www.wikidata.de-de.nina.az
Der Berliner Schachclub war der erste deutsche Schachverein er bestand von 1803 bis 1847 Er wird auch als Schadows Schachklub bezeichnet weil der Bildhauer Gottfried Schadow als Grundungsmitglied und zeitweiliger Vorsitzender eine wichtige Rolle einnahm Johann Erdmann Hummel Die Schachpartie um 1819 Inhaltsverzeichnis 1 Voraussetzungen 2 Entstehung und Mitglieder 3 Uberlieferte Schachpartien 4 Bewertung 5 Einzelnachweise 6 Literatur 7 WeblinksVoraussetzungen BearbeitenIn einem langeren Zeitraum um das Jahr 1800 in einer Epoche des Ubergangs von uneingeschrankt absolutistischen zu burgerlich vordemokratischen Gesellschaftsordnungen entstanden in Berlin wie anderswo zahlreiche Salons Klubs und Vereine in denen die neuen Gedanken und Entwicklungen debattiert wurden Kenntnisse im Schachspiel waren unter den Anhangern der Aufklarung weit verbreitet als Spiel der Vernunft war es eine gesellschaftlich angesehene Beschaftigung Gottfried Schadow hatte sich aus einfachen Verhaltnissen hochgearbeitet und als Hofbildhauer und Leiter der Akademie der Kunste eine gehobene gesellschaftliche Stellung erreicht Wie damals vielfach ublich gehorte er verschiedenen Vereinigungen an er war zum Beispiel Mitglied in einer Freimaurerloge regelmassiger Gast in der Singakademie und Mitbegrunder des Berliner Kunstler Vereins Unter seiner Mitwirkung entstand der erste deutsche Schachklub uber den er in seinen Schreibkalendern ausfuhrliche Informationen hinterliess In diesen Oktavheften notierte Schadow taglich halb auf Deutsch halb auf Latein und schwer entzifferbar welche Bucher er las welche Vortrage er gehort hatte welche Klubs er besucht und wen er dort getroffen hatte Uber vierzig Jahre lang hielt er sich mehrmals wochentlich fur jeweils zwei bis drei Stunden im Schachklub auf und machte Aufzeichnungen daruber Entstehung und Mitglieder BearbeitenEin zeitgenossischer Autor mit dem Kurzel L B hat die Entstehung des Schachklubs beschrieben Danach trafen sich in den Sommermonaten des Jahres 1803 einige Manner regelmassig abends im Berliner Tiergarten zum Gedankenaustausch und um gelegentlich eine Partie Schach zu spielen Als der Winter kam entstand der Gedanke einen Schachklub zu grunden Drei aus ihrer Mitte erhielten den Auftrag eine schickliche Wohnung zu miethen die nothigen Schachspiele zu besorgen Gesetze zu entwerfen Am 16 Oktober 1803 wurde der Klub eroffnet Anfangs gehorten ihm 34 Mitglieder an 1805 enthielt die Mitgliederliste schon 139 Namen Das Vereinslokal lag in der Taubenstrasse unweit des Brandenburger Tores 1 Die Satzung des Vereins hatte 70 Paragraphen Zu Beginn wurde festgelegt Der Schach Klub bildet eine Gesellschaft deren Mitglieder sich als Liebhaber des Schachspiels vereinigt haben an einem bestimmten Ort in der Stadt taglich zusammenzukommen Als alleiniger Zweck wurde bestimmt Schach zu spielen oder diesem Spiele zuzuschauen 1 Unter den Mitgliedern befanden sich Vertreter unterschiedlicher Fachgebiete wie der Arzt Christoph Wilhelm Hufeland der Astronom Johann Franz Encke der Philosoph und Bibliothekar Samuel Heinrich Spiker der Padagoge Lazarus Bendavid Mitglied von Anfang an und bevorzugter Schachpartner Schadows der Archaologe Aloys Hirt der Staatsbeamte Georg Leopold von Reiswitz der aus dem Schachspiel ein komplexes Kriegsspiel zur Analyse militarischer Auseinandersetzungen entwickelte und der Maler Johann Erdmann Hummel Gelegentlich waren Clemens Brentano Achim von Arnim und August Wilhelm Schlegel Gaste im Klub Die Mitglieder waren meist aktive Vertreter der Spataufklarung sie traten ein fur Toleranz und Gedankenfreiheit das Schachspiel betrieben sie als eine Spielart vernunftigen Denkens Am Schachbrett trafen sie sich sozusagen auf neutralem Terrain auf einer Abstraktionsebene hoherer Ordnung einer Metaebene auf der alle Fahigkeiten die sie in ihrem Beruf beweisen mussten buchstablich zum Zuge kamen aber ohne metierbedingte Spezialkenntnisse 2 Man legte aber Wert auf Exklusivitat Wer aufgenommen werden wollte musste die Empfehlung zweier Mitglieder vorweisen und eine angesehene gesellschaftliche Position bekleiden Zur Mitgliedschaft konnten laut Satzung nur solche Personen vorgeschlagen werden welche zum Civil Adelichem burgerlichen geistlichen oder gelehrten Stande gehoren 3 Angehorige des Militars waren damit als Mitglieder ausgeschlossen hatten aber als gelegentliche Gaste Zutritt Ein Olgemalde von Johann Erdmann Hummel entstanden um 1819 zeigt eine typische Spielsituation jener Zeit allerdings nicht in der Taubenstrasse sondern in ahnlicher Umgebung in der Wilhelmstrasse Zu sehen sind uberwiegend Mitglieder von Schadows Schachklub im Hintergrund am Fenster ist der Maler selbst zu erkennen Schach war das einzige zugelassene Spiel aber nicht die einzige Beschaftigung im Klub Im Lese Cabinet gab es ausser einer Prasenzbibliothek mit Schachliteratur auch eine Auswahl von Abonnementzeitungen Hier war Gelegenheit zum Meinungsaustausch uber Wissenschaft und Kunst Literatur und Politik In den 1840er Jahren geriet der Klub in eine kritische Situation Die Zahl der Mitglieder ging zuruck Ein eindeutiger Grund fur den Niedergang ist nicht bekannt die Ursachen werden in fehlender Nachwuchsarbeit und Uberalterung gesehen Auch die Energie Schadows der inzwischen weit uber 70 Jahre alt war hatte nachgelassen Im Jahre 1847 wurde der Schachklub aufgelost Uberlieferte Schachpartien BearbeitenSchachpartien die im Klub selbst gespielt wurden sind nicht erhalten Dokumentiert sind aber die im Namen des Klubs von Julius Mendheim geleiteten Partien zweier Korrespondenzwettkampfe Diese wurden zwischen 1829 und 1836 mit wechselndem Erfolg gegen den Breslauer 2 0 und Hamburger Schachklub 0 1 1 ausgetragen Die Fuhrung der Partien 2 0 gegen Posen in den Jahren 1839 40 wurde dann Spielern der inzwischen gegrundeten Berliner Schachgesellschaft anvertraut was das gute Verhaltnis zwischen den altesten Berliner Schachvereinen belegt Bewertung BearbeitenDie meisten Schachhistoriker sehen in Schadows Schachklub nur eine Vorstufe des ernsthaften leistungsfahigen Vereinsschachs dessen Anfang sie mit der Grundung der Berliner Schachgesellschaft im Jahre 1827 verbinden Dort gab es keine elitaren Zugangsbeschrankungen somit fanden auch jungere ehrgeizige Spieler Aufnahme und Entwicklungsmoglichkeiten Der altere Schachklub wurde danach schon bald der Alte Club genannt und kritisch beurteilt Der Diplomat und ausgezeichnete Schachspieler Tassilo von Heydebrand und der Lasa schrieb 1859 in seinen Erinnerungen zwar einleitend er habe keine hinreichend genauen Nachrichten uber die Anfange des Schachspiels in Berlin meinte dann aber dass die Combinationen damals von einem sehr beschrankten methodischen und schwerfalligem Geiste beherrscht werden Auch die praktischen Erfolge konnen danach nicht bedeutend gewesen sein Jedenfalls wenn es in Berlin starke Spieler gegeben hatte ist doch ihre Kunde nicht bis auf uns gekommen Fur uns ist es also als hatten sie nicht existiert 1 Nach den bekannten Quellen war der Berliner Schachklub von 1803 zwar kein sportlich spielstarker Verein aber auch keine Vereinigung untalentierter Honoratioren Im gesellschaftlichen und kulturellen Leben Berlins hatte er in der ersten Halfte des 19 Jahrhunderts einen festen Platz Einzelnachweise Bearbeiten a b c Fischer Auf der Suche nach einem verkannten Club Artikel der Zeitschrift Karl Hans Hollander in Schadows Schachklub ein Spiel der Vernunft in Berlin 1803 1850 Ausstellungskatalog S 26 Hervorhebung im Original Fietz Verschollene Schachtradition im Herzen Preussens Berliner Ausstellung entdeckt die Ursprunge des altesten Schachclub Deutschlands Website von Rochade KuppenheimLiteratur BearbeitenBarbara Hollander Hans Hollander Gottfried Schadow Illustrator Schadows Schachklub Ein Spiel der Vernunft in Berlin 1803 1850 Katalog der gleichnamigen Ausstellung in der Kunstbibliothek des Kulturforums 3 Oktober bis 16 November 2003 In Bernd Evers Hrsg Sammlungskataloge der Kunstbibliothek Kunstbibliothek Staatliche Museen Preussischer Kulturbesitz SMBK Berlin 2003 ISBN 3 88609 480 4 Weblinks BearbeitenJohannes Fischer Auf der Suche nach einem verkannten Club Artikel der Zeitschrift Karl Harald Fietz Verschollene Schachtradition im Herzen Preussens Berliner Ausstellung entdeckt die Ursprunge des altesten Schachclub Deutschlands Website von Rochade Kuppenheim Elke Rehder Der Schach Club von 1803 In schach chess com Juni 2018 abgerufen am 2 Mai 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schadows Schachklub amp oldid 211532711