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Die numerische Taxonomie oder Phanetik ist ein Klassifikationssystem in der biologischen Systematik Ziel ist die Aufstellung einer biologischen Taxonomie anhand von morphologischen Merkmalen Dabei wird intensiv auf computergestutzte Rechenverfahren und insbesondere die Clusteranalyse zuruckgegriffen Das Konzept der numerischen Taxonomie wurde 1961 von Robert R Sokal und Peter Sneath 1923 2011 in dem Buch Principles of Numerical Taxonomy entwickelt Inhaltsverzeichnis 1 Motivation und Praxis 2 Kritik und Aufnahme in der Forschung 3 Numerische Taxonomie in der Linguistik 4 Literatur 5 EinzelnachweiseMotivation und Praxis BearbeitenDie morphologische Ausrichtung der numerischen Taxonomie stand schon bei ihrer Entwicklung im Kontrast zur Mehrheit der taxonomischen Theorie und Praxis Der uberwiegende Teil der biologischen Systematik ist an der phylogenetischen Entwicklung orientiert Das Aussparen evolutionstheoretischer Uberlegungen ist von Sokal und Sneath jedoch explizit gewunscht Ziel ist es ein allgemeingultiges moglichst theoriefreies taxonomisches System zu entwickeln das fur die verschiedenen Disziplinen wie Okologie Evolutionsbiologie oder Palaontologie gleichermassen verbindlich ist Die numerische Taxonomie stutzt sich auf eine grosse Anzahl morphologischer Merkmale die allesamt beobachtbar und quantifizierbar sein mussen Dabei wird fur Individuen das Ausmass bestimmt in dem ihnen die Merkmale zukommen Mittels komplexer computergestutzter Verfahren soll so ein objektives Mass fur Ahnlichkeit von Individuen gefunden werden Die Ahnlichkeiten konnen dann als Material fur ein taxonomisches System dienen Kritik und Aufnahme in der Forschung BearbeitenDie numerische Taxonomie hat sich in der biologischen Systematik nicht durchsetzen konnen Zum einen wird von Evolutionsbiologen eine rein morphologisch orientierte Taxonomie als unrealistisch abgelehnt Zum anderen gibt es schwerwiegende wissenschaftstheoretische Einwande gegen die phanetische Konzeption einer objektiven Taxonomie Morphologische Artkonzepte sind aufgrund der notwendigen Auswahl und Gewichtung der morphologischen Merkmale zum Teil subjektiv und haufig von verfugbarer Methodik und spezifischen Forschungsinteressen geleitet Zum anderen ist die Mehrheit der Taxonomen heute der Ansicht dass die Taxonomie nach phylogenetischen Kriterien auszurichten sei Da die in der numerischen Taxonomie verwendeten Cluster Algorithmen nicht zwischen konvergenten und homologen Merkmalen unterscheiden ergeben sie in einer Vielzahl von Fallen keine korrekte Rekonstruktion der phylogenetischen evolutionaren Prozesse Konvergente Evolution beeinflusst haufig eine Vielzahl morphologischer Merkmalen gemeinsam z B bei einem Vergleich von Vogeln und Fledermausen so dass eine rein quantitative Abwagung in die Irre fuhrt Die Probleme der numerischen Taxonomie andern jedoch nichts daran dass sie in einigen Teilbereichen erfolgreich verwendet wird Dies gilt insbesondere fur die Bereiche in denen andere Artkonzepte nicht anwendbar sind Dies ist z B in der Palaontologie der Fall wo etwa der biologische Artenbegriff Ernst Mayrs oft nicht zur Anwendung kommen kann da meist keine Informationen uber die Fortpflanzungsmoglichkeiten vorhanden sind Der Anspruch eine allgemeingultige taxonomische Methode vorgelegt zu haben kann allerdings als gescheitert angesehen werden Dies schliesst allerdings nicht aus dass die Phanetik in einer Pluralitat taxonomischer Systeme dauerhaft einen Platz haben konnte Numerische Taxonomie in der Linguistik BearbeitenIn Anlehnung an Sokal Sneath wurden auch in der Linguistik in verschiedenen Bereichen Klassifikationen durchgefuhrt Das Ziel ist auch hier moglichst objektive Verfahren der Klassifikation zu verwenden In Anwendung auf sprachtypologische Fragen wurden aufgrund morphologischer und syntaktischer Eigenschaften der Sprachen Ergebnisse erzielt die zum Grossteil mit den historischen Klassifikationen ubereinstimmen 1 Weitere klassifikatorische Versuche basieren auf den distributionellen Eigenschaften der Phoneme der Sprachen 2 Literatur BearbeitenRobert R Sokal Peter H Sneath Principles of Numerical Taxonomy Freeman Books San Francisco 1963 ISBN 0 7167 0621 0 Peter H Sneath Robert R Sokal Numerical Taxonomy the principles and practice of numerical classification Freeman Books San Francisco 1973 ISBN 0 7167 0697 0 Einzelnachweise Bearbeiten Siehe Kapitel Taxa in Gabriel Altmann Werner Lehfeldt Allgemeine Sprachtypologie Fink Munchen 1973 Seite 34ff ISBN 3 7705 0938 2 Siehe Kapitel Distributionelle Sprachklassifikation in Gabriel Altmann Werner Lehfeldt Einfuhrung in die Quantitative Phonologie Brockmeyer Bochum 1980 Seite 282ff ISBN 3 88339 150 6 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Numerische Taxonomie amp oldid 164864512