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Das Vogtshaus alemannisch Vogtshus in Steinen ist ein Bruch und Sandsteinbau mit Treppenturmchen und Staffelgiebel dessen alteste Teile 1553 errichtet wurden 1593 94 erfolgte ein grosserer Umbau Da Bauherr der seinerzeitige Dorfvogt Bastian Jakob Haller war gilt es als altestes bekanntes Rathaus in Steinen 1 Es ist uberdies das alteste noch erhaltene Haus im Ortskern von Steinen und ein seltenes 2 Denkmal burgerlicher Wohnkultur im Markgraflerland vor dem 30 jahrigen Krieg 3 Heute dient es verschiedenen Zwecken Vogtshaus in Steinen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Baubeschreibung 2 1 Wandbemalung 3 Ungewisser Fortbestand 4 Heutige Nutzung 4 1 Allgemein 4 2 Ausstellungen 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenAls Bauherr des alteren Hauses von 1553 kommt Bastian Haller in Frage der 1571 als Dorfvogt an der Aufstellung eines Berains fur Steinen beteiligt und bis zu seinem Tod 1597 im Amt war 4 Als Bauherr der Umgestaltung 1593 94 wird der Dorfvogt von Steinen Jakob Haller angenommen dessen Wappen in der Spindeltreppe zu finden ist Das Steinemer Geschlecht der Haller ist bereits vor 1585 und uber 9 Generationen nachweisbar 5 Jakob Haller wurde Nachfolger seines Vaters Bastian als Vogt Er war dreimal verheiratet und starb 1610 Das Geschlecht besetzte mehrfach offentliche Amter in der Gemeinde Vogt Stabhalter Stellvertreter des Vogts Richter etc 6 Als Vogtshaus wurde auf den Dorfern des Markgraflerlandes oft das Wohnhaus des Vogtes bezeichnet es handelte sich nicht um ein von der Landesherrschaft errichtetes Amtsgebaude Das Amt des Vogtes blieb oft uber Generationen in der Hand einer Familie aber es war nicht erblich sondern der Vogt wurde durch die Ortsbevolkerung Manner mit Burgerrecht in der Gemeinde gewahlt und von der Landesherrschaft bestatigt 7 So gab es uber die Zeit in jedem Dorf verschiedene Vogtshauser und es blieb dem Zufall uberlassen fur welches Haus die Bezeichnung uber die Geschichte erhalten blieb oder wie im Fall Steinen wiederbelebt wurde Erst im Zusammenhang mit der Diskussion uber die Erhaltung des Hauses in den 1980er Jahren wurde das vorher abfallig als Ritterburg bezeichnete Gebaude wieder Vogtshaus genannt Baubeschreibung Bearbeiten nbsp Wappen des Vogtes Jakob Haller und seiner Ehefrau in der Spindeltreppe des Vogtshauses in SteinenDer Bau steht im alten Ortskern des Dorfes Steinen heutige Eisenbahnstrasse 3 an seiner stark befahrenen Durchgangsstrasse Das Haus besteht aus drei Gebaudetrakten Ursprunglich 1553 standen zwei Bauten mit dem Giebel zur Strasse nebeneinander und waren durch eine Traufgasse getrennt Bei einem umfassenden Umbau 1593 94 wurden die zwei Hauser beidseitig der Traufgasse zu einem Gebaude vereinigt Es wurde ein neuer Dachstuhl parallel zur Strasse angelegt der hintere Gebaudeteil behielt den alten Dachstuhl 8 Der neue Gesamtbau hatte einen winkelformigen Grundriss In den Winkel der beiden Bauteile wurde 1594 als dritter Gebaudetrakt ein Turm mit Spindeltreppe aus Sandstein angefugt die sich damals bis in den Dachraum erstreckte 9 Uber dem nicht unterkellerten Erdgeschoss erheben sich zwei Obergeschosse In den Obergeschossen gab es je einen Laubengang mit Abort der mit einer Grube verbunden war 10 Es war eine fur damalige Verhaltnisse luxuriose Toilettenanlage 11 Das Erdgeschoss wurde fur den Betrieb einer Metzgerei genutzt Dies war der Beruf des Vogtes Jakob Haller was er durch mehrfache Abbildung von Metzgerbeilen im Haus dokumentiert hat Im Erdgeschoss des hinteren Baus war vermutlich die Schreibstube der Vogtei untergebracht deren Wande vertafelt waren Im ersten Obergeschoss befanden sich eine mit einem Kachelofen heizbare Stube zwei Kammern und die Kuche Im zweiten Obergeschoss entsprach die Raumeinteilung mit Ausnahme der Kuche jener des ersten Obergeschosses Der hintere Flugel im zweiten Obergeschoss war nicht unterteilt und diente wahrscheinlich als Versammlungsraum 12 Es wurden 24 Steinmetzzeichen gefunden die wahrscheinlich von Steinmetzen der Strassburger Bauhutte stammen 13 Wandbemalung Bearbeiten nbsp Wandgemalde im Vogtshaus SteinenIn der grossen zur Strasse gelegenen Stube im zweiten Obergeschoss wurde unter mehreren Schichten Farbe ein grosses Wandgemalde freigelegt das die obere Halfte der Nordwand und der Nordostecke bedeckt Es wird angenommen dass das Gemalde bereits zum Bau von 1533 gehorte 14 Im Vordergrund des Bildes sieht man zwei Frauenfiguren in spanischer Tracht Die vom Betrachter aus rechte Gestalt hat Schwert und Waage in den Handen und reprasentiert die schlichtende Justitia wahrend die linke Figur die ausfuhrende Justitia darstellt die ein Schwert und einen abgeschlagenen Kopf in den Handen halt 15 Ob die Stadt im Hintergrund das nahe Basel darstellen soll ist fraglich Die Darstellung der Justitia legt die Vermutung nahe dass es sich bei dem Raum einst um eine Amtsstube handelte in der das Vogteigericht tagte Die hohe oder Blutgerichtsbarkeit wurde jedoch sicher nicht hier sondern vom Landgericht auf der Burg Rotteln ausgeubt Nebst diesem grossen Wandgemalde wurden an einer Vielzahl von Stellen weitere Malereien freigelegt In den Fluren waren die Turen zum Treppenturm mit illusionistischer Architekturmalerei und Tauwerk gerahmt 16 Ausserdem gab es Eine aufwendige Gestaltung des sichtbaren Fachwerks mit reicher Banderung in Rot Grau und Ocker 17 Ungewisser Fortbestand BearbeitenNach der Umsetzung der Gemeindereform 1975 gab es Uberlegungen den Ortskern des Zentrums der neuen Grossgemeinde Steinen aufzuwerten Es wurde ein Sanierungsgebiet nach dem Stadtebauforderungsgesetz ausgewiesen 18 In den Jahren 1984 und 1985 erfolgten in diesem Sanierungsgebiet erste Abbruchmassnahmen wovon auch ein Nachbarhaus betroffen war Das Vogtshaus wurde bis 1983 noch als Wohnhaus benutzt aufgrund des Instandhaltungsruckstandes zuletzt fur sozial schwache Bewohner In der Gemeinde wurde es abfallig auch als Ritterburg bezeichnet Optisch fiel es im Ortsbild kaum auf da es zur Strassenseite hin halbwegs durch einen anderen Bau 19 verdeckt war Weder das Standardwerk von Franz Xaver Kraus uber die badischen Kunstdenkmaler 20 noch die Ortschronik von Ernst Friedrich Buhler 21 erwahnen den Bau 22 Das Haus war dem Verfall preisgegeben 23 Der Grundstuckseigentumer der gleichzeitig auch Eigentumer des Nachbargrundstucks war begehrte eine Abbruchgenehmigung was auch von der Gemeinde unterstutzt wurde Das Landesdenkmalamt sprach sich gegen den Abbruch des Vogtshauses aus aber das Regierungsprasidium Freiburg setzte sich daruber hinweg und genehmigte den Abbruch Gegen diesen Entscheid riefen Burger von Steinen den Petitionsausschuss des Landtages an Der Ausschuss kam jedoch zum Schluss dass die Erhaltung des Hauses dem privaten Eigentumer nicht zuzumuten sei Die Gemeinde lehnte ein Angebot zum Kauf des Objektes ab Der Ausschuss verfugte jedoch dass vor dem Abbruch eine Abbruchdokumentation des Hauses zu erstellen sei Der Auftrag fur das Gutachten wurde Johannes Cramer erteilt der die wissenschaftliche Bestandsaufnahme von Mai bis Juli 1985 durchfuhrte 24 Zudem hatte sich im Juli bis September 1985 aus der Burgerinitiative Rettet das alte Steinen und weiteren Burgern 25 ein Forderkreis Vogtshaus Steinen e V 26 gebildet der fur die Erhaltung des Hauses eintrat und die Offentlichkeit mobilisierte Im Ergebnis wurde die Abbruchgenehmigung widerrufen da neue Untersuchungsergebnisse das Haus als Kulturdenkmal von uberortlichem Interesse darstellten 27 Es ist heute als Kulturdenkmal von uberortlicher Bedeutung 28 in das Denkmalbuch des Landes Baden Wurttemberg eingetragen 29 Der Widerruf der Abbruchgenehmigung hatte gerichtliche Auseinandersetzungen zur Folge die erst 1988 mit dem Kauf der Liegenschaft durch den Forderkreis endeten Der Kaufpreis von 250 000 DM machte aber den geringsten Teil des finanziellen Engagements aus Ende 1988 begannen die Aufraumungs und Sicherungsarbeiten und am 1 Oktober 1989 wurde die Baugenehmigung zur Sanierung und Renovierung erteilt 30 1996 konnten die Massnahmen abgeschlossen werden Die Renovierungskosten von ca 2 Mio DM uberstiegen die Schatzungen um etwa 0 5 Mio DM die 1993 von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz ubernommen wurden Neben den vom Forderkreis mobilisierten Geld und Sachspenden von 340 000 DM wurden Zuschusse vom Land und dem Landkreis gewahrt Heutige Nutzung BearbeitenAllgemein Bearbeiten Im Erdgeschoss wird seit Oktober 1994 eine Gastwirtschaft betrieben 31 Das erste Obergeschoss soll privat dauerhaft vermietet werden wahrend im zweiten Obergeschoss fur standesamtliche Trauungen und nachfolgenden Apero Raume kurzzeitig gemietet werden konnen Zudem konnen die Raume zeitweise auch als Ausstellungsflache mit ca 100 Quadratmetern verwendet werden Ausstellungen Bearbeiten Nachfolgend eine unvollstandige Auflistung von Ausstellungen die im Vogtshaus durchgefuhrt wurden 2008 Gemaldeausstellung Renate Schmidt Schonau Aquarelle und Acrylbilder 2009 Gemaldeausstellung Waldemar Dinkat Steinen 32 2012 Fotoausstellung 150 Jahre Wiesentalbahn 33 2013 Foto und Postkartenausstellung 900 Jahre Steinen Literatur BearbeitenRolf Hans Bruderlin Das Vogtshaus in Steinen In Das Markgraflerland Band 1 1997 S 49 57 Digitalisat der UB Freiburg Forderkreis Vogtshaus Steinen e V Das Vogtshaus in Steinen In Das Markgraflerland Band 1 1996 S 40 44 Digitalisat der UB Freiburg Johannes Cramer Eine Abbruchdokumentation und die Folgen das Haus Eisenbahnstrasse 3 in Steinen In Johannes Cramer Herausgeber Bauforschung und Denkmalpflege Stuttgart 1987 S 131 140 Annemarie Heimann Schwarzweber Das Vogtshaus in Steinen eine Hausbeschreibung In Badische Heimat Band 66 1986 S 183 188 Fritz Martin Edelmann Das Vogtshaus in Steinen In Badische Heimat Band 66 1986 S 188 191Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Vogtshaus Steinen Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Christel Mohr Von Vogten und Fluchtlingen In Badische Zeitung vom 26 Oktober 2013 Homepage Forderkreis Vogtshaus Steinen e V Information zur Denkmalpflege in Baden Wurttemberg Vogtshaus in Steinen auf einer privaten Homepage Eintrag auf der Homepage der Deutsche Stiftung fur Denkmalschutz abgerufen am 8 September 2019Einzelnachweise Bearbeiten siehe Schwarzweber S 183 Schwarzweber bezeichnete es 1986 noch als einmalig Zwischenzeitlich wurde ein noch etwas alteres Haus in Eimeldingen teilweise erforscht Sophie Stelzle Huglin Das Schlossli in Eimeldingen Archaologie und Baugeschichte In Das Markgraflerland 1 2005 S 5 28 Digitalisat der UB Freiburg siehe Schwarzweber S 188 Ernst Friedrich Buhler Steinen Chronik eines Dorfes Herausgegeben von der Gemeinde Steinen Druckerei Gebruder Weber 1982 Lorrach S 38 und S 42 siehe Horst Hanssler Stammtafeln alter Geschlechter In Ernst Friedrich Buhler Steinen Chronik eines Dorfes Herausgegeben von der Gemeinde Steinen Druckerei Gebruder Weber 1982 Lorrach S 391 391 408 hier S 393 Ernst Friedrich Buhler Steinen Chronik eines Dorfes Herausgegeben von der Gemeinde Steinen Druckerei Gebruder Weber 1982 Lorrach S 382 siehe Christian Martin Vortisch Die historischen Amter in der Landes und Selbstverwaltung der Oberen Markgrafschaft In Das Markgraflerland Heft 1 1984 S 73 74 Digitalisat der UB Freiburg siehe Bruderlin S 51 siehe Cramer S 136 siehe Schwarzweber S 186 Cramer S 136 siehe Cramer S 135 135 siehe Schwarzweber S 185 siehe Schwarzweber S 186 siehe Schwarzweber S 187 Cramer S 137 Cramer S 137 Stadtebauforderungsgesetz Gesetzestext bekannt als Lederer Haus siehe auch Fotografien in Gerhard Schaum Steinen in Bildern vorgestern gestern und 2011 Franz Xaver Kraus Die Kunstdenkmaler des Grossherzogthums Baden Tubingen und Leipzig 1901 Funfter Band Kreis Lorrach S 47 49 online Ernst Friedrich Buhler Steinen Chronik eines Dorfes Herausgegeben von der Gemeinde Steinen Druckerei Gebruder Weber 1982 Lorrach Bei Buhler wird auf S 42 vom alten Haus Lederer Ritterburg nur der Wappenstein erwahnt und auf S 322 gemutmasst dass um 1600 herum dort wohl ein Wirtshaus betrieben wurde siehe Edelmann S 188 siehe Schwarzweber S 184 Forderkreis Vogtshaus Steinen e V Das Vogtshaus in Steinen In Das Markgraflerland Band 1 1996 S 40 Digitalisat der UB Freiburg Homepage Forderkreis Vogtshaus Steinen e V siehe Edelmann S 189 siehe 12 Abs 2 Ziff 2 des Gesetz zum Schutz der Kulturdenkmale des Landes Baden Wurttemberg DSchG BW Flyer des Forderkreises Vogtshaus Steinen e V pdf abgerufen am 11 September 2019 Forderkreis Vogtshaus Steinen e V Das Vogtshaus in Steinen In Das Markgraflerland Band 1 1996 S 42 Digitalisat der UB Freiburg Pizzeria Casa Ana Maria im Vogtshus Martina David Wenk Ein freundliches Bild von der Welt In Badische Zeitung vom 12 Oktober 2009 abgerufen am 10 September 2019 Eintrag auf der Homepage der Gemeinde47 64325 7 7396111111111 Koordinaten 47 38 35 7 N 7 44 22 6 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vogtshaus Steinen amp oldid 241832215