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Vermonter Roman ist das Fragment eines Romans von Carl Zuckmayer das erst 1996 postum veroffentlicht wurde Zuckmayer schrieb das Werk in den Jahren 1942 43 im amerikanischen Exil auf seiner Backwoods Farm in Vermont Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Entstehungs und Publikationsgeschichte 3 Rezeption 4 Textausgabe 5 Literatur 6 EinzelnachweiseInhalt Bearbeiten nbsp Schulbus in Vermont 2003Die Fahrt eines altertumlichen gasbetriebenen Schul und Postbusses uber die vereisten und tief verschneiten Strassen einer dunn besiedelten Gegend in Vermont im Marz 1938 fuhrt in einer der ersten Passagen des Romans bereits alle Hauptfiguren vor Augen Beobachtet wird die Fahrt der Stage wie das Fahrzeug genannt wird aus der Ferne von einem zunachst nicht mit Namen genannten Mann der einsam und naturverbunden in einer Hutte im Wald lebt und sich schriftstellerisch betatigt Den johlenden Teenagern im Bus und seiner resoluten Lenkerin Laura Burke winkt wie seit einiger Zeit taglich ein Neuankommling in einem Holzfallerlager zu Wem das Winken dieses Mannes eigentlich gilt ist Thema eines Streits im Bus in dessen Verlauf Laura sich einen Augenblick nicht ganz aufs Lenken konzentriert Prompt rutscht das Fahrzeug in einen Graben und muss von den Insassen wieder auf die Strasse geschoben werden Diese Situation ware eigentlich der gegebene Anlass mit den Holzfallern Kontakt aufzunehmen doch mit dem Hinweis dass diese Manner ein grosses Arbeitspensum zu bewaltigen hatten lehnt Laura Burke es ab sie um Hilfe zu bitten Im Bus befindet sich auch die siebzehnjahrige Sylvia McManama die bei ihrem Grossvater Old Man genannt und einer Tante Clara auf einer kleinen Farm lebt Sie besitzt einen grossen Hund namens Wouff der gerne Autorader jagt und Fremden gegenuber im Allgemeinen sehr unzuganglich ist Als Laura ihre strapaziose Fahrt beendet hat stellt sie fest dass sie vergessen hat ein Packchen auszuliefern das an Oliver Paine den Einsiedler im Wald adressiert ist Da ihr dieses Missgeschick jetzt schon zum dritten Mal geschehen ist Paine erhalt sonst kaum jemals Post und sie pflegt an seinem Briefkasten einfach vorbeizufahren bittet sie Sylvia das Packchen mitzunehmen und in Paines Postkasten an der Strasse zu werfen Sylvia ist auch gern dazu bereit Sie beschliesst aber einen Umweg zu machen und unterwegs auf einem der gefrorenen Seen der Umgebung eine Runde Schlittschuh zu laufen Dabei wird sie von zwei Mannern aus dem Holzfallercamp beobachtet die unterwegs sind um Einkaufe im Dorfladen zu machen Einer von beiden ist Thomas Steingraber der junge Mann der den Madchen im Schulbus immer zuzuwinken pflegt Steingrabers Vater stammt aus Osterreich seine fruh verstorbene Mutter war Italienerin Geboren wurde er in Berlin ausgebildet wurde er weil die Familie offenbar wahrend des Dritten Reichs ins Exil gegangen ist in englischen Eliteschulen Als er dann an einer amerikanischen Universitat auf die Initiationsrituale etwas zu heftig reagiert hat und relegiert werden sollte hat er mit seinem Vater den er hasst gebrochen Seit damals versucht er sich selbst durchzuschlagen Als er auf dem Bau arbeitete hat er sich gewerkschaftlich engagiert Bei einer Streikaktion an der er teilgenommen hat wurde ein Polizist getotet Seitdem ist Thomas Steingraber auf der Flucht Das Holzfallercamp ist fur ihn eine Durchgangsstation auf dem Weg nach Kanada Sein Kollege Bill Buglebee mit dem er zum Laden unterwegs ist stellt sich zunachst als klischeehaft primitiver Amerikaner reinsten Wassers dar Er pflegt Steingraber durch die absichtliche Verwechslung von Austria mit Australia zu argern und lasst sich als die beiden Manner das Madchen auf dem Eis beobachten ausgiebig erklaren was Nymphen und Elfen sind als eine solche nimmt namlich Thomas Steingraber Sylvia zunachst wahr Eigentlich mochte Steingraber Sylvia nicht wissen lassen dass sie beobachtet worden ist doch Wouff macht ihm einen Strich durch die Rechnung Er sturzt plotzlich bellend auf die beiden Manner zu und wird von seiner Besitzerin zuruckgerufen Daraufhin machen Thomas Steingraber und Sylvia sich miteinander bekannt Steingraber kann auch auf ein Wiedersehen mit Sylvia hoffen denn zur Feier des Fruhlings soll eine Ahornsirupparty im Ort stattfinden Zunachst allerdings geht er mit seinem Kollegen weiter zum Laden wo ihn eine Uberraschung erwartet Als die beiden Manner dort vor einer alten Weltkarte stehen und Steingraber endlich den Unterschied zwischen Osterreich und Australien erklaren will stellt sich namlich heraus dass sein alterer Kollege durchaus eine Vorstellung von Europa hat weil er im Ersten Weltkrieg in Frankreich gekampft hat Sylvia wiederum erledigt ihren Auftrag Oliver Paine das Packchen zu bringen grundlicher als versprochen Sie wirft es nicht einfach in Paines Postkasten sondern legt trotz des tiefen Schnees den Weg bis zu Paines Hutte zuruck und klopft dort an Obwohl Paine so zuruckgezogen lebt zeigt er keine Uberraschung Er bittet das Madchen herein zeigt ihm die gesamte Einrichtung seiner Hutte samt seinem Eiskeller und beeindruckt es mit seiner scheinbar autarken Lebensweise Mit Steingraber trifft Sylvia auf der angekundigten Ahornsirupparty wieder zusammen Er bittet sie in einer Tanzpause mit ihm ein wenig den Saal zu verlassen und fuhrt sie in die Heimstatt eines italienischstammigen Backers mit dem er befreundet ist ein Sylvia ist begeistert von den Menschen die sie dort trifft aber auch von den kulinarischen Angeboten und schliesst umgehend mit dem Italiener einen Vertrag uber die Lieferung von Ziegenmilch aus der er Kase herstellen mochte Neben einigen Enten besitzt das junge Madchen namlich auch zwei Ziegen die es von seinem Grossvater geschenkt bekommen hat Steingraber erzahlt Sylvia bei dieser Gelegenheit von seinen Schicksalen Im Gegenzug berichtet Sylvia von ihrer Vergangenheit die sie sonst nach Moglichkeit nicht thematisiert Im Alter von funf Jahren hat sie ihren Vater Old Mans einzigen Sohn verloren er hat sich das Leben genommen Das wurde dem Kind zwei Jahre lang verheimlicht man hat dem Madchen immer nur erzahlt der Vater sei im Ausland Nach Ablauf dieser zwei Jahre aber wollte ihre reiche Mutter sich erneut verheiraten weshalb ihrer Tochter nun vorgespiegelt wurde der Vater sei im Ausland gestorben Die Mutter verliess dann das Kind das seit dieser Zeit beim Grossvater lebte Thomas Steingraber ist erschuttert als er von diesem Schicksal hort gleichzeitig fuhlt er aber eine Gemeinsamkeit mit Sylvia und versucht sich dieser intensiver anzunahern als bisher Diese aber wehrt erschreckt ab und lasst ihn schworen dass sie immer nur Freunde und nichts weiter sein sollen Fur den Augenblick lasst sich Steingraber auch zu diesem Schwur uberreden Wenig spater aber kommt es zu einer Krise Man erfahrt dass Oliver Paine sich bei einem Unfall mit seinem Holzschlitten ein Bein gebrochen hat Er wurde zwar von den Holzfallern gerettet und danach auch arztlich versorgt hat sich aber geweigert in ein Krankenhaus zu gehen und befindet sich jetzt allein in seiner Hutte Sylvia mochte ihm einige Nahrungsmittel bringen und sucht ihn in Begleitung Steingrabers in der Hutte auf Das Gesprach dreht sich zunachst unter anderem um die Moglichkeit sich in die Natur zuruckzuziehen und von den Behorden und anderen Einrichtungen nicht aufgespurt zu werden Das ist fur Steingraber nicht uninteressant ist doch kurzlich erst ein eingeschriebener Brief fur ihn angekommen der den Stempel des Detektivburos trug das sein Vater mit der Suche nach dem verlorenen Sohn beauftragt hatte Es stellt sich auch heraus dass Sylvia die verborgenen Platze auf die Paine anspielt und die alten Indianerpfade grossenteils kennt wahrend Steingraber sich noch fremd im Land fuhlen muss Schliesslich kommt es zu einem Streitgesprach zwischen den beiden Mannern Steingraber bietet Paine an ihm hin und wieder einige Zeitungen die im Holzfallerlager schon gelesen wurden zu bringen Paine lehnt ab Er lese niemals die Nachrichten uber das Weltgeschehen er wisse und kenne das alles schon Dies verblufft den Gewerkschafter Als Paine erklart bekampfen musse man immer das Bose bzw die Bosen und diese seien auch ohne Zeitung zu erkennen fuhlt er sich offenbar provoziert und beschimpft Paine Er wirft ihm vor sich in seiner Zuruckgezogenheit im Wald nicht genugend zu engagieren Schliesslich verlasst er zornentbrannt die Hutte wahrend Sylvia bei dem Einsiedler bleibt Zuckmayer erlauterte seine Konzeption des Romans in einem Brief mit folgenden Satzen Es sind zwei Grundthemen und eine hineingeflochtene Melodie Die Themen sind ein Melusinenthema die Beseelung einer Elfe Nymphe die Mensch wird und ein Armer Heinrich Thema die Erlosung eines Ungluckseligen durch eine Jungfrau Die Melodie die Geschichte einer sussen einfachen Liebe 1 Entstehungs und Publikationsgeschichte BearbeitenCarl Zuckmayer betrieb in den Kriegsjahren ab 1941 zusammen mit seiner Frau Alice eine kleine Farm in Vermont Wahrend er in seiner Autobiographie Als war s ein Stuck von mir betonte er habe in diesen Jahren vor allem mit der Milchwirtschaft mit seinen Ziegen zu tun und kaum jemals Zeit zum Schreiben gehabt liest man in den Erinnerungen Die Farm in den grunen Bergen die seine Frau verfasste dass ausserdem recht intensiv Geflugel gezuchtet wurde und dass das Ehepaar sich durchaus auch die Zeit zu geistiger Beschaftigung nehmen konnte Alice Herdan Zuckmayer hatte zeitweise ein Arbeitszimmer in der nachstgelegenen Universitatsbibliothek im Dartmouth College zur Verfugung Auch Carl Zuckmayer schrieb in diesen Jahren mehr als das Drama Des Teufels General das er in seiner Autobiographie erwahnt In seinem Vermonter Roman schlagen sich Eindrucke und Erlebnisse aus seiner Zeit als Farmer zum Teil recht unmittelbar nieder Der Roman damals noch ohne Titel wurde in der Zeit vom 21 Marz 1942 bis Sommer 1943 geschrieben Danach blieb das Typoskript wahrscheinlich in dem Zustand in dem es uberliefert ist liegen In einem Brief an Gottfried Bermann Fischer vom November 1942 berichtete Zuckmayer von seiner Arbeit an dem Roman Er meinte das Werk sei nun zu etwa zwei Dritteln vollendet und konne zum Verrucktwerden schon werden Vermutlich sei es in einigen Wochen vollends fertigzuschreiben 2 Uber seine Eingebung mit dem Roman zu beginnen ausserte sich Zuckmayer auch in einem Brief vom 24 Juni 1942 an Franz Horch Ich wusste immer dass meine Entwicklung aus einem exilierten und dadurch unsicher gewordenen Autor mehr ein biologischer als ein intellektueller Prozess sein wird ich werde dann durchdringen wenn ich nicht aus einer Uberlegung heraus fur Amerika schreibe sondern wenn das was ich schreibe hier empfangen und geboren ist Dieser Roman ist der Anfang 1 1946 sprach Zuckmayer in einem Brief an Annemarie Seidel die Hoffnung aus der Roman werde vielleicht in absehbarer Zeit fertig werden Die Arbeit blieb aber offensichtlich liegen Das Typoskript kam spater als Nachlass Zuckmayers ins Deutsche Literaturarchiv in Marbach am Neckar und blieb unveroffentlicht bis die durch die Erben gesetzte Sperrfrist abgelaufen war Danach wurde es von Anglizismen gereinigt veroffentlicht 3 Verwendet wurde dafur ein Titel den Zuckmayer nicht selbst gewahlt hatte Valerie Popp nimmt an dass Zuckmayer mit dem Vermonter Roman einen Durchbruch auf dem amerikanischen Buchmarkt erreichen wollte aber nicht nur an seiner geringen Bekanntheit in den USA scheiterte sondern dieses Vorhaben nach Kriegsende auch nicht mehr weiter verfolgte und so wurde Zuckmayer zu einem der wenigen gefeierten deutschsprachigen Remigranten Durch den exorbitanten Erfolg seines Buhnenstucks Des Teufels General 1946 das Zuckmayer nicht nur beruhmt sondern auch wohlhabend machte ruckten Amerika und der amerikanische Buchmarkt fur Zuckmayer in weite Ferne zumal er trotz seiner positiven Einstellung zu den USA und insbesondere zu Vermont auch wahrend der Zeit des Exils stets an seiner tiefen Bindung an Deutschland und Europa festgehalten hatte 4 Rezeption BearbeitenDas Romanfragment erlebte seit seiner Erstpublikation 1996 mehrere Auflagen Valerie Popp widmete dem Werk eine mehrseitige Abhandlung in ihrem Werk Aber hier war alles anders Amerikabilder der deutschsprachigen Exilliteratur nach 1939 in den USA Unter anderem betonte sie dass es sich bei dem Roman um eine Liebeserklarung an Vermont und an die Pionierzeit handele 5 die Zuckmayer sicher nicht zuletzt unter dem Eindruck des Unterschiedes zwischen der relativen Geborgenheit in der Gemeinschaft der Farmer im landlichen Vermont und den Zustanden in Europa oder auch in anderen Teilen der USA verfasste Vermont werde hier sozusagen als Europa Amerikas dargestellt in dem der lieblose Geschaftssinn der Menschen immerhin nicht ganz so stark ausgepragt sei wie an der Westkuste mit seiner Filmindustrie in der Zuckmayer ja selbst traumatisierende Erfahrungen machte 6 Uberhaupt stellt Popp den Umgang Zuckmayers mit dem Kontrast zwischen Land und Stadtleben vor allem aber den zwischen Europa und den USA stark in den Vordergrund der Betrachtung Als auffallend und ungewohnlich wird etwa die Verwendung von Metastereotypen 7 bezeichnet europaische Klischeevorstellungen von Amerikanern die diesen selbst durchaus bewusst seien weshalb auch Bill Buglebee sein Spielchen mit der Verwechslung von Austria und Australia treibe und den Europaer Steingraber schliesslich dieses Klischeedenkens uberfuhre Andererseits bediene sich Zuckmayer selbst sehr stark traditioneller Vorstellungen etwa bei der Schilderung des Freiheitsgedankens in den USA Popp sieht hier Bezuge zum Amerikabild historischer Romane und insbesondere auch Johannes Urzidils 7 Textausgabe BearbeitenCarl Zuckmayer Vermonter Roman S Fischer Verlag Frankfurt am Main 1996 ISBN 3 10 096552 3 Literatur BearbeitenHans Daiber Die schone Melusine und der Arme Heinrich oder Hinter den sieben Bergen In Die Welt 189 14 August 1996 Valerie Popp Aber hier war alles anders Amerikabilder der deutschsprachigen Exilliteratur nach 1939 in den USA Konigshausen amp Neumann 2008 ISBN 978 3 8260 3831 0 S 261 278 google de Hans Wagener Carl Zuckmayers Vermonter Roman ein amerikanisches Marchen In Zuckmayer Jahrbuch 1 1998 S 251 279 Einzelnachweise Bearbeiten a b Zitiert nach K B Editorische Notiz In Carl Zuckmayer Vermonter Roman S Fischer Verlag Frankfurt am Main 1996 ISBN 3 10 096552 3 S 203 205 Historische Kommission des Borsenvereins Archiv fur Geschichte des Buchwesens Walter de Gruyter 2001 ISBN 3 11 094295 X S 104 106 google de Valerie Popp Aber hier war alles anders Amerikabilder der deutschsprachigen Exilliteratur nach 1939 in den USA Konigshausen amp Neumann 2008 ISBN 978 3 8260 3831 0 S 262 google de Valerie Popp Aber hier war alles anders Amerikabilder der deutschsprachigen Exilliteratur nach 1939 in den USA Konigshausen amp Neumann 2008 ISBN 978 3 8260 3831 0 S 277 google de Valerie Popp Aber hier war alles anders Amerikabilder der deutschsprachigen Exilliteratur nach 1939 in den USA Konigshausen amp Neumann 2008 ISBN 978 3 8260 3831 0 S 271 google de Valerie Popp Aber hier war alles anders Amerikabilder der deutschsprachigen Exilliteratur nach 1939 in den USA Konigshausen amp Neumann 2008 ISBN 978 3 8260 3831 0 S 270 google de a b Valerie Popp Aber hier war alles anders Amerikabilder der deutschsprachigen Exilliteratur nach 1939 in den USA Konigshausen amp Neumann 2008 ISBN 978 3 8260 3831 0 S 268 google de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vermonter Roman amp oldid 213910519