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Das Tillern ist ein Begriff des Bogenschiessens aus dem Handwerk des Bogenbauers im Arbeitsablauf beim Bogenbau insbesondere dem Langbogenbau Tillern bezeichnet den Arbeitsvorgang bei dem der Bogenbauer den aus dem Stave vorgeformten Bogenrohling durch spanende Bearbeitung in seine endgultige Biegeform bringt und zwar durch die kraftemassige Abstimmung von oberem zu unterem Wurfarm bis beide sich beim Ausziehen des Bogens wunschgemass und gleichmassig ohne Knickstellen krummen Der Vorgang kann mehrere Stunden dauern und der Arbeitsschritt sich uber Tage erstrecken Es ist der letzte Arbeitsgang an den Wurfarmen vor ihrem Finish Das Tillern ist eine der hochsten handwerklichen Kunstfertigkeiten und fahigkeiten im Konnen des Bogenbauers Inhaltsverzeichnis 1 Zielsetzung und Prozess 2 Ergebnis 3 Der Tiller 4 WeblinksZielsetzung und Prozess BearbeitenZiel des Tillerns ist guter Schiesskomfort hohe Starke und Bruchsicherheit des Bogens und geringes Stringfollow bei in Relation moglichst niedriger zu bewegender Masse der Wurfarme und dafur notwendig im Bogen und insbesondere den Wurfarmen eine gleichmassige Spannungsverteilung ohne Spannungsspitzen beim Ausziehen und im Vollauszug des Bogens Dazu benutzt der Bogenbauer anfangs das Zugmesser spater den feineren Schweifhobel und Ziehklinge mit denen er je nach Bogentyp entlang von Bauch Innenseite Rucken Aussenseite oder Seite oder allen dreien solange Holz abtragt bis die Wurfarme beim Ausziehen das gewunschte gleichmassige Krummungsverhalten zeigen Jedes Mal nach einigen Spanen befestigt er den mit einer zunachst uberlangen Tillersehne bespannten Rohling im meist an einer Wand parallel angebrachten Tillerbrett Mit dessen Auszugsvorrichtung uber eine Umlenkrolle so dass er ubersichtliche Distanz hat zieht der Bogenbauer den Bogen wieder und wieder und Stuck fur Stuck weiter aus und kontrolliert dabei mit Auge und Zuggefuhl das Krummungsbild und Biegeverhalten Von Zeit zu Zeit verkurzt er die Sehne bis sie am Ende ihre spatere Lange hat Bei einer Variante des Tillerbretts wird der Bogen unmittelbar mit der Hand ausgezogen und die Sehne in eine Reihe von Kerben zunehmenden Auszugs eingehangt der Bogenbauer kann so das statische Krummungsbild bei einer bestimmten Auszugslange beurteilen nicht jedoch das dynamische Biegeverhalten Das Tillern dient auch der Endanpassung des Zuggewichts des Bogens bei einer bestimmten Auszugslange das Feintillern bei dem auch schleifende Werkzeuge benutzt werden Weil Holzer Naturmaterialien sind legt der Bogenbauer gelegentliche Pausen von Stunden bis Tagen ein Das Tillern kann sich deshalb uber mehrere Tage erstrecken Wahrend des Tillerns verliert der Bogen kontinuierlich durch den Materialabtrag an Endzuggewicht Das Zuggewicht ist zu Beginn des Tillerns immer am hochsten und am Ende immer am niedrigsten Jeder Tillervorgang schwacht den Bogen Es besteht die Gefahr des Ubertillerns Ist der Bogen aus Naturmaterialien so kann nach einiger Zeit oder Gebrauch ein Nachtillern notwendig sein Verlorenes Zuggewicht nach zu hohem Materialabtrag kann der Bogenbauer nicht wieder gutmachen sondern bestenfalls in Grenzen durch Massnahmen des Backings wie z B Belegen mit Rohhaut Sehnen oder Schlangenhaut oder geklebten Umfangswicklungen aus Garn oder Tiersehne an den geschwachten Stellen kompensieren Der Holzabtrag folgt den Langsfasern den Muskelfasern des Bogens und darf diese insbesondere auf dem zugbelasteten Rucken nicht schneiden ein Einschnitt unterbricht die Kraftspannung des betroffenen Faserbundels uber die Bogenlange es wird zu wirkungsloser toter Masse und der Bereich eine Schwachstelle Der Wurfarm kann an dieser Stelle auffasern und knicken reissen oder brechen Deshalb werden Faserschichten abgetragen Ist der Faserverlauf eines Rohlings wellenartig oder befinden sich Astknoten im Rohling so folgt der Bogenbauer mit dem Werkzeug deren Verlauf und der Bogen zeigt am Ende schlangenartige Windungen oder abgerundete Ausbeulungen Das ist kein Qualitatsmangel auch keine Designspielerei sondern eine technische Notwendigkeit die uberdem jedem Vollholzbogen sein unverkennbares Aussehen verleiht An welchen Stellen und wie viel der Bogenbauer abtragt wird neben dem verwendeten Bogenrohstoff vom gewahlten Bogentyp und design bestimmt dem Layout und dessen Verlauf der Querschnittsflache und neutralen Faser Wobei die gewahlten Holzsorten aufgrund unterschiedlicher mechanischer Druck Dehn und Harteeigenschaften wiederum Bogentyp und Layout massgeblich mit bestimmen U a unterscheiden sich deshalb die Bogenlayouts in unterschiedlichen Epochen oder Regionen der Welt Bogen wurden aus den Materialien und Holzern gebaut die in der Zeit und Region verfugbar waren Dabei ist die Querschnittsgeometrie des Wurfarmes und dessen Verlauf von Mittelteil bis Wurfarmende entscheidend Der englische Langbogen aus Eibe beispielsweise besitzt einen sich von Mittelteil zu den Tips hin verjungenden D formigen Querschnitt Der amerikanische Langbogen und Flachbogen oft aus Osage Orange weisen den namensgebenden flach rechteckigen Querschnitt auf bei dem die Wurfarmbreite wesentlich grosser ist als seine Dicke der Querschnitt verjungt sich ebenfalls zu den Tips hin jedoch in der Breite starker als in der Dicke Einen besonderen Verlauf und ein besonders altes Layout als ungewohnliche Herausforderung des Tillerns fur einen Bogenbauer zeigt der Bogentyp des Holmegaard Bogen einem uber 10 000 Jahre alten Layout das derzeit bereits eine lange Entwicklungszeit hinter sich hatte und von den zu dieser Zeit schon hochentwickelten Tillerfahigkeiten zeugt Dessen Querschnitt ist anfangs im Bereich des Mittelteils der eines Flachbogens und andert sich nach etwa 2 3 bis 3 4 der Wurfarmlange relativ abrupt in einen gegenteilig flachen bis runden Querschnitt mehr dick als breit Ergebnis BearbeitenBei einem gut getillerten Bogen bewegen sich nach dem Losen des ausgezogenen Bogens mit Pfeil die Wurfarme synchron zueinander und beide Tips erreichen zeitgleich ihre Ausgangslage die Sehne bleibt bei Auszug und Abschuss mittig in der Bogenlinie die Wurfarme sind nicht verwunden und fluchten gerade Das macht den Bogen im Abschuss ruhig auch durch Minimierung eines resultierenden Drehmomentes auf die Horizontalachse der Bogen kippt beim Abschuss nicht ungewunscht nach vorne oder hinten und gewahrleistet bestmogliche Energieubertragung der Wurfarme auf den Pfeil Die Biegelinie des Bogens in seinem Vollauszug ist gleichmassig und wirkt harmonisch Ein schlecht getillerter Bogen verliert Wirkungsgrad schiesst unruhig und kann beim Ausziehen oder Losen brechen Das Brechen des frischen Bogens aufgrund unzureichenden tillerns ist eine der haufigsten Enttauschungen von Einsteigern im Bogenbau ohne Tillererfahrung Haufig bricht der Bogen bereits im Tillerbrett Am Ende des Tillerns misst der Bogenbauer das erreichte Zuggewicht und vermerkt es zusammen mit der zugehorigen Auszugslange auf dem Bogen Nach der endgultigen Fertigstellung dem Finish wird ein letztes Mal gemessen Eine zu grosse Abweichung zum Wert direkt nach dem Tillern ist verdachtig und der Bogen wird nochmals uberpruft Ist der Wert in Ordnung schreibt der Bogenbauer endgultige Bogenlange Zuggewicht und Auszugslange in Nahe des Mittelteils entweder auf die Bauchseite oder die Seite des Mittelteils und setzt seine Signatur darunter Der Tiller Bearbeiten Hauptartikel Tiller Der getillerte Bogen zeigt bei Vollauszug eine gleichmassige Biegelinie Dabei ist der untere Wurfarm meist biegesteifer getillert als der obere um die asymmetrische Kraftegeometrie auszugleichen die dadurch entsteht dass der Kraftzugpunkt der Zughand meist unterhalb der senkrechten Mitte des Bogens an der Sehne angreift und ebenfalls der Druckpunkt der Bogenhand im Griff meist tiefer liegt Der untere Wurfarm eines Bogens ist deshalb bezogen auf das Griffstuck ublicherweise kurzer als der obere Im Vollauszug ist wegen des Tillerns diese Asymmetrie der Wurfarmkrafte gerade nicht sichtbar beide Tips die Wurfarmsppitzen liegen auf der Senkrechten Die unterschiedliche Biegesteifigkeit ist zu sehen beim gespannten aber nicht ausgezogenen Bogen der senkrechte Abstand der Sehne zum Wurfarm ist am unteren Wurfarm kleiner als am oberen Durch ihre Kraftverbindung uber die straffe Sehne unterliegen beide Tips jeweils der gleich grossen Zugkraft der untere Wurfarm jedoch biegt sich weniger er ist steifer Das Differenzmass dieser beiden in jeweils bestimmtem Abstand von der senkrechten Bogenmitte nach AMO Standard gemessenen Distanzen der Sehne zum Wurfarm beim gespannten und nicht ausgezogenen Bogen ist eine Kennzahl des Bogens sie ist sein Tiller Meist sind die Messpunkte an den beiden Fade Outs den Ubergangsstellen von Mittelteil zu Wurfarm Kenngrossen wie der Tiller und Messverfahren im Bogenschiessen wurden in den 1950er Jahren von der Archery Manufacturers Organization der AMO standardisiert Seit Umbenennung der Organisation 2002 in Archery Trade Association sind die AMO Standards auch als ATA Standards zu finden Weblinks BearbeitenDIY Sportsman Tillerbrett im Heimbau u detaillierte Vorfuhrung des Tillerns eines Reflex Deflex Langbogens aus Hickory mit Bambusbacking Englisch mit engl Untertiteln In youtube com 12 April 2015 Videoausschnitt ca 13 Min abgerufen am 31 August 2016 Bebilderte Erklarung des Tillerns In orbisamicorum de abgerufen am 31 August 2016 Holmegaard Bogen in der englischen Wikipedia Beschreibung der Arbeitsschritte beim Bogenbau In pfeil bogen info abgerufen am 31 August 2016 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Tillern amp oldid 229277775