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Die Partito Popolare Italiano PPI deutsch Italienische Volkspartei war eine katholische Volkspartei in Italien die von 1919 bis 1926 bestand Ihr Grunder und wichtigster Anfuhrer war der Priester Don Luigi Sturzo Emblem der Partito Popolare Italiano ein weisses Schild mit rotem Kreuz und Aufschrift Libertas Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Grundung und Entwicklung 3 Unter faschistischer Herrschaft 4 Erbe 5 Literatur 6 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenBis 1912 herrschte im Konigreich Italien ein Zensuswahlrecht das nur einer kleinen Minderheit aristokratischer und grossburgerlicher Manner an Wahlen teilnehmen liess Ausserdem galt die 1874 von Papst Pius IX erlassene Bulle Non expedit Es ist nicht angebracht die religiosen Katholiken im italienischen Nationalstaat die Wahlteilnahme verbot weil dieser 1870 den Kirchenstaat annektiert und die kirchlichen Privilegien aufgehoben hatte 1 Deshalb wurde das politische System bis 1912 von sakular liberalen Honoratiorenparteien dominiert Papst Pius X lockerte 1909 in einem apostolischen Schreiben motu proprio das Verbot politischer Partizipation fur Katholiken woraufhin Graf Vincenzo Gentiloni 1909 zunachst die Unione Elettorale Cattolica Italiana U E C I als lockeren Zusammenschluss katholischer Politiker grundete Durch die Einfuhrung des allgemeinen Wahlrechts fur volljahrige Manner wahrend der Regierung Giovanni Giolittis erstarkten zunachst die Sozialisten Um diesen entgegenzutreten schloss die U E C I zur ersten nach neuem Recht abgehaltenen Wahl 1913 den sogenannten patto Gentiloni mit der liberalen Partei des Ministerprasidenten Katholische Politiker riefen daraufhin ihre Klientel zur Wahl liberaler Kandidaten auf unter der Bedingung dass diese einem Katalog von sieben Forderungen zustimmten u a Religionsunterricht in staatlichen Schulen Ablehnung der Legalisierung der Ehescheidung 2 Die Liberalen wurden durch diese katholische Unterstutzung mit grossem Abstand vor den Sozialisten starkste Kraft Grundung und Entwicklung Bearbeiten nbsp Luigi SturzoNach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde auf Initiative des sizilianischen Priesters Luigi Sturzo am 18 Januar 1919 in Rom die Partito Popolare Italiano gegrundet 3 Ihr Grundungsmanifest war mit Appello ai liberi e forti Aufruf an die Freien und Starken uberschrieben und massgeblich von der katholischen Soziallehre wie sie von der papstlichen Enzyklika Rerum novarum begrundet worden war gepragt Sie wollte jedoch eine autonome uberkonfessionelle Volkspartei und keine klerikale Partei der katholischen Kirche sein Insbesondere trat sie fur intakte Familien Verhaltnis sowie Frauenwahlrecht Dezentralisierung zugunsten der Regionen Vereinigungsfreiheit progressive Besteuerung Freiheit der Kirche und der Lehre Abrustung und den Volkerbund ein Ausserdem forderte sie die Schaffung eines Wohlfahrtsstaats 4 Die PPI vereinte sowohl konservative als auch eher linksgerichtete Katholiken Die starkste Unterstutzung hatte sie unter kleinen selbststandigen Landwirten und Pachtern in Nord und Mittelitalien 5 Papst Benedikt XV billigte diese Grundung und hob zur Parlamentswahl im November 1919 das Non expedit der Wahlteilnahme endgultig auf 2 Bei dieser wurde die PPI mit 20 5 der Stimmen und 100 der 508 Sitze zweitstarkste Kraft hinter den Sozialisten 4 Im Fruhjahr 1920 hatte die PPI etwa 250 000 Mitglieder Im Juni desselben Jahres trat sie in die letzte Regierung unter Giolitti ein die etwas mehr als ein Jahr im Amt blieb Als die Liberalen bei der vorgezogenen Wahl von 1921 alle nicht sozialistischen Krafte unter Einschluss der Faschisten Benito Mussolinis zur Bildung eines Nationalen Blocks aufforderten nahm die PPI daran nicht teil 4 Sie war zwar eine Gegnerin des sozialistischen Antiklerikalismus ebenso lehnte sie aber den Totalitarismus der Faschisten ab Mit 20 4 der Stimmen und 108 Sitzen verteidigte sie bei dieser Wahl ihre Position Anschliessend war sie in der Regierung des moderaten Sozialdemokraten Ivanoe Bonomi vertreten Ein Beschluss jegliche Zusammenarbeit mit den Faschisten auszuschliessen wurde auf dem 3 Parteitag der PPI abgelehnt deren Gefahr wurde von einem grossen Teil der Partei unterschatzt 4 Unter faschistischer Herrschaft BearbeitenNach dem Marsch auf Rom und der Ernennung Mussolinis zum Ministerprasidenten im Oktober 1922 bemuhte sich die Fuhrung der katholischen Kirche um ein gutes Verhaltnis zu dessen Regierung im Sinne einer Versohnung mit dem Staat was mittelfristig zum Abschluss der Lateranvertrage 1929 fuhrte Die PPI wirkte zunachst mit zwei Ministern in Mussolinis Regierung mit Der PPI Fraktionsvorsitzende Alcide De Gasperi trat fur eine bedingte Zusammenarbeit mit Mussolini ein Ein neues Wahlgesetz das legge Acerbo vom November 1923 das der starksten Partei wenn sie wenigstens 25 der Stimmen erhielt zwei Drittel der Parlamentssitze sichern sollte spaltete die Partei Die meisten ihrer Abgeordneten enthielten sich eine Minderheit stimmte dafur 4 Don Sturzo der den Faschismus entschieden ablehnte erschien dem Vatikan der um gute Beziehungen zu Mussolini bemuht war zunehmend als hinderlich Er wurde gedrangt vom Parteivorsitz zuruckzutreten und ging 1924 sogar ins Exil 5 Bei der nach dem neuen Wahlrecht stattfindenden Neuwahl im Marz 1924 positionierte sich der verbliebene Rumpf der PPI unter Fuhrung De Gasperis dennoch bewusst antifaschistisch Ihr Stimmenanteil brach aber auf 9 0 die Zahl ihrer Parlamentssitze gar auf 39 ein womit sie immerhin noch wichtigste Oppositionspartei war Die faschistisch gefuhrte Nationale Liste dominierte jedoch mit uber 60 Nachdem der sozialistische Abgeordnete Giacomo Matteotti der den Faschisten im Parlament Wahlbetrug vorgeworfen hatte von Schwarzhemden ermordet worden war boykottierte die PPI die Parlamentsarbeit Als ihre Abgeordneten im Januar 1926 versuchten ihre Platze im Abgeordnetenhaus wieder einzunehmen wurden sie von den Faschisten mit Gewalt herausgedrangt Im November 1926 wurde die Partei verboten Ihre Mitglieder versuchten aber in der Folgezeit nicht aktiven Widerstand zu leisten und wurden daraufhin auch nicht vom faschistischen Regime verfolgt 4 Erbe BearbeitenEhemalige Mitglieder der PPI waren im Dezember 1942 massgeblich an der Grundung der Democrazia Cristiana DC als neuer katholischer Sammelpartei beteiligt die bis Anfang der 1990er Jahre die dominante Partei der Italienischen Republik war Im Jahr 1994 wurde die DC wieder in Partito Popolare Italiano umbenannt womit Bezug auf die historische Vorgangerpartei genommen wurde 4 Literatur BearbeitenGabriele De Rosa Il Partito popolare italiano Laterza Rom Bari 1988 Tiziana di Maio Zwischen Krise des liberalen Staates Faschismus und demokratischer Perspektive Die Partito Popolare Italiano 1919 1926 In Christdemokratie in Europa im 20 Jahrhundert Bohlau Wien 2001 S 122 142 Einzelnachweise Bearbeiten Reimut Zohlnhofer Das Parteiensystem Italiens In Die Parteiensysteme Westeuropas VS Verlag Wiesbaden 2006 S 275 298 auf S 276 a b Helena Dawes Catholic Women s Movements in Liberal and Fascist Italy Palgrave Macmillan Basingstoke Hampshire New York 2014 S 17 18 Rudolf Lill Geschichte Italiens vom 16 Jahrhundert bis zu den Anfangen des Faschismus Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1980 S 289 a b c d e f g Mark F Gilbert K Robert Nilsson Historical Dictionary of Modern Italy Scarecrow Press Lanham MD Plymouth 2007 S 328 329 Eintrag Partito Popolare Italiano a b Helena Dawes Catholic Women s Movements in Liberal and Fascist Italy Palgrave Macmillan Basingstoke Hampshire New York 2014 S 20 21 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Partito Popolare Italiano 1919 amp oldid 233867644