Musikalische Früherziehung umfasst inner- und außerschulische Bestrebungen, um Kinder frühzeitig an Musik heranzuführen. Man spricht allgemein von musikalischer Elementarerziehung.
Musikalische Früherziehung im klassischen Sinn Bearbeiten
Die musikalische Früherziehung, in der Schweiz die Musikalische Grundausbildung (MGA), umfasst das Lebensalter von ca. 4 bis ca. 6 Jahren. Sie hat sich seit über 40 Jahren an deutschen Musikschulen etabliert und gilt als vorbereitender Unterricht für späteren Instrumental- bzw. Gesangsunterricht. Einer der Vorreiter der MFE in Deutschland war das schon mehrfach modifizierte Yamaha-Unterrichtsprogramm für die MFE. Mit dem wegweisenden Unterrichtsprogramm Curriculum MFE (1968) des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM) wurden die wesentlichen Unterrichtsinhalte der MFE umrissen: Singen, Tanz und Bewegung, Instrumentenkunde, Musikhören, elementares Instrumentalspiel (hier: Glockenspiel und Orff-Instrumentarium), elementare Notenlehre und Improvisation. In der Folge gab es viele weitere Unterrichtskonzeptionen mit unterschiedlichen Denkansätzen und Unterrichtsschwerpunkten.
Bedeutung Bearbeiten
Musikalität beruht zwar einerseits auf einer besonderen Begabung, und Fortgeschrittene kommen auch nicht ohne kognitive Erkenntnisse und Fähigkeiten aus. Andererseits beruht sie in weiten Bereichen auf Fähigkeiten und Fertigkeiten im psychomotorischen Bereich. Diese lassen sich bereits auf den frühesten Entwicklungsstufen anlegen oder fördern und sind auch für andere Lebensbereiche nützlich.
Studien zufolge wird die kognitive Entwicklung von Vorschulkindern durch Musikunterricht gefördert. Welche Erfolge sich mit einer derartigen frühen Immersion in eine musikalisch geprägte Umgebung erzielen lassen, deuten die Extrembeispiele von Wunderkindern wie Wolfgang Amadeus Mozart an. Musik kann darüber hinaus eine therapeutische Funktion für Eltern und Kinder wahrnehmen, was insbesondere in der Musiktherapie deutlich wird.
Musikalische Früherziehung als Schulfach Bearbeiten
Die MFE ist ein Unterrichtsfach der unter musikalischer Elementarerziehung zusammengefassten Unterrichtsfächer. Dazu zählen: Musikalische Frühförderung, Grundausbildung und Erwachsenenbildung und in letzter Zeit auch Seniorenbildung, z. B. durch Kurse an Volkshochschulen.
Musikalische Früherziehung in der Praxis Bearbeiten
In zahlreichen Musikschulen, Musikvereinen oder Kindergärten treffen sich die Kinder einmal pro Woche für eine zwischen ca. 30 und 75 Minuten dauernde Unterrichtsstunde zu Spiel und Spaß. Es werden Lieder gesungen, Instrumente angeschaut und ausprobiert, Tanzbewegungen ausgeführt, (klassische) Musik gehört bzw. erlebt und vieles mehr. Die Kurse haben in der Regel einen informellen und spielerischen Charakter.
Viele Kinder haben Spaß am Erzeugen sehr lauter Musik bzw. Lärm. Da sich viele Lärminstrumente auch als Rhythmusinstrument eignen, sind sie vielfach auch in der musikalischen Früherziehung anzutreffen. Typisch sind hier z. B. laute Maracas, Trillerpfeifen, Blockflötenköpfe und Vuvuzelas. Die Verwendung dieser Instrumente erfolgt aufgrund der Lärmschutzbestimmungen in den Kursen fast ausschließlich als Spielzeuginstrumente privat zu Hause.
Hauptaspekte und Ziele der MFE Bearbeiten
- Singen
- Tanz und Bewegung
- Instrumentenkunde
- Musikhören
- Elementares Instrumentalspiel
- Elementare Gehörbildung
- Elementare Notenlehre
- Improvisation
- Sprechen über Musik
Nebenaspekte der MFE Bearbeiten
Nebenaspekte sind Anteile des Unterrichts, die den gesamten Unterricht quasi vertikal durchziehen und nahezu allen Hauptaspekten zugeordnet werden können.
- Auseinandersetzung mit anderen Kulturen (Musik, Sprache, Tradition, Tanzen, Singen etc.)
- Soziale Reifeprozesse, Kommunikation, Integration
- Rhythmische Schulung (Empfinden für rhythmische Abläufe in Sprache, Instrumentalspiel, Bewegung etc.)
- Improvisation (obwohl Hauptaspekt des Unterrichts, sollte die Improvisation als Grundgedanke auch alle Hauptaspekte durchziehen. Die Abweichung vom (allzu) Bekannten gibt dem Unterricht Frische und Authentizität.)
Vorteile der MFE Bearbeiten
Eine Studie des ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen der Universität Ulm belegte, dass die musikalische Früherziehung die Kindesentwicklung positiv beeinflusst. Über einen Zeitraum von zwei Jahren wurden die Effekte der MFE mithilfe einer Kindergruppe, die wöchentliche Angebote der musikalischen Früherziehung erhielt und einer Kontrollgruppe, die keine zusätzlichen musikalischen Angebote bekam, untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass musikalische Früherziehung zu guten sprachlichen Voraussetzungen beim Schulstart führte. Darüber hinaus konnten auch Verbesserungen bei der Verhaltens- und Emotionskontrolle festgestellt werden.
Siehe auch Bearbeiten
Weblinks Bearbeiten
- Konzepte Musikalischer Früherziehung, Familienhandbuch
Einzelnachweise Bearbeiten
- E. G. Schellenberg: Music lessons enhance IQ. In: Psychol Sci. Band 15, Nr. 8, August 2004, S. 511–514, doi:10.1111/j.0956-7976.2004.00711.x, PMID 15270994.
- S. Moreno, E. Bialystok, R. Barac, E. G. Schellenberg, N. J. Cepeda, T. Chau: Short-term music training enhances verbal intelligence and executive function. In: Psychol Sci. Band 22, Nr. 11, November 2011, S. 1425–1433, doi:10.1177/0956797611416999, PMID 21969312, PMC 3449320 (freier Volltext).
- Anne Steinbach (2016). Mit Kindern über Musik sprechen. Frühe Bildung (5), S. 134–141
- Clemens Flecker. Musikalische Früherziehung. In: Mein Bezirk Online. Vom 24.05.2023