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Die vier Scherzi Frederic Chopins gehoren zu seinen bedeutendsten Klavierwerken Mit ihnen schuf er eine leidenschaftliche virtuose Bekenntnismusik die mit ihrem hohen Tempo Presto Prestissimo und den zahlreichen pianistischen Herausforderungen nur grossen Pianisten zuganglich ist Chopin Portrat von Eugene DelacroixDie Scherzi konnen wie seine Balladen als eine Gattungsneugrundung betrachtet werden Chopin ubernahm den Beethovenschen Satztypus mit dem schnellen 3 4 Takt der dreiteiligen ABA Form und dem Trio Mittelteil der an die Stelle des Menuetts getreten war und verselbstandigte ihn Von diesen formalen Gemeinsamkeiten abgesehen unterscheiden sich die ersten drei Scherzi von den Vorbildern Beethovens diametral indem sie mit ihrer extremen Ausdruckshaltung und der hochgespannten Dramatik den ursprunglichen Charakter geradezu ins Gegenteil verkehren Anders als die formal ungebundeneren eher narrativen Balladen die mit dem Themendualismus Elemente des Sonatenhauptsatzes aufgreifen sowie Variations und Rondoformen aufweisen ist die eigentliche Verarbeitung des Materials in den Scherzi gegenuber einer Motiv Reihung zuruckgenommen 1 Die vier Scherzi BearbeitenDas Scherzo Nr 1 in h Moll op 20 ist mit seinen rasenden Achtel Passagen und jahen Stimmungswechseln das wildeste Stuck dieser Gattung Wesentlich popularer ist das 1837 komponierte und veroffentlichte zweite Scherzo in b Moll op 31 dessen vergleichsweise Lange auf die Wiederholung des ersten Hauptteils und des Trios zuruckzufuhren ist Das haufig gespielte sehr wirkungsvolle Scherzo besticht durch den Kontrast innerhalb des zweiteiligen Kopfthemas zwischen der drohend unheimlichen Unisono Figur und den wutenden Fortissimo Akkorden im oberen Register der kantablen Melodie des Seitenthemas die sich uber einer rollenden Begleitfigur entfaltet der dramatischen Entwicklung des Trios und der eruptiven Coda Der Komponist selbst wies mehrfach etwa gegenuber Wilhelm von Lenz auf die besondere Bedeutung der dusteren sotto voce Triolen der Anfangsfigur hin Sie solle grabesahnlich gespielt werden und an ein Beinhaus erinnern Das dritte Scherzo in cis Moll op 39 das zwischen 1838 und 1839 entstand und 1840 publiziert wurde uberrascht zunachst durch seine fragende Einleitungsfigur und die wilden von beiden Handen gespielten Oktavpassagen die panische Unruhe vermitteln Den musikalischen Hohepunkt bildet der schone Mittelteil der als ein kompositorischer Gipfel im Schaffen Chopins betrachtet werden kann Ein sonores Choralthema wird von impressionistisch anmutenden herabrieselnden leggiero zu spielenden Achtel Kaskaden unterbrochen und uber hymnische Dur und dustere Moll Spharen in entfernte Tonarten moduliert und fortgefuhrt In einer kurzen Durchfuhrung werden die arabeskenartigen Figuren und der Choral verarbeitet bis das wiedereinsetzende drangende Hauptthema in die Reprise uberleitet in der die Choralmelodie zunachst in e Moll dann in strahlendem Cis Dur erscheint Das vierte Scherzo in E Dur op 54 bildet mit seiner erweiterten Sonatenform der doppelten Durchfuhrung vor allem aber seinem klangpoetischen und lichten Dur Charakter eine Ausnahme Der Triogesang der von einer komplexer werdenden Begleitfigur untermalt und polyphon verastelt wird gehort zu den schonsten melodischen Einfallen des Komponisten Das Werk erinnert entfernt an den elfenhaften Scherzotyp Felix Mendelssohn Bartholdys wenn auch die pianistische Energie und dramatische Kraft es weit uber diese Sphare hinaushebt 2 Weblinks BearbeitenScherzo Nr 1 h Moll op 20 Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project Scherzo Nr 2 b Moll op 31 Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project Scherzo Nr 3 cis Moll op 39 Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project Scherzo Nr 4 E Dur op 54 Noten und Audiodateien im International Music Score Library ProjectEinzelnachweise Bearbeiten Chopin Fryderyk Franciszek in Komponisten Lexikon Metzler Stuttgart 2003 S 129 So Joachim Kaiser Frederic Chopin Die vier Scherzi fur Klavier Kaisers Klassik 100 Meisterwerke der Musik Schneekluth Augsburg 1997 S 395 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Scherzi Chopin amp oldid 237997240