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Wolfgang Adolf Max Georg Freiherr von Czettritz und Neuhauss 24 Juni 1897 in Lubeck 27 Februar 1943 im KZ Buchenwald war ein deutscher Offizier paramilitarischer Aktivist und Opfer des NS Regimes Er war bis 1934 Mitglied bis hin zur Fuhrungskraft in der SA und wurde anschliessend wegen des Vorwurfs der Homosexualitat durch den NS Staat verfolgt Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Tatigkeit 1 1 Fruhe Jahre 1 2 Erste Betatigung in der SA 1929 1 3 Zweite Betatigung in der SA 1932 bis 1934 1 4 Verfolgung im NS Staat 2 Ehe und Familie 3 Archivische Uberlieferungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 Einzelnachweise 7 AnmerkungenLeben und Tatigkeit BearbeitenFruhe Jahre Bearbeiten Czettritz gehorte zu einer aus Schlesien stammenden Adelsfamilie Sein Vater Bolko 1849 1901 war ein Berufsoffizier der es bis zum Oberstleutnant gebracht hatte und in Baden Baden verstorben war Seine Mutter hiess Gertrud Messner 1869 1948 und stammte aus Berlin lebte zuletzt in Potsdam Nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs meldete Czettritz sich als Kriegsfreiwilliger zur preussischen Armee Noch im selben Jahr erlitt er als Fahnrich bei einem Ulanen Regiment einen Lungendurchschuss 1 Im Jahr 1917 erlitt er eine weitere Verletzung 2 Bei Kriegsende schied er als Oberleutnant aus der Armee aus Nach dem Krieg gehorte Czettritz einem Freikorps an Spater betatigte er sich im sogenannten Teja Bund Teja Bund Lubeck einer rechtsextremen Vereinigung in Norddeutschland Zeitweise fungierte er sogar als Fuhrer der Organisation in Lubeck Wahrend dieser Zeit sind erstmals Vorwurfe gegen Czettritz greifbar dass er homosexuell veranlagt sei namentlich dass er sich Mitgliedern des Teja Bundes in entsprechender Weise genahert habe Aufgrund entsprechender Geruchte gab er die Fuhrung des Bundes an einen Mann namens Eggerding ab Politisch war Czettritz Mitte der 1920er Jahre in der Deutschvolkischen Freiheitspartei organisiert Erste Betatigung in der SA 1929 Bearbeiten Am 13 Marz 1929 trat Czettritz in die NSDAP ein in die er mit Aufnahmetag vom 1 April 1929 aufgenommen wurde Mitgliedsnummer 124 046 3 Vor allem wurde er zu dieser Zeit auch Mitglied im Strassenkampfverband der NSDAP der Sturmabteilung SA Vom Sommer 1929 bis November Dezember 1929 fuhrte Czettritz als Gausaf die SA in Lubeck Aufgrund der zu dieser Zeit der Parteileitung der NSDAP in Mecklenburg bekannt werdenden Vorwurfe dass Czetrittz homosexuell veranlagt sei entbrannte in den letzten Monaten des Jahres 1929 ein Streit um seine Person zwischen der Gauleitung von Mecklenburg und einigen ihr unterstehenden Gliederungen insbesondere der Ortsgruppe Schwerin einerseits und der SA Fuhrung fur Ostdeutschland andererseits Wahrend die Gauleitung Czettritzs Parteiausschluss betrieb stellte das SA Kommando fur Ostdeutschland sich schutzend vor ihn Am 28 November 1929 sprach die Gauleitung den Ausschluss von Czettritz aus der NSDAP aufgrund des 4c der Parteisatzung aus Sie berief sich dabei auf den Vorwurf eines Parteimitgliedes dass Czettritz ihn wahrend der gemeinsamen Zugehorigkeit zum Teja Bund 1924 unsittlich homosexuell beruhrt habe sowie auf den Umstand dass Czettritz es unterlassen hatte seinen Nachfolger als Fuhrer des Teja Bundes in Lubeck der ihn der Homosexualitat bezichtigt hatte zum Duell zu fordern oder wenigstens gerichtlich anzuzeigen Alten militarischen Ehrvorstellungen folgend argumentierte der Gauleiter Friedrich Hildebrandt dass eine Person die nicht den Mut aufbringe ihre eigene Ehre zu verteidigen als SA Fuhrer nicht zu gebrauchen sei Die Entfernung Czettritz aus der Partei hielt Hildebrandt fur geboten da er annahm dass es der Partei schwer schaden konnte wenn Czettritzs Homosexualitat politischen Gegnern bekannt werden und von diesen fur propagandistische Angriffe auf die NSDAP in der Presse genutzt werden wurde Der SA Kommandeur von Ostdeutschland Walther Stennes und insbesondere Stennes Adjutant Walter Jahn versuchten Czettritz demgegenuber vor den Massnahmen der Parteileitung zu schutzen Jahn beharrte darauf dass die Vorwurfe gegen Czettritz nicht geklart seien und dass er bis zu ihrer Klarung weiterhin Fuhrer der Standarte bliebe Der Gauleiter Hildebrandt erklarte demgegenuber dass Czettritzs Ausschluss zu recht bestande Wahrend Parteifunktionare in Mecklenburg die Zusammenarbeit mit Czettritz daher ablehnten reiste Jahn in die Stadt und erklarte bei SA Versammlungen dass ein Mitglied des Gau USchla seine Unterschrift zum Ausschluss Czettritz zuruckgenommen habe und dieser somit nicht wirksam sei Zu den uber Czettritz umlaufenden Geruchten erklarte er dass an diesen nichts dran sei Ausserdem ging er den auch losgelost von dieser speziellen Einzelangelegenheit damals bestehenden allgemein grundsatzlichen Gegensatz zwischen Parteifuhrung und SA Fuhrung scharf voran treibend auf Konfrontationskurs mit der Gauleitung indem er SA Mitgliedern in Lubeck verbot weiterhin an Sektionsversammlungen der Parteiorganisation teilzunehmen und ihnen Ausschluss aus der SA androhte wenn sie dieser Weisung zuwiderhandeln sollten Jahns Chef Stennes bestatigte durch ein Telegramm dass Czettritz Fuhrer der Standarte bleibe Spater stellte die SA Fuhrung sich auf den Standpunkt dass Czettritz aufgrund seines SA Ranges als NSDAP Mitglied zur Sektion Reichsleitung der NSDAP und nicht zum Gau Mecklenburg gehore und dass die Gauleitung oder der Untersuchungs und Schlichtungsausschuss des Gaues daher nicht befugt seien Czettritz da dieser als Parteimitglied nicht unter ihre Zustandigkeit falle aus der Partei auszuschliessen Das Oberste Parteigericht der NSDAP schloss sich dieser Auffassung an Spatestens zur Jahreswende 1929 1930 hatte Czettritz die Fuhrung der SA in Lubeck jedoch effektiv abgegeben Er reichte auch eine Klage gegen den ihn am starksten belastenden Zeugen einen Mann namens Wengler ein wobei den erhaltenen Unterlagen nicht zu entnehmen ist wie der Fall weiter verlief Zweite Betatigung in der SA 1932 bis 1934 Bearbeiten Zu Beginn der 1930er Jahre ist Czettritz als Inhaber der Papiergrosshandlung Sellschopp amp Co in der Alsheide 2 in Lubeck nachweisbar Von 1932 bis 1934 war Czettritz abermals in der SA tatig Wie es ihm gelang erneut in dieser tatig werden zu konnen ist ungeklart Eine Beschwerde der Gauleitung Mecklenburg Lubeck an die Gauleitung Schlesien der NSDAP vom August 1932 dass ihr zu Ohren gekommen sei dass die SA Untergruppe Niederschlesien in Liegnitz Czettritz in einer Art Generalstabsstellung bei sich anzustellen beabsichtige legt aber nahe dass der Fuhrer der SA Untergruppe Niederschlesien Hans Karl Koch ihn begunstigte In einer eidesstattlichen Erklarung aus dem Jahr 1955 behauptete der SA Mann und politische Vagabund Martin Lennings dass Czettritz und er im Februar 1933 an einer Geheimsitzung im Trompeterschlosschen in Dresden teilgenommen hatten wahrend der angebliche SA Angehorige zur Unterstutzung der Inbrandsetzung des Reichstagsgebaudes in Berlin von der Lennings behauptete dass die SA sie geplant und durchgefuhrt habe rekrutiert wurden Er und Czettritz hatten sich so Lennings hieraufhin fur das Unternehmen zur Verfugung gestellt 4 Als Angehorige eines z b V Kommandos hatten Czettritz er und ein dritter Mann es dann unternommen am Abend des 27 Februar 1933 den spater im Reichstag als Brandstifter verhafteten Niederlander Marinus van der Lubbe mit einem Kraftwagen von einem SA Quartier zum Reichstagsgebaude zu fahren und ihn durch einen Nebeneingang ins Gebaude zu bringen und einem dort wartenden Mann zu ubergeben 5 Seine SA Akte verzeichnet dass er 1933 in eine Vertrauensstellung bei dem SA Brigadefuhrer Hans Karl Koch kam und als Agent verwandt wurde 1934 war Czettritz im SA Hilfswerklager Koblenz Lutzel tatig wo er Dienst als Kompagniefuhrer tat bevor er wegen homosexueller Betatigung seines Postens enthoben wurde Am 16 Juni 1934 verfugte der Fuhrer der SA Gruppe Westmark Czettritzs alter Vorgesetzter Hans Karl Koch der zum 1 Mai 1934 von Schlesien in diese Stellung versetzt worden war den Ausschluss von Czettritz aus der SA unter Zuruckversetzung vom Rang eines SA Sturmfuhrers zum SA Mann wegen unkameradschaftlichen Verhaltens Verfolgung im NS Staat Bearbeiten Im November 1934 ging Czettritz uber die osterreichische Grenze Ende November 1934 wurde er vom Landgericht in Wien wegen des Verdachtes nationalsozialistischer Betatigung in Verwahrungshaft genommen Im Verordnungsblatt der Obersten SA Fuhrung Nr 43 vom 26 November 1934 wurde er zur Fahndung ausgeschrieben Ab Marz 1935 ermittelte die Geheime Staatspolizei gegen Czettritz aufgrund des Verdachtes dass er sich mit jungeren Mannern insbesondere Strichjungen gleichgeschlechtlich betatigt habe Im nachfolgenden Prozess vor der Grossen Strafkammer des Landgerichts Lubeck wurde er am 5 November 1935 wegen widernaturlicher Unzucht in drei Fallen zu einer Gesamtstrafe von 2 Jahren Gefangnis verurteilt Eine andere Quelle spricht von einer Strafe von einem Jahr und sieben Monaten Die Berufung gegen das Urteil wurde zuruckgewiesen Im Juni 1937 wurde Czettritz aus der Haft entlassen Er zog sich zu dieser Zeit stark zuruck Im August 1938 wurde er aufgrund einer Anordnung der Polizei in Wien am 23 August 1938 wegen Besitzes militarischer Aufzeichnungen in Schutzhaft genommen Am 25 September 1938 wurde er ins KZ Dachau eingeliefert Nach einer vorubergehender Wiederubergabe an die Polizei wurde er am 10 November 1938 erneut ins KZ Buchenwald uberfuhrt 6 In einer Veranderungsmeldung des Lagers vom 29 November 1938 wurde er unter den Abgangen verzeichnet 7 Im Juli 1941 wurde Czettritz in Meiningen abermals verhaftet Aus einem Transportbuch des Polizeigefangnisses Hamm geht hervor dass er zu dieser Zeit von Papenburg im Emsland ins KZ Buchenwald gebracht wird Seine erneute Einlieferung in Buchenwald ist unterm 14 Januar 1943 verzeichnet Haftlingsnummer 4170 Czettritz starb am 27 Februar 1943 in Buchenwald Seine offizielle Todesursache wurde Angina pectoris angegeben Seine Haftlingsunterlagen verzeichnen dass er zuvor zweimal versucht hatte sich durch Erhangen einmal im Block und einmal in seiner Arbeitsstelle und einmal durch Aufschneiden der Pulsadern zu toten Weiter wurde berichtet dass er seine Besitzgegenstande an andere Haftlinge verschenkte und erklarte an einer unheilbaren Krankheit zu leiden von der er sich durch Tod befreien wolle Am 15 Oktober 2020 wurde vor dem Haus Parkstrasse 3 in Lubeck ein Stolperstein zur Erinnerung an Czettritz verlegt Ehe und Familie BearbeitenEnde Oktober 1939 heiratete Czettritz in Berlin Ursula Anmerkung 1 Archivische Uberlieferungen BearbeitenIm Bundesarchiv Berlin haben sich im Bestand des ehemaligen Berlin Document Center eine SA Akte R 9361 III 566415 und eine Akte des Obersten Parteigerichts R 9361 I 8816 zu Czettritz erhalten Literatur BearbeitenHans Friedrich von Ehrenkrook Friedrich Wilhelm Euler Jurgen von Flotow Genealogisches Handbuch der Freiherrlichen Hauser A Uradel vor 1400 nobilitiert Band III Band 21 der Gesamtreihe GHdA Hrsg Deutsche Adelsverbande in Gemeinschaft mit dem Deutschen Adelsarchiv C A Starke Limburg an der Lahn 1959 S 90 91 ISSN 0435 2408 Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Hauser A 1942 Jg 92 Zugleich Adelsmatrikel der Deutschen Adelsgenossenschaft Justus Perthes Gotha 1941 S 69 70 Weblinks BearbeitenBiographie zu Czettritz auf der Seite Erinnern Lubeck Arolsen Archives Digitalisierte Haftlingsunterlagen zu Czettritz in der Sammlung des Archives die Unterlagen mussen in der Suchmaske ermittelt werden Einzelnachweise Bearbeiten Verlustlisten Erster Weltkrieg Preussische Verlustliste Nr 91 vom 2 Dezember 1914 Verlustliste Erster Weltkrieg Preussische Verlustliste Nr 815 vom 23 April 1917 Bundesarchiv R 9361 VIII KARTEI 5431255 Rainer Orth Martin Lennings und das Ratsel des Reichstagsbrandes Kohlhammer Stuttgart 2021 S 33 Anmerkung 41 Reiner Orth Martin Lennings und das Ratsel des Reichstagsbrandes Kohlhammer Stuttgart 2021 S 33 ISBN 978 3 17 040940 8 Online Archiv Arolsen Anlage III zur Veranderungsmeldung vom 10 November 1938 Die nachfolgenden Polizeihaftlinge wurden heute ins Schutzhaftlager uberfuhrt und erhielten neue Nummern KL Buchenwald am 10 November 1938 Online Archiv Arolsen Veranderungsmeldung des K L Buchenwald vom 29 November 1938 zur Starke am 28 November 1938 abends Anmerkungen Bearbeiten Ist weder im Gotha 1942 noch im GHdA 1959 nachgewiesen PersonendatenNAME Czettritz Wolfgang vonALTERNATIVNAMEN Czettritz und Neuhauss Wolfgang Adolf Max Georg Freoherr von vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Offizier paramilitarischer Aktivist und Opfer des NS RegimesGEBURTSDATUM 24 Juni 1897GEBURTSORT LubeckSTERBEDATUM 27 Februar 1943STERBEORT KZ Buchenwald Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wolfgang von Czettritz amp oldid 238614957