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Operation Turquoise deutsch auch Operation Turkis war die Bezeichnung einer vom 23 Juni bis 21 August 1994 andauernden militarischen Mission Frankreichs wahrend des Volkermordes in Ruanda Sie basierte auf einem Vorschlag des franzosischen Aussenministers Alain Juppe an den UN Sicherheitsrat vom 15 Juni 1994 Der Einsatz erhielt durch die UN Resolution 929 die am 22 Juni 1994 1 2 mit zehn Ja Stimmen und funf Enthaltungen vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen angenommen wurde ein Mandat als friedenserzwingende Intervention nach Kapitel VII der UN Charta Das durch die Resolution legitimierte Ziel der Mission war es den Schutz und die Sicherheit von Vertriebenen Fluchtlingen und gefahrdeten Zivilisten in Ruanda zu gewahrleisten sowie die Verteilung von Hilfsgutern abzusichern und zu unterstutzen Inhaltsverzeichnis 1 Vorbereitung und Durchfuhrung 1 1 Beteiligte Einheiten 2 Auswirkungen 3 Bewertung und Kritik 4 Trivia 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVorbereitung und Durchfuhrung Bearbeiten nbsp Franzosische Soldaten im August 1994 wahrend der Operation TurquoiseDie Vorbereitungen fur die Operation Turquoise begannen bereits am 19 Juni 1994 und damit schon drei Tage vor Verabschiedung der Resolution 929 mit der Verlegung von etwa 3 000 Soldaten nach Goma und Bukavu in das an Ruanda grenzende Zaire die heutige Demokratische Republik Kongo Von dort wurden die Truppen ab dem 23 Juni in der Region um die Stadte Cyangugu Kibuye und Gikongoro im Sudwesten Ruandas stationiert Hier kam es zur Einrichtung einer so genannten sicheren humanitaren Zone franz Zones Humanitaires Sures ZHS die durch spatere Erweiterungen etwa 20 Prozent der Flache Ruandas umfasste Wahrend die Zahl der Fluchtlinge und vertriebenen Personen zu Beginn auf etwa 250 000 in der Region um Gikongoro und weitere 100 000 in den Regionen um Cyangugu und Kibuye geschatzt wurde stieg sie im weiteren Verlauf auf etwa 1 7 Millionen Menschen davon 600 000 in Gikongoro 800 000 in Cyangugu und 300 000 in Kibuye Die Interventionstruppen ubernahmen innerhalb der ZHS vorrangig die Versorgung und Unterbringung dieser Menschen Die Streitkrafte wurden vorwiegend von Frankreich mit einem Kontingent von 2 555 Soldaten gestellt Daruber hinaus beteiligten sich sieben afrikanische Staaten an der Mission und zwar Senegal 243 Tschad 132 Niger 43 Republik Kongo 40 Guinea Bissau 35 Mauretanien 10 und Agypten 7 Insgesamt waren also 3 065 Soldaten im Einsatz Zur technischen Ausstattung gehorten unter anderem 100 Transportpanzer zehn Helikopter eine Batterie von 120 mm Morsergeschutzen vier Jagdbomber vom Typ SEPECAT Jaguar sowie acht Mirage Jagdflugzeuge fur Aufklarungszwecke Die tatsachlichen Motive Frankreichs sind umstritten Frankreich hatte vor Beginn des Volkermordes enge politische und wirtschaftliche Beziehungen zur Regierung von Juvenal Habyarimana dem Prasidenten von Ruanda bis zu seinem Tod am 6 April 1994 infolge eines Flugzeugabsturzes Die Interventionstruppen unterliessen es aufgrund des beschrankten Mandates nahezu vollstandig die Einheiten der Regierungsarmee RGF sowie der mit ihr verbundeten Hutu Milizen der Interahamwe und Impuzamugambi zu entwaffnen und am Vordringen in die ZHS zu hindern Ein effektiver Schutz der in die ZHS geflohenen Menschen vor der Ermordung durch Hutu Extremisten war damit zumindest in Bereichen in denen die Interventionstruppen nicht unmittelbar vor Ort waren nicht gegeben Es kam mehrfach zu Zusammenstossen zwischen der Rebellenarmee RPF und den franzosischen Streitkraften Diese trugen mit dazu bei dass die RPF der Operation Turquoise ablehnend gegenuberstand da sie deren Neutralitat in Frage stellte und eine Unterstutzung der RGF durch die franzosische Armee befurchtete Auf der anderen Seite gilt es als wahrscheinlich dass durch die Intervention eine grossere Massenflucht von Ruanda nach Zaire verhindert wurde die das Nachbarland Ruandas und damit die gesamte Region destabilisiert hatte Entsprechend der UN Resolution 929 endete die Operation Turquoise nach zwei Monaten mit dem Ruckzug der Interventionstruppen am 21 August 1994 Sie wurde von ausgeweiteten United Nations Assistance Mission for Rwanda UNAMIR abgelost deren Mandat mit der UN Resolution 925 unter dem Namen UNAMIR II in eine Mission nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen umgewandelt worden war Diese hatte allerdings mit deutlicher Verzogerung begonnen Beteiligte Einheiten Bearbeiten Folgende Einheiten beteiligten sich an der Mission Elemente der 13e demi brigade de Legion etrangere des 2e regiment etranger d infanterie des 2e regiment etranger de parachutistes et des 6e regiment etranger de genie Die Halfte des Regiment d infanterie chars de marine Elemente der 2 Batterie des 35e regiment d artillerie parachutiste Die 1 Kompanie des 3e regiment d infanterie de marine Die 3 Batterie des 11e regiment d artillerie de marine Eine Transport und Nachschub Abteilung der 9e brigade legere blindee de marine aus Nantes 150 Soldaten der Spezialkrafte des Commandement des operations speciales dazu Sanitatskrafte Heeresflieger Luftwaffen und UnterstutzungseinheitenAuswirkungen BearbeitenDie Auswirkungen der Operation Turquoise sind aufgrund widerspruchlicher Darstellungen teilweise noch nicht vollstandig aufgeklart Der Einsatz soll direkt das Leben von etwa 13 000 bis 14 000 unmittelbar bedrohten Menschen vorwiegend Tutsi gerettet haben wobei die Angaben der franzosischen Armee mit 80 000 bis 100 000 Menschen deutlich uber dieser Schatzung liegen Daruber hinaus erhohte sich durch den Einsatz die Sicherheit in den Regionen der ZHS so dass verstarkte Aktivitaten von humanitaren Hilfsorganisationen fur die betroffenen Menschen moglich wurden Von Seiten der RPF und aufgrund von Zeugenaussagen gibt es allerdings auch Vorwurfe dass sich franzosische Soldaten direkt und indirekt an Aktionen der RGF und der Hutu Milizen gegen Tutsi beteiligt hatten Auch gilt es als wahrscheinlich dass durch die Operation Turquoise einer grosseren Zahl Personen die Flucht ermoglicht wurde die fur den Volkermord mitverantwortlich waren Der Hauptgrund dafur war die Unterzeichnung eines gegenseitigen Nichtangriffsabkommens zwischen der RPF und den Interventionstruppen am 6 Juli 1994 Die RPF verzichtete damit aus humanitaren Grunden fur die Dauer des Einsatzes auf ein Vordringen in die durch die ZHS geschutzten Regionen Ein unmittelbar nach dem Ende der Operation Turquoise folgender Vormarsch der RPF in die ZHS loste anschliessend jedoch Fluchtbewegungen in grosserem Umfang aus Bewertung und Kritik BearbeitenHinsichtlich der Erfullung ihres Mandats wird die Operation Turquoise meist als zumindest teilweise erfolgreich eingeschatzt 3 Viele Hilfsorganisationen bewerteten den Einsatz Frankreichs anfangs skeptisch weigerten sich sogar in der franzosischen Schutzzone zu arbeiten die spatere Bewertung fiel dann aber auch positiv aus da die Schutzzone auch dazu beigetragen hat Menschenleben zu retten und die Prasenz der Soldaten dazu gefuhrt hatte dass Menschenleben nicht mehr in Gefahr gerieten 3 Weiterhin ist es den franzosischen Soldaten gelungen von der Ermordung bedrohte Angehorige der Tutsi Minderheit aus Lagern zu evakuieren und durch ihre Prasenz dem fortdauernden Volkermord in Ruanda entgegenzuwirken 3 Sowohl die Operation Turquoise als auch die spatere Verstarkung von UNAMIR zu UNAMIR II erfolgten aber auch viel zu spat und konnte den Volkermord deswegen nicht verhindern auch wenn sie effektiv Menschenleben gerettet hat 4 Weiterhin wird kritisiert dass die Mission damals vor allem der fliehenden Hutu Mehrheit dienlich war unter denen sich auch zahlreiche Tater befunden haben die man in den Kongo entkommen habe lassen die Soldaten hatten bei Massakern zugesehen und sie hatten die fliehenden Tater sogar mit Waffen versorgt 5 Die ruandische Regierung unter Paul Kagame beurteilte den franzosischen Einsatz deutlich negativ da in der sogenannten sicheren humanitaren Zone zwar tatsachlich Tutsi gerettet wurden dennoch auch Menschen ermordet wurden und der franzosische Einsatz dem Hutu Regime in die Hande gespielt hatte 1 Andere Stimmen kritisieren dass Frankreich mit der Mission von der vorherigen Unterstutzung des Hutu Regimes und damit der spateren Volkermorder ablenken wollte 1 Dem gegenuber wird von anderen ruandischen Politikern wie dem ehemaligen Aussenminister Jean Marie Vianney Ndagijimana aber auch betont dass die Leistung der franzosischen Soldaten anerkannt werden musse die die Bevolkerung gerettet hatten sodass die Uberlebenden der Zone Turquoise Lieder zum Lob der Franzosen komponiert und gesungen haben 1 Der Stimmungswechsel der ruandischen Regierung ging mutmasslich mit franzosischen Ermittlungen gegen das Kagame Regime einher 1 In einer arte Reportage wurden Vorwurfe bekannt gemacht franzosische Soldaten hatten wahrend der Operation massenhaft ruandische Madchen und Frauen vergewaltigt 6 Trivia BearbeitenDutzende von Babys die in den letzten Wochen der franzosischen Herrschaft geboren wurden trugen Namen wie Pacifique Turquoise Ange Turquoise oder Mitterrand 3 der Name des damaligen franzosischen Prasidenten Francois Mitterrand Literatur BearbeitenAlison Des Forges Kein Zeuge darf uberleben Der Genozid in Ruanda 1 Auflage Hamburger Edition Hamburg 2002 ISBN 3 930908 80 8 S 786 808 amerikanisches Englisch Leave none to tell the story Ubersetzt von Jurgen Bauer Gerard Prunier Operation Turquoise A Humanitarian Escape from a Political Dead End In Howard Adelman Astri Suhrke The Path of Genocide The Rwanda Crisis from Uganda to Zaire Transaction Publishers New Brunswick und London 1999 S 281 305 ISBN 1 56000 382 0 Report of the Independent Inquiry into the Actions of the United Nations during the 1994 Genocide in Rwanda S 1999 1257 Veroffentlicht durch die Vereinten Nationen am 15 Dezember 1999 S 27 30 und S 49 50 Patrick de Saint Exupery Complices de l inavouable La France au Rwanda Les Arenes Paris 2009 ISBN 978 2 35204 083 5Weblinks BearbeitenSecurity Council resolution 929 1994 UN Resolution 929 in sechs Sprachen zur Auswahl Safe Havens in Rwanda Operation Turquoise By Sophie Haspeslagh Memento vom 20 Marz 2006 im Internet Archive englisch PDF Datei ca 106 kB Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e Philipp Sandner Frankreich und Ruanda Gute Beziehungen um welchen Preis In Deutsche Welle 21 Juni 2019 abgerufen am 30 Oktober 2021 Bettina Ruhl und Sabine Wachs Als die Schutzmacht nicht mehr schutzte In Tagesschau de 4 Juli 2021 abgerufen am 30 Oktober 2021 a b c d Dominic Johnson Journalist Die Eingreiftruppe greift nicht mehr In TAZ 30 Juli 1994 abgerufen am 30 Oktober 2021 Rudolf Balmer Frankreichs Rolle im rwandischen Genozid durchleuchtet In Neue Zurcher Zeitung 28 Marz 2021 abgerufen am 30 Oktober 2021 Isabel Pfaff Blutige Spur in den Elysee Palast In Suddeutsche Zeitung 18 Juli 2017 abgerufen am 30 Oktober 2021 Ruanda Das Schweigen der Worter arte Reportage arte 2022 arte tv abgerufen am 26 April 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Operation Turquoise amp oldid 227929545