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Therapeutische Hypothermie ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel Fur das intraoperative Verfahren siehe Tiefe Hypothermie Die milde therapeutische Hypothermie MTH ist der Zustand der als medizinische Massnahme auf 32 bis 34 C abgesenkten Korpertemperatur Hypothermie Sie wurde in die internationalen Leitlinien zur Reanimation von erwachsenen Patienten aufgenommen tragt zur Erhohung der Uberlebensrate und zur Verbesserung des neurologischen Zustandes nach erfolgreichen Reanimationen bei 1 und sollte fruhest moglich veranlasst werden 2 Sie wird durch gezieltes Temperaturmanagement targeted temperature management erreicht Bewusstlose Patienten die nach einem Herzstillstand infolge Kammerflimmern erfolgreich reanimiert wurden sollen nach der ILCOR Empfehlung vom 8 Juli 2003 fur 12 bis 24 Stunden auf 32 bis 34 C Korperkerntemperatur abgekuhlt werden Nach den 24 Stunden sollen sie langsam mit hochstens 0 25 0 5 C pro Stunde wieder erwarmt werden Dabei vermindern sich der Stoffwechsel und der Sauerstoffverbrauch des Gewebes und es wird einer hypoxischen Gewebeschadigung vor allem des Gehirns vorgebeugt Moglicherweise vermindert die niedrige Temperatur auch die Konzentration freier Sauerstoffradikale die im vorgeschadigten Gewebe sonst weitere Zelluntergange hervorrufen Die Herzfrequenz verlangsamt sich die sogenannten QRS Komplexe im Elektrokardiogramm werden breiter der Kalium Spiegel im Blut sinkt die Urinproduktion nimmt zu und der Blutzuckerspiegel kann steigen Zudem kann eine reversible Pupillenerweiterung auftreten weite lichtstarre Pupillen mussen bei einem unterkuhlten Patienten daher nicht Anzeichen einer schweren Hirnschadigung sein Eine Kuhlung auf weitaus tiefere Temperaturen wird als tiefe Hypothermie bezeichnet dabei kann es zu lebensgefahrlichen Komplikationen wie Herzrhythmusstorungen Stoffwechselentgleisungen und Herzstillstand kommen Ein weiteres Anwendungsgebiet der MTH liegt in der Versorgung von Neugeborenen mit einer Asphyxie wahrend des Geburtsvorganges Durch die therapeutische Hypothermie kann nicht nur die Mortalitat der Kinder gesenkt sondern vor allem auch das neurologische Outcome verbessert werden 3 Patienten mit erhohtem intrakraniellem Druck oder einem Herzinfarkt zeigen ein besseres Patienten nach einem Schlaganfall sogar ein deutlich besseres Outcome wenn sie mit einer milden therapeutischen Hypothermie behandelt werden Bei Patienten mit Polytrauma Schadel Hirn Trauma oder massivem Blutverlust ist die milde therapeutische Hypothermie umstritten da die Komplikationen insbesondere Infektanfalligkeit und Wundheilungsstorungen meist uberwiegen Inhaltsverzeichnis 1 Kuhltechniken 1 1 Oberflachliche Kuhlung 1 2 Invasive Kuhlung 2 Studien zur Effektivitat 3 Literatur 4 EinzelnachweiseKuhltechniken BearbeitenOberflachliche Kuhlung Bearbeiten Eine oberflachliche Kuhlung mit Kuhldecken Kuhlzelten kalter Waschung oder Eisbeuteln hat Nachteile alle diese Verfahren sind nur begrenzt steuerbar Insbesondere bei der Wiedererwarmung kann es erhebliche Probleme geben Das gezielte Wiedererwarmen in 0 1 bis 0 5 C Schritten siehe Leitlinien ist nicht zu steuern Bei ubergewichtigen Patienten ist die Zieltemperatur kaum zu erreichen Invasive Kuhlung Bearbeiten Die Kuhlung mit speziellen Kuhlkathetern mit bis zu 4 Kuhlballons bietet gute Steuerbarkeit beim Kuhlen und insbesondere beim Erwarmen ein Fiebermanagement ist moglich Die Kuhlung kann auch extrakorporal also ausserhalb des Korpers vermittelt werden z B Dialyse Heater Cooler Units HCU Herz Lungen Maschine Die Kuhlung mittels kalter Infusion ist nur initial zu verwenden und mit Oberflachenkuhlung zu kombinieren es besteht die Gefahr des Reperfusionsschadens bei alleiniger Infusion und die der Volumenbelastung und des Lungenodems 4 Studien zur Effektivitat BearbeitenEine Studie aus den USA zeigte keinen Vorteil der alleinigen invasiven Gabe von gekuhlter Kochsalzlosung vor Eintreffen in der Klinik Problematisch war dass es bei fruhzeitiger Hypothermie Einleitung durch alleinige Gabe von gekuhlter Kochsalzlosung haufiger zu erneuten Herzstillstanden und Lungenodemen kommt 4 Die Infusion mit einem Liter gekuhlter Kochsalzlosung zeigte eine Abkuhlung um 0 75 C mit unvorteilhafter Wiedererwarmung von 0 5 C auf letztlich 0 25 C Abkuhlung innerhalb einer Stunde bei Patienten in der iCOOL3 Studie NCT01584180 DGN Kongress Poster 2012 Damit ist diese schadliche Wiedererwarmung Reperfusionsschaden um das Zwei bis Vierfache schneller als in den Leitlinien angegeben Werden Oberflachenkuhlmethoden zusatzlich zu gekuhlten Kochsalzlosungen eingesetzt ergibt sich insgesamt eine stetige Abkuhlung ohne zwischenzeitliche Wiedererwarmung iCOOL1 Studie NCT01573117 Crit Care 2014 Die TTM Studie von Nielsen vom November 2013 zeigte dass nach einem Herzstillstand die aktive Kuhlung auf 36 C bereits vorteilhaft ist Die skandinavische TTM Studie hatte allerdings eine Reanimationsrate durch Laien von 73 Prozent fast vier Mal so viele wie in Deutschland Es vergingen dort bis zur Reanimation im Median gerade einmal 60 Sekunden was den Schaden verringert Medizinische Fachgesellschaften wie der European Resuscitation Council empfehlen unter Bezugnahme auf die neuen Studien weiterhin regelmassig auf 32 bis 34 C zu kuhlen Eine Auswertung der INTCAR Datenbank international cardiac arrest registry von Sendelbach zeigte 2012 5 Je funf Minuten Verzogerung beim Einleiten der milden therapeutischen Hypothermie MTH bedeuten einen Anstieg des schlechten neurologischen Outcomes um 8 30 Minuten Verzogerung beim Erreichen der Zieltemperatur von 32 bis 34 C erhohen die Rate eines schlechten neurologischen Outcomes um 17 Durchschnittlich benotigen Kliniken 94 Minuten bis zum Einleiten der MTH und 309 Minuten bis zum Erreichen der Zieltemperatur Der Nutzen der therapeutischen Hypothermie bei komatosen Patienten mit ausserhalb des Krankenhauses aufgetretenem Herzstillstand ist nun durch die grosse TTM2 Studie 6 7 mit 1900 8 Patienten erneut in Frage gestellt worden Eine NT Gruppe von 925 Patienten wurde bei Normothermie 37 5 C behandelt bei Temperaturen 37 8 C erfolgte eine aussere Kuhlung und oder eine Antipyretika Gabe 925 Patienten der HT Hypothermie Gruppe wurden fur 28 Stunden auf 33 C heruntergekuhlt und dann einer langsamen Wiedererwarmung uber 12 Stunden unterzogen Nach 6 Monaten betrug die Sterblichkeit in der NT Gruppe 48 die in der HT Gruppe 50 Das neurologische Outcome nach 6 Monaten war in beiden Gruppen gleich 55 der Patienten erreichten nur einen Wert von 4 oder schlechter auf der modifizierten Rankin Skala Auch in vorher definierten Subgruppen Alter Geschlecht Vorliegen eines Kreislaufschocks Zeitdauer bis zum Wiedererreichen eines Spontanrhythmus waren keine Unterschiede erkennbar Die Studie enthielt allerdings viele Patienten mit beobachtetem Kreislaufstillstand 91 und sofortiger Laienreanimation 80 Ausserdem dauerte es mit im Mittel 180 Minuten vom Beginn der Intervention bis zum Erreichen von 34 C recht lange 9 Literatur BearbeitenS Sendelbach u a Effects of variation in temperature management on cerebral performance category scores in patients who received therapeutic hypothermia post cardiac arrest In Resuscitation 2012 Jul 83 7 S 829 834 doi 10 1016 j resuscitation 2011 12 026 PMID 22230942 Eckpunkte der Bundesarztekammer fur die Reanimation PDF 2010 Brux Girbes Polderman Kontrollierte und moderate Hypothermie In Der Anasthesist 03 2005 54 S 255 244 Springer Medizin Verlag Popp Sterz Bottiger Therapeutische milde Hypothermie nach Herz Kreislauf Stillstand In Der Anasthesist 02 2005 54 S 96 106 Springer Medizin Verlag SA Bernard TW Gray MD Buist BM Jones W Silvester G Gutteridge K Smith Treatment of comatose survivors of out of hospital cardiac arrest with induced hypothermia In N Engl J Med 2002 Feb 21 346 8 S 557 556 PMID 11856794 JP Nolan PT Morley Therapeutic Hypothermia After Cardiac Arrest An Advisory Statement by thedvanced Life Support Task Force of the International Liaison Committee on Resuscitation In Circulation 2003 108 S 118 121 PDF 317 kB Hypothermia after Cardiac Arrest Study Group Mild therapeutic hypothermia to improve the neurologic outcome after cardiac arrest In N Engl J Med 2002 Feb 21 346 8 S 549 556 PMID 11856793 K Flemming E Ziegs C Diewok R Gildemeister C Wunderlich G Simonis R H Strasser Vergleich interner mit externer Kuhlung zur Hypothermieinduktion bei Patienten nach Reanimation Technische Universitat Dresden Herzzentrum Dresden Universitatsklinik Medizinische Klinik Kardiologie Marlene Fischer Anelia Dietmann Peter Lackner Ronny Beer Raimund Helbok Bettina Pfausler Markus Reindl Erich Schmutzhard Gregor Broessner Endovaskulare Kuhlung und endotheliale Aktivierung bei Patienten mit hamorrhagischen Insulten In Neurocritical Care Society Neurocrit Care doi 10 1007 s12028 011 9521 z C D Deakin J P Nolan J Soar K Sunde R W Koster G D Perkins G B Smith Erweiterte Reanimationsmassnahmen fur Erwachsene advanced life support Sektion 4 der Leitlinien zur Reanimation 2010 des European Resuscitation Council In Notfall Rettungsmed 2010 13 S 559 620 doi 10 1007 s10049 010 1370 3 European Resuscitation Council Oystein Tomte Tomas Draegni Arild Mangschau Dag Jacobsen Bjorn Auestad Kjetil Sunde A comparison of intravascular and surface cooling techniques in comatose cardiac arrest survivors CW Hoedemaekers M Ezzahti A Gerritsen JG van der Hoeven Comparison of cooling methods to induce and maintain normo and hypothermia in intensive care unit patients a prospective intervention study In Crit Care 2007 11 4 S R91 PMC 2206487 freier Volltext Einzelnachweise Bearbeiten Deutsche Gesellschaft fur Kardiologie 04 2014 bundesaerztekammer de Memento des Originals vom 1 Januar 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www bundesaerztekammer de SE Jacobs M Berg R Hunt WO Tarnow Mordi TE Inder PG Davis Cooling for newborns with hypoxic ischaemic encephalopathy Cochrane Database Syst Rev 2013 Jan 31 1 CD003311 doi 10 1002 14651858 CD003311 pub3 a b Francis Kim Graham Nichol Charles Maynard A l Hallstrom Peter J Kudenchuk Thomas Rea Michael K Copass David Carlbom Steven Deem W T Longstreth Michele Olsufka Leonard A Cobb Effect of Prehospital Induction of Mild Hypothermia on Survival and Neurological Status Among Adults With Cardiac Arrest In JAMA S doi 10 1001 jama 2013 282173 Sue Sendelbach Mary O Hearst Pamela Jo Johnson Barbara T Unger Michael R Mooney Effects of variation in temperature management on cerebral performance category scores in patients who received therapeutic hypothermia post cardiac arrest In Resuscitation Band 83 Nr 7 9 Januar 2012 ISSN 1873 1570 S 829 834 doi 10 1016 j resuscitation 2011 12 026 PMID 22230942 englisch Joseph Dankiewicz et al Hypothermia versus Normothermia after Out of Hospital Cardiac Arrest New England Journal of Medicine 384 S 2283 2294 2021 DOI 10 1056 NEJMoa2100591 englisch https clinicaltrials gov ct2 show NCT02908308 Bei Anmeldung geplante Anzahl Angelika Alonso et al Das ist neu in der Neurointensiv und Notfallmedizin die wichtigsten Studien des Jahres im Ruck und Uberblick Der Nervenarzt 93 S 1228 1234 2022 DOI 10 1007 s00115 022 01285 3 Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt nicht eine Diagnose durch einen Arzt Bitte hierzu den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Milde therapeutische Hypothermie amp oldid 234646955