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Otto Ferdinand Sickenberger 5 September 1867 in Munchen 10 Januar 1945 auf Schloss Klebing bei Pleiskirchen war ein deutscher romisch katholischer Priester und Theologe Padagoge sowie Sozialphilosoph und Hochschullehrer Leben und Wirken BearbeitenAls letztes von acht Kindern des Bergrates Franz Sickenberger 1819 1893 und dessen Ehefrau Anna geb Eckart wurde Otto Sickenberger in Munchen geboren Vor allem seine alteste Schwester die spatere Padagogin und Schriftstellerin Therese Tesdorpf Sickenberger wurde fruh in die Erziehung eingebunden und zu einer wichtigen Bezugsperson fur ihn Sickenberger absolvierte 1885 das Maximiliansgymnasium in Munchen mit dem Abitur und studierte ab dem Wintersemester 1885 86 zunachst Philosophie und spater auch Theologie an der Ludwig Maximilians Universitat Munchen sowie am bischoflichen Lyzeum in Eichstatt Schon bevor er im Sommersemester 1889 sein Studium abschloss hatte er sich entschlossen Priester zu werden und erhielt im Dezember 1887 die vier niederen Weihen Im Anschluss an sein Studium bereitete er sich im Klerikalseminar Freising auf das Priesteramt vor am 29 Juni 1890 wurde er zum Priester geweiht Ab September 1890 wurde er fur ein Jahr als Koadjutor in Tegernsee in der Seelsorge eingesetzt bevor er im November 1891 erneut an das Freisinger Seminar zuruckkehrte um dort als zweiter Prafekt tatig zu sein und seine Promotion voranzutreiben Er promovierte 1895 bei Georg von Hertling Uber die sogenannte Quantitat des Urteils Ein anschliessender Habilitationsversuch bei Theodor Lipps Uber den Begriff des Naturrechts scheiterte und Sickenberger verliess das Klerikalseminar Auf Betreiben des Passauer Bischofs Michael von Rampf erhielt Sickenberger ab Mai 1900 eine Professur fur Philosophie am Lyzeum Passau Bereits zu dieser Zeit haderte Sickenberger jedoch mit dem Zolibat zum Wintersemester 1901 wurde er beurlaubt Er hatte seine priesterliche Tatigkeit niedergelegt um Dispens vom Zolibat gebeten und wollte eine Ehe eingehen er hatte die Hoffnung eine gutliche Einigung mit der Amtskirche finden zu konnen und war darum bemuht seine Sache im Stillen zu regeln Das bischofliche Ordinariat und der Vatikan verweigerten ihm jedoch jegliche Unterstutzung und lancierten seine Situation schliesslich an die Presse Zeitgleich hatte Sickenberger eine gegen die Missstande in der Amtskirche gerichtete Denkschrift unter dem Titel Kritische Gedanken uber die innerkirchliche Lage verfasst die er derart in die Ecke gedrangt schliesslich veroffentlichte und die fur grosse Aufmerksamkeit sorgte Sickenberger wurde schliesslich auf Betreiben der Amtskirche zwangspensioniert In der Folgezeit beteiligte sich Sickenberger mit Vortragen und Veroffentlichungen im Kreise der Reformkatholiken und der Kraus Gesellschaft die fur eine Offnung der katholischen Kirche hin zur Moderne eintraten und Reformen auf vielen Gebieten des religiosen und seelsorgerischen Lebens forderten Seine reformkatholischen Schriften und Beitrage zur Zolibatsdebatte polarisierten und gipfelten in einem Disput mit dem Rottenburger Bischof Keppler Sickenberger lehnte den Zwang zum Zolibat und nicht den Zolibat an sich vehement ab und stiess damit auch in Kreisen der Reformkatholiken auf Widerstande Die weiteren Jahre verdingte sich Sickenberger als Padagoge und Redner eine Wiederaufnahme in den Staatsdienst scheiterte 1910 und wurde von seiner offentlichkeitswirksamen Eheschliessung mit Philomena Frisch uberschattet Sickenberger und seine Frau wurden infolgedessen exkommuniziert 1912 grundeten sie bei Bad Aibling nahe Rosenheim ein Landerziehungsheim das sie bis Ende 1921 betrieben In den Kriegsjahren politisierte sich der sozialliberal eingestellte Sickenberger und grundete nach dem Umsturz den Freien Deutschen Volksbund der durch Vernunft vermittelnd zwischen den Parteien wirken wollte Aufgrund seiner radikalen Positionen und seiner Personlichkeitsstruktur konnte Sickenberger auf politischem Terrain jedoch kaum Einfluss gewinnen Aufgrund der prekaren finanziellen Lage entschloss sich das Ehepaar 1922 zur Auswanderung nach Brasilien ein Unterfangen das nach einem halben Jahr bereits scheiterte Sickenberger kehrte nach Deutschland zuruck liess sich zunachst in Pfarrkirchen und schliesslich in Munchen nieder Dort war er als Nachhilfelehrer Redner und weitgehend erfolgloser Schriftsteller tatig Kurzzeitig war er als Verbandsvorsitzender des Verbandes der Deutschen Auswanderer Vereine und als Schriftfuhrer von dessen Deutscher Auswanderer Zeitung tatig 1934 siedelte er mit seiner Frau nach Schloss Klebing nach Pleiskirchen nahe Altotting uber wo er seinen Lebensabend verbrachte und heimatkundliche Forschung betrieb sowie umfangliche Manuskripte verfasste die jedoch allesamt verschollen sind Nachdem seine Frau an Krebs erkrankte wurde ihre Exkommunikation nach langeren Verhandlungen mit dem Bistum Passau Ende 1941 wieder aufgehoben Sickenberger selbst weigerte sich jedoch sich von seinen theologischen Positionen zu distanzieren wie das Bistum Passau dies von ihm forderte Er fuhlte sich seit langerem eher einer Urkirche die er in der Spatantike verortete verbunden als der romischen Amtskirche Sickenberger starb in der Nacht vom 10 auf den 11 Januar 1945 und wurde in aller Stille kirchlich auf dem Friedhof in Pleiskirchen begraben Uber seinen personlichen wie literarischen Nachlass ist nichts bekannt Werke BearbeitenOtto Sickenberger publizierte zahlreiche Artikel in den Freien Deutschen Blattern und anderen Zeitungen als Monographien sind erschienen Ueber die sogenannte Quantitat des Urtheils Eine logische Studie als Beitrag zur Lehre von den Subjektsformen des Urtheils Kaiser Munchen 1896 Kritische Gedanken uber die innerkirchliche Lage vorgelegt dem katholischen Klerus und den gebildeten Katholiken Bayerns Band I Die praktische Vernunft im katholischen Leben und Wirken Band II Extremer Antiprotestantismus im katholischen Leben und Denken Falsche Reform Offener Brief an Seine Gnaden Paul Wilhelm von Keppler Bischof von Rottenburg Lampart Augsburg 1903 Veritas et justitia Ein letztes Wort zur 3 Aufl der Reformrede Bischof Kepplers von Rottenburg Lampart Augsburg 1903 Den Priestern die Freiheit der Kinder Gottes Offener Brief an den Erzbischof von Munchen Freising Das Neue Jahrhundert Augsburg 1910 Der Zolibatszwang und Bischof Keppler Eine Antwort im Namen der Priester die den Zolibatzwang bekampfen auf einen Hirtenbrief der ihn verteidigt Memminger Wurzburg 1911 Der Kampf um die Gewissensfreiheit Kraus Gesellschaft Munchen 1911Literatur BearbeitenMarc Rothballer Hrsg Der Zwang zum Zolibat Schriften Otto Sickenbergers aus den Jahren 1903 1911 Luxembourg 2020 Marc Rothballer Die Freiheit sucht der Freie der Ketten nicht ertragt Eine kurze Biografie des eigensinnigen Priesters Philosophen und Padagogen Otto Sickenberger 1867 1945 In Oberbayerisches Archiv Band 143 2019 S 108 129 Manfred Weitlauff Sickenberger Otto In Neue Deutsche Biographie Band 24 2010 S 312 313 Online Version Otto Weiss Der Modernismus in Deutschland Ein Beitrag zur Theologiegeschichte Regensburg 1995 Normdaten Person GND 11733717X lobid OGND AKS VIAF 57389538 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Sickenberger OttoALTERNATIVNAMEN Sickenberger Otto Ferdinand vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher romisch katholischer Priester und Theologe Padagoge sowie Sozialphilosoph und HochschullehrerGEBURTSDATUM 5 September 1867GEBURTSORT MunchenSTERBEDATUM 10 Januar 1945STERBEORT bei Pleiskirchen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Otto Sickenberger amp oldid 207103163