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Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar Bitte hilf uns dabei die Situation in anderen Staaten zu schildern Unter Wahlrechtsausschluss versteht man den Ausschluss bestimmter Personen vom aktiven und passiven Wahlrecht obwohl diese an sich vom Alter der Staatsangehorigkeit oder dem Wohnsitz her gesehen wahlberechtigt waren Inhaltsverzeichnis 1 Wahlrechtsausschlusse in Deutschland 2 Ausschluss durch Richterspruch 3 Ausschlussgrund Betreuung in allen Angelegenheiten 3 1 Historische Entwicklung bis 2001 3 2 Rechtsprechung zur Betreuungsanordnung 4 Ausschlussgrund strafrechtliche Unterbringung 5 Verfassungswidrigkeit des pauschalen Wahlrechtsausschlusses 6 Rechtsgrundlagen fur Ausschlusse vom aktiven Wahlrecht 6 1 Volkerrecht 6 2 Deutsches Recht 6 2 1 Bundesrecht 6 2 2 Landesrecht 6 2 3 Kommunalrecht 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseWahlrechtsausschlusse in Deutschland BearbeitenVom deutschen Wahlrecht ist ausgeschlossen wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzt Bis 2019 enthielten die Wahlgesetze des Bundes die meisten Landtags und Kommunalwahlgesetze diese beiden weiteren Ausschlussgrunde Ausgeschlossen war derjenige fur den zur Besorgung aller seiner Angelegenheiten ein Betreuer nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt war dies galt auch wenn der Aufgabenkreis des Betreuers die in 1896 Abs 4 a F und 1905 a F BGB bezeichneten Angelegenheiten Postkontrolle sowie Sterilisation nicht erfasste Ausgeschlossen war auch wer sich auf Grund einer Anordnung nach 63 i V m 20 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus befand Nach der Rechtsprechung des BVerfG verstiess der Ausschluss der in allen Angelegenheiten betreuten Personen und der im psychiatrischen Krankenhaus untergebrachten schuldunfahigen Personen gegen den Gleichheitssatz Der Gesetzgeber ging allerdings bei der Verabschiedung des Zustimmungsgesetzes zur UN Behindertenrechtskonvention Ende 2008 davon aus dass sie den Wahlrechtsausschlussen nicht entgegensteht 1 Gegen Wahlrechtsausschlusse wegen Behinderungen spricht sich eine Resolution des Europarats vom 22 Februar 2017 aus 72 Delinking the right to vote and legal capacity or full guardianship is a central element of the political participation of persons with disabilities 2 Ausschluss durch Richterspruch BearbeitenDer Ausschluss durch Richterspruch kann auf Lebenszeit nur durch das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Verwirkung von Grundrechten nach Art 18 S 2 Grundgesetz i V m 39 Abs 2 BVerfGG angeordnet werden Dies ist in der bundesdeutschen Geschichte bisher noch nie erfolgt Nach 45 Abs 1 StGB verliert zwar wer durch Strafurteil wegen eines Verbrechens zu Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird fur die Dauer von funf Jahren die Fahigkeit Rechte aus offentlichen Wahlen zu erlangen also die Wahlbarkeit nicht aber das aktive Wahlrecht Bei bestimmten anderen politischen Straftaten z B Hoch oder Landesverrat Wahlfalschung Wahlernotigung Wahlerbestechung kann ausserdem das aktive Wahlrecht fur zwei bis funf Jahre entzogen werden vgl 45 Abs 2 und 5 92a 101 108c 109i StGB Dies geschieht nur selten im Schnitt in 1 4 Fallen pro Jahr 3 Eine weitergehende Aberkennung burgerlicher Ehrenrechte ist seit der Grossen Strafrechtsreform von 1969 nicht mehr vorgesehen In der Praxis ist in den meisten Justizvollzugsanstalten zudem ausschliesslich die vorher zu beantragende Briefwahl moglich das fuhrt nach Ansicht eines Strafverteidigers zu einem Verlust des Rechtes auf eine geheime Wahl weil die Tatsache der Stimmabgabe als solche bekannt werde 4 Ausschlussgrund Betreuung in allen Angelegenheiten BearbeitenDer Ausschlussgrund Betreuerbestellung betraf nur Personen bei denen eine endgultige jedoch keine vorlaufige Betreuung mit dem Aufgabenkreis alle Angelegenheiten angeordnet war Nicht angeordnet sein mussten die Post und Telefonkontrolle nach 1896 Abs 4 a F sowie der Aufgabenkreis Sterilisation nach 1905 a F BGB Historische Entwicklung bis 2001 Bearbeiten Vor dem Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes am 1 Januar 1992 hatten Personen die unter Vormundschaft oder Gebrechlichkeitspflegschaft standen kein Wahlrecht Vorschlagen den Wahlrechtsausschluss aufzuheben folgte der Gesetzgeber nicht sondern beschrankte ihn nunmehr auf Personen denen ein Betreuer zur Besorgung aller Angelegenheiten nicht nur durch einstweilige Anordnung bestellt ist Die Gesetzesbegrundung fuhrte dazu u a aus Der 2 Diskussions Teilentwurf hatte deshalb eine ersatzlose Streichung des 13 Nr 2 vorgeschlagen Dies wurde jedoch der Bedeutung der Vorschrift fur die Funktion des Wahlrechts im demokratischen Regierungssystem vgl BVerfGE 67 146 148 36 139 141 nicht gerecht Aus verfassungsrechtlichen Grunden ist es geboten an die Stelle der bisherigen Anknupfung die wegen des Wegfalls der Entmundigung und der Gebrechlichkeitspflegschaft gegenstandslos wird eine andere Anknupfung zu finden 5 Die Ubergangsbestimmungen Art 9 7 BtG fur die sog Altfalle also fur Menschen die am 31 Dezember 1991 unter Vormundschaft Pflegschaft standen und damit am 1 Januar 1992 automatisch in Betreuungen ubergingen sahen allerdings vor dass automatisch lediglich das Wahlverbot fur die zuvor unter Gebrechlichkeitspflegschaft Stehenden aus dem Wahlregister gestrichen werde etwa 180 000 Personen nicht das der bisher unter Vormundschaft gestellten etwa 65 000 Personen Bei den Letztgenannten fur die aufgrund der Ubergangsbestimmungen eine Betreuung fur alle Angelegenheiten eingerichtet wurde sollte erst im Rahmen der Uberprufungsfrist fur die Altfalle unter Umstanden der Umfang der Betreuung eingeschrankt und damit das Wahlverbot aus dem Wahlerregister gestrichen werden Die Uberprufungsfrist betrug funf Jahre also bis zum 31 Dezember 1996 fur Menschen die langer als zehn Jahren unter Vormundschaft standen also die Vormundschaft vor dem 1 Januar 1982 angeordnet worden war und zehn Jahre also bis zum 31 Dezember 2001 fur Menschen die weniger als zehn Jahre unter Vormundschaft standen also die Vormundschaft nach dem 1 Januar 1982 angeordnet worden war Rechtsprechung zur Betreuungsanordnung Bearbeiten Voraussetzungen fur die Anordnung einer Totalbetreuung waren 6 Keine Erweiterung des Aufgabenkreises des Betreuers auf die Besorgung aller Angelegenheiten des Betroffenen wenn dieser in der Lage ist einen Teilbereich seines Lebens zu bewaltigen Erfahrt der Betroffene die notwendige nicht mit Freiheitsentziehung verbundene Fuhrung durch das Heimpersonal liegt darin eine andere Hilfe i S v 1896 Abs 2 Satz 2 a F BGB die eine Betreuung insoweit erubrigt Es war unzulassig bei Betreuungsbedurftigen die aufgrund ihrer Krankheit oder Behinderung ihr Wahlrecht nicht ausuben konnten der Gefahr von Wahlmanipulationen durch die Anordnung einer Totalbetreuung zu begegnen ohne dass eine solche Massnahme nach den allgemeinen Grundsatzen erforderlich war Weitere RechtsprechungBayObLG vom 27 April 1995 3 Z BR 25 95 FamRZ 1995 1085 BayObLG vom 22 Oktober 1996 3 Z BR 178 96 BtPrax 1997 72 LG Zweibrucken vom 20 Juli 1999 4 T 167 99 BtPrax 1999 244 VerwG Neustadt vom 10 Juni 1999 3 L 1535 99 NW FamRZ 2000 1049Ausschlussgrund strafrechtliche Unterbringung BearbeitenDer dritte Ausschlussgrund betraf strafrechtliche forensische Unterbringungen also Personen im sogenannten Massregelvollzug die aufgrund ihrer fehlenden strafrechtlichen Verantwortlichkeit Schuldunfahigkeit gem 20 StGB fur begangene Straftaten nicht bestraft werden konnten und die gemass 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht waren Nicht betroffen waren Personen die gemass 64 StGB in einer Entziehungsanstalt untergebracht sind Ebenfalls nicht betroffen waren Personen die im Wege einstweiliger Anordnung 126a StPO vorubergehend untergebracht waren Sonstige freiheitsentziehende Unterbringungen sog zivilrechtliche nach 1906 a F BGB oder offentlich rechtliche nach den Psychisch Kranken Gesetzen der Bundeslander fuhrten in keinem Falle zu einem Ausschluss vom aktiven Wahlrecht in Schleswig Holstein ist jedoch die Wahlbarkeit ausgeschlossen fur die aufgrund des Landes Gesetzes fur psychisch Kranke nicht nur einstweilig Untergebrachten Verfassungswidrigkeit des pauschalen Wahlrechtsausschlusses BearbeitenAm 21 Februar 2019 veroffentlichte das Bundesverfassungsgericht einen Beschluss vom 29 Januar 2019 durch den die Regelungen zum Wahlrechtsausschluss fur Behinderte im Bundeswahlgesetz fur verfassungswidrig erklart wurden Menschen die auf gerichtlich bestellte Betreuung angewiesen sind durfen nicht pauschal von Wahlen ausgeschlossen werden Dies gelte nach dem Beschluss auch fur Straftater die wegen Schuldunfahigkeit in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht sind Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts monierte einen Verstoss gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl nach Artikel 38 des Grundgesetzes und gegen das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung nach Artikel 3 des Grundgesetzes 7 Der Bundestag beschloss daraufhin eine Anderung des Bundeswahlgesetzes einige Bundeslander setzten entsprechende Regelungen ihrer Wahlgesetze ausser Kraft In Hinblick auf die Europawahl 2019 im Mai des Jahres erhoben die Bundestagsabgeordneten von Grunen Linken und FDP gegen das Europawahlgesetz das unverandert geblieben war in einem Eilverfahren Klage vor dem Bundesverfassungsgericht Dieses gab am 15 April dem Ansinnen statt und gestand somit den betroffenen rund 83 000 Personen ein Recht zur Teilnahme an der Wahl zu 8 9 Der Bundestag hat am 16 Mai 2019 die Wahlrechtsausschlusse fur Betreute und forensisch Untergebrachte aus dem Bundes und dem Europawahlgesetz gestrichen Bis Ende 2020 hatten auch alle Bundeslander die beiden Wahlausschlusse aus ihren Landes und Kommunalwahlgesetzen entfernt Rechtsgrundlagen fur Ausschlusse vom aktiven Wahlrecht BearbeitenVolkerrecht Bearbeiten Art 29 Ubereinkommen uber die Rechte von Menschen mit BehinderungenDeutsches Recht Bearbeiten Bundesrecht Bearbeiten Art 3 Abs 3 Grundgesetz 13 Bundeswahlgesetz 6a EuropawahlgesetzLandesrecht Bearbeiten 7 Abs 2 Landeswahlgesetz Baden Wurttemberg Art 2 Landeswahlgesetz Bayern 2 Landeswahlgesetz Berlin 7 Landeswahlgesetz Brandenburg 2 Bremisches Wahlgesetz 7 Wahlgesetz fur die Hamburger Burgerschaft 3 Landtagswahlgesetz Hessen 5 Landeswahlgesetz Mecklenburg Vorpommern 3 Niedersachs Landeswahlgesetz 3 Landeswahlgesetz Rheinland Pfalz 9 Landeswahlgesetz Saarland 12 Sachsisches Landeswahlgesetz 3 Landeswahlgesetz Sachsen Anhalt 14 Thuringer LandeswahlgesetzKommunalrecht Bearbeiten 14 Gemeindeordnung Baden Wurttemberg Art 2 Gemeinde und Landkreiswahlgesetz Bayern 9 Kommunalwahlgesetz Brandenburg 31 Hessische Gemeindeordnung 8 Kommunalwahlgesetz Mecklenburg Vorpommern 48 Abs 2 Niedersachsisches Kommunalverfassungsgesetz 2 Kommunalwahlgesetz Rheinland Pfalz 14 Kommunalwahlgesetz Saarland 16 Abs 2 Sachsische Gemeindeordnung 23 Abs 2 Kommunalverfassungsgesetz Sachsen Anhalt 2 Thuringer Kommunalwahlgesetz soweit mit gekennzeichnet ist der Ausschlussgrund der Unterbringung nach 63 StGB nicht genannt Literatur BearbeitenUlrich Hellmann Anmerkung zum Beschluss des LG Zweibrucken vom 29 Juli 1999 BtPrax 1999 229 Thomas Passmann Wahlrecht und Betreuungsbedurftigkeit BtPrax 1998 6 Dieter Schwab Probleme des materiellen Betreuungsrechts FamRZ 1992 493 Walter Zimmermann Das Wahlrecht des Betreuten FamRZ 1996 79Weblinks BearbeitenKrisztina Karsai Das Wahlrecht der Strafgefangenen rechtsvergleichende und europaische Uberlegungen in Thomas Gorgen et al Hrsg Interdisziplinare Kriminologie Festschrift fur Arthur Kreuzer zum 70 Geburtstag 2008 S 316 332 Info des Landesbetreuungsamtes Westfalen zum Wahlrecht Betreuter April 2009 PDF 180 kB Weitere Infos zum Thema von www wahlrecht de Gemeinsames Positionspapier der Wohlfahrts und Behindertenverbande zur Reform des Wahlrechtes Sept 2012 PDF Studie zum aktiven und passiven Wahlrecht von Menschen mit Behinderung Forschungsbericht 470 des Bundesministeriums fur Arbeit und Soziales Juli 2016Einzelnachweise Bearbeiten Denkschrift zu dem Ubereinkommen Bundestagsdrucksache 16 10808 S 45 63 f PDF 1 2 MB Parlamentarische Versammlung des Europarats The political rights of persons with disabilities a democratic issue Dokument 14268 Heribert Prantl Wahlburger hinter Gittern sueddeutsche de 16 August 2012 Thomas Breining Bundestagswahl im Gefangnis Nur Freiganger durfen ins Wahllokal In Stuttgarter Zeitung 3 September 2013 abgerufen am 19 Januar 2017 Bundestagsdrucksache 11 4528 S 188 f BayObLG Beschluss vom 12 Marz 1997 3 Z BR 47 97 FamRZ 1998 452 NJW RR 1997 967 BayObLGR 1997 45 Ls BtE 1997 95 Ls NJW 1997 2662 Ls NJWE FER 1997 228 Ls Betreute Menschen durfen nicht von Wahlen ausgeschlossen werden Spiegel Online 21 Februar 2019 Menschen mit Betreuung durfen an Europawahl teilnehmen Spiegel Online 15 April 2019 abgerufen am selben Tage Dietmar Hipp Wahlrecht fur betreute Menschen was die Entscheidung von Karlsruhe bedeutet Spiegel Online 15 April 2019 abgerufen am selben Tage Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Wahlrechtsausschluss amp oldid 231909451