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Das Chamaleon oder Die Kunst modern zu sein ist ein Erzahlungenband von Richard Christ Der 1973 im Ost Berliner Verlag der Nation erschienene Band ist die zweite Veroffentlichung des spater als Reiseschriftsteller produktiven Autors Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 1 1 Remis 1 2 Die andere Seite der Welt 1 3 Uberlegungen beim Begrabenwerden 1 4 Das Chamaleon oder Die Kunst modern zu sein 2 Rezeption in der DDR 3 Veroffentlichungshinweise 4 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenRemis Bearbeiten Der Erzahler ist leitender Chemielaborant der in der Freizeit Schachturniere bestreitet Ihm sagt man deshalb eine mathematisch logische Begabung nach dagegen wenig Kunstverstand Er wird in ein Kulturhaus zu einer Lesung eingeladen verbleibt aber in der Pause schachspielend in einem Nebenraum Wahrend der Partie berichtet er seinem nur massig spielenden Gegner von seinen bisherigen Eindrucken Der aufmerksam der Kritik lauschende Gegner entpuppt sich als Nestor des veranstaltenden Verbandes Die Kritik ist willkommen und der Erzahler erkennt dass er als Wissenschaftler klare Verfahrenstechniken und Prufmethoden hat Kunstler aber hatten es schwerer weil es kein asthetisches Lackmuspapier gibt So kam nun ein Feedback von jenseits des eigenen Organisations Tellerrandes Die andere Seite der Welt Bearbeiten Die Erzahlung beginnt in der DDR zur Zeit der verbliebenen offenen Grenze in Berlin also vor August 1961 Ein junges studentisches Liebespaar vernachlassigt das jeweilige Studium hadert mit althergebrachten Moralvorschriften und wird trotz grundsatzlicher positiver Aufnahme im Kulturbetrieb in der kunstlerischen Entfaltung gehemmt Er ein Schauspieler geht deshalb in den Westen wahrend sie eine Lyrikerin erst ihr Studium zu Ende bringt Er schildert Ellenbogenmentalitat Snobismus gelebten Klassenkampf Kommerzialisierung der Kunst und staatliche Verhore Er bereut seinen Schritt und will zuruck in die DDR Seine nachgekommene Freundin wird als Opfer kommunistischer Kulturpolitik vermarktet was ihr zwar nicht gefallt ihr das Leben aber angenehm sein lasst weshalb sie die Warnungen des Freundes in den Wind schlagend in der BRD zu bleiben gedenkt Ohne die geliebte Person an ihrer Seite und mit nachlassender Popularitat konfrontiert fuhlt sie sich hereingelegt Ausserdem bekommt sie mit dass andere aus der DDR gefluchtete Autoren ein trostloses Dasein im Westen fristen Da die Ungluckliche bei Ruckkehr in die DDR die personliche Blamage furchtet sowie ihre Verse vor dem Glaubwurdigkeitsverlust bewahren will bleibt sie in der westdeutschen Grossstadt und schlagt sich als Werbetexterin durch Uberlegungen beim Begrabenwerden Bearbeiten Ein aufgebahrter Theaterschauspieler nimmt das Treiben um seinen Sarg wahr Als sein Freund der Theaterarzt an ihn herantritt und befuhlt spurt der Schauspieler wie das Leben in ihn zuruckkehrt Letztlich ist er gar nicht aufgebahrt sondern liegt im Krankenhausbett Er dammert wieder weg aber es wird nicht dunkel wie vordem S 105 Das Chamaleon oder Die Kunst modern zu sein Bearbeiten HandlungEin 1932 als Nachwuchshoffnung pramierter Meisterschuler lasst sich nach Kriegsende in Westdeutschland nieder und kommt langsam mithilfe eines ehemaligen Studienkollegen der sich schon im Dritten Reich als Mitlaufer und Profiteur erwiesen hat wieder auf die Beine 1948 49 tufteln beide einen kampagnenunterstutzten Plan zu seiner Etablierung als gefeierter Trendsetter und Spitzenverdiener auf dem Kunstmarkt aus Die Vorgehensweise besteht in der Lancierung von neuen Stilbegriffen und Ansprache von noch nicht geweckten Zielgruppen zwecks stetig neuer Nachfrage Das Nach oben kommen ist nach seiner Meinung das Entscheidende denn es zahle nicht das Konnen sondern der Ruhm So habe Picasso mit 60 Kunst nicht mehr notig gehabt verkaufte Narrheiten und die Welt rutschte vor ihm auf den Knien S 181 Im Laufe der Jahre entwickelt und etabliert er Stil um Stil immer rasanter wechseln die Richtungen jedes Mal wird er beruhmter und reicher OrtlichkeitenDer Heimatort des Ich Erzahlers liegt in Mitteldeutschland S 110 wird aber nicht genau bezeichnet Fur das Studium zieht er nach Bayern S 110 um von wo aus er sich die besten Voraussetzungen fur den Karrierestart verspricht Die Kunsthochschule und die aus Losverkauf Billettkontrolle und Glaserabraumen bestehende Ferienarbeit S 111 lassen Munchen erkennen Auch die Stadt die er als Ausgangspunkt seiner neuerlichen namlich Nachkriegs Karriereplanung auswahlt wird nicht explizit genannt Die Erwahnungen einer Facherstadt in der amerikanischen Besatzungszone mit Kunsthochschule einem Schloss und einem Rheinhafen sowie dem Karnevalsbezug S 142 147 deuten auf Karlsruhe hin Ein Suddeutscher Hof S 169 172 lasst sich dort nicht nachweisen In diesem seinem Lebensmittelpunkt findet die Vereinnahmung von Stadtvatern Galeristen und dem Klerus statt Die fur das kunstlerische Schaffen bedeutende Stadt Dusseldorf wird spater S 179 fur die Einfuhrung des erfundenen Stils Technostrukt benutzt Am Ende bewohnt der Erzahler einen Atelier Bungalow an einem Schweizer See S 193 f 196 InterpretationFritz Matke wies 1973 in seiner Rezension fur die Tribune darauf hin dass es sich beim Erzahler um keinen Helden sondern um eine unangenehme Figur eben um ein menschliches Chamaleon handele Er sei talentiert aber charakterlos schildere seinen elitaren Aufstieg der recte ein elender Abstieg sei Der unablassige kalkulierte Wechsel von Gesinnung und Meinung um zu Ruhm und Geld zu gelangen sei moglich weil der Kunstbetrieb im Kapitalismus hier vorwiegend dargestellt am Beispiel BRD viele Kunstler dazu direkt animiere 1 Willi Kohler betonte im Neuen Deutschland dass die Gesellschaft der DDR keine derartigen Strukturen aufweise 2 Fur den mit Me zeichnenden Literaturkritiker der Neuen Zeit ist der Erzahler ein Scharlatan der standig neue Kunsttheorien produziert und Kunstrichtungen kreiert die ihm in der kapitalistischen Gesellschaft erfolgstrachtig erscheinen Seine Lebensbeichte sei mit gelaufiger Zunge vorgetragen Immerhin folge er nicht der Praxis unverdrossener Memoirenschreiber heikle Aspekte zu kaschieren 3 2022 nahm Dietmar Zobel den Erzahler als einen Maler wahr der buchstablich alles kann raffiniert neue Modestromungen schafft und ausbeutet zwar nicht glucklich damit wird immerhin jedoch zu Ruhm Ansehen und sehr viel Geld gelangt Seine Einstellung gegenuber dem zahlenden Publikum ist naturgemass nur noch zynisch 4 Rezeption in der DDR BearbeitenFritz Matke attestierte Richard Christ Einfalle jenseits des Ublichen den satirisch kritischen Duktus Originalitat im Inhalt sowie jenes Tempo des Ablaufs das beim Lesen kein Gahnen aufkommen lasst und obendrein hochprozentiges Vergnugen bereitet In den vier Geschichten thematisiere Christ kunstpolitische Probleme in beiden deutschen Staaten Die Lekture zwinge zum Mitdenken und zur Stellungnahme 1 Willi Kohler schieb In jeder der Erzahlungen geht es um Fragen der Kunst um die Beziehungen zwischen Kunst und Politik das Verhaltnis zu Staat und Volk Dabei erweist sich der Autor als ein Erzahler der erzahlen kann und der seine Problematik mit mannigfaltigen Stilmitteln angeht 2 Me fand die Erzahlungen kurzweilig stilsicher geistvoll spottisch originell und zuweilen aphoristisch zugespitzt Er resumierte Alles in allem Erzahlungen eines Autors der mit sprachlicher Genauigkeit und Gestaltungskunst sein Thema vorzutragen versteht 3 In der Wochenpost befand Martin Schmidt Der Autor versteht es den Leser nach seiner eigenen Position zu befragen Die Vielfalt von Christs Schreibweise weckt Leseinteresse und der satirische Schwung entlockt haufig ein Schmunzeln der Erkenntnis 5 Veroffentlichungshinweise BearbeitenDer Verlag der Nation veroffentlichte vier Auflagen 1973 1974 1977 und 1981 Die Schutzumschlag Zeichnung mit dem Chamaleon das einen Anzug tragt auf einem Stuhl sitzt und raucht stammt von Albrecht von Bodecker Der Umfang der vier enthaltenen Erzahlungen differiert stark Die kurzeste Uberlegungen beim Begrabenwerden ist 15 Seiten lang die titelgebende Erzahlung ist 92 Seiten lang Die Erzahlung Remis wurde zuvor bereits in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften der DDR und der Sowjetunion abgedruckt 1 zum Beispiel 1971 in der Wochenpost 5 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Fritz Matke halt Tempo dass beim Lesen kein Gahnen aufkommt Zu den Erzahlungen eines Autors der als Feuilletonist bekannt ist In Tribune Nr 107 1 Juni 1973 Literaturbetrachtung S 11 a b Willi Kohler Erzahlungen am Feuilleton geschult In Neues Deutschland 15 August 1973 der Artikel findet sich nicht im ZEFYS Digitalisat evtl handelt es sich um eine andere lokale Ausgabe als die digitalisierte eine Verwechslung mit einer anderen Zeitung scheint unwahrscheinlich da Kohler tatsachlich fur das ND geschrieben hat a b Me Monolog eines Karrieristen Zu dem Erzahlband Das Chamaleon von Richard Christ In Neue Zeit 27 Januar 1974 S 5 Dietmar Zobel Von der Idee uber die Erfindung zum Patent utb Band 5895 Expert Verlag Tubingen 2022 ISBN 978 3 8252 5895 5 Kapitel 5 3 Optische Wahrnehmung und Kreativitat S 265 a b Martin Schmidt Erzahlfreude In Wochenpost 5 Oktober 1973 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Das Chamaleon oder Die Kunst modern zu sein amp oldid 229427530