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Abu ʿUbaida Muslim ibn Abi Karima at Tamimi arabisch أبو عبيدة مسلم بن أبي كريمة التميمي war ein islamischer Rechtsgelehrter der wahrend der spaten Umayyadenzeit und fruhen Abbasidenzeit eine fuhrende Rolle in der ibaditischen Gemeinde von Basra spielte und die sogenannten Wissensuberbringer ḥamalat al ʿilm in die verschiedenen Provinzen des islamischen Reiches aussandte die dort die ibaditische Lehre verbreiteten und an verschiedenen Orten eigene Imamate errichteten Auch Abu ʿUbaida selbst gilt den heutigen Ibaditen als Imam 1 Wahrend der maghrebinische ibaditische Autor Ibn Sallam st nach 887 Abu ʿUbaida als die wichtigste ibaditische Personlichkeit nach Dschabir ibn Zaid al Azdi betrachtete 2 massen ihm die fruhen ibaditischen Quellen aus Oman dagegen eine erheblich geringere Bedeutung zu 3 In nicht ibaditischen Quellen findet Abu ʿUbaidas Wirken kaum Erwahnung Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft und fruhe Jahre 1 2 Tatigkeit als Gemeindevorsteher und Gelehrter 1 3 Abu ʿUbaidas Propagandanetzwerk 1 4 Die Errichtung von Imamaten 1 5 Sein Ende 2 Werke 3 Literatur 4 BelegeLeben BearbeitenEine der wichtigsten Quellen fur das Leben Abu ʿUbaidas ist das Kitab as Siyar von Abu l ʿAbbas Ahmad ibn Saʿid asch Schammachi st 1522 aus dem Dschabal Nafusa Dieses schopft seine Informationen wiederum aus einem fruheren Werk dem Kitab des Abu Sufyan Mahbub ibn ar Ruhail der Anfang des 9 Jahrhunderts als der letzte Imam der Ibaditen von Basra amtierte 4 Herkunft und fruhe Jahre Bearbeiten Abu ʿUbaida war iranischer Herkunft und Maula des arabischen Stammes Tamim Der Name seines Vaters wird mit Kudin Karzin oder Kurin angegeben 5 Nach al Dschahiz war Abu ʿUbaidas Patron der bekannte Charidschit ʿUrwa ibn ʿUdaiya st nach 680 6 der nach der Schlacht von Siffin die Abspaltung der Charidschiten von ʿAli ibn Abi Talib betrieben hatte und Bruder des bekannten Charidschitenfuhrer Mirdas ibn Udaiya war 7 Abu ʿUbaida verdiente seinen Lebensunterhalt als Korbmacher qaffaf 8 In seiner Jugend besuchte er den Unterricht der Scheiche Dumam ibn as Saʾib aus Oman Dschaʿfar ibn as Sammak od Samman und Suhar ibn al ʿAbd 9 Nach asch Schammachi wurde er wahrend der Statthalterschaft von al Haddschadsch ibn Yusuf im Irak inhaftiert nach dessen Tod im Jahre 714 aber wieder freigelassen 10 Tatigkeit als Gemeindevorsteher und Gelehrter Bearbeiten Zusammen mit seinen fruheren Lehrern Dumam und Dschaʿfar und einem gewissen Abu Nuh Salih ibn Nuh ad Dahhan spielte er von nun an eine fuhrende Rolle in der ibaditischen Gemeinde von Basra 11 Das Verhaltnis zu dem neuen umayyadischen Statthalter im Irak Yazid ibn al Muhallab war dadurch relativ entspannt dass dessen Schwester ʿAtika selbst der ibaditischen Gemeinde angehorte 12 Nach der maghrebinischen Tradition war es auch Abu ʿUbaida der 719 eine Delegation zu dem Kalifen ʿUmar ibn ʿAbd al ʿAziz sandte Die Delegation hielt sich gerade zu dem Zeitpunkt am Hof auf als ʿAbd al Malik der Sohn des Kalifen starb 13 Nach dem Tod von ʿUmar ibn ʿAbd al ʿAziz im Jahre 720 verschlechterte sich das Verhaltnis zum Herrscherhaus jedoch wieder weil der neue Kalif Yazid II den Muhallabiden die als Patrone der Ibaditen fungierten feindlich gegenuberstand In dieser Zeit nahmen einige Ibaditen darunter auch Abu ʿUbaidas Lehrer Dschaʿfar an dem Aufstand des Yazid ibn al Muhallab teil und opferten dabei ihr Leben 14 Abu ʿUbaida stand derartigen Aktionen reserviert gegenuber weil er die Hoffnung hegte die Kalifen zu seiner Lehre bekehren zu konnen und ausserdem furchtete dass ein Auszug ḫuruǧ wie derjenige der Azraqiten erneut zum Scheitern verurteilt sei 15 Asch Schammachi beschreibt Abu ʿUbaida als einen Quietisten Als er gefragt wurde was ihn an einem Auszug hindere wo doch alle seine Anhanger ihn unterstutzen wurden soll er geantwortet haben Ich will das nicht 16 Er selbst tat sich in dieser Zeit vor allem als Rechtslehrer Theologe und Mufti hervor und scharte Schuler aus verschiedenen Gebieten des islamischen Reiches um sich 15 Einer seiner wichtigsten Schuler war der aus Oman stammende Rabiʿ ibn Habib al Farahidi der nach seinem Tod die Fuhrung der ibaditischen Gemeinde von Basra ubernahm 17 Abu ʿUbaidas Propagandanetzwerk Bearbeiten Nach dem Bericht von asch Schammachi war es die Ungeduld seiner Anhanger die Abu ʿUbaida dazu brachte auch politisch aktiv zu werden Allerdings wahlte er nicht den Weg der offenen Rebellion sondern entwickelte eine neue Form des Hervortretens ẓuhur indem er namlich Basra zum Zentrum einer Propagandabewegung machte die nicht in der Stadt selbst sondern an anderen Orten Aufstande vorbereiten sollte Diese Aufstande sollten letztendlich ein universales ibaditisches Imamat herbeifuhren das auf den Ruinen des Umayyadenstaates errichtet wurde Um sein Ziel zu erreichen formte Abu ʿUbaida sein Lehrkolleg in Basra das mittlerweile von Studierenden aus den verschiedensten Gebieten des islamischen Reiches besucht wurde in eine geheime Propagandazentrale um Hierbei stand ihm ein anderer ibaditischer Scheich namens Abu Maudud Hadschib at Taʾi zur Seite der eine zentrale Kasse bait al mal aufbaute mit der das Unternehmen finanziert werden konnte und auch die Versorgung mit Waffen sicherte 18 Um das Projekt vor den staatlichen Autoritaten geheim zu halten praktizierte Abu ʿUbaida von nun an das Prinzip der Geheimhaltung kitman 10 Der Unterricht wurde in einen Keller verlagert und vor der Tur eine Wache postiert die beim Auftauchen von Fremden eine Eisenkette bewegte so dass Abu ʿUbaida bei drohender Gefahr Zeit hatte den Unterricht zu unterbrechen und seine Arbeit als Korbmacher fortzusetzen 8 Innerhalb der von Abu ʿUbaida gefuhrten Gemeinschaft herrschte rigorose Disziplin Abu ʿUbaida schloss Gemeindemitglieder aus wenn sie nicht mit seiner Lehre ubereinstimmten und bestimmte wann sie den Haddsch machen durften Insbesondere qadaritische Lehren duldete er nicht in ihren Reihen 19 Seine pradestinatianische Haltung begrundete er mit dem Ausspruch Wer zugibt dass Gott von den Dingen weiss vor ihrer Existenz der hat auch die Vorherbestimmung anerkannt 20 Als Wissensuberbringer ḥamalat al ʿilm wurden dann seine Schuler in Gruppen in die verschiedenen Provinzen des Reiches zuruckgeschickt um dort Anhanger zu sammeln und schliesslich offen hervorzutreten Jeder dieser Gruppen stellte Abu ʿUbaida zwei Manner voran von denen im Falle des Erfolgs jeweils der eine das Imamat bekleiden sollte und der andere das Amt des Qadi Nach asch Schammachi entsandte er derartige Teams in den Maghreb den Jemen den Hadramaut nach Oman und nach Chorasan 21 Offenbar gab es an einigen dieser Orten auch schon vorher ibaditische Gemeinden denn es wird zum Beispiel von einem ibaditischen Missionar namens Salama ibn Saʿid in Qairawan berichtet der eine Delegation von ḥamalat al ʿilm zur Ausbildung bei Abu ʿUbaida nach Basra schickte 22 Die Errichtung von Imamaten Bearbeiten Abu ʿUbaidas Propagandaanstrengungen hatten an mehreren Orten Erfolg Wahrend der Wirren der dritten Fitna 744 750 konnten an zwei Orten von ihm gefuhrte Ibaditen erfolgreich Imamate errichten Das erste Imamat war dasjenige von ʿAbdallah ibn Yahya al Kindi genannt Talib al Haqq der sich 746 im Hadramaut erhob und 747 Sanaa die Hauptstadt Sudarabiens sowie Mekka und Medina einnehmen konnte Asch Schammachi berichtet dass sich in dieser Zeit auch der Alide ʿAbdallah ibn al Hasan al Muthanna an Abu ʿUbaida wandte um von ihm Unterstutzung fur einen geplanten Aufstand zu erhalten Abu ʿUbaida jedoch eine Zusammenarbeit mit ihm ablehnte 23 Nachdem 748 der Aufstand des Talib al Haqq von umayyadischen Truppen niedergeschlagen worden war erhoben 750 Ibaditen in Oman die mit Abu ʿUbaida zusammenarbeiteten einen Abkommling des fruheren omanischen Konigshauses al Dschulanda ibn Masʿud zum neuen ibaditischen Imam Auch dieses omanische Imamat brach allerdings schon kurze Zeit spater wieder zusammen In den 750er Jahren kamen dann erneut mehrere Berber aus Tripolitanien zur Ausbildung nach Basra Einer der ersten von ihnen war Ibn Mughtir aus dem Stamm der Nafusa Er kehrte noch vor 757 in sein Heimatdorf Iǧnaw im Dschabal Nafusa zuruck und wirkte dann dort als Mufti 24 Spater wurden die drei Berber ʿAsim as Sadrati Abu Dawud aus Kebili Ismaʿil ibn Dirar aus Ghadames und der Perser ʿAbd ar Rahman ibn Rustam aus Qairawan nach Basra entsandt Sie erhielten bei Abu ʿUbaida funf Jahre lang Unterricht anschliessend sandte er sie mit dem Auftrag ein neues Imamat zu errichten in ihre Heimat zuruck Als zukunftigen Imam gab er ihnen den Jemeniten Abu l Chattab al Maʿafiri bei der in Basra zu ihnen gestossen war Zusammengenommen gelten die funf Manner als die ḥamalat al ʿilm die eigentlichen ibaditischen Apostel Nordafrikas 25 Abu ʿUbaidas Plan wurde ausgefuhrt Im Jahre 757 hielten die ibaditischen Wurdentrager Tripolitaniens in Saiyad bei Tripoli ein geheimes Treffen ab bei dem sie Abu l Chattab zum Imam erhoben Die ibaditischen Stamme der Hauwara und Nafusa eroberten daraufhin zusammen mit anderen Stammen unter der Fuhrung des neuen Imams ganz Tripolitanien einschliesslich der Stadt Tripoli die zum Sitz des Imamats wurde Im Sommer 758 nahmen sie Qairawan ein das sich damals im Besitz sufritischer Charidschiten befand Zur Zeit seines Hohepunktes umfasste das Imamat des Abu l Chattab al Maʿafiri neben Tripolitanien und Tunesien auch den Osten des heutigen Staates Algerien Schon 761 wurde der Imam Staat allerdings durch ein abbasidisches Heer zerstort Abu l Chattab selbst fiel in der Schlacht Einem anderen von Abu ʿUbaidas Wissensubermittlern ʿAbd ar Rahman ibn Rustam gelang es jedoch in den Westen zu fliehen die Stadt Tahert in seinen Besitz zu bringen und dort ein neues ibaditisches Imamat zu begrunden Seine Nachkommen die Rustamiden herrschten bis zum Beginn des 10 Jahrhunderts uber weite Teile Nordafrikas Sein Ende Bearbeiten Uber das weitere Schicksal von Abu ʿUbaida ist nicht viel bekannt ausser dass er einen Schlaganfall erlitten haben soll 26 Nach asch Schammachi starb er wahrend der Herrschaft des abbasidischen Kalifen al Mansur reg 753 775 21 Werke BearbeitenSendschreiben zur zakat Praxis das Abu ʿUbaida an eine Diasporagemeinde gerichtet hat Seine Echtheit wurde noch nicht untersucht Behandelt wird die Frage von wem der Zehnte ʿusr einzuziehen und an welche bedurftigen Personen er zu verteilen ist Manche sehen in der tripolitanischen Gemeinschaft des Abu l Chattab al Maʿafiri den Adressaten des Schreibens Der Text ist unter dem Titel Risalat Abi Karima sic fi z zakat li l imam Abi l H aṭṭab al Maʿafiri 1982 in Oman herausgegeben worden 27 Die ibaditische Literatur uberliefert daneben noch verschiedene andere Briefe die Abu ʿUbaida und Hadschib at Taʾi an die ibaditischen Gemeinden in Tripolitanien und Oman gerichtet haben sollen 28 Abu ʿUbaida erstellte auch eine Sammlung von Hadithen die er von seinen Lehrern Dschabir ibn Zaid Dschaʿfar ibn as Sammak und Suhar al ʿAbdi erhalten hatte Der Text ist jedoch verloren 12 Seine Rechtsfragen unter dem Titel Masaʾil Abi ʿUbaida sind in bisher nicht geordneten Handschriften deren Echtheit noch untersucht werden muss erhalten 29 Er ist eine der wichtigsten Quellen des ibaḍitischen Rechtsgelehrten Bisr ibn Ġanim gegen 815 30 in dessen dreibandigem al Mudawwana al kubra 31 Literatur BearbeitenPatricia Crone Fritz Zimmermann The Epistle of Salim ibn Dhakwan Oxford University Press Oxford 2001 S 303 305 Amr Ennami Studies in Ibadhism al Ibaḍiyah Sultanate of Oman Ministry of Endowments amp Religious Affairs Muscat 2008 S 95 124 Josef van Ess Theologie und Gesellschaft im 2 und 3 Jahrhundert der Hidschra Eine Geschichte des religiosen Denkens im fruhen Islam 6 Bande De Gruyter Berlin 1991 97 Band II S 193 198 202 208 Tadeusz Lewicki al Ibaḍiya In The Encyclopaedia of Islam New Edition Band III S 648a 660b hier besonders 649b 651a Mubarak Ibn ʿAbdallah Ibn Ḥamid ar Rasidi al Imam Abu ʿUbaida Ibn Abi Karima at Tamimi wa fiqhuhu Maṭabiʿ al Wafaʾ Ṣalṭanat ʿUman 1992 Inaugural Dissertation Universitat Ez Zitouna Ulrich Rebstock Die Ibaḍiten im Maġrib 2 8 4 10 Jh Die Geschichte einer Berberbewegung im Gewand des Islam Berlin 1983 online auf menadoc bibliothek uni halle de John C Wilkinson Ibaḍism Origins and Early Development in Oman Oxford University Press Oxford 2010 S 166 177 Belege Bearbeiten Der moderne ibaditische Autor Ennami bezeichnet ihn als den zweiten Imam der ibaditischen Gemeinde von Basra S 95 Vgl Ibn Sallam Kitab fihi Badʾ al islam wa saraʾiʿ ad din Hrsg Werner Schwartz und as Saiḫ Salim b Yaʿqub Bibliotheca Islamica Band 33 Wiesbaden 1986 S 110 Z 4 5 Basrenser Er uberliefert nach Ǧabir b Zaid Er gehort zu den grossten Gelehrten unter unseren Meistern nach Ǧabir und Wilkinson 171f Vgl Wilkinson 166 177 Vgl Wilkinson 163 165 Vgl Crone Zimmermann 303 Lewicki 649b Vgl Ennami 95 97 Vgl zu ihm G Della Vida Art Mirdas ibn Udaiya in The Encyclopaedia of Islam New Edition Band VII S 123a 124a a b Vgl Ennami 105 Vgl Lewicki 650a Wilkinson 167f a b Vgl Crone Zimmermann 303 Vgl Ennami 111 a b Vgl Lewicki 650a Vgl Wilkinson 170f Vgl Wilkinson 173 a b Vgl Wilkinson 172 Vgl Crone Zimmermann 304 Vgl Wilkinson 176 Vgl Ennami 110 Vgl van Ess TuG II 202 Vgl van Ess TuG II 205 a b Vgl Lewicki 650b Vgl Rebstock 13 Vgl Ennami 108f Vgl Ennami 120f Vgl Rebstock 60 75 Ennami 115 Vgl van Ess TuG II 197 Vgl dazu van Ess TuG II 198 Vgl dazu Wilkinson 175 Abu Ġanim Bisr ibn Ġanim al Ḫurasani al Mudawwana al kubra Hrsg Muṣṭafa b Ṣaliḥ Baǧu Oman 2007 Band 1 S 20 21 Einleitung Fuat Sezgin Geschichte des arabischen Schrifttums Band 1 S 586 dort ist der Titel al Mudawwana aṣ ṣuġra zu streichen es stellt einen Teil des Werkes unter dem Titel al Mudawwana al kubra dar Zum Handschriftenbestand siehe auch Josef van Ess Untersuchungen zu einigen ibaḍitischen Handschriften In Zeitschrift der Deutschen Morgenlandischen Gesellschaft ZDMG 126 1976 S 38 42 Normdaten Person VIAF 238223762 Wikipedia Personensuche Kein GND Personendatensatz Letzte Uberprufung 29 November 2017 GND Namenseintrag 151887284 AKS PersonendatenNAME Abu ʿUbaida Muslim ibn Abi KarimaALTERNATIVNAMEN Abu ʿUbaida Muslim ibn Abi Karima at Tamimi vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG islamischer RechtsgelehrterGEBURTSDATUM 7 JahrhundertSTERBEDATUM 8 Jahrhundert Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Abu ʿUbaida Muslim ibn Abi Karima amp oldid 234786770