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Die Yarmouth Castle war ein 1927 in Dienst gestelltes US amerikanisches Passagierschiff das nach 38 jahriger Dienstzeit am 13 November 1965 nach Ausbruch eines verheerenden Feuers an Bord auf dem Atlantik unterging wobei 90 Menschen ums Leben kamen Es handelte sich um eines der grossten zivilen Schiffsunglucke in nordamerikanischen Gewassern Die Tragodie war Ausloser fur neue gesetzliche Regelungen fur die Sicherheit auf See Yarmouth Castle Das baugleiche Schwesterschiff Yarmouth Das baugleiche Schwesterschiff YarmouthSchiffsdatenFlagge Vereinigte Staaten Vereinigte StaatenLiberia LiberiaPanama Panamaandere Schiffsnamen Evangeline 1927 1964 Schiffstyp PassagierschiffKreuzfahrtschiffHeimathafen MiamiReederei Yarmouth Cruise Lines ab 1964 Bauwerft William Cramp and Sons PhiladelphiaBaunummer 425Stapellauf 11 Februar 1927Ubernahme September 1927Verbleib 13 November 1965 gesunkenSchiffsmasse und BesatzungLange 115 5 m Lua Breite 17 0 mVermessung 5 002 BRT Besatzung 176MaschinenanlageMaschine DampfturbineHochst geschwindigkeit 18 kn 33 km h Propeller 2TransportkapazitatenZugelassene Passagierzahl 751SonstigesRegistrier nummern Registernummer 226690IMO Nr 510993 Inhaltsverzeichnis 1 Das Schiff 2 Die letzte Fahrt 2 1 Das Ungluck 2 2 Die Rettung 3 Untersuchung und Folgen 4 In den Medien 5 Literatur 6 Weblinks 7 FussnotenDas Schiff BearbeitenDie Yarmouth Castle wurde 1927 fur die amerikanische Reederei Eastern Steamship Lines gebaut und auf den Namen Evangeline getauft Sie entstand auf der Werft William Cramp and Sons in Philadelphia Sie hatte ein Schwesterschiff die im Juni 1927 fertiggestellte 111 4 Meter lange Yarmouth 5 043 BRT Die Kabinen auf der Yarmouth waren mit 100 bis 400 und die auf der Evangeline mit 500 bis 800 nummeriert Die Eastern Steamship Lines setzte sie im Liniendienst zwischen Boston New York und Yarmouth Nova Scotia ein nbsp Die Schwesterschiffe Yarmouth und Yarmouth Castle ca 1961Im Zweiten Weltkrieg fuhr die Evangeline ab 1942 als Truppentransporter zwischen San Francisco und dem pazifischen Kriegsschauplatz und diente auch als Lazarettschiff Nach dem Krieg wurde der Dampfer wieder der Reederei ubergeben Nachdem er von der Bethlehem Steel Corporation renoviert und modernisiert worden war unter anderem durch den Einbau einer automatischen Sprinkleranlage nahm er im Mai 1947 den Liniendienst zwischen New York und den Bahamas auf Von 1948 bis 1953 war das Schiff mit einer zweieinhalbmonatigen Unterbrechung 1950 nicht im Dienst Es lag in dieser Zeit an Pier 18 im Hafen von Hoboken vor Anker Die Eastern Steamship Lines hatten keine Verwendung mehr fur die Evangeline und verkauften sie 1955 an die liberianische Reederei Volusia Steamship Company fur die sie unter liberianischer Flagge fuhr In den folgenden Jahren wechselte das Schiff noch mehrmals den Besitzer bis es 1964 inzwischen in Panama registriert an die Chadade Steamship Company verkauft wurde eine amerikanische Reederei die dem Schiffsmagnaten Jules Sokoloff gehorte Das in die Jahre gekommene Schiff wurde neu ausgestattet mit neuen Maschinen versehen und in Yarmouth Castle umbenannt Zunachst fur die Caribbean Cruise Lines und dann nach der Insolvenz dieser Firma im selben Jahr fur die Yarmouth Cruise Lines machte die in Panama registrierte Yarmouth Castle nun Kreuzfahrten auf der 186 Seemeilen langen Strecke Miami Nassau Havanna Die letzte Fahrt BearbeitenDas Ungluck Bearbeiten Am Freitag dem 12 November 1965 gegen 17 00 Uhr legte die Yarmouth Castle in Miami zur Uberfahrt nach den Bahamas ab Das Schiff sollte am nachsten Tag in Nassau eintreffen Auf dieser Fahrt waren insgesamt 552 Personen an Bord 376 Passagiere und 176 Besatzungsmitglieder Das Schiff stand unter dem Kommando des 35 jahrigen griechischen Kapitans Byron Voutsinas In der Nacht zum 13 November befand sich der Dampfer 60 Meilen nordwestlich der Bahamas Viele Passagiere schliefen bereits aber im Ballsaal auf dem A Deck gab es noch Musik und Drinks fur eine grosse Anzahl von Fahrgasten Zwischen Mitternacht und 1 00 Uhr wurde zunachst im Maschinenraum dann auch an anderen Stellen des Schiffs Rauch wahrgenommen Sofort begannen einige Besatzungsmitglieder mit der Suche nach der Ursache Der wachhabende Ingenieur informierte den 2 Offizier auf der Kommandobrucke der seinerseits den Kapitan weckte der sich an der Suche beteiligte Als Quelle wurde ein Feuer in Kabine 610 in der Nahe des vorderen Treppenhauses ausgemacht Loschversuche blieben ohne Erfolg da das Feuer schon weit entwickelt war sich sehr schnell weiter ausbreitete und ausser Kontrolle geriet Wahrend der 1 Offizier und andere Besatzungsmitglieder auf eigene Faust begannen die Passagiere zu wecken und aus den Kabinen zu holen kehrte der Kapitan auf die Kommandobrucke zuruck und gab Anweisung Feueralarm auszulosen und SOS zu senden Dafur war es aber bereits zu spat Der Funkraum stand schon komplett in Flammen als der Bordfunker dort eintraf Das mit Funk ausgestattete Motorrettungsboot und ein tragbares Notfunkgerat im Kartenhaus fielen ebenfalls den Flammen zum Opfer so dass kein Notruf gesendet werden konnte Passagiere und Besatzung wurden auch weder durch den Feueralarm noch durch die Lautsprecheranlage alarmiert vermutlich weil das Feuer bereits den entsprechenden Stromkreis zerstort hatte Die Passagiere wurden durch Schreie und Schritte auf den Gangen aus dem Schlaf gerissen Viele starben im Schlaf durch die massive Raucheinwirkung oder konnten nicht mehr aus ihren Kabinen fliehen bevor das Feuer sie erreichte Die Fenster vieler Aussenkabinen liessen sich nicht offnen Die Feuerloschschlauche hatten zum Teil keinen ausreichenden Wasserdruck da der Swimmingpool an das Feuerloschsystem angeschlossen war und durch ein geoffnetes Ventil Wasser in den Pool lief Da der gesamte mittlere Teil der Yarmouth Castle in Flammen stand flohen Passagiere und Besatzung zum Bug und Heck des Schiffs Um 01 25 Uhr gab der Kapitan den Befehl das Schiff zu verlassen Zu diesem Zeitpunkt stand die Kommandobrucke bereits in Flammen so dass das entsprechende Signal nicht mehr ausgelost werden konnte Kurz darauf brachten der Kapitan der Zahlmeister der Oberbootsmann und einige andere Besatzungsmitglieder ein Rettungsboot zu Wasser und verliessen das Schiff Die Evakuierung des Dampfers verlief katastrophal Ein Teil der Rettungsboote wurde vom Feuer zerstort bevor sie zu Wasser gelassen werden konnten Bei anderen waren die Taljen so dick mit Farbe bedeckt dass sie in den Winschen blockierten und sich die Boote nicht wegfieren liessen Letztendlich konnten nur sechs der vorhandenen 13 Boote zu Wasser gelassen werden In den ausgesetzten Rettungsbooten fehlten zum Teil die Dollen so dass die Boote nicht gerudert werden konnten sondern mit den Riemen gepaddelt werden mussten Zahlreiche Besatzungsmitglieder brachten sich selbst in Sicherheit ohne den Passagieren Hilfe zu leisten Andere schlugen die Fenster der Aussenkabinen ein zogen die Passagiere nach draussen und halfen ihnen die rettenden Strickleitern an der Bordwand zu erreichen oder gaben Passagieren sogar ihre eigenen Schwimmwesten Vielen Passagieren blieb nur der Sprung vom Schiff als Rettung andere mussten sich durch Bullaugen quetschen um aus ihren brennenden Kabinen zu entkommen Deckstuhle Gepackstucke Banke und Matratzen wurden uber Bord geworfen um den Schwimmern im Wasser als Auftriebshilfe zu dienen Einige Passagiere die den Sprung nicht wagten weil sie zu alt oder zu schwach waren oder unter Schock standen mussten ins Wasser geworfen werden um sie vor den Flammen zu retten Die Rettung Bearbeiten Auf dem finnischen Frachter Finnpulp der sich etwa acht Seemeilen voraus befand bemerkte der wachhabende Offizier gegen 01 30 Uhr auf dem Radarschirm dass die Yarmouth Castle erheblich an Fahrt verlor und sah dann achteraus den Flammenschein Er weckte den Kapitan John Lehto der sofort wendete und mit Hochstfahrt auf die brennende Yarmouth Castle zuhielt Nachdem die Finnpulp dreimal vergeblich versucht hatte Funkkontakt mit Nassau aufzunehmen konnte sie gegen 01 54 Uhr die US Kustenwache in Miami erreichen und das brennende Schiff melden Der Passagierdampfer Bahama Star der Eastern Shipping Corporation war etwa zwolf Seemeilen hinter der Yarmouth Castle als Kapitan Carl Brown gegen 02 10 Uhr ein rotes Gluhen am Horizont bemerkte Er beobachtete ein brennendes Schiff und lief mit voller Kraft auf die Unglucksstelle zu Die Finnpulp traf gegen 02 15 Uhr als erste am Unglucksort ein Zu diesem Zeitpunkt war die Kommandobrucke der Yarmouth Castle bereits vollstandig von lodernden Flammen eingehullt Das erste Rettungsboot das langsseits kam war nicht einmal halbvoll und 20 der 24 Insassen gehorten der Besatzung an Unter ihnen war Kapitan Voutsinas der als Entschuldigung vorbrachte er habe auf die Finnpulp ubersetzen wollen um einen Notruf senden zu konnen Der erzurnte Kapitan Lehto nahm die vier Passagiere an Bord und befahl den Ubrigen zuruckzurudern und nach weiteren Uberlebenden zu suchen In den nachsten beiden Booten sassen ausschliesslich Besatzungsmitglieder Die Finnpulp setzte ihre beiden Rettungsboote aus um Uberlebende aufzunehmen Nachdem die Bahama Star ebenfalls den Unglucksort erreicht hatte liess sie ihre 14 Rettungsboote zu Wasser sie nahmen die Menschen auf die von der Yarmouth Castle ins Wasser sprangen oder uber Strickleitern und Taue herunterkletterten Kapitan Brown von der Bahama Star berichtete spater dass von der Yarmouth Castle Gerausche einer schrecklichen Panik heruberdrangen das Splittern eingetretener Kabinenturen zerberstendes Glas und die Schreie vieler Menschen Wahrend der gesamten Rettungsaktion ertonte ein dumpfer Ton weil Dampf durch die Dampfpfeife entwich Vier Flugzeuge der US Kustenwache die die Unfallstelle uberflogen wurden nach Angabe der Piloten noch in 4000 Fuss ca 1200 m Hohe fast vollig von den Rauchschwaden eingehullt Kurz nach 4 Uhr morgens hatten die beiden Rettungsschiffe alle Uberlebenden aufgenommen Der Rumpf der Yarmouth Castle war zu diesem Zeitpunkt rotgluhend und das Wasser um das Schiff herum kochte Durch das Loschwasser geriet das Schiff allmahlich in Backbord Schlagseite bis durch Luken die beim Verlassen des Schiffs offen geblieben waren grosse Mengen an Wasser eindrangen Kurz vor 6 Uhr kenterte es unter dem lauten Getose sich losreissender Dampfkessel und ging um 06 03 Uhr auf 25 55 0 N 78 6 0 W 25 916666666667 78 1 unter Insgesamt wurden 462 Menschen 288 Passagiere und 174 Besatzungsmitglieder gerettet die Finnpulp nahm 51 Passagiere und 41 Besatzungsmitglieder auf die Bahama Star 240 Passagiere und 133 Besatzungsmitglieder 13 Personen mit schweren Brandverletzungen wurden mit Hubschraubern in Nassauer Krankenhauser geflogen Die beiden Schiffe trafen mit den restlichen Uberlebenden am 13 November in Nassau ein Von den 87 Menschen die unmittelbar beim Untergang des Schiffs ums Leben kamen konnten nur wenige gefunden werden Drei der Geretteten erlagen spater ihren Verletzungen so dass die Gesamtzahl der Opfer auf 90 stieg Darunter waren nur zwei Besatzungsmitglieder die jamaikanische Stewardess Phyllis Hall und der kubanische Schiffsarzt Dr Lisardo Diaz Toorens Untersuchung und Folgen BearbeitenDem Ungluck folgte eine Untersuchung der United States Coast Guard die im Marz 1966 ihren 27 seitigen Ergebnisbericht vorlegte Es wurde festgestellt dass das Schiff im Oktober 1965 die vorgeschriebene regelmassige Sicherheitsuberprufung nach den Regeln der International Convention for the Safety of Life at Sea bestanden hatte Das Feuer war in Kabine 610 auf dem Hauptdeck ausgebrochen Dieser Raum war ursprunglich ein Toilettenraum gewesen deshalb war er nicht an die Sprinkleranlage angeschlossen und verfugte uber zwei Luftungsschachte die durch die Toilettenraume in den beiden daruberliegenden Decks direkt nach aussen fuhrten Spater wurde der Raum zur Innenkabine fur eine Schiffsstewardess umgebaut war jedoch wegen seiner ungunstigen Lage nicht mehr in Gebrauch er befand sich zwischen zwei Abzugsschachten und direkt uber dem Kesselraum so dass es darin oft zu warm war Stattdessen wurde er als Abstellraum fur Matratzen schadhafte Mobelstucke Holzabfalle und Ahnliches genutzt Beleuchtet wurde er durch eine nackte Gluhbirne die an einem provisorischen Stromkabel aufgehangt war Was das Feuer ausloste liess sich nicht mehr mit Sicherheit feststellen als mogliche Ursachen wurden unter anderem eine Fehlfunktion der behelfsmassigen Elektroinstallation oder die Lagerung einer Matratze in zu grosser Nahe der heissen Gluhbirne genannt Die schnelle Ausbreitung des Feuers wurde durch die fehlende Sprinkleranlage und die offenen Luftungsschachte in Raum 610 begunstigt seine katastrophalen Auswirkungen waren aber vor allem dadurch begrundet dass der gesamte Innenausbau des Schiffs einschliesslich der Treppenhauser sowie Teile der Aufbauten und Decks oberhalb des Hauptdecks aus Holz bestanden das mit brennbarer Farbe gestrichen war und daher nicht feuerbestandig waren Im vorderen Treppenhaus entstand ein Kamineffekt der zur Folge hatte dass die Gange und Kabinen des Promenaden und Bootsdecks mit dichtem Rauch erfullt wurden was eine Flucht uber die Korridore verhinderte Auf diesen oberen Decks waren die meisten Opfer zu beklagen Die Untersuchung deckte noch weitere Mangel auf Wahrend des Brandes wurde es versaumt die feuerfesten Turen zu schliessen die Sprinkleranlage war nicht ausreichend dimensioniert und das Schiff verfugte nicht uber die drei vorgeschriebenen Rettungsinseln Der Untersuchungsausschuss lobte die vorbildlichen Rettungsbemuhungen der zu Hilfe geeilten Schiffe und ubte scharfe Kritik am Verhalten des Kapitans und weiterer Besatzungsmitglieder denen generelles Versagen Vernachlassigung der Dienstpflichten und Verantwortungslosigkeit vorgeworfen wurden da sie gleich zu Beginn des Brandes geflohen und nicht an Bord geblieben waren um den Passagieren zu helfen Die Evangeline hatte bereits bei ihrer Wiederindienststellung 1947 nicht mehr den geltenden Sicherheitsvorschriften bezuglich feuerhemmender Materialien genugt Da ein entsprechender Umbau aber zu einer erheblichen Gewichtszunahme und Verlust an Nettotonnage gefuhrt hatte erhielt sie eine Ausnahmegenehmigung unter der Bedingung dass die Haupttreppenhauser feuerfest ausgekleidet und mit feuerhemmenden Stahlturen versehen wurden und eine Sprinkleranlage eingebaut wurde Diese Bedingungen wurden erfullt Das Ungluck fuhrte zu einer Uberarbeitung der International Convention for the Safety of Life at Sea SOLAS einer Ubereinkunft der Vereinten Nationen zur Sicherheit auf See betreffend Sicherheitsvorschriften Feueralarmubungen Evakuierungsplane Technische Uberprufungen und verscharfte Anforderungen an die Schiffsstruktur Schiffe mit mehr als 50 Kabinenplatzen mussten in Zukunft komplett aus Stahl oder anderen nichtbrennbaren Materialien konstruiert werden In den Medien BearbeitenDer kanadische Singer Songwriter Gordon Lightfoot veroffentlichte auf seinem 1969 erschienenen Album Sunday Concert das Lied Ballad Of Yarmouth Castle das den Untergang des Schiffs zum Thema hat 1 Die Tragodie wurde ausserdem in den 1990er Jahren Gegenstand einer Episode der amerikanischen TV Dokumentationsserie Shipwreck Die Folge trug den Titel Floating Inferno The Yarmouth Castle Regie Christopher Dedrick Literatur BearbeitenBrown Alexander Crosby The Yarmouth Castle Inferno 1976 Watson Milton H Disasters at Sea Patrick Stephens 1995 Field Greg Great Ship Disasters MBI 2003Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Yarmouth ship 1927 Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Untersuchungsbericht der US Coast Guard uber den Untergang der Yarmouth Castle PDF 24 Februar 1966 abgerufen am 13 November 2015 englisch Photos des Schiffs von einer Kreuzfahrt im Jahre 1961 Abgerufen am 13 November 2015 Fussnoten Bearbeiten Ballad of the Yarmouth Castle auf YouTube Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Yarmouth Castle Schiff amp oldid 223415522