisenerzen ohne dass molekularer Sauerstoff zwingend vorhanden sein musste Damit kamen begrundete Zweifel daruber auf ob das erste Auftreten von Bandereisenerze ein zuverlassiges Signal fur die Existenz von molekularem Sauerstoff und dem Vorhandensein von oxygen phototrophen Organismen wie den Cyanobakterien ist Aus Susswasser und marinen Habitaten wurden bisher Chlorobium ferrooxidans 9 Rhodovulum robiginosum 10 Rhodomicrobium vannielii 11 Thiodictyon sp 12 Rhodopseudomonas palustris 13 und Rhodovulum spp 10 isoliert und eingehender beschrieben Bis auf Rhodomicrobium vannielii konnen alle bisher bekannten Arten das Fe II mit Licht komplett zu Fe III oxidieren Bei Rhodomicrobium vannielii kommt es hingegen zu einer Einkrustung der Zellen mit Fe III wodurch jegliche weitere metabolische Aktivitat unterbunden wird Wie die Einkrustung bei den anderen Arten vermieden wird ist nicht bekannt Vermutet wird dass hier kleine losliche Verbindungen die sich bildende Fe III Kruste um die Zellen auflosen 14 Allerdings konnte diese These bisher nicht bestatigt werden Das bei der phototrophen Fe II Oxidation gebildete Fe III bildet ein schwach kristallines Mineral aus welches sich mit der Zeit in die starker kristallinen Minerale Goethit oder Lepidokrokit umwandelt 12 Phototrophe Fe II Oxidation spielt wahrscheinlich nur lokal nicht aber global eine wichtige Rolle fur die Okosysteme Dies liegt an zwei wesentlichen Grunden Zum einen betragt die Eindringtiefe von Licht in Boden oder Sedimenten nur etwa 200 µm 15 zum anderen konnen die Organismen Fe II haltige Eisenminerale nicht aktiv auflosen und sind deshalb ausschliesslich auf deren Loslichkeit angewiesen 12 Bedeutung in der Geochemie Bearbeiten nbsp Rusticles an einem Anker der TitanicDie mikrobielle Eisenoxidation spielt im geochemischen Kreislauf von Eisen eine bedeutende Rolle da die dafur verantwortlichen Eisenoxidierer ubiquitar sind Sie lassen sich in einer Vielzahl von unterschiedlichen eisenhaltigen Habitaten auffinden Bisher nachgewiesen wurden Eisenbakterien in Sedimenten und im Wasserkorper von Seen und Flussen 16 17 18 19 in Quellen eisenhaltigen Grundwassers 20 21 im marinen Bereich in kustennahen Sedimenten Brachwasserbereichen 22 und in der Nahe von hydrothermalen Quellen 23 24 Am auffalligsten beeinflussen die Eisenoxidierer die Habitate in sauren Grubenwassern 25 und in der unmittelbaren Nahe von Pflanzenwurzeln in Feuchtgebieten 26 27 Durch die Aktivitat der Eisenoxidierer werden die Habitate zum Teil erheblich beeinflusst Die Verbindungen des zweiwertigen Eisens sind weit uberwiegend gut wasserloslich wahrend die des dreiwertigen Eisens bei mittleren pH Werten fast alle schwer wasserloslich sind Das bedeutet dass die mikrobielle Fe II Oxidation zu einer Ausfallung also Immobilisierung von Eisen fuhrt Die Genese einiger oxidischer Eisenlagerstatten kann damit erklart werden Ein sehr eindrucksvolles Ergebnis der mikrobiellen Eisen II Oxidation ist die Bildung der Rusticles an Schiffswracks beispielsweise der Titanic Einzelnachweise Bearbeiten P C Singer W Stumm Acidic mine drainage Rate determining step In Science Band 167 1970 S 1121 1123 R Blake D B Johnson Phylogenetic and biochemical diversity among acidophilic bacteria that respire on iron In D R Lovley Hrsg Environmental Microbe Metal Interactions ASM Press Washington DC 2000 S 53 78 N Cholodny Die Eisenbakterien Beitrage zu einer Monographie Pflanzenforschung Heft 4 Gustav Fischer Jena 1926 K J Edwards D R Rogers C O Wirsen T M McCollom Isolation and characterization of novel psychrophilic neutrophilic Fe oxidizing chemolithoautotrophic alpha and gamma Proteobacteria from the deep sea In Appl Environ Microbiol 69 2003 S 2906 2913 K L Straub M Benz B Schink F Widdel Anaerobic nitrate dependent microbial oxidation of ferrous iron In Appl Environ Microbiol 62 1996 S 1458 1460 E S Shelobolina C G VanPraagy D R Lovley Use of ferric and ferrous iron containing minerals for respiration by Desulfitobacterium frappieri In Geomicrobiol J 20 2003 S 143 156 S Ratering S Schnell Nitrate dependent iron II oxidation in paddy soil In Environ Microbiol 3 2001 S 100 109 F Widdel S Schnell S Heising A Ehrenreich B Assmus B Schink Ferrous iron oxidation by anoxygenic phototrophic bacteria In Nature London 362 1993 S 834 835 S Heising L Richter W Ludwig B Schink Chlorobium ferrooxidans sp nov a phototrophic green sulfur bacterium that oxidizes iron in coculture with a Geospirillum sp strain In Arch Microbiol 172 1999 S 116 124 a b K L Straub F A Rainey F Widdel Rhodovulum iodosum sp nov and Rhodovulum robiginosum sp nov two new marine phototrophic ferrous ironoxidizing purple bacteria In Int J Syst Bacteriol 49 1999 S 729 735 S Heising B Schink Phototrophic oxidation of ferrous iron by a Rhodomicrobium vannielii strain In Microbiology 144 1998 S 2263 2269 a b c A Kappler D K Newman Formation of Fe III minerals by Fe II oxidizing photoautotrophic bacteria In Geochim Cosmochim Acta 68 2004 S 1217 1226 Y Jiao A Kappler L R Croal D K Newman Isolation and characterization of a genetically tractable photoautotrophic Fe II oxidizing bacterium Rhodopseudomonas palustris strain TIE 1 In Appl Environ Microbiol 71 2005 S 4487 4496 K L Straub M Benz B Schink Iron metabolism in anoxic environments at near neutral pH In FEMS Microbiol Ecol 34 2001 S 181 186 A Ciania K U Gossa R P Schwarzenbach Light penetration in soil and particulate minerals In Eur J Soil Sci 53 2005 S 561 574 S Hauck M Benz A Brune B Schink Ferrous iron oxidation by denitrifying bacteria in profundal sediments of a deep lake Lake Constance In FEMS Microbiol Ecol 37 2001 S 127 134 S Heising L Richter W Ludwig B Schink Chlorobium ferrooxidans sp nov a phototrophic green sulfur bacterium that oxidizes ferrous iron incoculture with a Geospirillum sp strain In Arch Microbiol 172 1999 S 116 124 S Heising B Schink Phototrophic oxidation of ferrous iron by a Rhodomicrobium vannielii strain In Microbiology 144 1998 S 2263 2269 F Widdel S Schnell S Heising A Ehrenreich B Assmus B Schink Ferrous iron oxidation by anoxygenic phototrophic bacteria In Nature 362 1993 S 834 836 D Emerson C Moyer Isolation and characterization of novel iron oxidizing bacteria that grow at circumneutral pH In Appl Environ Microbiol 63 1997 S 4784 4792 M Blothe E E Roden Microbial iron redox cycling in a circumneutral ph groundwater seep In Applied and Environmental Microbiology 75 2 2009 S 468 473 K L Straub F A Rainey F Widdel Rhodovulum iodosum sp nov and Rhodovulum robiginosum sp nov two new marine phototrophic ferrous ironoxidizing purple bacteria In Int J Syst Bacteriol 49 1999 S 729 735 K J Edwards D R Rogers C O Wirsen T M McCollom Isolation and characterization of novel psychrophilic neutrophilic Fe oxidizing chemolithoautotrophic alpha and gamma proteobacteria from the deep sea In Appl Environ Microbiol 69 2003 S 2906 2913 D Emerson C L Moyer Neutrophilic Fe oxidizing bacteria are abundant at the Loihi Seamount hydrothermal vents and play a major role in Fe oxide deposition In Appl Environ Microbiol 68 2002 S 3085 3093 Anmerkung Lōʻihi wurde 2021 umbenannt in Kama ehuakanaloa A R Colmer K L Temple M E Hinkle An iron oxidizing bacterium from the drainage of some bituminous coal mines In J Bacteriol 59 1949 S 317 328 D Emerson J V Weiss J P Megonigal Iron oxidizing bacteria are associated with ferric hydroxide precipitates Fe plaque on the roots of wetland plants In Appl Environ Microbiol 65 1999 S 2758 2761 D Sobolev E E Roden Suboxic deposition of ferric iron by bacteria in opposing gradients of Fe II and oxygen at circumneutral pH In Appl Environ Microbiol 67 2001 S 1328 1334 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Eisenoxidierende Mikroorganismen amp oldid 233842598