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Risikokennwerteabsolutes Risikorelatives Risiko RR attributables Risiko AR relative Risikoreduktion RRR Anzahl der notwendigen Behandlungen NNT Chance O Chancenverhaltnis OR Das relative Risiko RR auch Risikoverhaltnis 1 oder Risk Ratio 1 ist eine statistische Kennzahl zum Vergleich zweier Risiken die in der Epidemiologie Biometrie und Technometrie verwendet wird Risiko wird dabei als die Wahrscheinlichkeit eines ungunstigen Ereignisses oder Schadenereignisses verstanden Das relative Risiko gibt das Verhaltnis der Risiken in zwei Gruppen an die in unterschiedlichem Ausmass einem Risikofaktor ausgesetzt sind Ist eine Gruppe einem Risikofaktor ausgesetzt und die andere nicht so ist es ublich die Gruppe die dem Risikofaktor nicht ausgesetzt ist als Bezugsgruppe zu wahlen Typischerweise gilt dann RR gt 1 es ist aber auch RR lt 1 moglich falls der Risikofaktor risikomindernd wirkt Der Begriff relatives Risiko wird auch etwas ungenau fur einen Schatzwert des relativen Risikos verwendet der als Verhaltnis von zwei relativen Haufigkeiten berechnet wird Inhaltsverzeichnis 1 Definition 1 1 Schatzung 2 Interpretation des relativen Risikos 3 Ein Beispiel mit fiktiven Daten 4 Verwendung 5 Unterschiedliche Datensituationen und Studiendesigns 6 Zusammenhang mit dem Chancenverhaltnis 7 Literatur 8 EinzelnachweiseDefinition BearbeitenIn der medizinischen Statistik liegen haufig folgende Fragestellung und Datensituation vor Gesucht ist ein Schatzwert fur das relative Risiko R R P Erkrankung exponiert P Erkrankung nicht exponiert displaystyle RR frac P text Erkrankung mid text exponiert P text Erkrankung mid text nicht exponiert nbsp wobei P A B displaystyle P A B nbsp die bedingte Wahrscheinlichkeit von Ereignis A gegeben Ereignis B beschreibt Schatzung Bearbeiten Gegeben sind Beobachtungen von Erkrankungen oder Nichterkrankungen fur Personen in einer Gruppe die dem Risikofaktor exponiert ist und einer nicht exponierten Gruppe Die beobachteten Haufigkeiten a b c und d sind in der Tabelle zusammengefasst Anzahl der Personen mit Risikofaktor Anzahl der Personen ohne RisikofaktorAnzahl der erkrankten Personen a bAnzahl der nichterkrankten Personen c dEin Schatzwert fur das relative Risiko errechnet sich dann als R R a a c b b d displaystyle hat RR frac a a c b b d nbsp Dabei ist a a c displaystyle a a c nbsp die relative Haufigkeit der Erkrankten in der exponierten Gruppe und damit ein Schatzwert fur die Wahrscheinlichkeit P Erkrankung exponiert displaystyle P text Erkrankung mid text exponiert nbsp Der Ausdruck im Nenner b b d displaystyle b b d nbsp ist die relative Haufigkeit der Erkrankten in der nicht exponierten Gruppe und damit ein Schatzwert fur die Wahrscheinlichkeit P Erkrankung nicht exponiert displaystyle P text Erkrankung mid text nicht exponiert nbsp Interpretation des relativen Risikos BearbeitenDas relative Risiko nimmt Werte zwischen 0 und Unendlich an Ein Wert von 1 bedeutet dass das Risiko in beiden Gruppen gleich ist Es besteht dementsprechend kein Anhaltspunkt fur einen Zusammenhang zwischen der untersuchten Erkrankung und dem Risikofaktor Wenn der Wert grosser 1 ist ist das ein Hinweis auf einen moglichen positiven Zusammenhang zwischen einem Risikofaktor wie beispielsweise Rauchen und einer Erkrankung Liegt das relative Risiko unter 1 hat die Exposition eine schutzende protektive Wirkung wie es beispielsweise bei Impfungen der Fall ist Inwieweit ein relatives Risiko von uber 1 fur den Risikofaktorentrager kritisch zu bewerten ist hangt von unterschiedlichen Faktoren ab und muss deshalb genauer betrachtet werden Herzinfarkte sind in Deutschland eine haufige Krankheit und auch Todesursache Raucher haben ein etwa 2 5 mal so hohes Infarktrisiko wie Nichtraucher Durch den Risikofaktor Rauchen wird eine haufige Krankheits und Todesursache somit noch haufiger und relevanter Eine andere Bedeutung hat ein hohes relatives Risiko in Fallen in denen das Risiko Nichtexponierter sehr klein ist Beispielsweise haben trainierte Laufer 30 Minuten nach einem Marathon ein 15 mal so hohes Risiko eines Herztodes wie im Alltag Da die Gefahr aber insgesamt sehr gering ist darf ein hohes relatives Risiko nicht uberbewertet werden Gegenuber dem relativen Risiko zieht das attributable Risiko deswegen auch in Betracht wie haufig eine Krankheit uberhaupt ist Ein Beispiel mit fiktiven Daten BearbeitenAngenommen man mochte den Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Herzinfarkten und Rauchen untersuchen Man beobachtet 10 000 Patienten und stellt fest ob sie rauchen oder nicht und ob sie schon einmal einen Herzinfarkt erlitten haben Es ergibt sich folgende Kreuztabelle Anzahl der Personen die rauchen Anzahl der Personen die nicht rauchenAnzahl der Personen mit Herzinfarkt 130 70Anzahl der Personen ohne Herzinfarkt 1870 7930Es ergibt sich folgendes geschatztes relatives Risiko R R 130 130 1870 70 70 7930 7 4 displaystyle hat RR frac 130 130 1870 70 70 7930 approx 7 4 nbsp Das heisst das Risiko einen Herzinfarkt zu erleiden ist unter Rauchern etwa 7 4 mal so hoch wie unter Nichtrauchern Dasselbe Ergebnis erhalt man wenn man die geschatzte Herzinfarktwahrscheinlichkeit von Rauchern P R displaystyle hat P R nbsp 130 2000 6 5 durch die geschatzte Herzinfarktwahrscheinlichkeit von Nichtrauchern P N displaystyle hat P N nbsp 70 8000 0 875 dividiert Verwendung BearbeitenDie Anderung des relativen Risikos durch eine bestimmte Behandlung wird in der Medizin haufig verwendet um Aussagen eindrucklicher darzustellen 2 Zum Beispiel wird bei den Untersuchungen zur Fruherkennung von Krankheiten die Anderung des relativen Risikos angegeben Bei der Diskussion uber das Mammographie Screening zur Fruherkennung von Brustkrebs zeigten Untersuchungen eine Reduktion des relativen Risikos um 20 Das heisst durch die Untersuchung konnte einer von funf Todesfallen verhindert werden Bezogen auf alle untersuchten Frauen konnte durch die Untersuchung aber nur ein Todesfall je 1000 untersuchter Frauen verhindert werden 3 Unterschiedliche Datensituationen und Studiendesigns BearbeitenMan unterscheidet zwischen kumulativer Inzidenz und Inzidenzrate Die relative Haufigkeit a a c displaystyle a a c nbsp entspricht der kumulativen Inzidenz der mit dem Risikofaktor exponierten Gruppe und b b d displaystyle b b d nbsp der kumulativen Inzidenz der nicht exponierten Gruppe 4 Das relative Risiko lasst sich nur berechnen wenn Angaben zur kumulativen Inzidenz bekannt sind 5 Wenn Angaben zur Inzidenz fehlen wird das Chancenverhaltnis verwendet 5 6 Es wird zwischen relativem Risiko bzw Risiko Verhaltnis englisch risk ratio und Ratenverhaltnis englisch rate ratio unterschieden 7 Liegt zur Berechnung die Inzidenzrate vor kann man Zahler und Nenner nicht als Wahrscheinlichkeiten interpretieren weshalb man von einem Ratenverhaltnis englisch rate ratio bzw relativer Rate aber nicht von relativem Risiko englisch oft auch risk ratio genannt sprechen sollte 8 In prospektiven Studien Kohortenstudien und randomisierten kontrollierten Studien sind die kumulative Inzidenz oder Inzidenzrate bekannt in retrospektiven Studien Querschnitt oder Fall Kontroll Studien jedoch nicht weshalb in letzteren das Chancenverhaltnis verwendet wird 8 Zusammenhang mit dem Chancenverhaltnis Bearbeiten nbsp Unterschied Chancenverhaltnis und relatives Risiko mit obigem BeispielDas relative Risiko ist verwandt mit dem Chancenverhaltnis Anders als das Chancenverhaltnis kann man das relative Risiko aber nur errechnen wenn die Randwahrscheinlichkeiten der Haufigkeitstabelle zufallig sind D h die Anzahl der Erkrankten darf nicht durch das Studiendesign fest vorgegeben sein Wenn die Wahrscheinlichkeit zu erkranken gering ist sind Chancenverhaltnis und relatives Risiko ungefahr gleich Literatur BearbeitenLeon Gordis Epidemiology Fourth edition Sauders Elsevier Philadelphia 2009 Robert H Fletscher Suzanne W Fletscher Klinische Epidemiologie Grundlagen und Anwendung 2 Auflage Verlag Hans Huber Bern 2007 Oliver Razum Jurgen Breckenkamp Patrick Brzoska Epidemiologie fur Dummies WILEY VCH Verlag Munchen 2009Einzelnachweise Bearbeiten a b Stefan Weinmann Evidenzbasierte Psychiatrie Methoden und Anwendung W Kohlhammer Verlag 2007 ISBN 978 3 17 018855 6 S 63 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Relatives Risiko In Flexikon DocCheck Medical Services GmbH abgerufen am 7 November 2020 Odette Wegwarth Brustkrebsfruherkennung Nutzen und Risiken richtig kommunizieren In Der Gynakologe Band 51 Nr 5 Mai 2018 ISSN 0017 5994 S 370 379 doi 10 1007 s00129 018 4199 3 Volltext online auf springer com Alexander Kramer Ralf Reintjes Infektionsepidemiologie Methoden moderne Surveillance mathematische Modelle Global Public Health Springer Verlag 2013 ISBN 978 3 642 55612 8 S 50 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b Endspurt Vorklinik PsychSoz Die Skripten furs Physikum Thieme 2015 ISBN 978 3 13 166743 4 S 20 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Siegfried Weyerer Horst Bickel Epidemiologie psychischer Erkrankungen im hoheren Lebensalter W Kohlhammer Verlag 2006 ISBN 978 3 17 016835 0 S 33 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Marcus Mullner Erfolgreich wissenschaftlich Arbeiten in der Klinik Evidence Based Medicine Springer Verlag 2013 ISBN 978 3 7091 3755 0 S 47 50 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche a b Matthias Egger Oliver Razum Public Health Sozial und Praventivmedizin kompakt Walter de Gruyter 2014 ISBN 978 3 11 033606 1 S 34 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Relatives Risiko amp oldid 238019532