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Als Reinigungseid lateinisch juramentum purgatorium bezeichnet man ein auf keltische und germanische Rechtskultur zuruckreichendes Verfahrenselement der Gerichtsbarkeit aus dem fruhen und hohen Mittelalter wonach bei unvollstandiger Beweislage die Unwahrheit einer behaupteten Tatsache durch einen Eid beschworen wird 1 2 Ein bekannter Reinigungseid war die Erklarung die Papst Leo III am 23 Dezember 800 vor Karl dem Grossen und weiteren Wurdentragern abgab Der Reinigungseid Leos III Fresko von Raffael zwischen 1516 und 1517DetailDer Reinigungseid wurde einem Angeklagten auferlegt um ihm Gelegenheit zu geben sich durch die Eidesleistung von einem Schuldvorwurf reinzuwaschen bzw seine Unschuld zu bezeugen Gewohnlich wurde bei dem Eid zur Beteuerung Gott angerufen und auf einen heiligen Gegenstand durch dessen korperliche Beruhrung geschworen insbesondere auf ein Exemplar der Bibel ein Schwurkreuz oder eine Reliquie Ausserdem gab es eine vorgegebene Eidesformel Nur wenn der Reinigungseid dem Angeklagten durch fehlerfreie mundliche Wiedergabe der Eidesformel gelang galt er als unschuldig anderenfalls wurde er verurteilt Dies konnte mitunter fehlschlagen So galt schon das blosse Versprechen oder Verhaspeln bei der Wiederholung der vom Gericht auferlegten Eidesformel als Schuldbekenntnis Die Praxis des Reinigungseides beruhte auf der Uberzeugung dass insbesondere uberirdische Machte im Falle eines Meineidversuchs sofort eingreifen und den Eid misslingen lassen wurden Gottesurteil Es konnte auch vorkommen dass dem Angeklagten nicht das Recht zum Reinigungseid zugesprochen wurde namlich dann wenn er auf frischer Tat in flagranti angetroffen worden war ein Tatbestand den man in der mittelalterlichen Prozessordnung bei handhafter Tat nannte In diesem speziellen Falle dem sogenannten Handhaftverfahren durfte der Klager einen Anklageeid aussprechen der wenn er gelang den Angeklagten automatisch schuldig sprach Manchmal kam es auch vor dass Eideshelfer aus der Verwandtschaft den Angeklagten beim Schworen des Reinigungseides unterstutzen mussten Fremde die uber keine Verwandtschaft aus unmittelbarer Nahe verfugten bzw keinen Eideshelfer beischaffen konnten mussten sich sodann einem Gottesurteil unterziehen wie z B das Laufen uber gluhende Kohlen oder das Tragen eines gluhenden Hufeisens wobei keine Brandmarken entstehen durften Im spaten Mittelalter jedoch verschwanden unter Einwirken der Kirche die Gottesurteile mehr und mehr welche vom Prinzip her noch aus heidnischer Zeit ubernommen worden waren Gegen Ende des Mittelalters verlor der Reinigungseid langsam an Bedeutung An seine Stelle trat die Uberfuhrung des Angeklagten durch die Aussage zweier glaubwurdiger Zeugen die Beweisung oder durch das Gestandnis des Angeklagten das Urgicht das oft durch eine peinliche Befragung erpresst wurde Literatur BearbeitenRichard Loening Der Reinigungseid bei Ungerichtsklagen im Deutschen Mittelalter Carl Winter s Universitatsbuchhandlung Heidelberg 1880 Einzelnachweise Bearbeiten Artikel Reinigungseid Herders Conversations Lexikon Freiburg im Breisgau 1856 S 697 abgerufen im Portal zeno org am 21 April 2013 Gerhard Muller Hrsg Theologische Realenzyklopadie Verlag Walter de Gruyter New York Berlin 1993 ISBN 3 11 013898 0 S 384 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Reinigungseid amp oldid 205894835