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Das Konzept des Sozialen Raums wurde von dem franzosischen Soziologen Pierre Bourdieu entwickelt Es dient der Darstellung und Analyse sozialer Strukturen und individueller Positionen Die Verteilungsstrukturen des gesamtgesellschaftlichen und des individuellen Kapitals d h Vermogens im umgreifenden Sinn zeichnet Bourdieu in einem konstruierten dreidimensionalen sozialen Raum nach Er untersucht die Kapitalausstattung von Individuen und Gruppen anhand von Merkmalen wie Beruf Einkommen und Ausbildungsniveau als wichtigste Lebensbedingungen erweitert durch fur ihn sekundare Merkmale wie Geschlecht Alter Ethnie Nationalitat Das soziale Feld bildet die Handlungsebene das Spielfeld innerhalb des sozialen Raumes Bourdieus Begriff ist von der Stadtsoziologie und der Sozialraumanalyse zu unterscheiden Inhaltsverzeichnis 1 Erweiterung der Klassen und Schichtungstheorien 2 Konstruierte Klassen 3 Dynamik des Sozialen Raums 4 Weitere Begriffsverwendungen 5 Siehe auch 6 Literatur 7 EinzelnachweiseErweiterung der Klassen und Schichtungstheorien BearbeitenBourdieu erweitert die ublichen vertikalen Klassen und Schichtungstheorien um zwei weitere Dimensionen Die soziale Position wird innerhalb des sozialen Raumes durch die Dimensionen Kapitalvolumen bestehend aus den Kapitalsorten Kapitalstruktur und soziale Laufbahn entfalteten sozialen Raums bestimmt Das die soziale Position bestimmende Gesamtvolumen an okonomischem kulturellem und sozialem Kapital bildet die vertikale Dimension Die Kapital struktur wird auf der horizontalen Ebene dargestellt und spannt sich zwischen den Polen okonomisches Kapital auf der rechten Seite und kulturelles Kapital auf der linken Seite auf Das soziale Kapital bleibt bei der horizontalen Darstellung unberucksichtigt Die dritte Dimension bildet die zeitliche Entwicklung vergangener wie potentieller sozialer Laufbahnen ab Diese Dimension zeigt an wie bzw ob sich die soziale Position eines Individuums oder einer gesellschaftlichen Gruppe innerhalb eines bestimmten Zeitraumes in Bezug zum Kapitalvolumen und zur Kapitalstruktur verandert hat Bourdieu berucksichtigt dabei den Ausgangspunkt eines Lebenslaufs die soziale Herkunft den Umfang des in der Familie ererbten Kapitals auch in Form inkorporierten d h verinnerlichten kulturellen Kapitals und die in den Habitus des Individuums eingegangenen Dispositionen Konstruierte Klassen BearbeitenFur diese Darstellung des sozialen Raums als Kraftefeld prapariert Bourdieu theoretisch konstruierte also nicht reale Klassen heraus Eine Klasse bezeichnet eine Art Cluster von Individuen mit ahnlicher Position im sozialen Raum bestimmt durch Herkunft Kapitalvolumen und struktur Ein Klassenangehoriger ist durch die Beziehung aller relevanten Merkmale zueinander definiert Bourdieu spricht von wahrscheinlichen Klassen deren Klassenbewusstsein nur in einem diffusen nicht kollektiven Sinn fur die relationale Position im sozialen Raum d h im Verhaltnis zu anderen im sozialen Raum besteht Ererbtes Startkapital ermoglicht je nach Klassenzugehorigkeit der Eltern unterschiedlich wahrscheinliche Lebenslaufe und Lebenschancen Im sozialen Raum als Topologie gedacht unterscheidet Bourdieu in erster Linie drei Klassen sozialer Akteure die obere mittlere und untere Klasse Es gibt dabei keine starren Grenzen sondern fliessende Ubergange Die untere Klasse unterteilt er nicht weiter Innerhalb der Mittelklasse unterscheidet Bourdieu das absteigende das neue und das exekutive Kleinburgertum Die Oberklasse wird in eine dominante okonomische und eine dominierte kulturelle Fraktion untergliedert Diese beiden Klassenfraktionen liegen nebeneinander sind durch eine gegensatzliche Verteilungsstruktur der Kapitalarten gekennzeichnet und tragen permanente Kampfe um die Vormachtstellung in der Gesellschaft aus Dynamik des Sozialen Raums BearbeitenDie sozialen Positionen die ein Individuum innerhalb des sozialen Raumes innehat sind wandelbar und konnen in der schematischen Darstellung zu einer Ortsveranderung in horizontaler oder vertikaler Richtung fuhren Permanente Entwicklung von Investitionsstrategien in eine oder mehrere Kapitalarten sind zum Aufstieg oder der Vermeidung eines Abstiegs innerhalb der Sozialstruktur unabdingbar Die Wertigkeit der verschiedenen Kapitalarten wird an ihrem gesamtgesellschaftlichen Umfang und ihrem gegenwartigen Tauschwert als Produkt gesellschaftlicher Auseinandersetzungen bemessen Die permanenten Investitionsstrategien der Individuen und der standige Wechsel der sozialen Bewertung der Kapitalarten sowie der kreative Spielraum der Akteure konstituieren das dynamische Element des sozialen Raums und ermoglichen einen Auf oder Abstieg des Einzelnen innerhalb des sozialen Gefuges Weitere Begriffsverwendungen BearbeitenStadtsoziologisch wird das Zusammenwirken von sozial vielfach erschlossener bzw zuganglicher Umwelt und die Mentalitat der Stadter mit Konzepten des sozialen Raums untersucht etwa bei der Analyse von Urbanitat Daran schliessen architektursoziologische Fragestellungen an die auch die Landschaftsarchitektur z B Landschaftsparks einbeziehen 1 Die Soziologin Martina Low hat eine Studie zur Raumsoziologie veroffentlicht in der sie sich mit verschiedenen Konzepten des sozialen Raums auseinandersetzt und einen relationalen Raumbegriff entwickelt Sie versteht unter Raum eine relationale Ordnung Anordnung von Korpern das konnen Lebewesen aber auch Objekte sein die in Platzierungs und Syntheseprozessen verknupft werden 2 Siehe auch BearbeitenRaum der Lebensstile Sozialraumliche StrukturLiteratur BearbeitenPierre Bourdieu Lecon sur la lecon Ed de Minuit Paris 1982 ISBN 2 7073 0625 8 deutsch Sozialer Raum und Klassen Zwei Vorlesungen Suhrkamp Frankfurt a M 1985 ISBN 3 518 28100 3 Susanne Hauser Christa Kamleithner Roland Meyer Hrsg Architekturwissen Grundlagentexte aus den Kulturwissenschaften Bd 1 Zur Asthetik des sozialen Raumes transcript Verlag Bielefeld 2011 ISBN 978 3 8376 1551 7 Susanne Hauser Christa Kamleithner Roland Meyer Hrsg Architekturwissen Grundlagentexte aus den Kulturwissenschaften Bd 2 Zur Logistik des sozialen Raumes transcript Verlag Bielefeld 2013 ISBN 978 3 8376 1568 5 Maja Suderland Sozialer Raum escape social In Gerhard Frohlich Boike Rehbein Hrsg Bourdieu Handbuch Leben Werk Wirkung Metzler Stuttgart Weimar 2014 ISBN 978 3 476 02560 9 S 219 225 Einzelnachweise Bearbeiten vgl z B Ulf Jacob Es soll gut auf der Erde werden oder Die Gartenwelten des Hermann Furst von Puckler Muskau als soziale Raumstrukturen In Kultursoziologie 1998 Jg VII H 2 S 55 79 Vgl Martina Low Raumsoziologie Suhrkamp Frankfurt am Main 2001 ISBN 3 518 29106 8 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sozialer Raum amp oldid 236663629