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Das Papstwahldekret vom 13 April 1059 mit den Anfangsworten In nomine Domini wurde auf der Ostersynode im Lateran verkundet Papst Nikolaus II regelte darin die Wahl der kunftigen Papste Erstmals wurde darin der Kreis der Papstwahler auf die Kardinale beschrankt diese Regelung ist bis heute in Kraft Von diesen sollten zuerst die Kardinalbischofe sich uber die Wahl beraten die Kardinalpriester und diakone sollten nachtraglich zustimmen Der Kaiser und dessen Nachfolger erhielten ein eher allgemein formuliertes Bestatigungsrecht Konigsparagraph zugesprochen Mit der Verabschiedung dieses Dokuments sollte der Wahl von Gegenpapsten entgegengesteuert und ein rechtsverbindlicher Modus zukunftiger Papstwahlen geschaffen werden Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Der formale und sachliche Aufbau des Dekrets 3 Bestimmungen uber die Wahl 4 Verschiedene Fassungen und ihre Rezeption 5 Weitere Entwicklung 6 Editionen und Ubersetzungen 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenNach dem Tod von Stephan IX im Marz 1058 wurde zunachst Johannes von Velletri von einem Teil der Kardinale in einer turbulenten Wahl in Rom zu seinem Nachfolger gewahlt und als Benedikt X inthronisiert 1 Fur diese Wahl wurde keine Zustimmung des deutschen Konigs eingeholt Die Gegner Benedikts wahlten am 6 Dezember 1058 in Siena Gerhard von Burgund als Nikolaus II zum Papst Mit der Hilfe von Herzog Gottfried III von Niederlothringen konnte Benedikt aus Rom vertrieben und Nikolaus inthronisiert werden Die Synode die unter Nikolaus II Ostern 1059 im Lateran stattfand verabschiedete neben zahlreichen Beschlussen gegen Simonie auch das Papstwahldekret Mehrere der darin enthaltenen Bestimmungen waren auf die ungewohnlichen Umstande der Wahl Nikolaus zugeschnitten insbesondere die starke Rolle der Kardinalbischofe die Ausdehnung des passiven Wahlrechts auf Nicht Romer die Moglichkeit der Wahl ausserhalb von Rom und die Bestimmungen zu den Herrschaftsrechten des Elekten diese Passagen dienten der Legitimation Nikolaus II 2 Der formale und sachliche Aufbau des Dekrets BearbeitenDas Dekret ist der ausseren Form nach ein Synodalkanon Es ist weitgehend nach dem Vorbild einer kanzleigemassen Papsturkunde aufgebaut Seine Bestandteile sind das Eingangsprotokoll der Kontext und das Eschatokoll Das Eingangsprotokoll gibt unter Datums und Ortsangabe uber die auf der Synode Anwesenden und den Vorsitz des Papstes Nikolaus Auskunft Im Eschatokoll befinden sich in dieser Reihenfolge die Unterschriften des Papstes dreier Kardinalbischofe und summarisch die 81 Bischofen sowie Priestern und Diakonen 3 Der Kontext wird durch die Worte des Eingangsprotokolls pontifex sc Nikolaus inquit eingeleitet und gibt in direkter Rede wieder was Nikolaus den Anwesenden vorgetragen habe Der Kontext ist in drei Teile gegliedert die Vorgeschichte narratio die eigentlichen Bestimmungen dispositio und die Strafandrohung bei Ubertretung dieser Bestimmungen Poenformel comminatio Die narratio enthalt die rechtliche Begrundung des Dekrets mit ihm soll Vorsorge getroffen werden dass nicht erneut ahnliche Vorgange wie nach dem Tod Stephans IX eintreten Die dispositio befasst sich mit dem Vorgang der Wahl und mit den Befugnissen des Gewahlten vor dessen Inthronisation Neben den eigentlichen Bestimmungen des Papstwahldekrets versandte Nikolaus II das massgeblich von Petrus Damiani formulierte ausfuhrliche Synodalschreiben Vigilantia Universalis zur allgemeinen Verbreitung der Beschlusse innerhalb der westlichen Christenheit Bestimmungen uber die Wahl BearbeitenWahlordnung Zuerst sollen die Kardinalbischofe sorgfaltig beraten und dann die Kardinalkleriker hinzuziehen Der ubrige Klerus und das Volk sollen im Nachhinein der Wahl beipflichten Kandidat Es gibt die Moglichkeit dass der kunftige Papst nicht aus der romischen Kirche stammt falls dort eine geeignete Personlichkeit fur diese Position fehlt Ort Wenn die Wahl nicht in Rom stattfinden kann so darf sie auch an einem anderen Ort stattfinden Die Wahl soll unbeschadet der dem jetztigen Konigs Heinrich geschuldeten Ehre stattfinden Konigsparagraph Wenn eine Inthronisierung in Rom nicht moglich ist soll bereits der Elekt die papstlichen Herrschaftsrechte ausuben konnen Hauptartikel Rechtliche Regelungen der PapstwahlVerschiedene Fassungen und ihre Rezeption BearbeitenDas Papstwahldekret von 1059 zirkulierte in mehreren unterschiedlichen Fassungen 4 und war in den folgenden Jahrzehnten Gegenstand starker Kontroversen Insbesondere der romische Klerus Kardinalpriester und Kardinaldiakone lehnte die Bestimmungen ab die eine Wahl von Nicht Romern durch die Kardinalbischofe ermoglichten 5 Besonders vehement verteidigte Kardinal Deusdedit das alte Papstwahlrecht wonach die Wahl in Rom stattzufinden habe und der Papst nur aus den Reihen des romischen Klerus gewahlt werden durfe 6 7 Die Konflikte zwischen Kardinalbischofen einerseits und den ubrigen Kardinalen andererseits hielten bis ins 12 Jahrhundert an 8 Ausserdem wurde das Papstwahldekret Teil der Konflikte uber die Mitwirkungsrechte des romischen Konigs bei der Papstwahl Anhanger des Konigs brachten eine verfalschte Fassung in Umlauf die diese Rechte explizit bestatigte 1 9 Schliesslich zirkulierte noch eine verfalschte Fassung des Synodalschreibens mit dem das Papstwahldekret bekannt gemacht wurde Die verfalschte Fassung unterschied sich von der echten vor allem dadurch dass an den entscheidenden Stellen nicht von Kardinalbischofen sondern den Kardinalen insgesamt die Rede ist Diese Fassung wurde in mehrere Kirchenrechtssammlungen aufgenommen Deusdedit Anselm von Lucca Bonizo von Sutri und andere schopften hier wahrscheinlich aus einer gemeinsamen Quelle 5 Das Papstwahldekret selbst und die echten Synodalschreiben hingegen wurden bis weit ins 12 Jahrhundert in keine Kirchenrechtssammlung aufgenommen Weitere Entwicklung BearbeitenDas Papstwahldekret von 1059 fand bei den folgenden Papstwahlen zunachst keine Anwendung Mit der Aufnahme in das Decretum Gratiani um 1140 wurde es aber Teil des geltenden Kirchenrechts Spatere Modifikationen erweiterten die Papstwahlordnung um die Zweidrittelmehrheit auf dem 3 Laterankonzil 1179 und das Konklave auf dem 2 Konzil von Lyon 1274 wodurch die wesentlichen Eckpfeiler der bis heute gultigen Form der Papstwahl geschaffen wurden Hauptartikel Rechtliche Regelungen der PapstwahlEditionen und Ubersetzungen BearbeitenDetlev Jasper Das Papstwahldekret von 1059 Uberlieferung und Textgestalt Thorbecke Beitrage zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters Bd 12 Sigmaringen 1986 S 98 119 ISBN 3 7995 5712 1 Paralleldruck der echten und der verfalschten Fassung Detlev Jasper Hg Die Konzilien Deutschlands und Reichsitaliens 1023 1059 Monumenta Germaniae Historica Concilia Bd 8 Hahn Hannover 2010 S 382 407 ISBN 978 3 7752 5502 8 Digitalisat Massgebliche kritische Ausgabe beider Fassungen des Papstwahldekrets der Synodalschreiben und zugehoriger Texte ersetzt Jaspers eigene Ausgabe von 1986 Johannes Laudage Matthias Schror Hrsg Der Investiturstreit Quellen und Materialien 2 vollig uberarbeitete und stark erweiterte Auflage Bohlau Koln Weimar Wien 2006 ISBN 3 8252 2769 3 Text Nr 10 S 67 73 lateinisch deutsch Literatur BearbeitenDetlev Jasper Das Papstwahldekret von 1059 Uberlieferung und Textgestalt Thorbecke Sigmaringen 1986 Beitrage zur Geschichte und Quellenkunde des Mittelalters Bd 12 ISBN 3 7995 5712 1 Detlev Jasper Hg Die Konzilien Deutschlands und Reichsitaliens 1023 1059 Monumenta Germaniae Historica Concilia Bd 8 Hahn Hannover 2010 S 352 360 ISBN 978 3 7752 5502 8 Digitalisat Hans Georg Krause Das Papstwahldekret von 1059 und seine Rolle im Investiturstreit Studi Gregoriani Band 7 Rom 1960 Weblinks BearbeitenText der Dekretale englisch Konklavewahlordnung und andere Bestimmungen seit 1059 https www geschichtsquellen de werk 1626Einzelnachweise Bearbeiten a b Gerd Tellenbach Die westliche Kirche vom 10 bis zum fruhen 12 Jahrhundert Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1988 ISBN 978 3 525 52324 7 S 126 130 google de Matthias Schror Metropolitangewalt und papstgeschichtliche Wende Historische Studien Nr 494 Matthiesen Husum 2009 ISBN 978 3 7868 1494 8 S 113 Detlev Jasper Die Konzilien Deutschlands und Reichsitaliens 1023 1059 In MGH Concilia Band 8 Hahnsche Buchhandlung Hannover 2010 ISBN 978 3 7752 5502 8 S 388 mgh de abgerufen am 30 April 2022 Detlev Jasper Die Konzilien Deutschlands und Reichsitaliens 1023 1059 In MGH Concilia Band 8 Hahnsche Buchhandlung Hannover 2010 ISBN 978 3 7752 5502 8 S 352 360 dmgh de a b Paul Scheffer Boichorst Die Neuordnung der Papstwahl durch Nikolaus II Texte und Forschungen zur Geschichte des Papstthums im 11 Jahrhundert Strassburg 1879 S 55 61 archive org Uta Renate Blumenthal Falschungen bei Kanonisten der Kirchenreform des 11 Jahrhunderts In Falschungen im Mittelalter Internationaler Kongress der Monumenta Germaniae Historica Munchen 16 19 September 1986 II Gefalschte Rechtstexte Der bestrafte Falscher Monumenta Germaniae Historica Schriften 33 2 Harrassowitz Hannover 1988 ISBN 978 3 447 17112 0 S 241 262 Stephan Kuttner Cardinalis The History of a Canonical Concept In Traditio Band 3 1945 ISSN 0362 1529 S 129 214 doi 10 1017 S0362152900016883 cambridge org abgerufen am 30 April 2022 Ulrich Schludi Die Entstehung des Kardinalkollegiums Funktion Selbstverstandnis Entwicklungsstufen Thorbecke Ostfildern 2014 ISBN 978 3 7995 0537 6 S 378 Detlev Jasper Das Papstwahldekret von 1059 Uberlieferung und Textgestalt Thorbecke Sigmaringen 1986 ISBN 978 3 7995 5712 2 S 157 178 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Papstwahldekret amp oldid 225265335