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Der Schnadegang mitunter auch Schnadezug Schnatgang Schnadgang oder Flurumgang in Hessen auch Grenzgang oder Grenzegang und im Burgenland Hottergang genannt ist in zahlreichen Gemeinden vor allem in Westfalen Hessen im Burgenland sowie in der niedersachsischen Stadt Osnabruck siehe Schnatgang Osnabruck ein wiederbelebter alter oder seit Jahrhunderten bestehender Brauch der Grenzbegehung Schnade niederdeutsch auch Snat oder Schnaot ist verwandt mit Schneise und bedeutet Grenze Hotter leitet sich von ungarisch hatar ab und bedeutet ebenfalls Grenze Ein ahnlicher Brauch ist der in der Nordwestschweiz bekannte Banntag Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Schnadegang 2 1 Verbot in Preussen 2 2 Brilon 2 3 Geseke 2 4 Osnabruck 2 5 Bad Iburg 2 6 Hattingen Ruhr 2 7 Rothe 3 Literatur 4 WeblinksGeschichte BearbeitenZuruckzufuhren sind die Rundgange auf Streitigkeiten der Orte wegen angeblicher oder tatsachlicher Grenzverschiebungen Fruher dienten Waldschneisen Bache Hecken oder Graben als Grenzmarkierung Bis zum 17 Jahrhundert dienten zur Markierung auch eigens gepflanzte Baume in die man mit der Axt ein Kreuz hineinschlug dann ging man zur Verwendung von Grenzsteinen Hutesteine uber Diese bestehen haufig aus einem anderen Material als die Gesteine aus der Umgebung damit man die Grenzsteine besser von den naturlichen Steinen unterscheiden kann Um die Korrektheit der Gemeindegrenze zu kontrollieren die Grenzmarkierungen freizuschneiden und den neuen Burgern die Kenntnis uber den Verlauf der Grenzen zu vermitteln fand anfangs eine amtliche Grenzbegehung statt die dann alle ein oder zwei Jahre wiederholt wurde und mit der Zeit zu einem Volksfest mit teilweise bis zu mehreren 10 000 Besuchern wurde so zum Beispiel in Asbeck Munsterland Bad Sassendorf Biedenkopf Brilon Cappel Buchenau Lahn Geseke Herdecke Dorfwelver Ense Gossfelden Arnsberg Neheim Husten Arnsberg Medebach Meschede Moritzberg Hildesheim Salzkotten Twiste Ruthen Warstein Wetter Wickede Wollmar und seit neuester Zeit auch in Dodenau In Neuenrade im markischen Kreis ist ein Schnadegang von 1450 schriftlich uberliefert Vielerorts wurde und wird der Schnadegang zum Anlass genommen Neuburger der Stadt zu poalasen Dabei wird der zu Poalasende von einigen Schnadgangern Schnadloipers angehoben und uber einen Grenzstein gehalten Dann lasst man sein Hinterteil Aas mehrmals leicht auf den Stein Poal prallen Damit soll dem Neuburger der Standort des Grenzsteins nachhaltig bewusst gemacht werden Gepoalaste Gemeindemitglieder werden Poalburger Alteingesessene genannt In einigen Stadten werden hierbei festgelegte Spruche oder Worte gerufen Der Gepoalaste revanchiert sich fur die Aufnahme in die Gemeinde mit einer Getrankespende am nachstgelegenen Rastplatz des Schnadegangs Schnadegang BearbeitenVerbot in Preussen Bearbeiten Nach der Einfuhrung des Grundsteuerkatasters wurden sie in einer Verfugung des preussischen Innenministeriums vom 6 Juli 1817 fur nicht mehr notwendig erklart Im Amtsblatt der Koniglichen Regierung zu Arnsberg vom 3 Februar 1841 wurde der Schnadegang schliesslich verboten Die an einigen Orten noch ublichen Grenz und Schnadenzuge haben in der neueren Zeit zur Verubung mehrerer grober Exzesse Veranlassung gegeben Da derartige Zuge in der jetzigen Zeit keinen Nutzen mehr gewahren weil bei der vollendeten Katastrirung des Grund und Bodens eine Verdunklung der Grenzen nicht leicht moglich ist eintretendenfalls aber ohne Theilnahme der einzelnen Gemeindeglieder von den Behorden gehoben werden kann so werden diese bisher an einigen Orten noch ubliche Grenzzuge in Folge Bestimmung des Koniglichen Ministerium des Innern und der Polizei ganz untersagt und sammtliche Ortsbehorden sowie die Koniglichen Landrrathe unseres Bezirks hiedurch angewiesen Niemanden zur Veranstaltung eines Grenzzuges welcher die Begehung einer Jagd Gemarkungs oder Gemeindegrenze durch die Gemeindeglieder oder sonstiger bei Feststellung der Grenzen nicht interessirter Personen zum Zweck hat die Erlaubnis zu ertheilen So geriet im preussischen Staat der Brauch des Schnadezuges vielerorts in Vergessenheit Brilon Bearbeiten nbsp Schnadegang BrilonIn Brilon fand der erste Schnadegang am 24 Juni 1388 statt Zwischenfalle beim Schnadegang von 1840 nahm die preussische Regierung zum Anlass den Schnadegang zu verbieten 1848 wurde der Schnadegang fur die Stadt Brilon durch den preussischen Konig Friedrich Wilhelm IV aus besonderer Gnade wieder gestattet Heute findet der Schnadegang alle zwei Jahre am Schutzenfestwochenende statt Dabei wird etwa ein Funftel der Stadtgrenze abgeschritten Jeweils mehrere Tausend Manner beteiligen sich am Schnadegang Aus fast allen Erdteilen kehren die Briloner Manner in die Heimat zuruck um an der Schnad teilzunehmen Frauen sind erst auf dem Lagerplatz zugelassen wo ein zunftiges Waldfest stattfindet Der einzelne Schnadegang ist dabei stets in drei Abschnitte aufgeteilt Der traditionelle Ausmarsch vom Marktplatz mit Wanderung bis zum Fruhstucksplatz Wanderung vom Fruhstucksplatz bis zum Lagerplatz Wanderung vom Lagerplatz mit Einmarsch in die Stadt und dreimaliges Umrunden des Kumps auf dem MarktplatzGeseke Bearbeiten Der alteste Schnadgang Westfalens findet in Geseke statt Schon 1326 werden Schnadbaume in der Stockheimer Bauerschaft erwahnt Nach einigen Jahren Pause aufgrund eines Verbots durch die preussische Regierung ahnlich wie in Brilon wurde der Schnadgang 1864 durch den damaligen Burgermeister Frettloh wieder eingefuhrt Seit 1925 fuhrt der Verein fur Heimatkunde Geseke e V diese Veranstaltung im Auftrag der Stadt Geseke durch Jedes Jahr wird ein Viertel der Geseker Gemarkungsgrenze abgeschritten In den letzten Jahren hat sich eine Teilnehmerzahl von 250 bis 400 je nach Wetterlage etabliert Der Schnadgang wird seit Jahrzehnten wie folgt durchgefuhrt Um 11 Uhr am ersten Samstag im September verabschiedet der Burgermeister die Teilnehmer am Alten Rathaus Am ersten Schnadstein wird der amtierende Konig der St Sebastianus Schutzenbruderschaft von 1412 e V gepoalast Als Geseker Burger antwortet er auf die Frage wuste bolken willst du etwas sagen mit alles use alles unsers wahrend Auswartige mit alles Geiseke alles Geseke antworten Zur ersten Rast begrussten die Jagdhornblaser des Hegerings Geseke die Schnadganger Nach der zweiten Rast marschieren die Schnadganger zum nachstgelegenen ehemaligen Stadttor wo sie von Fahnenabordnungen der beiden Geseker Schutzenvereine der Stadtkapelle und dem Tambourkorps begrusst und bis zum Marktplatz begleitet werden Osnabruck Bearbeiten nbsp Schnatgangstein am Hotel Walhalla in Osnabruck nbsp Bad Iburger Schnautgangsstein am Dorenberg von 2002In der niedersachsischen Stadt Osnabruck richtet die seit 1560 belegte Heger Laischaft alle sieben Jahre den Osnabrucker Schnatgang aus Er wurde im 19 Jahrhundert zu einem Traditionsfest Die Teilnehmer begrussen sich bis heute mit Olle use Alles unseres Olle use ist auch der Name einer Traditionskneipe am Hegertor Die von den Burgern der Laischaft gemeinsam bewirtschafteten Walder lagen ausserhalb der Stadtgrenze vor dem Hegertor Uber einem Nebeneingang des Hotels Walhalla in der Osnabrucker Altstadt einem Fachwerkgebaude im Stil eines Ackerburgerhauses von 1690 in unmittelbarer Nahe des Rathauses wurde zur Erinnerung an den Schnatgang 1934 ein Gedenkstein angebracht Er tragt die Inschrift Kums du herrut ut dusse durn Un hasst de Mase schon an schlurn dann stell di hier nich hin un pinkle sock di datou en ennern Winkel Snautgang 1934 Bad Iburg Bearbeiten Die Tradition des Schnatgangs wurde in der niedersachsischen Stadt Bad Iburg sudlich von Osnabruck wiederbelebt An den Schnatgang 2002 erinnert ein Gedenkstein auf dem Karlsplatz des Dorenbergs mit der Inschrift Schnautgang 2002 Bad Iburg Hattingen Ruhr Bearbeiten Aus dem Jahre 1806 ist der letzte Schnadegang in Hattingen uberliefert der um die Feldmark fuhrte Erst am 13 April 2014 starten der Heimatverein Hattingen Ruhr und der SGV Abteilung Hattingen den ersten Hattinger Schnadegang der Neuzeit der in insgesamt funf Etappen die Hattinger Stadtgrenze erkunden liess Rothe Bearbeiten In dem ostwestfalischen Dorf Rothe findet jedes Jahr am christlichen Feiertag Christi Himmelfahrt der zugleich als Vatertag gefeiert wird ein Schnatgang statt Unter zahlreicher Beteiligung werden die Grenzen und Grenzsteine wahrend einer Wanderung besichtigt und begutachtet Literatur BearbeitenUlrich Grun Der grosse Brilonisch und Rudisch Holtzstreit von 1569 in Burgerschaft der Stadt Brilon Hrsg Briloner Schnadezug Brilon 1980 Josef Lappe Der Schnadzug ein altwestfalischer Rechts und Volksbrauch In Heimatblatter der Roten Erde 4 1925 S 452 467 Karl Hartung Mit alten Mendenern auf Schnadegang Umbreitung der Grantzen im Ambt Menden 1582 In Beitrage zur Landeskunde des Honnetals Band 19 Menden 1994 Schnadgangsprotokoll vom 30 Juni 1740 im Amt Wolbeck Staatsarchiv Munster Furstentum Munster Hofkammer XVI2a Franz X Simmerding Deutscher Verein fur Vermessungswesen DVW Landesverein Bayern e V Hrsg Grenzzeichen Grenzsteinsetzer und Grenzfrevler Kapitel D Adolf Sellmann Uber Grenze Grenzsteine und Grenzfrevel In Allgemeine Vermessungs Nachrichten 1931 S 243 ff Stephan Thome Grenzgang Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2009 Roman der den Brauch des Grenzganges in einer fiktiven Gemeinde nach dem Vorbild der hessischen Stadt Biedenkopf thematisiert vgl hierzu Andreas Rutz Grenzen im Raum Grenzen in der Geschichte Probleme und Perspektiven In Eva Geulen Stephan Kraft Hrsg Grenzen im Raum Grenzen in der Literatur Zeitschrift fur deutsche Philologie Sonderheft 129 Berlin 2010 S 7 32 hier S 7 9 H Vorwahl Die Grenze in Glaube und Brauch Allgemeine Vermessungs Nachrichten 1929 S 572 ff Leo Mauczik Pimpfe und Poalburger Agenda Verlag Munster 2009 ISBN 389688400X Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Schnadegang Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Normdaten Sachbegriff GND 4346929 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schnadegang amp oldid 223818653