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Ruchsa arabisch رخصة DMG ruḫṣa Erlaubnis Dispens Konzession Plural ruchas رخص DMG ruḫaṣ ist ein Prinzip des islamischen Rechts das vor allem bei den gottesdienstlichen Pflichten zur Anwendung kommt und darin besteht dass in bestimmten Fallen der Verhinderung der Glaubige von der Einhaltung bestimmter Gebote und Verbote entbunden wird ohne dass diese jedoch allgemein ausser Kraft gesetzt werden Gegenbegriff zu Ruchsa ist ʿAzima عزيمة Aufforderung Plural ʿazaʾim عزائم womit die Aufforderung gemeint ist die Pflicht an sich einzuhalten ohne Berucksichtigung der etwaigen Hindernisse seiner Befolgung 1 Als Konzessionen dieser Art die bereits im Koran verankert sind gelten die Erlaubnis in Notfallen zur Vermeidung des Hungertodes verbotene Speisen essen zu durfen Sure 5 3 sowie die Empfehlung in bestimmten Fallen die vor den Gebeten erforderliche Waschung mit Sand statt Wasser zu verrichten Tayammum Sure 4 43 5 6 Andere Konzessionen dieser Art werden auf Aussagen des Propheten zuruckgefuhrt so zum Beispiel die Erlaubnis bei Lebensgefahr den eigenen Glauben zu verleugnen 2 Auch die Freistellung von Menstruierenden Wochnerinnen Kranken Reisenden Schwangeren und Stillenden von der Fastenpflicht im Monat Ramadan gilt als Ruchsa 3 In manchen Fallen fuhrt die Ruchsa sogar zu einer vollstandigen Verkehrung der ursprunglichen Bestimmung So soll der Prophet zunachst den Besuch von Grabern verboten dann aber im Zuge einer Ruchsa erlaubt haben 4 Grundlage fur das Ruchsa Prinzip ist der Hadith Wahrlich Gott liebt es genauso wenn seine Dispense erfullt werden wie wenn seine Aufforderungen erfullt werden inna Llaha yuḥibbu an tuʾta ruḫaṣu hu kama yuḥibbu an tuʾta ʿazaʾimu hu 5 Der Prophetengefahrte ʿAbdallah ibn ʿAbbas wird ausserdem mit der Aussage zitiert Die Ruchsa ist ein Almosen sadaqa das euch Gott gibt weiset es nicht zuruck ar ruḫṣa min Allah ṣadaqa fa la taruddu ṣadaqata hu 6 Die Ruchsa gilt dabei als die Verwirklichung eines Grundprinzips des Islams der sich als eine Religion der Bequemlichkeit din al yusr positiv von Judentum und Christentum abheben soll da in diesen Religionen die Glaubigen angeblich durch rigide Vorschriften drangsaliert werden 7 Sufische Lehren BearbeitenSufis sahen sich allerdings meist dazu aufgerufen die gottliche Belohnung zu suchen die sich aus der Einhaltung der ʿAzaʾim ergibt Wahrend zum Beispiel Gott den Menschen im Zuge der Ruchsa erlaubt hat zu heiraten so suchten sie die ʿAzima des Zolibats Insbesondere in dem Sufi Orden der Naqschbandiya legte man Wert auf die Einhaltung der ʿAzaʾim wahrend man anderen Muslimen aber durchaus zugestand die Ruchsa Erleichterungen zu nutzen 8 Zugrunde liegt hierbei die Vorstellung dass die ʿAzaʾim fur die starken Menschen bestimmt sind die Ruchas jedoch fur die schwachen Menschen Dies ist auch der Grundgedanke des Traktats Das chidrische Richtmass al Mizan al Ḫiḍriya des agyptischen Sufis ʿAbd al Wahhab asch Schaʿrani st 1565 Er entwickelte dort mit Bezug auf die beiden Prinzipien Ruchsa und ʿAzima die Lehre dass die Scharia insgesamt auf zwei Stufen herabgekommen sei namlich auf der Stufe der Milderung taḫfif und der Stufe der Verscharfung tasdid die sich jeweils an unterschiedliche Personenkreise richteten Asch Schaʿrani beschreibt in seinem Traktat wie er diese Lehre von Chidr erhielt der mit ihm in der Verborgenheit reiste und ihm die Quelle der reinen Scharia zeigte Daher hat der Traktat auch seinen Namen 9 Literatur BearbeitenIgnaz Goldziher Die Ẓahiriten Ihr Lehrsystem und ihre Geschichte Ein Beitrag zur Geschichte der muhammedanischen Theologie Leipzig 1884 S 68f Ze ev Maghen After hardship cometh ease the Jews as backdrop for Muslim moderation Berlin u a de Gruyter 2006 S 25 51 R Peters Art Rukhṣa 1 In Law in The Encyclopaedia of Islam New Edition Bd VIII S 595b 596a J G J ter Haar Art Rukhṣa 1 In Sufism in The Encyclopaedia of Islam New Edition Bd VIII S 596 M J Kister On Concessions and Conduct A Study in early Ḥadith in G H A Juynboll ed Studies on the First Century of Islamic Society Carbondale and Edwardsville Southern Illinois University Press 1982 S 89 107 Einzelnachweise Bearbeiten Vgl Goldziher 68 Vgl Kister 94 Vgl Birgit Krawietz Hierarchie der Rechtsquellen im tradierten sunnitischen Islam Berlin 2002 S 233 Vgl Kister 92 Vgl Kister 89 Vgl Goldziher 69 Vgl dazu Maghen 25 51 und Kister 91 Vgl ter Haar Vgl Patrick Franke Begegnung mit Khidr Quellenstudien zum Imaginaren im traditionellen Islam Beirut Stuttgart 2000 S 300 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ruchsa amp oldid 188948336