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Als Bodo Schadel Sammlungsnummer Bodo 1 wird ein Fossil bezeichnet das 1976 von einer Forschergruppe unter Leitung von Jon Kalb aus der Fundstelle Bodo D Ar im Mittleren Awash Region Afar Athiopien geborgen und erstmals 1978 wissenschaftlich beschrieben wurde 1 Er galt seinerzeit als einer der am vollstandigsten und am besten erhaltenen fossilen Schadelfunde aus der Vorfahrenlinie des anatomisch modernen Menschen Homo sapiens in Afrika Benannt wurden Fundstelle und Fund nach dem unweit entfernten Fluss Bodo Der Bodo Schadel Nachbildung In der Fundschicht des Schadels wurden auch zahlreiche Steinwerkzeuge aus der Epoche des Acheuleen entdeckt 2 Inhaltsverzeichnis 1 Datierung 2 Beschreibung 3 Schnittspuren 4 Literatur 5 Weblinks 6 BelegeDatierung BearbeitenDas Alter des Fundes konnte zunachst anhand von biostratigraphischen Befunden nur grob geschatzt werden 700 000 bis 125 000 Jahre vor heute 1994 wurde der Schadel jedoch mit Hilfe der 40K 40Ar Methode auf ein Alter von 640 000 30 000 Jahre datiert 3 Beschreibung Bearbeiten nbsp Seitlicher Blick auf Kabwe 1 Original nbsp Sangiran 17 Nachbildung nbsp Der Fundort Bodo D Ar am sudwestlichen Rand der dreieckigen Afar SenkeDer Bodo Schadel war ein Oberflachenfund der nach Regenfallen aus dem vulkanischen Material des Bodens heraus gewittert war und von dem Alemayehu Asfaw von der athiopischen Antikenbehorde als erstes ein Oberkiefer Fragment wahrnahm Zwei grosse Bruchstucke des oberen Gesichtsschadels lagen elf Meter voneinander entfernt der untere Bereich des Gesichtsschadels war ebenfalls in zwei Teile zerbrochen deren genaue Passform sie jedoch als zusammengehorig auswiesen Zwischen den beiden grossen Fragmenten des oberen Gesichtsschadels wurden 1976 weitere 46 kleine Bruchstucke entdeckt zwei Jahre spater fand man weitere 30 zum Schadel gehorige Fragmente Insgesamt 41 Funde konnten aufgrund ihrer Passform fur eine Rekonstruktion der ursprunglichen Anmutung des Schadels insbesondere aber des Gesichts verwendet werden 1981 wurde schliesslich 400 Meter entfernt von der ursprunglichen Fundstelle noch ein teilweise erhaltenes linkes Scheitelbein entdeckt 4 das allerdings einem zweiten Individuum gleichen Alters wie der Bodo Schadel zugeschrieben wurde Im Ergebnis konnte das Gesicht nahezu vollstandig wiederhergestellt werden im Bereich des Schadeldachs und im Bereich der ruckwartigen Schadelplatten blieben hingegen grossere Lucken Aufgrund der erheblichen Dicke seiner Knochen wurde der Schadel als robust und gross aber relativ flach beschrieben mit breiter Nase und mit markanten Uberaugenwulsten weswegen er als mannlich und erwachsen einzuordnen ist Bereits 1978 wurde herausgestellt dass der Bodo Schadel gemeinsame Merkmale mit den deutlich jungeren Schadeln Kabwe 1 aus Sambia und Petralona 1 aus Griechenland teilt aber auch mit den Arago Fossilien aus Sudfrankreich und mit dem deutlich alteren Homo erectus Schadel Sangiran 17 aus Java Indonesien Zusammenfassend wurde 1978 argumentiert der Schadel sei zweifelsfrei archaischer als zu Homo sapiens gehorige Fossilien jedoch ebenso gewiss weniger archaisch als Homo erectus Aufgrund der damals noch geringen Funddichte in Afrika seien weder die geografische Variabilitat des fruhen archaischen Homo sapiens noch der damals allgemein unterstellte Ubergang von Homo erectus zu Homo sapiens hinreichend umfanglich dokumentiert als dass eine eindeutige Zuordnung des Schadels zur einen oder zur anderen Art oder eine Bestimmung seiner Position zwischen beiden moglich sei Nachdem die Bruchstucke des Schadels 1982 an der University of California Berkeley gereinigt und erneut zusammengefugt und danach ans Nationalmuseum von Athiopien in Addis Abeba zuruckgegeben worden waren publizierte Philip Rightmire 1996 eine erneute ausfuhrliche Beschreibung des Schadels und seiner stammesgeschichtlichen Einordnung 5 Erneut wurden sowohl Merkmale des Homo erectus als auch des fruhen Homo sapiens erwahnt und seine Gestalt als intermediar bezeichnet Zudem wurde ihm ein deutlich uber die bekannten Masse von Homo erectus hinausgehendes Gehirnvolumen von 1200 bis 1325 cm zugeschrieben 6 Rightmire schlug daher vor den Bodo Schadel in die Nahe der europaischen Funde aus Sudfrankreich und Griechenland zu stellen und als Angehorigen der Art Homo heidelbergensis auszuweisen Diese Auffassung dass die Kabwe Petralon Arago Bodo Gruppe zu Homo heidelbergensis gehort vertrat 2015 auch Ian Tattersall 7 Dies bedeutet zugleich dass der Bodo Schadel in dieser Sichtweise der alteste fossile Beleg fur Homo heidelbergensis ist 2 Im Oktober 2021 wurde in einer Fachzeitschrift vorgeschlagen das Fossil als Typusexemplar der zugleich neu eingefuhrten Art Homo bodoensis zuzuordnen 8 Schnittspuren Bearbeiten1986 berichtete Tim White in der Fachzeitschrift American Journal of Physical Anthropology dass am linken vorderen Bereich des Jochbeins mehrere eng beieinander liegende Einkerbungen zu erkennen sind die sich nach einer mikroskopischen Analyse als Schnittspuren identifizieren liessen 9 Eine genaue Untersuchung der Schadeloberflache ergab Hinweise auf insgesamt 17 Stellen mit solchen Schnittspuren Hinweise auf Beschadigungen der Oberflache durch Tierverbiss wurden nicht gefunden Tim White zufolge handelte es sich seinerzeit um den fruhesten Beleg fur das Entfernen von Muskelgewebe durch Steinwerkzeuge bei einem Individuum der Hominini Literatur BearbeitenTsirha Adefris A description of the Bodo cranium an archaic Homo sapiens cranium from Ethiopia Dissertation New York University New York City 1992 Jon Kalb Adventures in the Bone Trade The Race to Discover Human Ancestors in Ethiopia s Afar Depression Copernicus Books New York 2001 S 239 243 und 270 272 ISBN 0 387 98742 8 Weblinks BearbeitenBodo Auf humanorigins si edu zuletzt abgerufen am 28 Oktober 2021 Belege Bearbeiten Glenn C Conroy Clifford J Jolly Douglas Cramer und Jon E Kalb Newly discovered fossil hominid skull from the Afar depression Ethiopia In Nature Band 276 1978 S 67 70 doi 10 1038 276067a0 a b Stichwort Bodo 1 in Bernard Wood Wiley Blackwell Encyclopedia of Human Evolution Wiley Blackwell 2011 ISBN 978 1 4051 5510 6 John Desmond Clark et al African Homo erectus old radiometric ages and young Oldowan assemblages in the Middle Awash Valley Ethiopia In Science Band 264 Nr 5167 1994 S 1907 1910 doi 10 1126 science 8009220 Volltext PDF Berhane Asfaw A new hominid parietal from Bodo Middle Awash Valley Ethiopia In American Journal of Physical Anthropology Band 61 Nr 3 1983 S 367 371 doi 10 1002 ajpa 1330610311 G Philip Rightmire The human cranium from Bodo Ethiopia evidence for speciation in the Middle Pleistocene In Journal of Human Evolution Band 31 Nr 1 1996 S 21 39 doi 10 1006 jhev 1996 0046 Volltext Glenn C Conroy et al Endocranial capacity of the bodo cranium determined from three dimensional computed tomography In American Journal of Physical Anthropology Band 113 Nr 1 2000 S 111 118 doi 10 1002 1096 8644 200009 113 1 lt 111 AID AJPA10 gt 3 0 CO 2 X Ian Tattersall The Strange Case of the Rickety Cossack and Other Cautionary Tales from Human Evolution Palgrave Macmillan New York 2015 S 186 ISBN 978 1 137 27889 0 Mirjana Roksandic Predrag Radovic Xiu Jie Wu und Christopher J Bae Resolving the muddle in the middle The case for Homo bodoensis sp nov In Evolutionary Anthropology Band 30 Nr 5 2021 S 1 10 doi 10 1002 EVAN 21929 Tim White Cut marks on the Bodo cranium a case of prehistoric defleshing In American Journal of Physical Anthropology Band 69 Nr 4 1986 S 503 509 doi 10 1002 ajpa 1330690410 Volltext PDF 10 625 40 541666666667 Koordinaten 10 37 30 N 40 32 30 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Bodo Schadel amp oldid 228540662