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Rauchschwache Pulver mit Nitrocellulose als Bestandteil oft NC Pulver genannt sind eine Gruppe von als Schiesspulver eingesetzten Explosivstoffen deren Hauptbestandteil Cellulosenitrat ist oft auch Nitrocellulose NC Schiessbaumwolle oder engl guncotton genannt Es wird zwischen einbasigen zweibasigen und dreibasigen Treibmitteln unterschieden Paul Vieille entwickelte 1882 die Treibladung aus Schiessbaumwolle das rauchlose Poudre B indem er sie mit einer Mischung aus Alkohol und Ether behandelte Aber erst Alfred Nobel gelang es ein progressiv abbrennendes Pulver herzustellen Er liess die mit Salpeter behandelte Baumwolle mit Nitroglycerin gelieren Diese Bestandteile bilden die Grundlage aller modernen rauchlosen Treibstoffe Unterschiedliche NC Pulversorten Inhaltsverzeichnis 1 Entwicklungsgeschichte 2 Verbreitung 3 NC Pulver Klassen Zusammensetzung 4 Pyroxilinpulver und Nitroglycerinpulver 5 Zusatzstoffe 6 Geometrie 7 Siehe auch 8 Literatur 9 EinzelnachweiseEntwicklungsgeschichte Bearbeiten nbsp Geborstener Lauf einer Vorderladerpistole die anstelle von Schwarzpulver mit Nitrocellulosepulver beschossen wurde und den erhohten Belastungen nicht standhieltEntwickelt wurden die rauchschwachen Schiesspulver am Ende des 19 Jahrhunderts als das bis dahin hauptsachlich als Treibmittel verwendete Schwarzpulver den Anforderungen moderner Artilleriewaffen nicht mehr genugte Die Problematik stellte sich wie folgt dar Fur die Verwendung in grosskalibrigen Geschutzen war Schwarzpulver wenig geeignet weil es zu offensiv war Die Treibladung war bereits abgebrannt ehe das Geschoss das Rohrende erreicht hatte und verursachte so eine stark ansteigende Druckkurve Versuche die Abbrandgeschwindigkeit zunachst durch grobere Kornung des Schwarzpulvers danach durch hohere Verdichtung der Rohpulvermasse zu verringern zeigten nur begrenzte Erfolge Weitere Nachteile waren die starke Rauchentwicklung und die starke Verschmutzung der Rohre durch Salze die bei der Verbrennung von Schwarzpulver entstehen So liefert ein Kilogramm Schwarzpulver bei der Verbrennung etwa 560 Gramm Salzgemisch hauptsachlich Kaliumsulfit und Kaliumcarbonat Die Salzverschmutzung bereitete besonders Probleme bei Gewehren bei denen die Offensivitat des Schwarzpulvers nicht storte und war beim Ubergang zu kleineren Kalibern hinderlich Nach wenig erfolgreichen Versuchen auf der Basis von Kaliumpikrat und einem Gemisch von Kaliumchlorat Blutlaugensalz und Zucker begannen Versuche mit nitrierter Zellulose Diese entwickelte kaum Rauch und hinterliess keinen Ruckstand war jedoch auch bei Gewehren zu offensiv Abhilfe fur die unerwunschte Offensivitat wurde durch das Gelatinieren mit verschiedenen Losemitteln und das Phlegmatisieren gefunden Durch das angewendete Gelatinierungsverfahren Variation der Zusatze sowie Grosse und Form der Pulverteile konnte nun das Abbrandverhalten weitgehend beeinflusst werden jedoch nahm durch die verwendeten Zusatze die Rauchentwicklung zu und das Pulver verbrannte nicht mehr komplett ruckstandsfrei Das wurde jedoch aufgrund der sonstigen Vorteile in Kauf genommen Bereits seit 1882 entwickelte der franzosische Chemiker Paul Vieille das 1884 perfektionierte Poudre B das heute als erstes rauchschwaches Pulver gilt das in Form der Patrone 8 50 mm R Lebel in Gewehren genutzt wurde Ein weiteres Nitrozellulosepulver wurde 1884 von Max Duttenhofer in der Pulverfabrik Rottweil erfunden und in grossem Massstab hergestellt 1 Alfred Nobel vermarktete Nitrozellulosepulver ab 1887 als Ballistit und wird ebenfalls als Erfinder genannt In diesem Zusammenhang gab es Patentstreitigkeiten zu einer britischen Parallelerfindung dem Kordit von Frederick Augustus Abel und James Dewar Die rauchschwachen Pulver haben das Schwarzpulver als Treibladungsmittel fast vollig verdrangt da sie gegenuber dem Schwarzpulver den Vorteil haben den Lauf kaum zu verschmutzen und sicherer in der Handhabung zu sein Hiram Maxim erhielt im Jahr 1889 ein Patent fur das rauchlose Pulver Maximite aus Trinitrocellulose und Nitroglycerin In den USA hatte Eleuthere Irenee du Pont 1802 die Firma DuPont gegrundet die zunachst auf die Schwarzpulverherstellung spezialisiert war Mit dem Aufkommen des rauchschwachen Pulvers ubernahm sie dessen Einfuhrung Verbreitung BearbeitenNC Pulver sind heute das Standardpulver fur Feuerwaffen Fur militarische Zwecke wird ausschliesslich rauchloses Pulver eingesetzt da es neben der geringeren Verschmutzung den Vorteil hat dass die Position des Schutzen nicht durch Rauchschwaden verraten wird Die in Feuerwaffen eingesetzten Pulver benotigen eine Initialzundung Diese wird bei Feuerwaffen vom Zundhutchen ubernommen Das Pulver brennt jedoch nur relativ langsam ab wenn man es beispielsweise mit dem Feuerzeug anzundet und entfaltet seine volle Wirkung erst von einer bestimmten Zundtemperatur an Ausnahmen von diesem Standard sind bei historischen Schwarzpulverschutzen anzutreffen Seltener wird NC Pulver heute als Treibladung in Artilleriegeschutzen verwendet NC Pulver Klassen Zusammensetzung BearbeitenNach der Zusammensetzung werden die NC Schiesspulver in drei Klassen eingeteilt Einbasige Schiesspulver Cellulosenitrat Pulver Mischungen von 80 Schiessbaumwolle und 20 Kollodiumwolle die mit Alkohol Ether Ather Gemischen gelatiniert und nach dem Formen und Trocknen mit Weichmachern wie Centraliten Campher Dibutylphthalat und ahnlichem phlegmatisiert werden Zweibasige Schiesspulver Mischungen von Nitroglycerin und Cellulosenitrat die man mit Aceton Alkohol gelatiniert anschliessend zu Schnuren formt und dann das Losemittel entfernt Ein typisches Beispiel ist das britische Kordit das der Schnurform seinen Namen verdankt Dreibasige Schiesspulver Mischungen von Diethylenglycoldinitrat oder Triethylenglycoldinitrat und Cellulosenitrat denen Nitroguanidin als dritte Komponente zugesetzt wird diese Pulver haben einen niedrigen Energiegehalt bei grossem Gasvolumen Sie schonen durch die niedrigere Verbrennungstemperatur die Rohre und werden besonders bei Feldartillerie Dauerfeuer und Flak hohe Kadenz verwendet Mehrbasige Schiesspulver Dazu zahlen Mischungen ab drei Komponenten Mischungen mit mehr als drei Komponenten werden selten hergestellt Beispielsweise verwendeten die Deutschen im Zweiten Weltkrieg Mischungen von Diethylenglykoldinitrat oder Triethylenglykoldinitrat Cellulosenitrat nitrierte Cellulose Hydrocellulose hydrierte Cellulose und Nitroguanidin manchmal wurde noch Pikrinsaure TNP oder Benzoltrinitrat TNB zugesetzt um die Brisanz zu erhohen Wegen Mangel an Salpetersaure Salpeter und rauchschwachen Pulvern insbes aus Cellulose streckten die Deutschen im Zweiten Weltkrieg das Schiesspulver so z B auch mit Ammonsaure Ammoniumsalzen Um das Mundungsfeuer zu verringern gibt man oft noch Zusatze hinzu etwa Salze wie z B Sulfate Kaliumsulfat Die Rohrhaltbarkeit kann man durch Zusatze mit Stickstoff wie Nitriden oder Aziden erhohen Pyroxilinpulver und Nitroglycerinpulver BearbeitenDie rauchschwachen rauchlosen Pulver teilt man in Pyroxilin und Nitroglycerinpulver auf Die Chemiker nennen sie kolloidale Pulver und unterscheiden zwischen Pulver basierend auf fluchtigen Losungsmitteln Pulver basierend auf schwer fluchtigen Losungsmitteln Die Pyroxilinpulver werden hauptsachlich in den Patronen der Schusswaffen eingesetzt die Nitroglycerinpulver mit der grosseren Sprengleistung z B in Minen und Geschossen Das moderne Pyroxilinpulver besteht aus gallertartigem Pyroxilin Das Pyroxilin wird gewonnen indem man das Zellgewebe z B Holz Watte Lein Hanf u a mit dem Gemisch aus Salpeter und Schwefelsaure behandelt Nitroglycerin nach der Bearbeitung des Glycerins mit dem Gemisch aus Salpeter und Schwefelsaure Das Nitroglycerinpulver stellt man aus der Mischung des Pyroxilins und Nitroglycerins her Das Pyroxilin gehort zu den Brisanzsprengstoffen deren Charakteristik die sehr hohe Abbrandgeschwindigkeit und zerschmetternde Splitterwirkung ist verursacht durch die sich rasch ausdehnenden heissen Gase Zur Verringerung der Brisanz und Umwandlung in das Pulver wird Pyroxilin mit Losungsmitteln behandelt Das Pyroxilin quillt unter der Einwirkung des Losungsmittels auf und vermischt sich teilweise mit ihm Dabei zerfallt seine faserige Struktur bis zu einem gewissen Grad und es verwandelt sich in eine teigartige plastische Masse die eine beliebige Form annehmen kann Diese Eigenschaft macht das Pyroxilin besonders wertvoll Nach dem Entfernen des fluchtigen Losungsmittels wird die Masse fest Als POL Pulver Pulver ohne organische Losemittel werden zwei oder dreibasige Treibladungspulver fur Artillerie oder auch als Raketentreibstoffe bezeichnet Die Gelatinierung und Homogenisierung erfolgt mit Wasser durch Walzen Strangpress oder Schneckenpress Prozesse wobei Diethylenglykoldinitrat oder Glycerintrinitrat als Losungs und Quellmittel fur Cellulosenitrat fungiert Dann wird das Wasser bis auf etwa 1 verdampft und anschliessend das Pulver maschinell geformt Fur die sogenannten Tropenpulver wurde in Deutschland wegen der geringeren Fluchtigkeit Triethylenglykoldinitrat statt Diethylenglykoldinitrat verwendet Glycerintrinitrat war wahrend beider Weltkriege wegen der Knappheit an Fetten und Olen als Rohstoff nur begrenzt verfugbar Zusatzstoffe BearbeitenZur Verringerung der Rauchentwicklung und Erhohung der Lagerstabilitat konnen 0 5 bis 2 Diphenylamin oder auch Harnstoff zugegeben werden Mit der Zeit und bei hohen Lagertemperaturen lasst die Wirkung dieser Stabilisatoren nach wodurch Selbstentzundung droht Bei Verwendung in Artilleriegeschutzen wird der Treibladung Blei aus Grunden des Umweltschutzes zunehmend auch Bismuth oder Zinn beigegeben Diese Stoffe sollen mit abgeriebenem Kupfer aus den Fuhrungsbandern der Projektile reagieren und so dessen Reaktion mit dem Stahl der Rohrinnenflache verhindern Diese Ablagerungen erhohen den Verschleiss und verringern den Rohrdurchmesser was zu einem Ausfall der Waffe fuhren kann 2 Ein Zusatz von 1 Natriumoxalat oder 2 Kaliumsulfat verhindert die Entzundung der Rauchgase und somit den Mundungsblitz Dinitrotoluol kann als Ersatz fur Glycerintrinitrat oder Diethylenglykoldinitrat verwendet werden ist allerdings bedeutend giftiger Fur denselben Zweck kann auch Ethylenglykoldinitrat verwendet werden allerdings findet wegen des viel niedrigeren Siedepunktes durch Verdunstung und Ruckkondensation eine langsame Entmischung statt Deswegen ist dieses Pulver nicht lange lagerfahig Als Ersatz fur Cellulosenitrat konnen bis zu 50 Ammoniumnitrat zugegeben werden allerdings ist das Schiesspulver dann feuchtigkeitsempfindlich Es erfolgt eine Endbehandlung der Partikeloberflache mit Campher Dieser Zusatz phlegmatisiert das Pulver Er lasst die Verbrennung langsamer anlaufen und unterstutzt so die erwunschte schiebende Wirkung 3 Die fertigen Pulver werden graphitiert um statische Aufladung beim Schutten und somit Funkenbildung zu vermeiden Experimentiert wird mit dem Zusatz von Flouriden der die Empfindlichkeit gegen Beschuss und Brande herabsetzen soll 4 Geometrie BearbeitenDie Form der Pulverpartikel wird durch Strangpressen der gelatinisierten Masse erzeugt Man unterscheidet Rohrenpulver in verschiedenen Langen Mehrlochpulver Rohren mehrfach perforiert Blattchenpulver Streifenpulver Kugelpulver Wurfelpulver Ringpulver Nudelpulver kurz geschnittene Stabchen und sonstige Formen Die Form und Grosse der Pulverteile wird weitgehend von der Grosse und Form der Treibladung sowie dem gewunschten Abbrandprofil bestimmt Die Geometrie wird durch verschiedene Presseverfahren im Herstellungsprozess festgelegt Im Wesentlichen werden mit blick auf das Abbrandprofil drei Arten von Pulver unterschieden Degressives Pulver Das Pulver ist in Blattchen oder Kugeln geformt Dadurch verringert sich die Oberflache wahrend des Abbrennens Entsprechend geht in diesem Zeitraum die erzeugte Gasmenge zuruck Dies ist besonders in kurzrohrigen Waffen erwunscht wie Pistolen und Morser um schnell Druck aufzubauen aber keine Verbrennung und damit ubermassige Rauchbildung vor der Mundung auszulosen Neutrales Pulver Das Pulver ist in kurzen Rohren vergleichbar einer Makkaroni geformt Es brennt zugleich von innen nach aussen und von aussen nach innen ab Die dabei einerseits zu und andererseits abnehmende Oberflache bedingt uber den Prozess eine gleichmassige Gaserzeugung und damit Beschleunigung des Projektils Insbesondere bei Hohlladungspatronen und allgemein bei Gewehren ist dieser Vorgang erwunscht Progressives Pulver Das Pulver besteht aus Zylindern mit mehreren axialen Bohrungen Dadurch nehmen die Oberflache und die Gaserzeugung wahrend des Abbrennens zu Anwendungsgebiete sind sehr lange Waffenrohre in denen trotz des grossen Volumens ein hoher Gasdruck aufrechterhalten werden soll und bei angestrebten sehr hohen Mundungsgeschwindigkeiten etwa bei flugelstabilisierten Wuchtgeschossen 5 In grosskalibrigen Kanonen verwendet man meistens Rohrenpulver in Steilfeuergeschutzen Plattenpulver in Handfeuerwaffen hauptsachlich feinkornige Pulver 6 Treibsatze fur Raketen werden in Form zylindrischer Presslinge hergestellt Um zu verhindern dass eine Artillerietreibladung detoniert statt zu deflagrieren wird diese nicht direkt von der Initialladung gezundet sondern uber eine Schwarzpulverzwischenladung Dadurch wird auch die gleichmassige Zundung der Gesamtladung sichergestellt Siehe auch BearbeitenSchiesspulver WiederladenLiteratur BearbeitenJohn Baptiste Bernadou Smokeless Powder Nitro cellulose And Theory Of The Cellulose Molecule ISBN 978 1 103 12711 5 BG Chemie Herausgeber M 037 Nitrocellulose ISBN 978 3 86825 039 8 Wilhelm Hassenstein Der Ubergang vom Schwarzpulver zum Nitrozellulose Blattchenpulver vor 50 Jahren In Zeitschrift fur das gesamte Schiess und Sprengstoffwesen April 1941 Einzelnachweise Bearbeiten Paul Gehring Duttenhofer Max Wilhelm von In Neue Deutsche Biographie NDB Band 4 Duncker amp Humblot Berlin 1959 ISBN 3 428 00185 0 S 206 f Digitalisat Thomas Enke Grundlagen der Waffen und Munitionstechnik 2 aktualisierte Auflage Walhalla Fachverlag Regensburg 2021 doi 10 5771 9783802947780 S 114 118 Thomas Enke Grundlagen der Waffen und Munitionstechnik 2 aktualisierte Auflage Walhalla Fachverlag Regensburg 2021 doi 10 5771 9783802947780 S 114 Thomas Enke Grundlagen der Waffen und Munitionstechnik 2 aktualisierte Auflage Walhalla Fachverlag Regensburg 2021 doi 10 5771 9783802947780 S 119 Thomas Enke Grundlagen der Waffen und Munitionstechnik 2 aktualisierte Auflage Walhalla Fachverlag Regensburg 2021 doi 10 5771 9783802947780 S 21 f Josef Kohler Rudolf Meyer Axel Homburg Explosivstoffe Ausgabe 10 John Wiley amp Sons 2012 ISBN 9783527660070 S 182 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rauchschwache Pulver amp oldid 231846168