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Computus chirometralis ist ein spatmittelalterliches Lehrbuch in mittellateinischer Sprache in dem Wissen der damaligen Zeit uber die Kalenderrechnung und die Astronomie vermittelt wird Wie der Titelteil chirometralis gr xeirὠn Hand mἔtron Mass ausdruckt wird zum Lernen der relevanten Daten die Hand verwendet durch ein Abzahlen der Fingerglieder Inhaltsverzeichnis 1 Der Autor 2 Inhalt 2 1 Computus 2 2 chirometralis 2 3 Kritische Haltung und Genauigkeit 3 Weiterleben und Uberlieferung 4 Textausgabe und Ubersetzung 5 Literatur 6 EinzelnachweiseDer Autor BearbeitenDer Autor der Schrift lasst sich nicht sicher fassen Mehrere Handschriften des Werkes stellen ihn als Magister Johannes de Erfordia vor und geben 1330 als Jahr der Entstehung an 1 Moglicherweise kann er gleichgesetzt werden mit Johannes Eligerus Algeri de Gondersleuen der von Johannes Trithemius in De scriptoribus ecclesiasticis als bedeutender Mathematiker und Astronom aus Sachsen geruhmt wird 2 Allerdings erscheint unter den von Trithemius genannten Titeln dieses Werk nicht Gesichert scheint dass das Werk im 1ten Drittel des 14 Jahrhunderts im Umfeld des Lehrbetriebes in Erfurt erstellt wurde Inhalt BearbeitenDa der Text wenig gegliedert ist erfolgt die Zitierung nach der Seitenbezeichnung von 1r bis 21v in der Ausgabe von Karl Mutz Computus Bearbeiten Johannes Eligerus hat sein Werk in den computus minoris und den computus maioris gegliedert Im computus minoris werden Themen der Kalenderrechnung kurz erklart und dann die Ermittlung und Memorierung der zugehorigen Werte durchgegangen So folgt 1r 23 2v 3 auf eine kurze Definition des 28 jahrigen Sonnenzyklus und des Sonnenzirkels Position eines Jahres in diesem Zyklus Verse zum Auswendiglernen der entsprechenden Jahrhundertwerte und schliesslich Bestimmen des Sonnenzirkels jeden beliebigen Jahres Ebenso werden die Sonntagsbuchstaben 2v 4 3r 16 der 19 jahrige Meton Zyklus 4r 5 5r 13 die Ermittlung des Ostertermins 5r 14 7v 21 und die nicht beweglichen christlichen Feiertage 7v 2 8v 7 behandelt 3 Im computus maioris folgen astronomisch anspruchsvolle Ausfuhrungen zum Zusammenwirken des Mond und des Sonnenzyklus 10r 1 16v 6 die Tierkreiszeichen 16v 7 17v 13 und Spharen Weltmodelle 17r 13 19r 2 4 chirometralis Bearbeiten Eine Besonderheit des Buches ist die Verwendung des Fingerrechnens Verschiedene Arten des Zahlens und Rechnens mit den Fingern der Hand als der ersten Rechenmaschine waren schon im Altertum in vielen Kulturen verbreitet 5 Bildliche und auch schriftliche Hinweise z B Seneca in seinen Epistulae Plinius der Altere in der Naturalis historia Tertullian im Apologeticum finden sich immer wieder 6 Systematische Darstellungen gibt es aber nicht moglicherweise weil sie ohne praktische Demonstration nicht aussagefahig waren 7 Die umfassendste Darstellung findet sich bei Beda Venerabilis De temporum ratione Kap 1 und 55 Dieses Werk Bedas war in Europa ausserordentlich verbreitet es haben sich uber 250 Handschriften erhalten 8 Aber auch hier geht es wie in der gesamten erhaltenen Literatur 9 nicht um wirkliches Rechnen sondern um Abzahlen und Merkhilfen Beda Venerabilis stellt in Kap 55 dar wie die Epakten des Mondes im 19 jahrigen Meton Zyklus an den Fingergliedern einer Hand durchgegangen werden In ahnlicher Weise halt Johannes Eligerus seine Schuler an die Glieder einer Hand einschliesslich Daumen mit Vorder und Ruckseite und Fingerspitzen beim Memorieren zu benutzen Zusatzlich wird ihnen aber noch ein Merkvers angeboten eine rhythmische Silbenfolge Ein ahnliches Verfahren findet sich schon etwa 200 Jahre fruher mit der Guidonischen Hand zur Orientierung in Tonsystemen 10 Das einfachste Beispiel sind die Monatsnamen 13r beginnend mit Marz Der Schuler lernt die Silbenfolge Mar ap ma iun iul au sep oc no de ia feb Gefragt etwa nach dem 7ten Monat zahlt er auf seine Fingerglieder deutend die Silben ab kommt bis sep und muss dann wissen dass sep September Das dargestellte Wissen ist naturlich wesentlich komplexer um so mehr als weitgehend Zahlen ubermittelt werden die zunachst mit einer naheliegenden Konversion 1 a 2 b in Buchstaben uberfuhrt werden Im obigen Beispiel werden im folgenden Vers em Mar ap phil fur ein bestimmtes Jahr die Daten des 1ten Neumonds fur jeden Monat angegeben Kritische Haltung und Genauigkeit Bearbeiten Der dargestellte Lehrstoff gehorte seit Jahrhunderten zur europaischen Wissenschaft und zum Schulbetrieb und wurde in vielen erhaltenen Handschrift ausgebreitet Dennoch hat sich im Laufe der Zeit ein Wandel ergeben Der Autor kann jetzt die Fehler die sich durch die Ungenauigkeit der verwendeten Kalendermodelle ergeben vollig unbefangen behandeln So konstatiert er die Ungenauigkeit des Meton Zyklus 4r 17 et quando habet regula vulgaris luna prima in libro est quarta vel quinta in celound wenn der Mond nach der allgemeinen Regel im Buch den ersten Tag hat hat er am Himmel den vierten oder funftenAuch das Kalenderjahr ist mit seinen 365 Tagen und einem Schalttag alle 4 Jahre nicht korrekt Nach mehreren tausend Jahren wurde daher das Weihnachtsfest im Sommer gefeiert werden 7v Etwas unbestimmt fugt Johannes Eligerus an id tamen teoloice non conceditur dies wird aber theologisch nicht eingeraumt Die Astronomie ermoglichte wesentlich genauere Beobachtungen als in den Jahrhunderten zuvor Durch astronomische Instrumente insbesondere das Astrolabium wurden exaktere Zahlenreihen der Auf und Untergange verschiedener Himmelskorper geliefert So werden auch in dieser Schrift Zeitreihen vom Vollmond und Neumondeintritt mit Tag Stunde und Stundenteil 3 Minuten zum Auswendiglernen angeboten 12r Dabei ist sich der Autor der Tatsache bewusst dass es sich um ortsabhangige Erfurt Angaben handelt Bei einer Reise von 12 Meilen nach Osten bzw Westen musse ein Stundenteil hinzu bzw abgezogen werden 16r Weiterleben und Uberlieferung BearbeitenDas Werk fand rasch Verbreitung und erlangte den Eingang in den Kanon jener Texte die im Lehrbetrieb der mittelalterlichen Fakultaten des 15 Jahrhunderts eine Rolle spielten 11 Etwa 100 Handschriften haben sich erhalten 12 Beruhmte Gelehrte wie Johann von Glogau und Christian von Prachatitz schrieben Bearbeitungen bzw Kommentare und schliesslich wurde es 1480 85 in der Werkstatt des Johann Koehlhoff des Alteren gedruckt 13 Die Buchdruckkunst und damit der leichtere Zugang zu Informationen fuhrte aber zu einem Nachlassen des Interesses an derartigen memorierenden Gedachtnisleistungen 2003 editierte Karl Mutz den lateinischen Originaltext nach diesem Wiegendrucks des Johann Koehlhoff des Alteren zusammen mit einer Ubersetzung in die deutsche Sprache und einer umfassenden Kommentierung Textausgabe und Ubersetzung BearbeitenKarl Mutz Computus chirometralis Spatmittelalterliches Lehrbuch fur Kalenderrechnung Tubingen 2003Literatur BearbeitenSiegmund Gunther Geschichte des mathematischen Unterrichts im deutschen Mittelalter bis zum Jahr 1525 Berlin 1887 Georges Ifrah Universalgeschichte der Zahlen Frankfurt New York 1981 Sonke Lorenz Studium generale Erfordense Stuttgart 1989Einzelnachweise Bearbeiten Sonke Lorenz Studium generale Erfordense S 257 Sonke Lorenz Studium generale Erfordense S 244 Karl Mutz Computus chirometralis Spatmittelalterliches Lehrbuch fur Kalenderrechnung S 93 128 Karl Mutz Computus chirometralis Spatmittelalterliches Lehrbuch fur Kalenderrechnung S 151 157 Georges Ifrah Universalgeschichte der Zahlen S 79 Georges Ifrah Universalgeschichte der Zahlen S 81f Siegmund Gunther Geschichte des mathematischen Unterrichts im deutschen Mittelalter bis zum Jahr 1525 S 9 Charles W Jones Beda Venerabilis Opera Pars VI opera didascalica S 241ff Siegmund Gunther Geschichte des mathematischen Unterrichts im deutschen Mittelalter bis zum Jahr 1525 S 13 Karl Mutz Computus chirometralis Spatmittelalterliches Lehrbuch fur Kalenderrechnung Einfuhrung Sonke Lorenz Johannes Algeri Eligerus Verfasser des Computus chirometralis in Karl Mutz Computus chirometralis S 186 Sonke Lorenz Studium generale Erfordense S 250 255 Sonke Lorenz Johannes Algeri Eligerus Verfasser des Computus chirometralis in Karl Mutz Computus chirometralis S 186 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Computus chirometralis amp oldid 185434355