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Mit Sitzredakteur bezeichnete man vor allem in der Zeit der Weimarer Republik jenen Redakteur der zwar im Impressum als verantwortlich genannt wurde tatsachlich aber nur die Aufgabe hatte stellvertretend fur seine Kollegen Strafen abzusitzen Hintergrund BearbeitenHerausgeber wollten nicht das Risiko eingehen ihren Chefredakteur oder andere tragende Redakteure fur langere Zeit entbehren zu mussen daher benannten sie unwichtige Redakteure als Verantwortliche Mit Grundung der Bundesrepublik und ihren Landespressegesetzen ist diese Konstruktion nicht mehr moglich Verantwortliche im Sinne der Pressegesetze mussen aufgrund ihrer Position Einfluss auf die redaktionellen Inhalte haben Grosse Redaktionen verteilen die Last der Verantwortung indem sie im Impressum mehrere Personen fur einzelne Bereiche meist Ressortleiter oder deren Stellvertreter als Verantwortliche benennen Geschichte BearbeitenDie Nennung eines solchen Namens wurde mit dem Aufkommen der ersten Presseprodukte von der Zensur vorgeschrieben Auch das Reichspressgesetz von 1874 das die Zensur aufhob sah diese Vorschrift als Mittel zur Pressekontrolle vor Bei Gesetzesverstossen innerhalb einer Publikation vor allem bei anonymen Beitragen wurde die genannte Person zur Verantwortung gezogen und gegebenenfalls inhaftiert Dies geschah wahrend des Kaiserreiches haufiger zum Beispiel aufgrund von Majestatsbeleidigungen Betroffen davon waren alle Medien beispielsweise katholisch konservative Zeitungen wahrend des Kulturkampfes sozialistisch revolutionare Blatter nach der Verabschiedung der Sozialistengesetze aber auch die monarchistisch konservative Presse beim sogenannten Grunderkrach 1 So heisst es beispielsweise in B Travens Roman Die weisse Rose Die sozialistischen und kommunistischen Zeitungen haben zuweilen sogenannte Sitz Redakteure die alle Strafen die den Zeitungen auferlegt werden in irgendeiner Form abzubrummen haben damit die wertvolleren Arbeitskrafte der Zeitung erhalten bleiben 2 Bei der 1884 in Stuttgart wiedergegrundeten sozialdemokratischen Satirezeitschrift Der wahre Jacob wurde als verantwortlicher Redakteur ein R Seiffert genannt der tatsachliche Herausgeber war Wilhelm Blos 3 Bei der Frankfurter Zeitung fungierte 1892 fur drei Monate der Nachwuchsredakteur Kurt Eisner als Sitzredakteur und wurde zweimal gerichtlich belangt und zu Geldstrafen verurteilt er galt damit als vorbestraft 3 Die Verurteilung des tatsachlich leitenden Redakteurs Bernhard Heymann vom Wahren Jakob 1901 zu 200 Mark zeigt dass die Vertretung aus der Mode kam Auch Eduard Fuchs vom Suddeutschen Postillon hatte keinen Vertreter sondern musste seine Strafen 1897 wegen des Gedichts Enthullungen sechs Monate Haft und 1898 wegen Majestatsbeleidigung zehn Monate Haft selbst absitzen Thomas Theodor Heine vom Simplicissimus wurde im Dezember 1898 zu sechs Monaten Festungshaft verurteilt wahrend Albert Langen und Frank Wedekind in die Schweiz fluchteten und erst bei ihrer Ruckkehr nach Deutschland belangt wurden auch sie hatten keine Vertreter 3 Einzelnachweise Bearbeiten Dagmar Bussiek Mit Gott fur Konig und Vaterland Die Neue Preussische Zeitung Kreuzzeitung 1848 1892 LIT Verlag Munster 2002 S 126 B Traven Die weisse Rose Rowohlt Taschenbuch Verlag 1962 S 143 In der Erstausgabe hiess es noch Brumm Redakteur woruber sich Kurt Tucholsky in einer Rezension mokierte Er spricht was immerhin noch komisch klingt von einem Brumm Redakteur und meint einen Sitz Redakteur aus B Traven in Die Weltbuhne 25 November 1930 S 800 a b c Oliver Stenzel Der Sitzredakteur In Kontext Wochenzeitung 23 April 2016 S 3 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sitzredakteur amp oldid 217009418