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De medicamentis Uber Heilmittel ist die umfangreiche Sammlung antiker und spatantiker Rezepte und anderer Heilmethoden die Marcellus Empiricus zu Beginn des 5 Jahrhunderts n Chr in lateinischer Sprache anlegte Inhaltsverzeichnis 1 Bedeutung und Gliederung 2 Quellen und Bezuge 2 1 Scribonius Largus 2 2 Medicina Plinii 2 3 Plinius der Altere 2 4 Weitere Quellen 2 5 Christliche Bezuge 2 6 Zeugnisse gallischer Sprache 3 Inhalt 3 1 Die Einfuhrung 3 2 Die Rezepte 4 Codices und Ausgaben 5 Textausgaben und Ubersetzung 6 Literatur 7 EinzelnachweiseBedeutung und Gliederung BearbeitenDas Werk bietet einen unvergleichlichen Einblick in den medizinischen Wissensbestand der Spatantike Bei dem grossen Umfang des Textes und den Moglichkeiten die seine hohe Stellung dem Autor bot kann man von einem reprasentativen Querschnitt sprechen Sehr alte Manuskripte wie das damals 400 Jahre alte Scribonius Largus sind noch prasent und geachtet wenn auch der Name des Autors falsch wiedergegeben wird Andererseits sind mit dem Christentum magischen Praktiken und gallischen Vorstellungen ganzlich neue Inhalte eingeflossen Vieles ist anscheinend auch verloren gegangen moglicherweise wegen der Abkehr von der griechischen Sprache Der griechisch uberlieferte Galen wird z B kaum erwahnt Die grossen Bibliotheken in denen dessen Schriften vorlagen befanden sich im romischen Ostreich und waren auch Marcellus Empiricus nicht zuganglich 1 Das Buch enthalt eine grosse Menge von Rezepten und Heilmitteln gegliedert nach den zu behandelnden Krankheiten in der Anordnung von Kopf bis Fuss Dem Rezepteteil ist ein umfangreicher einfuhrender Teil mit verschiedenen Inhalten vorangestellt Quellen und Bezuge BearbeitenMarcellus Empiricus schreibt im Vorwort an seinen Sohn dass er die beiden Plinii Apuleius Celsus weitere altere und zeitgenossische lateinisch schreibende Autoren aber auch Landleute und einfache Menschen herangezogen habe Die beiden Plinii sind mit Plinius dem Alteren und der spateren Kompilation Medicina Plinii zu identifizieren Apuleius Celsus wird offensichtlich mit dem Medizinautor Scribonius Largus verwechselt dessen Anfang des 1 Jahrhunderts n Chr verfasste Compositiones in weiten Teilen ubernommen werden Die weiteren genannten Autoren sind nicht zu identifizieren 2 Scribonius Largus Bearbeiten Eine wesentliche Quelle sind die zu diesem Zeitpunkt bereits knapp 400 Jahre alten Compositiones des Scribonius Largus Die Rezepte stehen meist am Anfang eines jeden Kapitels Nur in acht Kapiteln gibt es keine Compositiones Das liegt teils an einer anderen Aufteilung der Krankheiten teils daran dass Scribonius Largus das Problem nicht behandelt hat wie z B Marcellus Empiricus VII Capillo nigrando et incrispando Schwarzfarben und Krauseln der Haare Von Compositiones 163 221 hauptsachlich Mittel gegen Vergiftungen und Pflaster die Scribonius Largus dem Bereich des Chirurgen zugeordnet hat besteht eine grosse Lucke Auch die Rezepte gegen Epilepsie Wassersucht und Gurtelrose fehlen da Marcellus Empiricus diese Krankheiten nicht behandelt Die Rezepte werden weitgehend wortgetreu bis auf Anderungen die sich durch die Weiterentwicklung der lateinischen Sprache ergaben abgeschrieben Auch die exakten Mengenangaben werden ubernommen Medicina Plinii Bearbeiten 393 Rezepte aus der damals etwa 100 Jahre alten Medicina Plinii lassen sich in De medicamentis nachweisen 3 Lediglich in funf Kapiteln fehlt jedes Zitat der Medicina Plinii Allerdings bleiben von 3 2 an grosse Teile unzitiert Dabei handelt es sich schwerpunktmassig wie bei Scribonius Largus um Tierbisse Vergiftungen Epilepsie Wassersucht und Gurtelrose Die kurzen Rezepte werden auseinandergerissen uber die Kapitel verteilt und nur selten wortlich zitiert Die Medicina Plinii hat einen grossen Anteil an Volksglaube und Dreckapotheke den Marcellus Empiricus ubernimmt die grune lebende Eidechse die an der Schlafzimmertur aufgehangt wird Marcellus Empiricus XXIII 50 Medicina Plinii 2 13 der Mausemist Marcellus Empiricus XXVI 14 Medicina Plinii 2 18 das Blut einer in Stucke gerissenen Fledermaus Marcellus Empiricus XXVII 83 Medicina Plinii 2 11 usw kommen so in das Medikamentenbuch Plinius der Altere Bearbeiten Uber die Zitierung durch die Medicina Plinii hinaus finden sich 254 Hinweise auf die Bucher 20 bis 32 der Naturgeschichte des alteren Plinius 3 wobei sich nicht ermitteln lasst ob der Autor die Stellen direkt oder uber Zwischenquellen ubernommen hat Meist handelt es sich um kurze Behandlungshinweise ohne Mengenangaben wie z B Marcellus Empiricus XXVI 12 gegen Beschwerden der Harnblase ein kleiner Stein der sich in der Harnblase eines Hahn oder im Magen einer Ringeltaube findet zerrieben und in das Getrank gestreut wird Dies findet sich fast wortgleich in der Naturgeschichte 30 67 Weitere Quellen Bearbeiten Durch die behandelten Quellen lassen sich weniger als die Halfte des Textes abdecken Die ubrigen verwendeten Texte sind im Laufe der Zeit verloren gegangen zum Teil handelt es sich vielleicht auch um mundliche Uberlieferung Auffallig ist der grosse Anteil magischer Praktiken von Amuletten und Beschworungen wie z B die SchwundformelSICYCVMA CVCVMA VCVMA CVMA VMA MA A Marcellus Empiricus X 34 4 Christliche Bezuge Bearbeiten Als kaiserlicher Beamter war Marcellus Empiricus mit grosser Wahrscheinlichkeit Christ Spuren dieses Glaubens finden sich im Werk aber nicht sehr haufig da er ja mit seinen Quellen weit in die vorchristliche Zeit zuruckgeht Eindrucksvoll ist die Darstellung christlicher Denkart im Vorwort an seine Sohne Die Wohltaten dieses Wissens sollt Ihr in der Wechselseitigkeit menschlicher Liebe mit allen Kranken sogar mit Fremden und Armen teilen da ja Barmherzigkeit vor Gott angenehmer und vor den Menschen lobenswert ist 5 Haufig wird Iatromagie mit Iatrotheologie vermischt So in Marcellus Empiricus XXV 13 wenn ein Heilkraut beim Pflucken besprochen wird Terram teneo herbam lego in nomine Christi Ich halte Erde ich pflucke das Kraut im Namen Christi 6 Zeugnisse gallischer Sprache Bearbeiten Das medizinische Kompendium enthalt einen Tiernamen alauda Haubenlerche und 12 Pflanzennamen die von Marcellus Empiricus als gallisch Gallice dicitur bezeichnet werden 7 Teilweise gibt er auch die lateinischen und griechischen Bezeichnungen an so dass die Pflanzen identifiziert werden konnen etwa Huflattich Marcellus Empiricus XVI 101 und Beinwell Marcellus Empiricus XXXI 29 Auch in den zahlreichen magischen Formeln konnen gallische Wortteile vermutet werden Inhalt BearbeitenDie Einfuhrung Bearbeiten Die Einfuhrung gliedert sich in mehrere Teile Brief an seine SohneHier legt er seine Quellen dar und empfiehlt seinen Sohnen auch Fremde und Bedurftige wohl im christlichen Sinn zu behandeln Aufzahlung der Kapiteluberschriften Umrechnungsvorschriften fur verschiedene hauptsachlich griechische Gewichte und Masse Widmungsschriften die sich mit den Aufgaben des Arztes und dem Wesen der Medizin befassen die Marcellus Empiricus von verschiedenen Autoren ubernommen hat Als Ubersetzung aus dem Griechischen 2 fiktive Briefe des Hippokrates Der 1 Brief ist auch als Brief des Diokles von Karystos an Antigonus uberliefert 8 Epistvla Plini Secvndi ad amicos de medicinaist weitgehend identisch mit dem Vorwort der Medicina Plinii mit seinem Anspruch den Leser zur Selbstbehandlung zu befahigen und seiner Arzteschelte Cornelivs Celsvs G Ivlio Callisto Salvtem dicitgibt das Vorwort der Compositiones des Scribonius Largus wieder u a mit der Erwahnung des Eids des Hippokrates Cornelivs Celsvs Pvllio Natali salvtem dicitist ein Dank fur 2 griechische Rezeptbucher Weder der Text noch der Name Pullius Natalis finden sich bei Scribonius Largus Epistvla Vindiciani comitis archiatrorvm ad Valentinianvm ImperatoremDiese Schilderung zweier arztlicher Behandlungen moglicherweise an Valentinian I 364 375 oder Valentinian II 375 392 zeigt eine ganz andere medizinisch Richtung als die folgenden Rezepte Es wird der gesamte Korperzustand des Patienten berucksichtigt Die Behandlung mit Heilquellen Badern Salben erinnert an die Schule der Methodiker Die Rezepte Bearbeiten Die Heilmittel des Arzneibuches Liber de medicamentis sind in 36 Kapitel von Kopf bis Fuss von Kopfschmerz bis Podagra an Handen und Fussen angeordnet Die Rezepte beginnen mit den rationalen pharmazeutischen Mitteln des Scribonius Largus und enden mit magischen Anweisungen wie dices ter sage dreimal ALABANDE ALABANDI ALAMBO Marcellus Empiricus XXVIII 73 Ein Schwerpunkt liegt auf Magen Darm Erkrankungen Durchfall Marcellus Empiricus XXVII Wurmbefall Marcellus Empiricus XXVIII Forderung des Stuhlganges Marcellus Empiricus XXX werden in getrennten Kapiteln ausfuhrlich behandelt Krankheiten die sich nicht einem Korperteil zuordnen lassen wie Epilepsie 4 Tage Fieber Gurtelrose fehlen obwohl sie in den Quellen behandelt werden Am Ende steht ein nach seiner eigenen Angabe von ihm selbst verfasstes Lehrgedicht in dem die vielfaltigen Anweisungen des Buches gepriesen werden da der Lesende dadurch die Gesundheit erhalt und die Arzte meiden kann Vielfaltige Heilmittel werden aufgezahlt Zauberspruche carmina nur am Rande erwahnt Codices und Ausgaben BearbeitenDie Schrift wurde in mehreren Codices uberliefert Georg Helmreich benutzte 1889 den cod Laudunensis 420 zu einer Edition Vollstandiger ist die Edition von Max Niedermann 1916 im Corpus Medicorum Latinorum die auch den Codex Parisinus Lat 6880 sowie den Codex Arundelianus 166 heranzog 9 1968 wurde die Edition Max Niedermanns von Eduard Liechtenhan zusammen mit einer Ubersetzung von Jutta Kollesch und Diethard Nickel erneut herausgegeben Textausgaben und Ubersetzung BearbeitenMarcelli de medicamentis liber edidit Georgius Helmreich Teubner Leipzig 1889 Digitalisat Marcelli de medicamentis liber recensit Maximilianus Niedermann Corpus Medicorum Latinorum 5 Teubner Leipzig und Berlin 1906 Marcellus Uber Heilmittel herausgegeben von Max Niedermann ubersetzt von Jutta Kollesch und Diethard Nickel Berlin 1968 cmg bbaw de Volltext Vgl auch Jutta Kollesch Diethard Nickel Antike Heilkunst Ausgewahlte Texte aus den medizinischen Schriften der Griechen und Romer Philipp Reclam jun Leipzig 1979 Reclams Universal Bibliothek Band 771 6 Auflage ebenda 1989 ISBN 3 379 00411 1 S 166 169 Marcellus Uber Heilmittel Kap 25 21 Kap 8 127 und Kap 28 72 74 Literatur BearbeitenMiriam Ewers Marcellus Empiricus De medicamentis Christliche Abhandlung uber Barmherzigkeit oder aberglaubische Rezeptsammlung Trier 2009 www brs ub ruhr uni bochum de PDF 869 kB Antje Krug Heilkunst und Heilkult Medizin in der Antike Verlag C H Beck Munchen 1985 2 durchgesehene und erweiterte Auflage 1993 ISBN 3 406 30144 4 Alf Onnerfors Magische Formeln im Dienste der romischen Medizin In Aufstieg und Niedergang der Romischen Welt Band 37 Berlin New York 1993 Einzelnachweise Bearbeiten Antje Krug Heilkunst und Heilkult Ende und Weiterleben der antiken Medizin Marcelli de medicamentis liber Maximilianus Niedermann Ad lectorem praefatio a b VIII Conspectvs fontivm testimoniorvm locorvm similivm In Max Niedermann Hrsg Marcellus Uber die Heilmittel Corpus Medicorum Latinorum Band 2 Akademie Verlag Berlin 1958 Alf Onnerfors Magische Formeln im Dienste romischer Medizin II Hauptkategorien der Zauberformeln im Bereich der Humanmedizin Miriam Ewers Marcellus Empiricus 1 2 2 Miriam Ewers Marcellus Empiricus 1 3 Siehe Wolfgang Meid Heilpflanzen und Heilspruche Zeugnisse gallischer Sprache bei Marcellus von Bordeaux Innsbruck 1996 ISBN 3 85124 655 1 Wolfgang Meid Peter Anreiter Heilpflanzen und Heilspruche Zeugnisse gallischer Sprache bei Marcellus von Bordeaux Linguistische und pharmakologische Aspekte Edition Praesens Wien 2005 ISBN 3 7069 0322 9 Marcelli de medicamentis liber Maximilianus Niedermann Ad lectorem praefatio Friedrich Ernst Kind Marcellus Empiricus In Paulys Realencyclopadie der classischen Altertumswissenschaft RE Band XIV 2 Stuttgart 1930 Sp 1498 1503 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title De medicamentis amp oldid 235727151