www.wikidata.de-de.nina.az
Der Centralverband Deutscher Industrieller war ein 1876 gegrundeter wirtschaftlicher Interessenverband Er reprasentierte vor allem die Schwer und Montanindustrie wahrend sich die Unternehmen der Leichtindustrie vorwiegend im Bund der Industriellen BdI zusammenschlossen Inhaltsverzeichnis 1 Organisation Politik und Ziele 2 Weltmachtgedanke 3 Vorsitzende 4 Anmerkungen 5 LiteraturOrganisation Politik und Ziele BearbeitenBereits in den Anfangsjahren des Verbandes verfolgte er eine Politik des Interessenausgleichs zwischen Industrie und Landwirtschaft Er bildete eine Basis der Sammlungspolitik von Grossindustrie und Grossgrundbesitz wahrend des Deutschen Kaiserreichs Gemeinsame Interessen bestanden vor allem in der Forderung nach einer Schutzzollpolitik Eine formliche Allianz wurde 1879 auf dem 10 Kongress des Bundes der Landwirte geschlossen 1 Neben der Lobbypolitik betrieb der Verband etwa bei den Reichstagswahlen eine breit angelegte Wahlagitation Dabei bediente er sich auch nationalistischer Parolen Entgegen der bislang an den Marktgesetzen orientierten liberal gepragten Wirtschaftspolitik forderte der Centralverband die Intervention des Staates Der Verband nahm 1878 erfolgreich Einfluss auf die Beratung einer Enquetekommission des Reichstages die sich fur eine interventionistische Politik aussprach Die Anregungen des CDI fanden sich zum Teil fast unverandert im preussischen Gesetzblatt wieder Parteiisch aber anschaulich beschrieb August Bebel das Treiben der Lobbyisten Das Foyer des Reichstages glich damals einer Schacherbude Die Vertreter der verschiedensten Industriezweige und Agrarier bevolkerten zu Hunderten das Foyer und die Fraktionszimmer Kaum anders ausserte sich auf der anderen Seite des politischen Spektrums Heinrich von Treitschke uber die neue Praxis wirtschaftlicher Interessenpolitik die sich im Verlauf dieser Session zu trauriger Virtuositat ausgebildet habe und der Klassenselbstsucht Tur und Tor offnen werde 2 Allerdings fehlte dem Verband der Industrie doch die Massenbasis wie sie etwa der Bund der Landwirte aufwies Wahrend dieser sich regelmassig auf eine Vielzahl von Abgeordneten in den Landerparlamenten und im Reichstag stutzen konnte brachte der CDI bei den Reichstagswahlen von 1912 von insgesamt 120 unterstutzten Kandidaten nur 40 durch Fur diese Wahl richtete der Verband eigens einen Wahlfonds ein um die Propaganda auf eine breite finanzielle Grundlage zu stellen Dies war vor allem eine Gegenreaktion auf die Erfolge der Zentrumspartei und der SPD im Ruhrgebiet wo fast alle ehemals von industrienahen Abgeordneten gehaltenen Wahlkreise verloren gegangen waren Die beteiligten Firmen verpflichteten sich seit 1909 pro 10 000 Mark Arbeitslohn 50 Pfennig an den Fonds abzufuhren Allerdings scheiterte der Versuch Industrielle selbst als Kandidaten zu gewinnen da diese erklarten in ihren Firmen nicht abkommlich zu sein Die Unterstutzung konzentrierte sich daher vor allem auf Kandidaten der Nationalliberalen und der Konservativen 3 Die Interessenpolitik des Zentralverbandes ging weit uber die engeren Fragen der Wirtschaftspolitik hinaus und beruhrte letztlich fast alle politisch relevanten Themen von der Sozialpolitik bis hin zur Kolonialpolitik Einig waren sich CDI als Vertreter der Industrie und der Bund der Landwirte als Organisation der Landwirtschaft in ihrer Gegnerschaft zur Sozialdemokratie ebenso gemeinsam war ihr Kurs in der Zoll und Kolonialpolitik sowie im Flottenbau Damit vertrat er allerdings nur einen Teil der Industrie insbesondere aus Bergbau und Schwerindustrie Firmen der aufstrebenden Fertigwarenindustrie der Chemieindustrie oder der Elektroindustrie vertraten zum Teil deutlich andere Positionen So pladierten sie in der Zollpolitik fur einen eher freihandlerischen Kurs Dies war der Grund dass sich diese Branchen tendenziell eher im BdI organisierten Nach dem Ersten Weltkrieg ging der CDI zusammen mit dem BdI im Reichsverband der Deutschen Industrie auf 1919 Weltmachtgedanke BearbeitenNach Hartmut Kaelble entwickelte der CVDI mit dem Beginn der wirtschaftlichen Konjunktur ab 1896 einen spezifischen Weltmachtgedanken 4 Dieser war nicht rassistisch und im Unterschied zu anderen imperialistischen Verbanden und Politikern nicht gegen England oder Russland gerichtet sondern gegen die USA 1910 stellte der Geschaftsfuhrer Henry Axel Bueck fest die Vereinigten Staaten hatten soviel Terrain vor allem im uberseeischen Ausland abgegraben dass wir uns an vielen Stellen mit einer nothdurftigen Nachlese begnugen mussen 5 Die CVDI Leitung vertrat die Auffassung die an sich friedliche wirtschaftliche Expansion fuhre notwendigerweise zur internationalen Krise und zum Krieg Hierin ahnelte sie sich in ihren Ansichten laut Kaelble ausgerechnet den marxistischen Imperialismustheoretikern Im Januar 1906 hiess es in einem Bericht So werden kunftige Kriege nur noch um wirtschaftliche Interessen gefuhrt werden Je mehr sich der Wettbewerb auf den doch immerhin raumlich begrenzten Gebieten unseres Erdballs zuspitzt je mehr der einzelne sich durch diesen Wettbewerb in seinen vitalen Interessen benachteiligt fuhlt um so mehr ist zu befurchten dass das Recht wieder der Gewalt wird weichen mussen dass der Machtigere den Schwacheren mit Gewalt aus seiner wirtschaftlichen Stellung zu werfen ihn wirtschaftlich zu vernichten suchen wird 6 Von den imperialistischen Agitationsverbanden unterstutzte er am starksten den Flottenverein bei dem der Vorsitzende Hassler die Grundungsversammlung einberief Als jedoch fur den CVDI ab 1910 die Sicherung der deutschen Rohstoffversorgung in den Mittelpunkt ruckte und nicht mehr die wirtschaftliche Eroberung neuer Exportmarkte wurde die Bevorzugung der Marine aufgegeben und Heer und Marine gleichwertig betrachtet Vorsitzende Bearbeiten1881 1885 Karl Richter Generaldirektor der Vereinigten Konigs und Laurahutte 1893 1901 Theodor von Hassler Baumwollspinnereibesitzer 1901 1904 Hanns Jencke Direktoriumsmitglied Krupp AG 1904 1909 Richard Vopelius Glashuttenbesitzer seit 1909 Max Roetger Direktoriumsvorsitzender Krupp AGAnmerkungen Bearbeiten Vgl dazu die Eingabe des CDI vom 12 Juli 1877 an Wilhelm I uber die Ursache der Krise der deutschen Wirtschaft S 203 206 Offentliche Besiegelung des Bundnisses zwischen Industrie und Landwirtschaft S 210f beide teilw abgedruckt in Gerhard A Ritter Hrsg Historisches Lesebuch 2 1871 1914 Frankfurt 1967 Beide zit nach Wehler Gesellschaftsgeschichte Bd 3 S 645f Vgl dazu den vertraulichen Rechenschaftsbericht uber den Wahlfonds teilweise abgedruckt in Gerhard A Ritter Hrsg Historisches Lesebuch 2 1871 1914 Frankfurt 1967 S 167 173 Hartmut Kaelble Industrielle Interessenpolitik in der Wilhelminischen Gesellschaft Berlin 1967 S 147 ff Verhandlungen Mitteilungen und Berichte des CVDI Zit n Kaelble S 152 Verhandlungen Mitteilungen und Berichte des CVDI Zit n Kaelble S 150 Literatur BearbeitenAlexander Brehm Sind Verbande noch zeitgemass Ein Vergleich zwischen dem Centralverband Deutscher Industrieller und dem Bundesverband der Deutschen Industrie e V polisphere library Berlin u a 2008 ISBN 978 3 938456 19 4 Henry Axel Bueck Der Zentralverband Deutscher Industrieller 1876 1901 3 Bande Guttentag u a Berlin 1905 Wolfram Fischer Staatsverwaltung und Interessenverbande im Deutschen Reich In Wolfram Fischer Wirtschaft und Gesellschaft im Zeitalter der Industrialisierung Aufsatze Studien Vortrage Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Band 1 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1972 ISBN 3 525 35951 9 S 194 213 Hartmut Kaelble Industrielle Interessenpolitik in der Wilhelminischen Gesellschaft Centralverband Deutscher Industrieller 1895 bis 1914 de Gruyter Berlin u a 1967 ISBN 3 11 000468 2 Veroffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin beim Friedrich Meinecke Institut der Freien Universitat Berlin 27 Zugleich Dissertation Digitalisat Michael Rudloff Industrielle Interessenvertretungen und politische Kultur im Konigreich Sachsen In Werner Bramke unter Mitarbeit von Thomas Adam Hrsg Politische Kultur in Ostmittel und Osteuropa Leipzig 1999 S 185 222 ISBN 3 933240 61 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Centralverband deutscher Industrieller amp oldid 236924425