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Dieser Artikel behandelt die Bedeutung in der Polymerphysik Fur das mineralische Aggregat in der Petrologie siehe Spharolith Geowissenschaften Der Begriff Spharolith von altgriechisch sfaῖra sphaira Kugel und altgriechisch li8os lithos Stein bezeichnet allgemein ein kugeliges oder strahliges Kristallaggregat In der Polymerphysik wird als Spharolith eine fur thermoplastische Kunststoffe typische kugelformige Uberstruktureinheit bezeichnet in der Kristallite radialsymmetrisch angeordnet und uber amorphe Zwischenbereiche fest verbunden sind Die Grosse und die Anzahl der Spharolithe in einem Werkstuck beeinflusst ganz wesentlich dessen mechanische und optische Eigenschaften Spharolithstrukturen von Polyamid 6 6 im Polarisationskontrast Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Aufbau und Struktur 3 Auswirkungen 4 Nachweis 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEntstehung Bearbeiten Hauptartikel Kristallisation Polymer Spharolithe konnen sich beim Abkuhlen von Schmelzen thermoplastischer Kunststoffe bilden Die Neigung zur Kristallisation ist von der Polymerart d h von der Anordnung der Atome Molekule bzw der funktionalen Gruppen in der Molekulkette abhangig Beispiele fur Polymere die Spharolithstrukturen ausbilden konnen sind Polyamid 6 Polypropylen PP Polyoxymethylen POM Polyethylen PE oder Polybutylenterephthalat PBT In diesen Polymeren konnen sich Molekulketten regelmassig zueinander anordnen und damit Kristallite bilden 1 Die kristallinen Strukturen entstehen bevorzugt an Kristallisationskeimen und wachsen von ihrem Zentrum aus gleichformig in alle Richtungen nach aussen Es bilden sich daher kugelformige radialsymmetrische Anordnungen 2 Ob sich Spharolithe bilden und wie gross diese werden hangt von der Art des Polymers und den Abkuhlbedingungen in der Schmelze ab Bei langsamer Abkuhlgeschwindigkeit bilden sich weniger Spharolithe Gleichzeitig haben diese aber viel Zeit zu wachsen und sind daher relativ gross Bei rascher Abkuhlung setzt die Kristallisation an vielen Stellen gleichzeitig ein Da die Kristallisationstemperatur bei rascher Abkuhlung schneller unterschritten wird bleiben die Spharolithe vergleichsweise klein Bei manchen Polymeren wie zum Beispiel Polyamid PA oder Polybutylenterephthalat PBT kann eine relativ rasche Abkuhlung an der Oberflache zu einer Schicht mit geringerer Kristallinitat oder sogar amorphen Strukturen im Randbereich fuhren 1 Spharolithe konnen nur solange wachsen wie sie von amorphem Material umgeben sind Werden die Spharolithe so gross dass sie sich beruhren so konnen sie sich in dieser Richtung nicht weiter ausdehnen Es entstehen dann zwischen den Spharolithen ebene Flachen 2 Einen entscheidenden Einfluss auf die Spharolithbildung haben Fremdsubstanzen und Verunreinigungen Sie konnen als Keimbildner wirken und sorgen so fur eine vermehrte Spharolithbildung In der Praxis werden daher dem Polymer zum Teil Nukleierungsmittel zugesetzt um die Kristallisation deutlich zu beschleunigen 3 Gleichzeitig erfolgt die Erstarrung bei hoherer Temperatur was sich vorteilhaft auf Prozesszeiten beim Spritzguss auswirkt Typische Konzentrationen von Nukleierungsmitteln liegen bei 0 1 0 5 Als Nukleierungsmittel werden haufig unlosliche anorganische Fullstoffe wie Metalloxide Metallsalze Silikate oder Bornitrid mit Teilchengrossen von ca 3 mm dem Polymer beigemischt 4 Auch Full und Verstarkungsmittel und Farbmittel konnen keimbildend wirken Daneben gibt es auch als sogenannte Clarifier bezeichnete Nukleierungsmittel die in der Schmelze gelost sind Die Nukleierungsdichte ist hier um Grossenordnungen hoher als bei nicht gelosten Additiven so dass optisch wesentlich transparentere Materialien entstehen 4 Nukleierungsmittel werden meist empirisch gefunden und sind auf ein bestimmtes Polymer optimiert d h ein Nukleierungsmittel fur zum Beispiel Polypropylen funktioniert nicht unbedingt fur Polyethylen 5 Aufbau und Struktur Bearbeiten nbsp Schematischer Aufbau einer Spharolith StrukturSpharolithe sind selbst keine Kristalle im kristallografischen Sinne sondern stellen Aggregate Anhaufungen von sehr vielen kleineren kristallinen Bereichen dar Dieses konnte bei einzelnen Materialien durch Rontgenbeugung nachgewiesen werden 2 Die Grosse der Spharolithe alleine sagt weder etwas uber die Kristallinitat des Werkstoffs Anteil kristallin zu amorph noch uber die Grosse der eigentlichen Kristalle aus 2 Die Spharolithgrosse ist vielmehr ein Hinweis auf die Kristallisationsbedingungen im Polymer Die Kristallite sind radialsymmetrisch um das Zentrum angeordnet Rontgenbeugungsexperimente kleinster Bereiche haben gezeigt dass dabei die Polymerketten in den Spharolithen mehr oder weniger tangential angeordnet sind 2 Der Mechanismus des Wachsens bei dem schrittweise nacheinander Ketten langsseits angelagert werden entsprache dem Mechanismus der Kristallisation von kurzkettigen Paraffinen 2 Durch die parallele Anordnung der Ketten kommt es in den Kristallen zu doppelbrechenden Eigenschaften Formdoppelbrechung d h der Brechungsindex in Radialrichtung unterscheidet sich von der Tangentialrichtung Neben spharolithischen Uberstrukturen sind bei manchen Polymeren zum Beispiel Polypropylen auch dendritische Uberstrukturen bekannt 6 Sie bilden sich wenn ein starker Temperaturgradient in der Probe vorliegt Die Kristallisation beginnt im kalteren Bereich und die kristallinen Bereiche wachsen in Richtung der Bereiche mit hoherer Temperatur Dieses fuhrt zu gerichtetem dendritischem Kristallwachstum 6 Auswirkungen Bearbeiten nbsp Polyamid 6 6 mit Bruchbeginn zwischen den SpharolithstrukturenSpharolithe beeinflussen die thermischen Eigenschaften des Polymers zum Beispiel Schmelzpunkt Warmeformbestandigkeit Schrumpf die mechanische Festigkeit sowie zum Teil auch die chemische Bestandigkeit und die optischen Eigenschaften 3 Die kristallinen Anteile sind harter sproder und besitzen eine hohere Dichte wahrend die amorphen Anteile duktiler und weniger dicht sind und die Aufgabe der Elastizitat im Bauteil ubernehmen 7 Ausserdem besitzen sie einen hoheren Schmelzpunkt was zu einer besseren Warmebestandigkeit des Bauteils fuhrt Die Spharolithe unterscheiden sich in den optischen Eigenschaften von den amorphen Bereichen Da sie nur in seltenen Fallen deutlich kleiner als die Wellenlange des sichtbaren Lichts sind erscheinen teilkristalline polymere Werkstoffe in der Regel milchig bis undurchsichtig opak Je nach dem Zeitpunkt zu dem Spharolithe zusammenstossen entstehen sehr feste oder auch gar keine Verbindungen so dass die Trennflachen zwischen den Spharolithen ausgepragte Strukturschwachstellen bilden konnen Grosse Spharolithe sind also nicht wunschenswert Man vermeidet sie durch Nukleierung und oder Unterkuhlung so dass viele Spharolithe gleichzeitig wachsen 8 Eine Verringerung der Spharolithgrosse durch erhohte Keimbildung fuhrt zu einem grosseren Biegemodul und einer erhohten Fliessgrenze sowie einer niedrigeren Bruchdehnung und Duktilitat Durch eine Nukleierung hoherer Anteil von Keimbildnern wird die Warmeformbestandigkeit erhoht 9 Nachweis BearbeitenDa Spharolithe kristalline Bereiche enthalten und damit doppelbrechend sind lassen sie sich mit Hilfe der Polarisationsmikroskopie nachweisen Das Erscheinungsbild ist unterschiedlich und abhangig vom verwendeten Polymer Meist erkennt man sie anhand des typischen Musters Malteserkreuz dessen dunkle Balken parallel zur Polarisationsrichtung von Polarisator und Analysator des Mikroskops ausgerichtet sind 10 Dreht man das Objekt so bleibt die Orientierung des Kontrasts trotzdem in der gleichen Raumrichtung bestehen dreht sich also nicht mit der Probe mit Der Spharolithdurchmesser bezeichnet den grossten Durchmesser der 3 dimensionalen Spharolithe Die lichtmikroskopisch nachweisbare Grosse liegt zwischen 1 µm und mehreren 100 µm Bei sehr kleinen Spharolithen ist das oben beschriebene Muster im Mikroskop nicht mehr zu erkennen Man erkennt nur noch eine diffuse Streuung des Lichtes Literatur BearbeitenGottfried W Ehrenstein Polymer Werkstoffe Struktur Eigenschaften Anwendung Hanser Verlag ISBN 3446211616 D A Hemsley Applied polymer light microscopy Elsevier Applied Science London S 111 149 ISBN 1 85166 335 5 Weblinks BearbeitenVideo zur Kristallisation von Polypropylen Spharolithbildung unter einem Polarisationsmikroskop auf YouTubeEinzelnachweise Bearbeiten a b Linda C Sawyer and David T Grubb Polymer Microscopy Chapman and Hall London S 200 202 ISBN 0 412 25710 6 a b c d e f D A Hemsley Applied polymer light microscopy Elsevier Applied Science London S 111 149 ISBN 1 85166 335 5 a b Nukleierungsmittel Nemitz Kunststoff Additive pdf 43 kB a b Tim A Osswald Ernst Schmachtenberg Sigrid Brinkmann Erwin Baur Saechtling Kunststoff Taschenbuch Hanser Fachbuch ISBN 3 446 22670 2 Leseprobe pdf 209 kB Nukleierungsmittel Kunststofftechnik Ulrike Lapacz a b Videos und Erklarungen zur dendritischen Kristallisation von Polypropylen Praktikum Werkstofftechnik Mikroskopie von Werkstoffgefugen strukturen Institut fur Werkstofftechnik Universitat GH Kassel pdf 2 1 MB Georg Menges Edmund Haberstroh Walter Michaeli Ernst Schmachtenberg 2002 Werkstoffkunde Kunststoffe Hanser Verlag ISBN 3 446 21257 4 Google Books W Lutz Verbesserte Warmeformbestandigkeit thermoplastischer Mehrphasenwerkstoffe durch kontrolliertes Kristallwachstum Institut fur Kunststoffkunde und technik Universitat Stuttgart 2005 pdf 1 1 MB Inga Gurke Smektische Thermotrope Hauptkettenpolyesterimide Dissertation Institut fur Makromolekulare und Technische Chemie Universitat Hamburg 1999 pdf nbsp Dieser Artikel wurde am 3 Februar 2009 in dieser Version in die Liste der lesenswerten Artikel aufgenommen Normdaten Sachbegriff GND 4338225 3 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Spharolith amp oldid 238820748