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Hafner ist der suddeutsche Ausdruck fur Topfer Im Rottal also hauptsachlich im heutigen Landkreis Rottal Inn bestand neben dem Kroning bei Vilsbiburg das zweite bedeutende Hafnergebiet in Niederbayern Die Handwerkstradition der Rottaler Hafner reicht zeitlich wie bei der Kroninger Hafnerkeramik bis ins Mittelalter zuruck und endet erst in der Zeit um 1920 Inhaltsverzeichnis 1 Geographische Eingrenzung 2 Sozial und Kulturgeschichte Uberblick 2 1 Sozialgeschichte 2 1 1 Religiose und gesellschaftliche Gegebenheiten 2 1 2 Finanzielle Situation der Hafner 2 2 Kulturgeschichte 2 2 1 Gebrauchsgeschirr 2 2 2 Aussergewohnliche Ware 3 Vertrieb der Hafnerware 4 Literatur 5 EinzelnachweiseGeographische Eingrenzung BearbeitenDie Landschaft zwischen Donau und Inn bildet einen Keil an dessen Spitze Passau liegt Darin eingeschlossen sind die Flusse Vils und Rott Diese Gegend besteht hauptsachlich aus tertiarem Hugelland und bot seit dem Altertum zahlreichen Hafnern Arbeitsmoglichkeiten In Pocking wurde 1990 bis 1994 eine romische Zivilsiedlung der mittleren Kaiserzeit ausgegraben in der sich auch vier Topferofen fanden die Siedlung bestand vom Ende des 1 Jahrhunderts bis ca 260 n Chr 1 Der Ort Gschaid wurde durch einen umfangreichen Fund qualitatvoller Renaissancekeramik sowie der Ort Peterskirchen durch seine Steinzeugware die ab dem 18 Jahrhundert einsetzt und im 19 Jahrhundert weit verbreitet war bekannt Diese beiden Orte liegen in unserem Untersuchungsgebiet Sonst gibt es nur wenige detaillierte Informationen daruber dass neben dem Kroning im mittleren Vilstal und dem Passauer Raum mit Obernzell in Niederbayern ein weiteres bedeutendes Hafnerzentrum sudlich und vor allem nordlich des Rottals bestand obwohl dies seit langem vermutet wurde Diese Lucke schliesst eine neuere Untersuchung uber die Rottaler Hafner wenigstens zum Teil 2 indem exemplarisch die Geschichte der Topferei in einem Teil des Landkreises Rottal Inn namlich entlang des oberen Sulzbachtals nordlich von Pfarrkirchen und in den Pfarreien Neuhofen und Postmunster an und sudlich der Rott dargestellt wird Im Anhang wird ein auffalliger Fund aus der Ortschaft Hausbach die westlich des Sulzbachs liegt mit einbezogen Von Schonau erstreckt sich das Untersuchungsgebiet also uber 11 bzw 13 Kilometer Luftlinie in west ostlicher Richtung bis Waldhof Baumgarten bzw Priel ostlich von Peterskirchen Die grosste Nord Sud Ausdehnung von Johanniskirchen nach Postmunster betragt ebenfalls 13 Kilometer Die beiden Stadte Pfarrkirchen und Eggenfelden bleiben hier unberucksichtigt da ohnehin bekannt ist dass dort jeweils mindestens zwei Hafnerwerkstatten bestanden Die Abfolge der Inhaber ist ohne Schwierigkeiten aus den Unterlagen in den Stadtarchiven zusammenzustellen Sozial und Kulturgeschichte Uberblick Bearbeiten Kultur und Sozialgeschichte bedeutet dass zwei Quellen ineinander greifen Fur die Sozialgeschichte ist man auf die Archive in Pfarrkirchen Passau Landshut und Munchen angewiesen aus denen die Lebensverhaltnisse dieses Berufsstandes deutlich werden Die Kulturgeschichte dagegen stutzt sich auf die Feldforschung d h auf das was in der Bevolkerung noch an Produkten der Hafner vorhanden ist aber auch Ausgrabungen und Lesefunde sind wichtig Sozialgeschichte Bearbeiten Zunachst sollen hier einige Hinweise zur Sozialgeschichte gegeben werden die nicht nur die Hafner betreffen sondern auch einen Grossteil der landlichen Bevolkerung bis weit ins 19 Jahrhundert hinein Religiose und gesellschaftliche Gegebenheiten Bearbeiten Das Leben der unteren sozialen Schichten bestand in fruheren Zeiten vor allem aus Einschrankungen Dies gilt auch fur die wichtigsten Ereignisse im Leben der damaligen Menschen namlich Geburt Hochzeit und Tod Der Beruf war im Gegensatz zu heute oft von vornherein festgelegt oder bot nicht viel Auswahl Ein Handwerkersohn blieb zeitlebens Handwerker Knecht oder Tagwerker Handlanger haufig ubernahm der alteste Sohn mit Erlaubnis des Grundherrn den Betrieb des Vaters Sozialer Aufstieg war fur Handwerker erst ab 1804 bzw 1868 Modernisierung bzw vollige Aufhebung des Zunftzwangs und 1848 Ablosung der Grundherrschaft des Adels moglich Vorher konnten Bauern weder Grund hinzukaufen noch verkaufen die Hofgrossen waren bis 1848 durch den Grundherrn dauerhaft festgelegt Druckend waren die vielfaltigen Abgaben an den Grundherrn v a Laudemium Antrittsgeld die jahrliche Stift Grundzins Gilt Naturalabgaben Gross und Kleinzehent Scharwerk unentgeltliche Arbeit fur den Lehensherrn und die strengen Regeln des Handwerks also der Zunft die kreative Aktivitaten der Meister verhinderten Hafner waren in der Gegend des Rottals in der Regel Soldner d h Inhaber von Achtelhofen auch Bausolden genannt dabei man etwas anbauen und Vich unterhalten kann Schmeller haufiger von Sechzehntelhofen leere Solde dabey nichts als ein Gartl oder auch soviel nit ist Schmeller und Zweiunddreissigstelhofen gemeine oder blosse Solde Der dazu gehorige Grundbesitz betrug je nach Gute des Bodens etwa 15 25 Achtelhof bzw unter 15 Tagwerk Sechzehntelhof die blosse Solde bestand lediglich aus einem kleinen Haus Leerhausl u U mit einem winzigen Garten Die Hafner lebten meist im Nebenhaus eines grosseren Anwesens an einigen Orten kennen wir auch die Namen von deren Besitzern Obwohl die Hausl ohnehin nicht geraumig waren wurden oft ein oder mehrere Raume noch an sog Inwohner vermietet In seltenen Fallen ubten Hafner ihr Handwerk auch in Hausern die sie nicht besassen aus Hafner als Inmane Untermieter waren in der Regel Gesellen die im Betrieb eines Meisters am selben Ort arbeiteten Das Eroffnen einer neuen oder das Verlegen einer bestehenden Werkstatt an einen anderen Ort der vom ursprunglichen Haus weiter entfernt lag wurde in der Regel durch das Handwerk die Zunft verboten Die Kollegen befurchteten dadurch eine Brotschmollerung d h eine Beeintrachtigung ihres Einkommens wenn ein zusatzlicher Konkurrent in ihrer Gegend verkaufte Ein drastisches Beispiel stellt Adam Kainzhofer aus Hohenberg dar der gezwungen wurde seinen Umzug ruckgangig zu machen Lediglich die Verlegung des Betriebs an einen nahe gelegenen Ort konnte problemlos unternommen werden Auch der Verkauf der Hafnerware war nur an bestimmten den einzelnen Hafnern zugewiesenen Markten erlaubt Verkaufte z B ein Meister mehr als nur einzelne Stucke seiner Ware direkt an die umliegenden Bauern oder belieferte er ein Geschaft wurde er zuerst von der Zunft abgemahnt und dann falls er nicht reagierte von der weltlichen Obrigkeit bestraft Zwei Falle findet man in den Urkunden Die eingangs erwahnten Hauptereignisse im Leben unserer Vorfahren waren fest in kirchliche Riten eingebunden und hatten damit eine andere Ausrichtung als wir es heute gewohnt sind Dies beginnt bei der Taufe In den Kirchenbuchern wird bis etwa zum Beginn des 19 Jahrhunderts nicht zwischen Geburts und Tauftag unterschieden Nicht die damals gefahrvolle physische Geburt sondern die Aufnahme in die Gemeinschaft der Kirche sozusagen die geistliche Geburt war entscheidend Daher galt bis ins erste Drittel des 20 Jahrhunderts hinein in den landlichen Gebieten Bayerns sofern sie katholisch gepragt waren der Namenstag im Vergleich zum Geburtstag fur ungleich wichtiger dieser wurde haufig gar nicht gefeiert Als Vornamen erhielt der Taufling in der Regel denjenigen des Paten bzw der Patin naturlich sofern diese nicht bereits fur andere Kinder dieser Familie die Patenschaft ubernommen hatten Der Pate fuhlte sich zeitlebens verantwortlich fur die Entwicklung des Patenkindes was meist auch eine starke emotionale Bindung bedeutete Nicht selten ubernahm anders als heute ein Ehepaar die Patenschaft uber samtliche Kinder einer befreundeten Familie Die Heirat musste vom Lehensherrn bewilligt werden Denn u U wechselte einer der Partner zumeist die Braut den Lehensherrn so dass dieser eine Arbeitskraft an einen anderen Adeligen abgab Auch mussten bei jeder Verehelichung ausser bei den freieigenen Hofen fur die Ausstellung des Lehensbriefs Abgaben geleistet werden ebenso beim Tod jedes der Eheleute Weil die Muttersterblichkeit hoch war und der zuruckgebliebene Mann nicht zusatzlich zu seiner ohnehin schweren Arbeit noch Haus und Kinder versorgen konnte war er gezwungen rasch wieder zu heiraten wodurch eine doppelte finanzielle Belastung entstand Analoges galt fur die Ehefrauen nach dem Tod ihres Mannes Da es keinerlei soziale Absicherung gab mussten sie innerhalb etwa eines halben Jahres sich wieder verehelichen andernfalls hatte ihnen das Handwerk die Zunft die Lizenz zum Betrieb der Hafnerei entzogen die nur von einem Meister betrieben werden durfte Dies war die Chance fur frisch gebackene Handwerksmeister durch eine Einheirat eine eigene Werkstatt zu ubernehmen der gelegentlich grosse Altersunterschied zur Witwe oder gar Liebe spielten dabei keine Rolle Die Frauen hatten eine doppelte Aufgabe zu ubernehmen Die Erziehung der meist zahlreichen Nachkommen wobei die alteren Geschwister sich untertags um die jungeren kummern mussten und neben dem Haushalt auch die Mitarbeit im Beruf des Mannes Gewohnlich ubt die Frau denselben Beruf aus wie ihr Mann und fuhrt in dessen Abwesenheit die Geschafte selbstandig weiter Die Geschichtsforschung hat hierfur den Begriff des Arbeitsehepaars gepragt Die Erwerbskraft der Frau ist haufig unverzichtbar fur das Familieneinkommen 3 Ebenso wichtig waren die unverheirateten Familienmitglieder die im Betrieb mitarbeiteten und Gesellen ersparten Sie bekamen wenig Taschengeld in der Regel jedes Jahr oder alle zwei Jahre Kleidung und Schuhe ohne dass ein formlicher Vertrag mit ihnen bestand Ohne sie ware manche Hafnerei nicht uberlebensfahig gewesen Oben erwahnten wir dass der Namenstag wichtiger war als der Geburtstag Eine Folge davon war dass z B bei den Eintragen in den Kirchenbuchern fur die einfachen Leute bis zum Beginn des 18 Jahrhunderts haufig der Vorname und die Angabe des Berufs und oder des Wohnorts genugte Da es zahlreiche Weiler und Einoden gab burgerte sich ein den traditionellen Hofnamen und nicht den Familiennamen zu verwenden Diese Hofnamen hielten sich uber Generationen hinweg unabhangig vom gegenwartigen Eigentumer die Sitte verschwindet erst heute langsam Haufig bestimmt das im Haus ausgeubte Handwerk den Hofnamen So heissen auch grossere Hofe oft nach dem im Hausl Nebenhaus betriebenen Hafnerbetrieb beim Hafner Fur den Heimatkundler sind diese Bezeichnungen eine wertvolle Hilfe Auch wenn die Hafnerei bereits vor hundert oder mehr Jahren aufgegeben wurde geben sie einen deutlichen Hinweis auf eine entsprechende Werkstatte Wenn jedoch nach dem letzten Hafner ein anderes Gewerbe ausgeubt wurde z B eine Schusterwerkstatt bestand anderte sich der Hofname Finanzielle Situation der Hafner Bearbeiten Wie lebten aber die Hafner Sie waren uberwiegend arme Schlucker Lediglich ganz wenige kamen zu Wohlstand 1665 wird erwahnt dass der Hafner im Weiler Winkl zwo Solden besitzt Nach der Mitte des 18 Jahrhunderts werden durch Einwanderung aus dem Westerwald und durch Einheirat einige Hafner aus dem bekannten Ort Peterskirchen reich Denn die Gelhards und die Gebruder Mack Mock ubernehmen von dort die neue Technik der Herstellung des wasserundurchlassigen Steinguts das gefragt ist Sie stellen sich auf die Bedurfnisse der neuen Zeit ein und haben Erfolg damit Dagegen lebten die traditionell arbeitenden Topfer von jeher sehr bescheiden In unserem Untersuchungsgebiet wohnten und arbeiteten 13 Meister in 1 32 Guteln 6 in 1 16 Guteln und demgegenuber nur drei in einem 1 8 und ein einziger in einem Hof Annahernd dreiviertel waren also auf die Hafnerei als Haupterwerbsquelle angewiesen Bei den Hausern handelte es sich um Zuhausl d h Nebenhauser von Bauernhofen Da Hafner wie auch die Schmiede Platz brauchten und wie diese wegen der Brandgefahr nicht im Dorf wohnen durften benotigten sie auf jeden Fall ein eigenes Haus in dem es eng zuging Wohnkuche und Werkstatt bildeten stets einen einzigen Raum Um den karglichen Verdienst etwas aufzubessern vermietete man ein Zimmer im Obergeschoss an Handwerker wie Schuster oder Schneider die nicht viel Platz benotigten Hinzu kamen wie erwahnt die druckenden Abgaben an den Grundherrn und die strengen Regeln des Handwerks also der Zunft Im 18 Jahrhundert verschlechterte sich die wirtschaftliche Lage der Hafner zunehmend Mehrere Faktoren waren dafur ausschlaggebend Die im Mittelalter und der fruhen Neuzeit zahlreichen Adelssitze mit anspruchsvollen Auftraggebern verschwinden im Lauf des 17 und 18 Jahrhunderts z B Unterhausbach Unterhohenberg Noham bzw konzentrieren sich in den Handen weniger Adelsfamilien Edelbeck Imsland Baumgarten zu Ering spater Rheinstein und Tattenbach ab dem 19 Jahrhundert Arco Valley Closen Diese werden zunehmend weniger von Hafnern beliefert denn sie haben ausgedehnte Besitzungen zu denen viele Hafnerbetriebe gehoren und konnen es sich leisten wertvolleren Hausrat anzuschaffen Eisentopfe Geschirr aus Porzellan oder Silber nach dem Vorbild des Herzogs Dadurch fehlen den ortlichen Hafnern Muster und auch Anreize fur die Herstellung hoherwertigen Geschirrs sie beschranken sich auf die traditionellen Formen und Herstellungsmethoden Dies fuhrt im 18 Jahrhundert zu Klagen uber mangelnde Qualitat und zum Eindringen auswartiger Hafner vor allem aus dem Kroning Hinzu kommt dass auch das zweite Standbein das traditionelle Setzen von Kachelofen wegbricht Die fabrikmassig hergestellten eisernen Ofen sind wegen des geringeren Preises und der Bequemlichkeit beim Gebrauch konkurrenzlos Im 19 Jahrhundert werden neue Materialien auch fur weniger betuchte Burger erschwinglich Topfe aus Eisen und Aluminium Geschirr aus Email Glasgefasse Dadurch erubrigen sich vermutlich auch die Lieferungen in die osterreichischen Stadte Linz und Wien Lediglich Betriebe die sich auf die veranderte Situation einstellten wie die Peterskirchner Kannenbacker konnten sich z B mit ihren Wasserflaschen und Vorratsgefassen aus Steingut behaupten und sogar z T beachtliche Gewinne erzielen Unsere Beobachtungen zu den Hafnern passen damit ins Bild das das Handwerk in Bayern ganz allgemein abgibt Charakteristisch fur das Handwerk im Alten Reich war die kleinbetriebliche Organisation Es dominierten mit Ausnahme der Baugewerbe die Alleinmeister oder Kleinstbetriebe mit ein bis zwei Gesellen die meist mit der Meisterfamilie lebten 4 Die Hafnerei allein warf allerdings in der Regel nicht so viel ab dass eine Familie davon leben konnte Der bei weitem grosste Theil der Gewerbsleute treibt den Feldbau und beschaftigt sich nur nebenbey und gewohnlich nur einen Theil des Jahres mit einem Gewerbe 5 Das schliesst nicht aus dass Hafner in ihrer Umgebung anerkannte Personlichkeiten waren wie zahlreiche Taufpatenschaften und das mehrfache Auftreten als Trauzeuge bei einzelnen Hafnern zeigen Nach der Aufhebung der starren Hofgrossen im Jahr 1848 kaufte jeder der es irgend vermochte Grund hinzu wie schon die Urkataster belegen Ab 1830 wurden in grossem Stil Walder gerodet und in zunachst wenig ertragreiche Felder umgewandelt Dies nutzte auch den armeren Bevolkerungsschichten Denn nach Ausweis der Kirchenbucher kamen zahlreiche Ansiedler d h Neusiedler wohl meistens nachgeborene Sohne als Kleingutler hinzu die die neu erschlossenen Ackerboden in muhsamer Kleinarbeit bestellten Speziell die Hafner erwarben auch billigere Waldstucke teilweise sogar weit entfernte aus denen sie das zum Brennen der Keramik notige Holz gewannen Erst 1848 und endgultig 1872 wurden die Abgaben an den Grundherrn durch den moderaten Bodenzins an den Staat abgelost 1804 und dann 1825 der Handel durch die Bayerische Gewerbeordnung und durch das Gewerbegesetz liberalisiert Nun hatten die Hafner jedoch gegen die Konkurrenz anderer Materialien und den damit einhergehenden Absatzruckgang zu kampfen so dass die uberwiegende Zahl von ihnen in der 2 Halfte des 19 Jahrhunderts aufgab nbsp Hafnerfamilie in SchonauEin Foto das ungefahr im Jahr 1920 in Schonau aufgenommen wurde zeigt einen der wenigen Hafner der noch Anfang des 20 Jahrhunderts seinen Beruf ausubte Links steht der letzte Hafner Josef Enggruber daneben sieht man seine Frau Anna die Tochter Mathilde und seinen Sohn Josef An der Wand des damals noch holzernen Hauses sind Musterkacheln angebracht die uber den Personen zu sehen sind Schwerer als die eingesessenen Meister hatten es Gesellen Sofern sie nach der Meisterprufung nicht eine Hafnerwerkstatt ubernehmen konnten oder wenigstens eine dauerhafte Anstellung in einem Betrieb bekamen wurde ihnen durch die damaligen strengen Gesetze das Heiraten sehr erschwert Daher verwundert es nicht dass es im 19 Jahrhundert etwa so viele uneheliche Kinder gab wie eheliche Sehr selten bekamen Madchen von mehreren Mannern Kinder meistens handelt es sich um ordentliche Verhaltnisse mit der Absicht so bald wie moglich zu heiraten Diese Kinder oft mehrere wurden dann nach der Hochzeit legitimiert wie Anmerkungen der Pfarrer in den Taufbuchern belegen Ausdrucklich festzuhalten ist dabei dass sogar die Sohne von Hafnern die die Werkstatt ihres Vaters erben sollten keine Ausnahme bildeten auch wenn sie bereits die Meisterprufung abgelegt hatten Erst nachdem der Vater ubergeben hatte konnten sie heiraten Vor 1848 war ausserdem die Zustimmung des Herrn zur Heirat notig neben den harten Abgaben bedeutete auch dies eine massive Behinderung der personlichen Entwicklung Dies galt bis zum Jahr 1868 als neue Gesetze die Verehelichung wesentlich erleichterten Offensichtlich waren die Handwerker bald nach Einfuhrung der Schulpflicht herzoglicher Erlass vom 23 Dezember 1802 bemuht Lesen und Schreiben zu lernen Dafur sprechen die Zeugnisse im Hauptstaatsarchiv Munchen die fur den fleissigen Besuch der Trivialschul oder der schon 1799 eingefuhrten Feyertagsschul von Pfarrern als der damaligen Schulaufsicht auf Bitten der Betroffenen hin ausgestellt wurden In den Urkatastern aus den fruhen vierziger Jahren des 19 Jahrhunderts konnten wesentlich mehr Hafner mit ihrem Namen unterschreiben als Bauern Unter Umstanden beeinflusste die strenge Handwerksausbildung das Bestreben nach Bildung mehr aber wohl der harte Konkurrenzkampf in dem zusatzliche Qualifikationen von Nutzen waren Kulturgeschichte Bearbeiten Die materielle Hinterlassenschaft fruherer Hafner ist nicht weniger interessant als deren Lebensumstande Es ist erstaunlich wie viele Erzeugnisse fruherer Topfer in Privatbesitz erhalten sind wie viele Hafnerbetriebe gerade noch genau lokalisiert werden konnten Denn einige Werkstatten wurden in den letzten Jahren abgerissen man konnte sie davor noch dokumentieren Und von den Zeitzeugen die sich an den Werkstattbetrieb erinnern leben zunehmend weniger Hinzu kommen wie schon erwahnt Ausgrabungen und Lesefunde Die altesten Gefasse datieren etwa um 1400 genauer lassen sich die ersten Kruge nicht datieren die altesten konkreten urkundlichen Belege fur Hafner datieren aus der Zeit um 1460 Die letzten Auslaufer der Hafnerei im Rottal findet man um 1920 Insgesamt also eine grosse Zeitspanne die jedoch wie zu erwarten sich in ganz verschiedene soziale und kunstlerische Auspragungen auffachert Mit dem Wort Topferei verbinden wir heute Aussergewohnliches Man kauft in einer Boutique oder beim Topfer selbst eine Vase oder eine Obstschale Schmuckstucke furs Wohnzimmer Ganz anders verhielt es sich in den grosseren Stadten bis Anfang des 19 Jahrhunderts auf dem Land noch bis etwa 1850 Die Hafnerware war unentbehrlich fur das tagliche Leben Eisentopfe waren teuer der Grossteil der Bevolkerung stellte irdene Topfe auf den Herd und auf den Tisch Schusseln und Teller aus Porzellan konnten sich nur betuchte Adelige leisten also ass man aus Geschirr das man vom Hafner bezog Hafner fertigten aber nicht nur Gebrauchsgeschirr an Bei der Meisterprufung mussten sie auch einen Ofen setzen und Ofenkacheln herstellen konnen Gebrauchsgeschirr Bearbeiten Die im Folgenden verwendeten Abkurzungen bedeuten H Hohe DB Durchmesser am Boden des Gefasses Dmax grosster Durchmesser HDmax Hohe des Gefasses bei der der maximale Durchmesser ermittelt wurde DO Durchmesser der oberen Gefassoffnung nbsp Krug aus Schonau nbsp Topf aus KleinmunchenDie beiden altesten Fundstucke unserer Region sollen kurz erwahnt werden Zunachst ein bauchiger henkelloser Topf aus Privatbesitz der sehr gut erhalten ist Er ist dunnwandig hat einen weit ausgestellten Kragenrand und Wellenlinien uber den ganzen Korper Seine Masse H 42 cm DB 15 cm HDmax 30 cm Dmax 26 5 cm DO 31 cm Er ist in die Zeit von 1380 1450 zu datieren Bei Restaurierungsarbeiten im Posthalterstadel von Schonau wurde ein reduzierend gebrannter zerscherbter Krug bzw eine Kanne falls ein Ausguss vorhanden war gefunden der in die Zeit von 1400 1460 bzw nach dem Urteil eines anderen Experten um oder nach 1500 zu datieren ist Seine Masse H 23 5 cm Hals oben abgebrochen Dmax 14 cm DB 11 cm Der Krug wurde bei Ausschachtungsarbeiten in etwa zwei Meter Tiefe gefunden Weil er qualitatvoll dunnwandig und deswegen schwer zu transportieren ist wurde er vermutlich vom alten Hafner im Ort unmittelbar an den Schlosspark angrenzend und zur dortigen Grundherrschaft gehorig produziert nbsp Henkeltopf aus Gschaid nbsp Dreibeiniger Kochtopf aus GschaidEtwa ein Jahrhundert junger sind zwei Gegenstande aus dem unten erwahnten Fundkomplex aus Gschaid Ein aus den Scherben grossenteils wieder zusammengesetzter Henkeltopf mit geraden Wanden und Kremprand H 22 cm DB 12 5 cm DO Dmax 18 cm Er ist nur innen und am oberen Rand tannengrun glasiert Auch zwei Kochtopfe konnten rekonstruiert werden Sie weisen gerade waagrecht abstehende Griffe und drei Beine auf innen sind sie grun glasiert Beim Kochen standen sie im Feuer der offenen Herdstelle Sie haben verschiedene Grossen DO 14 bzw 13 cm Tiefe des Topfes 6 bzw 5 5 cm Lange Griff 9 5 cm H 11 5 bzw 10 5 cm nbsp Vorratskrug aus PfarrkirchenAuch spater findet man Gebrauchsgeschirr verschiedener Art Grosse Doppelhenkeltopfe aus Ton oder aus Steinzeug kommen als Vorratsgefasse die in jedem Haushalt vorhanden waren haufig vor Oft sind sie mit banderartigen Mustern verziert Beispiele finden sich z B im Heimathaus Pfarrkirchen und im Nationalmuseum Munchen nbsp Hafnerware aus GstockertAls Beispiel aus der 2 Halfte des 19 Jahrhunderts seien einige noch in Familienbesitz befindliche Erzeugnisse aus Gstockert genannt Eine grosse Schussel mit Spritzdekor innen aussen unglasiert DO 39 5 cm DB 21 cm Tiefe 10 cm Randbreite 2 cm Eine tiefe Schussel die aussen braune Glasur aufweist Innen ist sie weiss meliert mit zwei schwarz braunen bzw blau braunen Ringen Der Boden blieb unglasiert DO 26 5 cm DB 15 5 cm H 10 5 cm Der umgeschlagene Rand ist aussen 2 cm hoch Ein aussen braun glasierter Weidling der innen weiss meliert ist und oben einen braun schwarzen Dekorring aufweist Der Boden ist unglasiert DO 14 5 cm DB 8 cm H 5 8 cm Randhohe aussen 1 4 cm Ein aussen braun glasierter Weidling innen weiss glasiert mit blauem Rand oben und einem blauen Blumenmuster am Boden Boden auf der Unterseite unglasiert DO 15 8 cm DB 9 2 cm H 7 cm Randhohe aussen 1 7 cm Guglhupfform mit hochgezogener innerer Offnung aussen gelb innen braun uber gelb glasiert mit Henkel Der Wulstrand ist nach aussen gezogen Boden nicht glasiert DO 17 8 cm DB 13 cm H 6 3 cm D der Offnung innen 3 8 cm nbsp Reindl Krug und Guglhupfform aus GstockertVermutlich aus derselben Hafnerei stammt ein Krug der innen und aussen glasiert ist und als Verzierung oben am Rand ein 2 cm breites blaues Tupfenmuster am Bauch vorne drei Blumen tragt H 28 cm DO 12 5 cm Dmax 16 cm DB 10 cm Rand oben 2 cm Ein Reindl mit Griff weist deutliche Gebrauchsspuren auf weshalb der Boden verrusst ist Innen gelb glasiert Aussen weist es einen 1 5 cm hohen gerillten Rand auf der gelb glasiert ist Die Wand darunter ist dunkelbraun glasiert D 21 5 19 5 cm H 4 5 cm Eine innen und aussen gelb glasierte Guglhupfform Neben dem Henkel zieht sich ein Riss von oben nach unten DO 26 cm DB 16 5 cm H 11 cm Im Zentrum lauft der stufenformige Kegel in eine Spitze aus seine Offnung hat auf der Unterseite 5 4 cm Durchmesser nbsp Zwei Flaschen aus Peterskirchen nbsp Halskrug aus PeterskirchenAus dem bekannten Hafnerort Peterskirchen ist eine Vielfalt von Erzeugnissen bekannt z B Wasserflaschen verschiedener Grossen aus Steinzeug Die abgebildeten weisen eine braune Scherbenoberflache auf und sind jeweils mit einem runden Herstellerstempel versehen Michl Gelhard H 33 bzw 23 cm DB 10 bzw 7 cm Auf dem wulstigen Henkel einer Kanne rheinische Form ist eine 3 eingeritzt Ein schwaches Zick zack Muster das mit einem Rollradchen eingerillt wurde uberzieht den ganzen braunen Gefasskorper H 32 cm D 9 cm DB 12 cm nbsp Salbenkruke aus Peterskirchen nbsp Sphinx aus PeterskirchenBesonders hervorzuheben ist ein zylindrischer Deckelkrug der sich heute in einer Privatsammlung befindet H 15 8 cm Er ist ohne Fullmarke ca 0 6 l frontal ein eingeschnittener Kreis mit der eingeritzten Inschrift Michl Gelhard beidseitig flankiert von geritztem geschnittenem Blatt und Blutenornament gelbbraune Scherbenoberflache Deckeleinsatz aus einer Tonplatte geschnittener Sechsstern kaum vor 1860 66 und wohl kaum nach 1870 Zinnmarke Zeilenstempel BLEISTEIN 6 Text aus Endres Werner Grasmann Lambert u a Steinzeug aus Niederbayern Peterskirchen im Rottal Vilsbiburg 2005 Als letztes Beispiel aus der Fulle von Formen erwahnen wir die Tonflaschen fur Salben sog Salbenkruken Davon gab es zwei Arten Die sog Eiform und die weit verbreiteten zylindrischen Gefasse Das hier abgebildete eiformige Gefass mit passendem Steckdeckel weist eine braune Oberflache auf Oxydationsbrand H 10 cm D 4 cm DB 3 cm Von der uber einer blaulichen Farbschicht grun glasierten Sphinx die als Ofenaufsatz diente sind mehrere Exemplare bekannt sie wurden wohl alle in Peterskirchen hergestellt Die Figur ist 41 cm lang 28 cm hoch innen hohl mit einem Model gefertigt 4 4 Kilogramm schwer Entstanden etwa in der Mitte des 19 Jahrhunderts im Gefolge der damals verbreiteten Agyptenbegeisterung nbsp Dachreiter aus Unterhausbach 2 nbsp Dachreiter aus Unterhausbach 1Aber auch ganz andere Dinge stellten die fruheren Hafner her etwa Fliesen als abgehangte Zimmerdecke Im Pfarrkirchner Heimatmuseum steht ein Hausaltar der aus Ton modelliert und dann gebrannt und glasiert worden war Und sogar ein kleiner Dachreiter aus Ton war auf dem Kirchlein in Unterhausbach bei Falkenberg angebracht Es gehorte als Schlosskirche mit direktem Zugang zur Kirchenempore zu einem langst verschwundenen Adelssitz 93 cm hoch besteht das Turmchen aus zwei Teilen Die Gestaltung ist originell Drei Fusse vereinigen sich zu einem Schaft der oben durch eine breite Krempe und eine schmalere Rohre die das Oberteil festhalt und von aussen nicht sichtbar ist abgeschlossen wird Das Oberteil bildet auf einem kleinen Schaft eine breit ausladende etwas gedruckte Kugel aus die an der breitesten Stelle durch ein Band ovaler Ringe verziert ist Oben lauft es in eine heute abgebrochene Spitze aus Das Stuck wurde in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts gefertigt Aussergewohnliche Ware Bearbeiten Neben all diesen Erzeugnissen mit Alltagsbezug gibt es jedoch auch uberraschende Stucke mit z T ungewohnlichen Fundumstanden nbsp Alte Mauer in Ortprechting nbsp Tonkopf aus OrtprechtingDa ist zunachst einmal ein massiver Tonkopf aus Ortprechting d h er ist innen nicht ausgehohlt und hat so das ganz ungewohnliche Gewicht von 6 6 Kilogramm Dass beim Brennvorgang keine Risse oder Sprunge auftraten zeugt von einer hohen Kunstfertigkeit des Hafners Seine Masse Hohe 25 cm Tiefe zwischen Hinterkopf und Nase 17 cm Er wirkt sehr ausdrucksvoll und individuell Die Entdeckungsgeschichte ist ebenfalls ungewohnlich Auf einem Bauernhof in der Nahe von Noham wurde das bisherige Wohnhaus abgerissen und daneben ein neues gebaut Beim Teilabbruch des fruheren Wohngebaudes kippte unvermittelt eine Zwischenmauer um dahinter wurde eine zweite bisher unbekannte Mauer sichtbar in der sich eine Nische mit dem lebensgrossen Kopf befand Diese war wenig sorgfaltig errichtet worden wogegen die kunstlerische Qualitat des Werkstucks weit uber dem Durchschnitt liegt was an den aus Kieselsteinen eingesetzten lebendigen Augen oder an den kunstvoll gearbeiteten Haaren Augenbrauen Wimpern und dem Schnauzbart abzulesen ist Bleibt die Frage wer dargestellt ist Offensichtlich ein Adeliger aber wieso wird er weitab von einem Schloss in einem Bauernhof gefunden Auch uber die Zeitstellung gab es verschiedene Meinungen Sinnvollerweise kommt nur die Renaissance in Frage und nicht das 19 Jahrhundert das auch genannt wurde Da das abgebrochene Haus 1882 gebaut wurde und die versteckte Mauer erheblich alter war musste er mindestens 50 Jahre oder mehr alter sein Ihn aber dann um 1800 herum zu datieren erscheint vom Stil her unwahrscheinlich Das doppelte Geheimnis um seine Herkunft wurde er in Ortprechting gebrannt oder kam er von auswarts und um den Dargestellten harrt also noch einer Losung vermutlich wird das Ratsel nie gelost nbsp Fragment aus Gschaid mit JahreszahlEbenfalls beim Bau eines neuen Wohnhauses wurde in Gschaid ganz in der Nahe des bekannten Hafnerortes Peterskirchen ein Aufsehen erregender Fund gemacht Der Bagger stiess auf die grosse Abfallgrube der ehemaligen Hafnerei und forderte grosse Mengen Scherben zutage die jetzt in 97 grossen Kartons und 14 grossen Tuten aufbewahrt werden Unter den Funden war eine Matrize die die Jahreszahl 1546 tragt ein Glucksfall fur die Datierung Ein kraftig gebauter Engel in kurzem Rock fasst mit den Handen in ein breites Band das uber seinen Rucken gefuhrt ist und die Jahreszahl tragt Ein paar Exemplare aus dieser Riesenmenge werden hier vorgestellt Religiose Motive zeigen Christus und samtliche Apostel mit ihren Attributen Wir beschranken uns auf zwei Beispiele Eine Scherbe mit Christus am Kreuz wovon mehrere Exemplare existieren sowie auf das Medaillon das auf einem braun bzw violett weiss und grun gestreiften Krug appliziert ist es verdeutlicht wo die im Folgenden erwahnten Medaillons angebracht waren Weil das Apostelbild verlaufene Farben hat weswegen der Krug wohl in der Abfallgrube landete kann nicht bestimmt werden um wen es sich handelt nbsp Krug aus Gschaid nbsp Christusfragment aus Gschaid nbsp Grosses Wappen aus Gschaid nbsp Kleines Wappen aus GschaidDie Wappen zeigen uberraschenderweise sachsische Motive warum ist nicht abschliessend geklart Bei dem grossen prachtvollen Wappen rechts handelt sich um ein Phantasiewappen denn es vereint Motive aus verschiedenen Hoheitszeichen des sachsischen Raums Das echte Wappen des Kurfurstentums Sachsen findet sich auf weiteren Scherben wie der links abgebildeten 7 nbsp Adeliger auf Krug aus Gschaid nbsp Krugfragment mit KaiserDie vielfaltigen Darstellungen von Adeligen reichen vom deutschen Kaiser bis zu wohl typisierten Landadeligen Eine ahnliche Darstellung eines Adeligen findet sich auf einem teilweise wieder zusammengesetzten Krug Masse H 17 5 cm DB 7 cm Dmax 11 cm HDmax 8 cm DO 7 cm hier wird deutlich dass dieses Motiv am Hals der Kruge angebracht war nbsp Doppeladler aus Gschaid nbsp Kaiser Karl V Deutlich zu erkennen ist das Fragment eines Doppeladlers dieses Motiv ist damals wie heute nicht auf Osterreich Russland und Albanien beschrankt z B weist auch das Wappen des Landkreises Deggendorf dieses Motiv auf Hier ist wohl das Wappen des deutschen Reichs gemeint Das passt zur Darstellung von Kaiser Karl V 1519 1556 der mit Bart flacher Kappe Halskrause oder einem hohen gestickten Band und einem schweren halb geoffneten Mantel dargestellt ist Um den Hals hangt der vom Papst verliehene Orden vom Goldenen Vliess Und hier ergibt sich ein interessanter Bezug Der Gschaider Hafner nahm sich Kunstwerke bekannter zeitgenossischer Kunstler als Vorbilder Bei Karl V handelt es sich um einen Holzschnitt von Christoph Amberger von dem ein Exemplar noch in der Erlanger Universitatsbibliothek erhalten ist nbsp Kaiser und Frau aus GschaidWeil sich das deutsche Kaiserreich als Nachfolger des romischen Reichs verstand ist es nicht verwunderlich dass auch Bilder romischer Kaiser und ihrer Frauen auftauchen Das abgebildete runde Medaillon eines Herrschers bezieht sich auf romische Munzen des 3 Jahrhunderts nach Christus Das nach rechts gewandte Brustbild mit Toga gipfelt in einer Strahlenkrone der Kaiser erscheint als irdische Personifikation des Sonnengottes Sol Dagegen entspricht die nach links gewendete Frau mit Krone einem Haarkranz um die Ohren und dem rechteckigen Gewandausschnitt der von einer Borte eingefasst ist nicht den romischen Kaiserinnenmunzen wurde also von Gaschaider Hafner analog dem mannlichen Pendant frei gestaltet Durchmesser der beiden Medaillons innen je 5 5 cm mit Fassung 7 cm nbsp Adelige Frau aus GschaidDie vereinzelten Frauenbildnisse sind vor allem auf Fragmenten mit farbiger Glasur erhalten d h diese Fehlstucke vermitteln einen ungefahren Eindruck vom Aussehen der fertigen Ware Auf einem zur knappen Halfte erhaltenen grun glasierten Teller ist ein nach links gewandtes Bild einer adeligen Dame zu sehen Sie tragt unter einem flachen blauen Hut ein goldenes Haarnetz Von der Kleidung blieb leider nur wenig ubrig nbsp Tonkrug mit Lukretia nbsp Pyramus und Thispe aus GschaidIn grosser Anzahl finden sich in der Fundmasse von Gschaid auch Sagenmotive aus der Antike Lukretia die sich der romischen Sage nach ins Schwert sturzt um einer Vergewaltigung zu entgehen galt in der Renaissance als Sinnbild der Reinheit Entsprechend oft wurde sie dargestellt Unser Henkelkruglein H 14 5 cm verarbeitet ein Gemalde von Lucas Cranach dem Alteren der dieses Motiv in den 30er und 40er Jahren des 16 Jahrhunderts ofter malte Die tragische Liebesgeschichte von Pyramus und Thisbe die z B auch Hans Sachs aufgegriffen hat ist in diesem Medaillon selbstandig nach einem Stich von Lucas van Leyden gestaltet Die Vorlage ist unverkennbar die Unterschiede im Einzelnen werden im Buch uber die Rottaler Hafner dargelegt 8 Ausser einem vollstandigen Exemplar gibt es im Fundgut auch mehrere zerscherbte Fragmente dieses Motivs Durchmesser Medaillon 9 5 cm Scherbe 12 5 10 5 cm nbsp Ofenkachel mit Ara Pacis aus GschaidAm erstaunlichsten ist die Darstellung auf einer Ofenkachel Hohe 16 cm Breite 24 cm Sie zeigt im oberen leicht vorgewolbten Drittel einen Akanthusfries Zwischen zwei Rillen wolbt sich ein Eierstab nach romischem Vorbild Die ebene Flache darunter enthalt ein Bukranion also einen Stierschadel mit Ranken ein Motiv das in der klassischen romischen Kunst haufig vorkommt Vorbild fur diese Kachel ist offensichtlich die Ara Pacis der Friedensaltar des Augustus von dem im Jahr 1568 bedeutende Teile ausgegraben wurden darunter auch das Stierschadelmotiv Fur all diese Ubernahmen fremder Kunstwerke stellt sich die Frage wie der Hafner von Gschaid fernab grosser Stadte von solchen Motiven Kenntnis bekam Ich vermute dass die Grundherren die Grafen von Tattenbach mit ihren Verbindungen zum Herzoghof solche Kopien sammelten und dem Hafner als Vorlagen zur Verfugung stellten Einerseits ist festzuhalten dass diese Holzschnitte Drucke oder Zeichnungen bald nach Anfertigung der Originale in Niederbayern landeten was vor allem beim in Rom gefundenen Friedensaltar des Augustus erstaunlich ist hier stellt sich die Frage nach den Kommunikationsmoglichkeiten der damaligen Zeit die offensichtlich viel besser waren als wir das ublicherweise annehmen Und dann erstaunt die Souveranitat und Meisterschaft mit der der Topfer aus Gschaid die Vorlagen zu kleinen eigenstandigen Kunstwerken verarbeitete nbsp Groteske aus Gschaid nbsp Turkenkachel aus HohenbergSchmuckelemente wie kleine Madchenkopfe mit Fruchtgirlanden Fratzen oder Grotesken bilden eine eigene Gruppe im Fundgut Funf Fragmente einer viereckigen Kachel wurden bei einer Begehung in Hohenberg bei Noham auf einem Acker aufgelesen Die Turkenkachel mit rundem Bogen aus floralen Elementen zeigt innen einen bartigen Mann mit Turban und feinen Kleidern Er gleicht dem auf einem Kupferstich des Hollanders J Gole von 1683 abgebildeten Grosswesir Kara Mustafa 1634 1683 Oberbefehlshaber bei der zweiten Belagerung Wiens zu Beginn des Grossen Turkenkriegs Der Kupferstich bildete moglicherweise die Vorlage fur die Kachel diese ist dann in die zweite Halfte des 17 Jahrhunderts zu datieren Oft werden bei solchen Bilderkacheln die Namen der Dargestellten beigefugt Da unsere Kachel leider unvollstandig erhalten ist fehlt ein solcher Hinweis Deshalb ist es auch moglich dass der Turbantrager in der Reihe der vier damals bekannten Weltteile den Erdteil Asien personifiziert nbsp Tanzende aus St Georgen nbsp Spielende Kinder aus St Georgen nbsp Hirsch aus St GeorgenDass es auch spater in der Gegend des Rottals kunstvolle und auf der Hohe der Zeit stehende Produkte gab belegen die aus St Georgen stammenden Matrizen also Negative Model die sich heute im Heimathaus in Pfarrkirchen 9 befinden Einige ausgewahlte Bilder sollen belegen dass dort in der Biedermeierzeit in der ersten Halfte des 19 Jahrhunderts niveauvolle Hafnerarbeiten entstanden Die frontal wiedergegebene stehende Frau mit ausgebreiteten Armen halt in jeder Hand einen Stab oder eine Buchrolle Sie ist bekranzt ihre Locken fallen auf die Schultern herab das geschurzte Kleid hat halblange Armel und elegante Falten Masse des Gipsmodels 20 13 2 cm Auf einer Leistenkachel sehen wir zwei spielende Kinder die sich gegenubersitzen und von denen jedes einen Hund vor sich hat Dazwischen wachst ein Grasbuschel daruber ist eine Girlande angebracht Masse 8 17 5 3 cm Ein Gipsmodel des 19 Jahrhunderts gibt einen lebendig gestalteten trabenden Hirsch wieder Masse 16 18 5 4 cm nbsp Rhetorica aus St Georgen nbsp Apostel Matthias aus St GeorgenAusserdem wurden in St Georgen die sieben freien Kunste dargestellt Medizin Astronomie Rhetorik und Dialektik Philosophie sind erhalten Die R h etorica zeigt sich barfuss mit einem wild gebauschten bodenlangen Gewand in Ruckenansicht Das Gesicht ist nach links Model gewandt In der Linken halt sie einen Strauss rechts wachst ein kleiner Baum aus dem felsigen Grund Einige Apostelbilder vertreten die wenigen religiosen Motive Der Apostel Matthias S M Sanctus Matthias halt ein Beil als Zeichen seines Martyriums in der rechten Hand in der linken hat er ein Buch Er steht auf einer Wiese rechts unten wachst ein Baum Masse 16 10 5 1 cm nbsp Passauer Bischof Firmian aus St GeorgenAuffallig ist eine nach links gewandte bezopfte Buste auf einer weiteren Matrize Das Gewand bauscht sich ein Baffchen weist ihn ebenso wie das Brustkreuz als Bischof in Amtstracht aus Der Orden auf seiner Brust konnte eine Auszeichnung der Malteser sein Dargestellt ist der Furstbischof Leopold Ernst Graf von Firmian von Passau der 1763 1783 dieses Amt ausubte Dieser letzte Barockfurst war ein bedeutender Kirchenmann und trieb u a die Kolonisierung des Bayerischen Waldes voran Wegen seiner zahlreichen Reformen im Bistum wurde er zum Kardinal erhoben Mit ihm endet das Grossbistum Passau Nach seinem Tod wurden die Diozesen Linz und St Polten abgetrennt All diese Model waren als Wandschmuck gedacht oben an den Modeln sind z T bereits die Locher zum Aufhangen zu sehen Sie waren fur ein burgerliches Publikum weit entfernt vom Rottal gedacht So haben wir Belege vor uns dass die Hafner in St Georgen im 17 bis 19 Jahrhundert durchaus auf der Hohe des Zeitgeschmacks waren so wie im 16 17 Jahrhundert diejenigen in Gschaid Naturlich uberwogen auch im Rottal die einfachen Landhafner die immer dieselben Produkte herstellten Aber einige Handwerker stellten sich sehr geschickt auf spezielle Anforderungen wie der kleine Kirchturm oder auf neue Absatzmoglichkeiten ein auf die die Zunft keinen Einfluss hatte Damit sicherten sie sich ein besseres Einkommen und erhohten gerade in schwierigen Zeiten die Uberlebenschance ihrer Werkstatt Vertrieb der Hafnerware BearbeitenWar das Geschirr fertiggestellt lagerten es die Hafner entweder in ihrem Haus oder falls sie im Nebenhaus eines Bauern lebten im Hof des Hauptanwesens wo dafur ein eigenes Gebaude stand die sog Geschirrkammer Noch komfortabler war ein eigener Geschirrladen wie er in Waldhof und St Georgen bestand Allerdings kamen dorthin nur Leute aus der naheren Umgebung Grosseren Verdienst versprachen Markte die an kirchlichen Feiertagen z B vor der Wallfahrtskirche in Wald sudlich von Noham oder an den festgelegten Markttagen z B in Pfarrkirchen stattfanden heute besteht dort noch der Simonimarkt am 28 Oktober Nach den Zunftregeln musste der Meister selbst als Verkaufer auftreten und durfte nicht z B seine Ehefrau oder gar einen Gesellen allein dorthin schicken Auch durfte der Hafner keine Hausierer beauftragen seine Erzeugnisse in der Nachbarschaft zu verkaufen Streng verboten war ebenfalls die Belieferung von Kramladen Weil der Kramer nicht von allen Hafnern der Umgebung gleichmassig Ware beziehen sondern einige bevorzugen hatte mussen ware eine Benachteiligung der anderen Werkstatten entstanden dies wollte die Zunft verhindern Weil Geschirr uberall benotigt wurde aber in grossen Orten nicht genug fabriziert werden konnte oder aber nicht uberall der zum Herstellen benotigte Ton vorhanden war wurde Hafnerware uber weite Strecken vertrieben Die Hafner im Kroning dem bis jetzt bekannteren Gebiet im Vergleich zum Rottal verkauften auf den Markten im nahegelegenen Landshut und in Munchen Demgegenuber schickten die Rottaler ihre Ware per Schiff nach Linz und Wien bzw durch Kraxentrager nach Berchtesgaden den Inn entlang nach Gars und weiter nach Tirol Imst und sogar nach Innichen das enge Beziehungen zu Bayern hatte Innichen liegt im Pustertal in Sudtirol Diese Trager die die schwere Kraxe mit ihrer zerbrechlichen Last auf dem Rucken trugen gingen zu Fuss ebenso nach Norden auf dem Goldenen Steig bis nach Bohmen Seit Beginn der Kirchenbucher um 1660 bis zum Ende des 18 Jahrhunderts finden wir Eintrage Erst im 19 Jahrhundert andern sich nicht nur die Anspruche an die Ware auch der Vertrieb wird anders organisiert Topfe aus Eisen und Aluminium und Geschirr aus Email werden nun auch fur weniger betuchte Burger erschwinglich Glas aus dem Bayerischen Wald ist auch im Rottal gefragt und wird importiert aber nicht mehr von Kraxentragern Andere Verkehrsmittel mit grosserer Kapazitat ersetzen sie Damit gehorte auch der muhsame Beruf des Kraxentragers der Vergangenheit an Literatur BearbeitenAlbrecht Ludwig Das Rottal als Hafnergebiet ein Uberblick in Heimat an Rott und Inn Heft 14 Eggenfelden 1979 S 99 111 Ahnlich ders Hafnerei im Rottal in Veroffentlichungen des niederbayerischen Freilichtmuseums Massing Heft 1 Massing 1981 S 14 27 Albrecht Ludwig Herkunft und Genealogie der Kannenbacker und Pfeifenmacher zu Peterskirchen im Rottal in Der Storchenturm Hrsg Fritz Markmiller Heft 31 Dingolfing 1981 Bauer Ingolf Hafnerware aus Altbayern in Storchenturm Hrsg Fritz Markmiller Heft 20 Dingolfing 1975 S 1 12 Veranderter Nachdruck in Veroffentlichungen des niederbayerischen Freilichtmuseums Massing Heft 1 Massing 1981 S 7 13 Benker Gertrud Hagn Herbert Historische Kacheln und Model vom Spatmittelalter bis zum Jugendstil Die Sammlung der Staatlichen Fachschule fur Keramik Landshut Schriften aus den Museen der Stadt Landshut 13 Hg Franz Niehoff Landshut 2002 Bohmer Herbert Die Ilzer Hafner Schwarzgeschirr aus Passau vom Ende des 16 bis Ende des 19 Jahrhunderts Grafenau 2006 Buchner Hans Sendl Johanna Pfeifenmacherei als Nebenerwerb und Der Pfeiffenmacher Urkunden einer Gutlerfamilie in Verhandlungen des Historischen Vereins fur Niederbayern 116 117 Band Landshut 1990 1991 S 45 49 und S 51 109 Buchner Hans Sendl Johanna Rottaler Hafnerei in Verhandlungen des Historischen Vereins fur Niederbayern 120 121 Band 1994 1995 S 53 71 Buchner Hans Sendl Johanna Rottaler Hafner Ein Beitrag zur Kultur und Sozialgeschichte Regensburg 2015 Endres Werner Grasmann Lambert Albrecht Ludwig Steinzeug aus Niederbayern Peterskirchen im Rottal Vilsbiburger Museumsschriften 5 Vilsbiburg 2005 Gotschmann Dirk Wirtschaftsgeschichte Bayerns 19 und 20 Jahrhundert Regensburg 2010 Grasmann Lambert Kroninger Hafnerei Regensburg 1978 in der Reihe Niederbayern Land und Leute herausgegeben von Fritz Markmiller Grasmann Lambert Die Hafner auf dem Kroning und an der Bina Straubing 2010 Hagn Herbert Ein kunstlerisch bedeutsamer Keramikfund der Spatrenaissance in Gschaid bei Peterskirchen in Das Archaologische Jahr in Bayern 1983 S 176 180 und ders Keramik der Renaissance aus Gschaid Begleitheft zur Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum Munchen o J 1985 Hagn Herbert Endres Irmgard und Werner Altbayerische Topfer Keramikfunde vom 15 bis 19 Jahrhundert Munchen 1990 Jansson Leonie Vom Zauber alter Kacheln Fliesen Kacheln Kachelofen Freiburg im Breisgau 1980 Markmiller Fritz Transportwege niederbayerischer Hafner zu Wasser und zu Land in Storchenturm Hrsg Fritz Markmiller Heft 45 Dingolfing 1988 S 31 40 Slawiger Gerhard Die Manufaktur in Kurbayern Die Anfange der grossgewerblichen Entwicklung in der Ubergangsepoche vom Merkantilismus zum Liberalismus 1740 1833 urspr Dissertation Munchen 1966 Forschungen zur Sozial und Wirtschaftsgeschichte hrsg von Friedrich Lutge Band 8 Stuttgart 1966 Stephan Hans Georg Die bemalte Irdenware der Renaissance in Mitteleuropa Munchen 1987 Forschungshefte Bayerisches Nationalmuseum Munchen Bd 12 Stieber Paul Hafnergeschirr aus Altbaiern Sonderdruck zur Ausstellung im Bayerischen Nationalmuseum vom 27 Juni 13 Oktober 1968 Munchen und Berlin o J Stieber Paul Deutsches Hafnergeschirr Sonderdruck aus Keysers Kunst und Antiquitatenbuch Band III Munchen und Wurzburg 1976 Tille Maria Hrsg Geschichte und Erzeugnisse der Kannenbacker Topfer Hafner und Pfeifenmacher im fruheren Voglnirschldorf Peterskirchen aus dem 18 19 Jh Keramik der Renaissance aus Gschaid etwa um 1540 Begleitbuch zu einer Ausstellung in Peterskirchen Dietersburg 1998 Einzelnachweise Bearbeiten Das Archaologische Jahr in Bayern 1990 S 110 113 Buchner Hans Sendl Johanna Rottaler Hafner Ein Beitrag zur Kultur und Sozialgeschichte Regensburg 2015 Jeanette Toussaint Zwischen Tradition und Eigensinn Potsdam 2009 S 17 Bayerns Weg in die Moderne Bayerisches Handwerk 1806 2006 Ausstellung im Deutschen Museum Munchen 2006 S 10 BayernsWeg in die Moderne S 9 Zitat aus einer Urkunde des Hauptstaatsarchivs Munchen MH 6117 Endres Werner Grasmann Lambert u a Steinzeug aus Niederbayern Peterskirchen im Rottal Vilsbiburg 2005 Buchner Hans Sendl Johanna Rottaler Hafner Ein Beitrag zur Kultur und Sozialgeschichte Regensburg 2015 S 147 Buchner Hans Sendl Johanna Rottaler Hafner Ein Beitrag zur Kultur und Sozialgeschichte Regensburg 2015 S 157 Heimathaus Pfarrkirchen im RegioWiki Niederbayern Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rottaler Hafner amp oldid 230158298