www.wikidata.de-de.nina.az
Kulturelles Kapital ist ein Begriff der von dem franzosischen Soziologen Pierre Bourdieu eingefuhrt wurde Bourdieu benutzt den Terminus Bildungskapital fur die Teilform des inkorporierten Kulturkapitals Durch die Pragung dieser Begrifflichkeiten vermittelt Bourdieu die Erkenntnis dass materieller Besitz Okonomisches Kapital zwar in Geld umgewandelt konvertiert werden kann aber nicht das einzige Kriterium fur soziale Ungleichheit darstellt Die Aufteilung der Gesellschaft in Klassen wird von Bourdieu an die unterschiedliche Verfugung uber die vier Kapitalsorten okonomisches Kapital kulturelles Kapital soziales Kapital und symbolisches Kapital sowie an Unterschiede in Geschmack und Lebensstil gebunden Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsbestimmung 1 1 Inkorporiertes Kulturkapital 1 2 Objektiviertes Kulturkapital 1 3 Institutionalisiertes Kulturkapital 2 Literatur 3 Weblinks 4 AnmerkungenBegriffsbestimmung BearbeitenDas franzosische Wort culture hat den Ursprungssinn von Bildung behalten Somit kann Bourdieu die von dieser gewahrten Geltungschancen als k ulturelles K apital fassen 1 Das kulturelle Kapital umfasst damit die Bildung welche einen Nutzen im sozialen Beziehungsgeflecht mit sich bringt Dieses Segment des kulturellen Kapitals ist korpergebunden und wird in der Familie die uber unterschiedlich viel kulturelles Kapital verfugt an die Kinder weitergegeben Hinzu kommen die Ubertragung und der Besitz kultureller Guter sowie die Machtausubung durch den Erwerb von Titeln und Stellen 2 Kulturelles Kapital ist bedingt transformier bzw konvertierbar in okonomisches Kapital zum Beispiel die Ausgabe von Geld fur einen Kursus oder eine Gehaltserhohung nach einer erfolgreichen Weiterbildung Auch in der Weitergabe konnen die Kapitalformen transformiert werden etwa wenn Eltern besonders viel Geld in die Ausbildung ihrer Kinder investieren Bourdieu knupft bei der Bestimmung des kulturellen Kapitals wie auch der anderen Kapitalsorten an Max Webers Unterscheidung von Klassenlage okonomisch definiert nach Marktchancen und Klassenstand die Stellung in der Hierarchie von Ehre und Prestige an Als standische Lage bezeichnet Weber jede typische Komponente des Lebensschicksals welche durch eine spezifische positive oder negative soziale Einschatzung der Ehre bedingt ist die sich an irgendeine gemeinsame Eigenschaft knupft Max Weber Wirtschaft und Gesellschaft Diese standische Ehre zeigt sich in der jeweiligen Lebensfuhrung die bestimmte Handlungen zulasst oder sanktioniert Neben den okonomischen Unterschieden spielen hier auch symbolische Unterscheidungen eine Rolle bei denen es nicht ausschliesslich um den Besitz von Gutern geht sondern um die Art sie zu verwenden und als Mittel der Distinktion einzusetzen Bourdieu unterscheidet drei Formen des kulturellen Kapitals Inkorporiertes Kulturkapital Bearbeiten Verinnerlichtes Kulturkapital prasentiert sich in Form von dauerhaften Dispositionen des Organismus Die meisten Eigenschaften des kulturellen Kapitals lassen sich auf diese Korpergebundenheit zuruckfuhren Die erworbene Bildung also die Akkumulation von Kultur durch die familiare Primarerziehung sowie die anschliessende Sekundarerziehung wird als inkorporiertes Kapital demnach Bestandteil der Person Diese Art von Kapital kann daher nicht durch Geschenk Vererbung Kauf oder Tausch kurzfristig weitergegeben werden In Bezug auf dieses Kapital ist fur Bourdieu der Faktor Zeit erheblich Er differenziert gewonnene Zeit fur Kinder des Bildungsburgertums und doppelt verlorene Zeit fur Kinder der Arbeiterklasse Zur Korrektur der negativen Folgen muss abermals Zeit eingesetzt werden 3 Einen besonderen Wert erhalt diese Kapitalform durch Seltenheit beispielsweise wurde der einzige Lesende unter Analphabeten einen Extraprofit schopfen Daher ist auch diese Kapitalform durch die Ungleichheit gekennzeichnet d h nicht alle Familien konnen in die Bildung der Kinder gleich viel an Kapital investieren Die Gewinner dieses Prozesses setzen ihre Spielregeln durch und legen fest welche Kultur eine legitime ist und welche nicht Das inkorporierte kulturelle Kapital ist die undurchsichtigste aller Kapitalsorten Die darauf beruhenden Aspekte sozialer Ungleichheit werden verschleiert Illusio da sie naturlich erscheinen Die Sozialisationsinstanz Familie vermittelt legitime d h hegemoniale oder nichtlegitime Kultur wobei zwischen den Extremen die Position der Individuen und Klassen zu bestimmen ist Objektiviertes Kulturkapital Bearbeiten Objektiviertes Kulturkapital existiert laut Bourdieu in Form von kulturellen Gutern Bildern Buchern Lexika Instrumenten oder Maschinen in denen bestimmte Theorien und deren Kritiken Problematiken usw Spuren hinterlassen oder sich verwirklicht haben Diese Kapitalformen sind materiell ubertragbar Ein Bild lasst sich zum Beispiel verkaufen Damit wird jedoch nur der juristische Eigentumstitel des Bildes ubertragen Der Kauf setzt okonomisches Kapital voraus Um dennoch den eigentlichen Sinn des Bildes schatzen zu konnen muss der Kaufer auch uber verinnerlichtes kulturelles Kapital verfugen In den empirischen Sozialwissenschaften wird das kulturelle Kapital haufig anhand der Anzahl der Bucher im Haushalt eines Befragten gemessen Vergangenes und gegenwartiges kulturelles Kapital stehen dabei in einer erheblichen aber nicht perfekten Beziehung zueinander r 52 Vergangenes kulturelles Kapital hat dabei eine hohe Retest Reliabilitat hat dabei aber nur geringe bis moderate Korrelationen mit dem soziookonomischen Status den Fertigkeiten in den Bereichen Lese und Schreibfahigkeiten sowie kulturellen und literarischen Aktivitaten Es stellt damit nicht nur ein Korrelat dieser Faktoren dar sondern ein eigenstandiges Phanomen 4 Institutionalisiertes Kulturkapital Bearbeiten Institutionalisiertes Kulturkapital existiert in Form von legitimen Titeln und Stellen wie zum Beispiel Schul oder Universitatsabschlussen Titel haben die Eigenschaft eine Grenze zu ziehen zum Beispiel zwischen Autodidakten deren kulturelles Kapital unter permanentem Beweiszwang steht und dem kulturellen Kapital der formal Gebildeten die uber Zeugnisse und andere Abschlusse sowie kulturelle Kompetenz verfugen und mit kollektiver Magie ausgestattet sind Der Erwerb eines Titels bedeutet eine Art Wechselkurssteigerung zwischen kulturellem und okonomischem Kapital In seinem Hauptwerk Die feinen Unterschiede 1979 untersucht Bourdieu die Strategien der Herrschenden Bildungstitel die sich durch offeneren Hochschulzugang entwerten mittels subtiler Ausschliessung von Menschen aus beherrschten Klassen zu ersetzen Eine der haufigsten Methoden ein grosses kulturelles Kapital zu akkumulieren besteht darin den Eintritt in den Arbeitsmarkt zu verzogern um mittels schulischer Bildung und Ausbildung legitime Titel zu erhalten sowie Wissen zu inkorporieren Das in der Familie verfugbare okonomische Kapital spielt dabei eine sehr grosse Rolle Die Umwandlung von diesem okonomischen in kulturelles Kapital setzt einen Aufwand an Zeit voraus der durch die Verfugung uber okonomisches Kapital ermoglicht wird Spater zahlt sich diese Strategie durch hoheres Einkommen und andere Privilegien aus Es findet somit eine Ruckverwandlung des kulturellen Kapitals in okonomisches Kapital in der Form eines Profits statt Literatur BearbeitenPierre Bourdieu Okonomisches Kapital Kulturelles Kapital Soziales Kapital In ders Die verborgenen Mechanismen der Macht VSA Hamburg 1992 ISBN 3 87975 605 8 S 49 80 Pierre Bourdieu Okonomisches Kapital kulturelles Kapital soziales Kapital In R Kreckel Hrsg Soziale Ungleichheiten Soziale Welt Sonderband 2 S 183 198 Pierre Bourdieu Die feinen Unterschiede Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft franzos 1979 Frankfurt a M 1982 ISBN 3 51828 258 1 Jorg Rossel Claudia Beckert Zieglschmid Die Reproduktion kulturellen Kapitals In Zeitschrift fur Soziologie Band 31 2002 S 497 513 Weblinks BearbeitenTobias Kroll Die Ideologie des Neoliberalismus als kulturelles Kapital In Linksnet 2009 Blatter fur deutsche und internationale Politik 12 2008 Anmerkungen Bearbeiten Tobias Kroll kulturelles Kapital In Historisch kritisches Worterbuch des Marxismus Bd 8 I ISBN 978 3 88619 440 7 Pierre Bourdieu Luc Boltanski u a Titel und Stelle Uber die Reproduktion sozialer Macht Frankfurt am Main 1978 ISBN 3 43400 496 3 franz 1970 Pierre Bourdieu Okonomisches Kapital kulturelles Kapital soziales Kapital In R Kreckel Hrsg Soziale Ungleichheiten In Soziale Welt Sonderband 2 S 183 198 Z 220 Swen Sieben Clemens M Lechner Measuring cultural capital through the number of books in the household In Measurement Instruments for the Social Sciences Band 2 Nr 1 30 Januar 2019 ISSN 2523 8930 S 1 doi 10 1186 s42409 018 0006 0 Normdaten Sachbegriff GND 4805986 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kulturelles Kapital amp oldid 218763725