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Die Mihna arabisch محنة DMG miḥna Prufung war eine zur Zeit der abbasidischen Kalifen al Ma mun Mu tasim und al Wathiq bi llah praktizierte Form der Inquisition bei der die betreffenden Personen gezwungen wurden sich zur staatlich proklamierten Lehre von der Erschaffenheit des Korans chalq al qurʾan zu bekennen Die Mihna wurde kurz vor dem Tod von al Ma mun im Jahre 833 eingesetzt und erst im Jahr 849 unter al Mutawakkil beendet Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Durchfuhrung 3 Nachwirkungen der Mihna in Ifriqiya 4 Mihna Hagiographie 5 Literatur 6 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenHintergrund der Mihna waren die Diskussionen uber das Wesen des Korans im fruhen Abbasidenstaat Wahrend die meisten Traditionsgelehrten davon ausgingen dass der Koran das unerschaffene Wort Gottes sei bekraftigten mehrere Anhanger der Muʿtazila die Lehre von der Erschaffenheit des Korans Zu den Muʿtaziliten von denen bekannt ist dass sie dieser Lehre anhingen gehorte unter anderem der kufische Theologe Ibn ʿUlaiya st 833 1 sowie Abu l Hudhail Nachdem al Ma mun 819 von Merw nach Bagdad ubergesiedelt war zog er mehrere muʿtazilitische Theologen an seinen Hof darunter auch Abu l Hudhail Im Sommer 827 erklarte al Ma mun die Lehre von der Erschaffenheit des Korans zur Staatsdoktrin 2 Nur wenige Monate vor seinem Tod im Jahre 833 veranlasste er von Syrien aus wo er sich zum Glaubenskrieg befand dass die Rechts und Religionsgelehrten der Hauptstadt vor allem solche die ein offentliches Amt bekleideten einen Eid auf die Lehre von der Erschaffenheit des Korans leisten sollten 2 Damit setzte er die Mihna in Gang Durchfuhrung BearbeitenIn der damaligen Hauptstadt Bagdad wurden sieben Richter gepruft und als sie sich als glaubensfest erwiesen hatten beauftragt 30 weitere Richter einer solchen Prufung zu unterziehen Von zwei Gelehrten namlich Ahmad ibn Hanbal und Muhammad ibn Nuh al ʿIdschli ist bekannt dass sie weiterhin an dem Koran als ewiges und unerschaffenes Wort Gottes festhielten und die Glaubensauffassung der Mu taziliten ablehnten Beide Gelehrten wurden zuerst in Ketten gelegt und entgingen nur deshalb der Hinrichtung weil der Kalif bald darauf starb Des Weiteren wurden vom Kalifen in die anderen Zentren des Reiches Briefe gesandt die auch dort eine Glaubensprufung wie in Bagdad anordneten Nach dem Tode von al Ma mun im Jahre 833 fuhrte der Kalif Mu tasim 843 und dessen Sohn al Wathiq bi llah 847 die Mihna weiter Ahmad ibn Hanbal wurde im September 835 erneut vorgeladen Nachdem er sich wieder geweigert hatte die Erschaffenheit des Korans anzuerkennen wurde er geschlagen und fur zwei Jahre inhaftiert 3 Die Mihna traf noch einige andere Hadith Gelehrte so Nuʿaim ibn Hammad der 838 verhaftet wurde 4 Auch Asketen wurden wahrend der Mihna in Bagdad gefangen gesetzt wie zum Beispiel der Agypter Dhu n Nun al Misri 861 Besonders schlimm erging es dem Bagdader Notabeln Ahmad ibn Nasr al Chuzaʿi der unter al Wathiq gewaltsam gegen die Lehre von der Erschaffenheit des Korans vorgehen wollte Er wurde 846 vom Kalifen eigenhandig hingerichtet 5 Selbst im nordafrikanischen Vasallenstaat der Aghlabiden setzte man Gegner der Lehre vom erschaffenen Koran gefangen wie etwa den malikitischen Gelehrten Sahnun ibn Saʿid 6 Fur die Muʿtaziliten war diese Inquisition eher kontraproduktiv Sie galten fortan als Komplizen des Unrechtsregimes das fur die Mihna verantwortlich war Hadith Gelehrte die das in der Mihna geforderte Bekenntnis zur Geschaffenheit des Korans verweigerten und deshalb bestraft wurden genossen umgekehrt bei der Bevolkerung hoheres Prestige als je zuvor Erst unter dem Kalifat von al Mutawakkil 847 861 wurde die Mihna beendet und es fand eine antirationalistische Reaktion statt Die religionspolitische Wende erfasste auch das Aghlabiden Emirat Hier erhielt der wahrend der Mihna inhaftierte Sahnun 849 die Position des obersten Kadi Er ging rigide gegen Muʿtaziliten vor und liess einen von ihnen sogar zu Tode peitschen 6 Nachwirkungen der Mihna in Ifriqiya BearbeitenDie Nachwirkungen der Mihna bzw der Gegenbewegung sind noch mehrere Jahrzehnte spater im geistigen Zentrum von Ifriqiya in Qairawan dokumentiert Auf einem Grabstein des Kairouaner Friedhofs vom Januar 905 steht neben den Angaben uber den Verstorbenen und nach dem obligatorischen Glaubensbekenntnis der Zusatz Der Koran ist Gottes Wort und unerschaffen 7 Fast hundert Jahre spater auf einem weiteren Grabstein desselben Friedhofs vom Juli 1002 steht der Zusatz Gott der Erhabene wird am Tag der Auferstehung zu erblicken sein 8 Auch hiermit demonstrierte man gegen die Leugnung der Gottesschau nafy ar ru ya ن ف ي الرؤية nafy ar ruʾya durch die Mu tazila Die Gegner der mu tazilitischen Glaubenslehre haben es verstanden die Ketzer nach Massstaben des islamischen Rechts zu verurteilen Anhanger des chalq al Koran خلق القرآن ḫalq al Qurʾan der Erschaffenheit des Korans die Leugner der Gottesschau und diejenigen die den Koranvers und mit Mose hat Gott wirklich gesprochen Sure 4 Vers 164 hinterfragten waren nach Ansicht Ibn Hanbals und seiner Anhanger Apostaten deren Totung ein Gebot Gottes sei Mihna Hagiographie BearbeitenNach dem Ende der Mihna entstand im Osten eine Mihna Hagiographie Es wurden verschiedene Werke verfasst die davon erzahlten wie die Vertreter der Lehre von der Unerschaffenheit des Korans ihre Lehre erfolgreich vor al Ma mun verteidigt hatten Eines dieser Werke ist das Kitab al Ḥaida Buch des Ausweichens das Josef van Ess auf das fruhe 10 Jahrhundert datiert Darin wird erzahlt wie ein gewisser ʿAbd al ʿAziz ibn Yahya al Kinani der ein Schuler von asch Schafiʿi gewesen sein soll nach der Proklamation des Dogmas von der Erschaffenheit des Korans vor dem Kalifen ein Streitgesprach mit dem Muʿtaziliten Bischr al Marisi fuhrte bei dem er diesen durch seine Argumente die hauptsachlich aus dem Koran stammen so sehr in die Enge trieb dass Bischr schliesslich auf ein anderes Thema auszuweichen versuchte Von diesem Ausweichen hat das Buch seinen Titel 9 Literatur BearbeitenMichael Cooperson Al Ma mun Oxford 2005 Patricia Crone Martin Hinds God s Caliphs Religious Authority in the first Centuries of Islam Cambridge 1986 Patricia Crone Medieval Islamic Political Thought Edinburgh 2004 Josef van Ess Traditionalistische Polemik gegen Amr b Ubaid Orient Instituts der Deutschen Morgenlandischen Gesellschaft Beirut 1967 Beiruter Texte und Studien Band 7 Florian Heydorn Die islamische Inquisition des Kalifen al Ma mun GeschiMag Das Online Magazin fur Geschichte 5 Juni 2016 Tilman Nagel Rechtleitung und Kalifat Versuch uber eine Grundfrage der islamischen Geschichte Orientalisches Seminar der Universitat Bonn Bonn 1975 Studien zum Minderheitenproblem im Islam 2 John A Nawas Al Ma mun Mihna and Caliphate Nijmegen 1992 Walter Melville Patton Ahmed Ibn Hanbal and the Mihna A contribution to a biography of the Imam and to the history of the Mohammedan inquisition called the Mihna 218 234 A H Brill Leiden 1897 William Montgomery Watt The Formative Period of Islamic Thought Edinburgh University Press Edinburgh 1973 S 280 285 ISBN 0 85224 245 X Neuauflage Oneworld Publishing Oxford 2002 ISBN 1 85168 152 3 Muhammad Qasim Zaman Religion and Politics under the early Abbasids The emergence of a proto sunni elite Leiden 1997 Einzelnachweise Bearbeiten Josef van Ess Theologie und Gesellschaft im 2 und 3 Jahrhundert der Hidschra Band 2 S 420 a b Josef van Ess Theologie und Gesellschaft im 2 und 3 Jahrhundert der Hidschra Band 3 S 446 f Vgl Henri Laoust Art Aḥmad ibn Ḥanbal in The Encyclopaedia of Islam New Edition Bd I S 272b 277b Hier S 273a Josef van Ess Theologie und Gesellschaft im 2 und 3 Jahrhundert der Hidschra Band 2 S 725 Josef van Ess Theologie und Gesellschaft im 2 und 3 Jahrhundert der Hidschra Band 3 S 471 473 a b M Talbi Ṣaḥnun ibn Saʿ id In The Encyclopaedia of Islam Band 8 S 844b Bernard Roy amp Paule Poinssot Inscriptions arabes de Kairouan Paris 1950 Bd 1 S 161 Bernard Roy amp Paule Poinssot op cit S 296 Qairawan Islamische Grabinschriften Josef van Ess Theologie und Gesellschaft im 2 und 3 Jahrhundert der Hidschra Band 3 S 404 408 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mihna amp oldid 233761440