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Mit Pied s noir s pje nwaʁ wortlich Schwarzfuss fusse bezeichnet man seit den 1950er Jahren die sogenannten Algerienfranzosen d h Europaer die sich seit dem Beginn der Eroberung Algeriens durch Frankreich in dem nordafrikanischen Land niederliessen Vor den 1950er Jahren war fur diese Bevolkerungsgruppe die Bezeichnung colons Siedler ublich die keine Aussage uber ihre Herkunft trifft und somit genauer ist Nur ungefahr 40 der Siedler stammten aus dem Mutterland Frankreich insbesondere aus Sudfrankreich Korsika dem Elsass und Lothringen die meisten anderen hingegen aus Italien Spanien und Malta Zu diesen Europaern kamen einheimische Juden Israelites die schon langer im Maghreb ansassig waren und im 19 Jahrhundert durch das Decret Cremieux die franzosische Staatsburgerschaft erhielten Gegen Ende des Algerienkriegs 1962 als fast alle Europaer Algerien verliessen betrug die Zahl der Pieds noirs rund 1 4 Millionen d h 13 der algerischen Bevolkerung 1 Im weiteren Sinne werden auch die europaischstammigen und die ihnen gleichgestellten judischen Bewohner Tunesiens und Marokkos die diese Lander nach deren Unabhangigkeit verliessen als Pieds noirs bezeichnet Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Bekannte Pieds noirs 3 Literatur franzosisch 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDie Gesellschaft der europaischen Siedler in Algerien war zeit ihres Bestehens sozial gespalten Einer kleinen Minderheit relativ alteingesessener wohlhabender Familien stand eine grosse Schicht vergleichsweise armer Neusiedler gegenuber die sich durch standigen Zuzug vergrosserte Durch den Zugang zum Kapitalmarkt Muslime waren durch Sondersteuern und die privatrechtlich geltende Scharia davon ausgeschlossen schafften es die Europaer grosse Teile der Boden des Landes aufzukaufen Zudem kam es zu gewaltsamen Landnahmen meist nach Aufstanden der lokalen muslimischen Bevolkerung Im Jahr 1936 kontrollierten die Europaer 7 7 Millionen Hektar rund 40 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Flache Algeriens dies zumeist in den fruchtbaren kustennahen Regionen Andere Siedler lebten als Handwerker Arbeiter und Ladenbesitzer in den Stadten Der amtliche Lebensstandardindex der europaischstammigen Bevolkerung war 1950 rund zwanzig Prozent niedriger als im Mutterland Frankreich der Vergleich mit anderen europaischen Herkunftslandern fiel indes positiver aus 2 Unter der franzosischen Herrschaft genossen nur Europaer volle Burgerrechte wahrend die Einheimischen indigenes durch den Code de l indigenat von 1875 benachteiligt waren 1870 wurden die einheimischen Juden durch das Decret Cremieux zu Franzosen erklart Obwohl die Kustenregion Algeriens seit 1848 als franzosisches Staatsgebiet galt und seine Bewohner daher grundsatzlich als franzosische Staatsburger anerkannt waren erhielten nur etwa 7 000 muslimische Algerier das franzosische Burgerrecht In der Volksvertretung Algeriens waren keine Muslime vertreten obwohl die einheimische Bevolkerung fast ausschliesslich aus Muslimen bestand Hingegen wurden 1889 3 in grossem Umfang Spanier Italiener und weitere Europaer etwa Deutsche Schweizer Malteser eingeburgert Erst 1944 wurde das Burgerrecht allen Bewohnern Algeriens verliehen 4 Nach dem Ende des Algerienkriegs als Algerien seine Unabhangigkeit erhielt siedelten die meisten der etwa 1 4 Millionen Pieds noirs in das franzosische Mutterland uber Der Terror der Organisation de l armee secrete OAS 1961 62 mit der zahlreiche Pieds noirs und eine Reihe franzosischer Militars sympathisierten hatte die algerische Unabhangigkeit nicht verhindern konnen Doch waren viele Pieds noirs bereits seit Generationen in Algerien ansassig und hatten keine Wurzeln in Frankreich Sie liessen sich notgedrungen in Frankreich nieder da sie von der algerischen Unabhangigkeitsbewegung dem Front de Liberation Nationale FLN mit dem Tode bedroht wurden falls sie in Algerien blieben Der damals gangige Ausspruch La valise ou le cercueil Du kannst wahlen Koffer oder Sarg versinnbildlicht das Dilemma der europaischen Siedler und ihrer muslimischen Unterstutzer vgl Harki Die darin enthaltene Drohung wurde nach der Unabhangigkeit Algeriens in vielen Fallen wahr Tausende Algerier die wahrend des Unabhangigkeitskampfes loyal zu Frankreich gestanden und in dessen Militar gekampft hatten loschte die FLN zusammen mit ihren Familien aus Am Tag der Unabhangigkeitserklarung dem 5 Juli 1962 kam es in Oran der Stadt mit dem grossten Anteil von Pieds noirs an der Gesamtbevolkerung zu einem Massaker dem je nach Quelle zwischen 95 und 3500 Menschen zum Opfer fielen Keiner der Tater wurde bestraft 5 Der franzosische Staat und die franzosische Offentlichkeit zeigten den Pieds noirs gegenuber wenig Empathie Die in Algerien verbliebenen franzosischen Armeeeinheiten wurden nach dem 1 Juli 1962 also in den Tagen unmittelbar vor der algerischen Unabhangigkeit nicht mehr zum Schutz der europaischen Bevolkerung eingesetzt und die Aufnahme von Harkis eingeschrankt Mitgefuhl Ermutigung oder auch materielle Hilfe bei der Emigration nach Frankreich gab es fur die Pieds noirs nur in beschranktem Umfang Der franzosische Staatsprasident Charles de Gaulle erklarte im Ministerrat in Bezug auf die Algerienfranzosen Diese Leute verwechseln die Interessen Frankreichs mit ihren eigenen Interessen 6 Die meisten Pieds noirs siedelten sich zunachst in den Stadten entlang der franzosischen Mittelmeerkuste etwa in Aix en Provence Perpignan Montpellier Marseille Toulon und Nizza und im Grossraum Paris an 17 000 von ihnen 7 gingen auf die Insel Korsika was dort zu politischen Spannungen fuhrte 8 Personlichkeiten aus der heterogenen Gruppe der Repatriierten rapatries gewannen in den folgenden Jahrzehnten dennoch grossen Einfluss in der franzosischen Gesellschaft Bekannte Pieds noirs BearbeitenAlain Afflelou 1948 Unternehmer Louis Althusser 1918 1990 Philosoph Jacques Attali 1943 Wirtschaftswissenschaftler Daniel Auteuil 1950 Schauspieler Jean Pierre Bacri 1951 2021 Schauspieler Claude Bartolone 1951 Politiker 2012 2017 Prasident der Nationalversammlung Tunesien Paul Belmondo 1898 1982 Bildhauer Jean Benguigui 1944 Schauspieler Didier Bourdon 1959 Schauspieler Jean Claude Brialy 1933 2007 Schauspieler Jean Brune 1912 1973 nationalistischer Journalist und Schriftsteller Patrick Bruel 1959 Sanger Albert Camus 1913 1960 Schriftsteller und Philosoph Literaturnobelpreistrager 1957 Marie Cardinal 1928 29 2001 Schriftstellerin Marcel Cerdan 1916 1949 Boxer Weltmeister im Mittelgewicht 1948 49 Alain Chabat 1958 Schauspieler Helene Cixous 1937 Schriftstellerin Philosophin und Frauenrechtlerin Claude Cohen Tannoudji 1933 Physiker Nobelpreis 1997 Pierre Cosso 1961 Schauspieler Jean Daniel 1920 2020 Journalist Herausgeber und Schriftsteller Bertrand Delanoe 1950 von 2001 2014 Burgermeister von Paris Tunesien Dominique de Villepin 1953 Politiker 2005 2007 franzosischer Premierminister Jacques Derrida 1930 2004 Philosoph Jean Pierre Elkabbach 1937 2023 Journalist und Radio und Fernsehmoderator Jean Paul Enthoven 1949 Autor und Publizist Francoise Fabian 1933 Schauspielerin Louis Franchet d Esperey 1856 1942 Marschall Nicole Garcia 1946 Schauspielerin und Regisseurin Sophie Garel 1942 Radio und Fernsehmoderatorin Serge Haroche 1944 Quantenphysiker Physiknobelpreistrager 2012 Marokko Bernard Henri Levy 1948 Philosoph und Publizist Marlene Jobert 1940 Schauspielerin Edmond Jouhaud 1905 1995 General Alphonse Juin 1888 1967 Marschall Pierre Rene Lemas 1951 von Mai 2012 bis April 2014 Leiter des Elysee Palastes Enrico Macias 1938 Sanger Jean Luc Melenchon 1951 Politiker Marokko Albert Memmi 1920 2020 Schriftsteller und Soziologe Tunesien Joseph Ortiz 1917 1995 Nationalist und Mitglied der Terrorgruppe O A S Celestin Oliver 1930 2011 Fussballspieler Dominique Ouattara 1953 Ehefrau des Prasidenten der Elfenbeinkuste Jean Pelegri 1920 2003 Schriftsteller Claude Piegts 1934 1962 Nationalist und Mitglied der Terrorgruppe O A S Jacques Ranciere 1940 Philosoph Max Regis 1873 1950 eigentlich Massimiliano Milano Antisemit Burgermeister von Algier Emmanuel Robles 1914 1995 Schriftsteller Beatrice Romand 1952 Schauspielerin Jules Roy 1907 2000 Schriftsteller Yves Saint Laurent 1936 2008 Modeschopfer Philippe Seguin 1943 2010 Politiker Tunesien Benjamin Stora 1950 Historiker Mario Zatelli 1912 2004 FussballerLiteratur franzosisch BearbeitenMarie Cardinal Les Pieds Noirs Place Furstenberg editeurs Paris 1994 ISBN 2 910818 00 4 Pierre Daum Ni valise ni cercueil Les pieds noirs restes en Algerie apres l independance Solin Actes Sud Arles 2012 ISBN 978 2 330 00227 5 Raphael Delpard L Histoire des Pieds Noirs d Algerie 1830 1962 Michel Lafon Neuilly sur Seine 2002 ISBN 2 8409 8761 9 Pierre Goinard Algerie L œuvre francaise 2 Aufl Gandini Nizza 2001 ISBN 2 906431 29 X Marcel Gori L Algerie illustree Editions Campanile Sophia Antipolis 2005 Jean Jacques Jordi 1962 L arrivee des Pieds Noirs Autrement Paris 2002 ISBN 2 86260 520 4 Jean Jacques Jordi De l Exode a l Exil Rapatries et pieds noirs en France l exemple marseillais 1954 1992 L Harmattan Paris 2000 ISBN 2 7384 2305 1 Daniel Leconte Les Pieds Noirs Histoire et portrait d une communaute Le Seuil Paris 1980 ISBN 2 02 005397 7 Cecile Mercier Les Pieds Noirs et l exode de 1962 A travers la presse francaise L Harmattan Paris 2003 ISBN 2 7475 3794 3 Jean Pax Mefret Jean Bastien Thiry Jusqu au bout de l Algerie francaise Pygmalion Paris 2003 ISBN 2 85704 815 7 Schilderung aus kolonialnostalgischer Sicht Pierre Nora Les Francais d Algerie Editions Julliard Paris 1961 Jeannine Verdes Leroux Les Francais d Algerie de 1830 a aujourd hui Une page d histoire dechiree Fayard Paris 2001 ISBN 2 213 60968 3 Jean Jacques Viala Pieds Noirs en Algerie apres l independance Une experience socialiste L Harmattan Paris 2001 ISBN 2 7475 0890 0 Weblinks BearbeitenWaffen mitgebracht In Der Spiegel vom 17 Oktober 1962 Einzelnachweise Bearbeiten Bernard A Cook Hrsg Europe since 1945 An encyclopedia Bd 1 Garland New York 2001 S 398 ff ISBN 0 8153 1336 5 Martin Evans Algeria France s Undeclared War University Press Oxford 2012 ISBN 978 0 19 280350 4 S 24 27 Jean Jacques Jordi Idees recues Les Pieds Noirs Hrsg Marie Laurence Dubray Editions Le Cavalier Bleu Paris 2009 ISBN 978 2 84670 197 6 S 28 32 Edward R Kantowicz Coming apart coming together W B Eerdmans Grand Rapids Michigan 2000 ISBN 0 8028 4456 1 S 207 Pierre Daum Das Trauma von Oran In Le Monde diplomatique Nr 9821 vom 8 Juni 2012 ISSN 0026 9395 Wilfried Loth Charles de Gaulle Kohlhammer Verlag Stuttgart 2015 ISBN 978 3 17 021362 3 S 214 Ghjiseppu Lavezzi Corse Vertiges de l honneur In Collection L Ame des peuples Editions Nevicata Bruxelles 2018 ISBN 978 2 87523 117 8 S 36 Catherine Krahmer Josef Muller Marein 21mal Frankreich In Panoramen der Welt 5 Auflage Nr 2680 Piper Verlag Munchen 1989 ISBN 3 492 15103 5 S 422 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pied noir amp oldid 237854553