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Mandala Sanskrit मण डल maṇḍala deutsch Kreis ist in der Geschichtswissenschaft eine Bezeichnung fur das in Sudostasien bis ins 19 Jahrhundert vorherrschende politische Modell In dieser Vorstaatenwelt 1 gab es keine souveranen Territorialstaaten sondern eine Vielzahl lokaler oder regionaler Herrschaften die in den Tai Sprachen Muang und auf Malaiisch Kedatuan hiessen Deren Herrscher konnten in unterschiedlichen Graden der Abhangigkeit zu machtigeren ubergeordneten Herrschern stehen denen sie tributpflichtig waren Deren Einfluss nahm vom Zentrum zum Rand ihres Einflussbereichs graduell ab Dabei wurde die Kontrolle eines bestimmten Territoriums fur unwichtig erachtet im Vordergrund stand das Beziehungsgeflecht zwischen Personen Grenzlinien wurden nicht definiert ein Gebiet konnte gleichzeitig zu mehreren sich uberlappenden Einflussgebieten gehoren Wichtiger als die Abgrenzung eines Mandalas nach aussen war die Orientierung auf sein Zentrum Wichtige sudostasiatische Mandalas die teilweise nacheinander seit dem 5 Jahrhundert bestandenBunga mas Goldene Blume ein Symbol der Anerkennung der siamesischen Oberherrschaft durch die nordmalaiischen SultanateDas Mandala Modell ist sowohl auf das insulare als auch auf die Tiefebenen und Taler des kontinentalen Sudostasien anwendbar Das Inselreich Srivijaya 7 bis 13 Jahrhundert Champa im heutigen Sudvietnam Blutezeit im 9 und 10 Jahrhundert das Khmer Reich von Angkor 9 bis 15 Jahrhundert das Birma der Bagan Epoche 11 bis 13 Jahrhundert und der Taungu Dynastie 16 bis 18 Jahrhundert Majapahit 13 bis 15 Jahrhundert die Konigreiche Sukhothai 13 und 14 Jahrhundert und Ayutthaya im heutigen Thailand 14 bis 18 Jahrhundert waren demnach keine einheitlichen Reiche sondern Einflusszonen des jeweiligen Tributherrn Sie konnten in starken Phasen wenn kleinere Zentren ihren Schutz suchten expandieren und in Zeiten der Schwache wenn die untergeordneten Herrschaften in die Unabhangigkeit strebten sich zusammenziehen wie eine Ziehharmonika O W Wolters 2 oder ganz kollabieren Wenn eines der untergeordneten Zentren den Einfluss seines Oberherrn schwinden sah konnte es sich unabhangig erklaren und wenn der Einfluss einer anderen Macht zunahm sich dieser unterordnen Fruhere Tributbeziehungen konnten sich auch umkehren wenn ein ehemaliger Vasall stark an Macht gewann und sein fruherer Schutzherr deutlich an Einfluss verlor 3 4 5 Von chinesischen und europaischen Zeitgenossen die ein anderes Staatsverstandnis hatten wurden diese netzwerkartigen Gebilde die von einem machtigen Oberherrscher abhangig waren als einheitliche Flachenstaaten missverstanden Die europaische Kartographie die nur einheitliche Flachen mit fixen Grenzen kannte verstarkte diese Fehlkonzeption Die Kriege im Sudostasien der vorkolonialen Zeit durfen in diesem Sinne auch nicht als Kampfe zwischen Nationen verstanden werden wie es in der spateren nationalistisch gepragten Geschichtsschreibung getan wurde sondern waren Konflikte um die Vorherrschaft im Rahmen des Mandala Systems Dabei konnten durchaus Herrscher die der gleichen Ethnie angehorten gegeneinander kampfen und sich mit Herrschern einer anderen Ethnie gegen den gemeinsamen Feind verbunden Bezeichnungen wie Siamesisch Birmanischer Krieg sind von daher eigentlich irrefuhrend Ebenso problematisch ist eine Gleichsetzung historischer Mandalas mit heutigen Nationalstaaten wie sie beispielsweise in der nationalistischen Geschichtsschreibung Laos mit Bezug auf das Mandala Lan Xang verbreitet ist 6 Das Mandala System wurde durch die Kolonialisierung Sudostasiens durch europaische Machte uberwunden obwohl auch diese teilweise den traditionellen Herrschern abgestufte Grade an Autonomie liessen In Thailand wurde es Ende des 19 Jahrhunderts durch die Einfuhrung des Thesaphiban Systems durch Konig Chulalongkorn und Prinz Damrong Rajanubhab beendet die das damalige Siam von einem Mandala Gebilde in einen Einheitsstaat umwandelten 7 Das Mandala Modell wurde erstmals 1982 von dem britischen auf die Geschichte Sudostasiens spezialisierten Historiker O W Wolters formuliert Der deutsche Indologe Hermann Kulke und der thailandische Historiker Sunait Chutintaranond entwickelten es wesentlich weiter Der sri lankische Sozialanthropologe Stanley J Tambiah vertritt seit 1977 ein sehr ahnliches Modell unter der Bezeichnung galaxisartiges Gemeinwesen galactic polity 8 9 10 11 Literatur BearbeitenSunait Chutintaranond Mandala Segmentary State and Politics of Centralization in Medieval Ayudhya PDF 649 kB In Journal of the Siam Society Band 78 Nr 1 1990 Rosita Dellios Mandala From sacred origins to sovereign affairs in traditional Southeast Asia CEWCES Research Papers Centre for East West Cultural and Economic Studies Bond University 2003 Renee Hagesteijn Circles of Kings Political Dynamics in Early Continental Southeast Asia Verhandelingen van het Koninklijk Instituut voor Taal Land en Volkenkunde Nr 138 Foris Publications Dordrecht Providence RI 1989 Martin Stuart Fox Conflicting Conceptions of the State Siam France and Vietnam in the Late Nineteenth Century PDF 301 kB In Journal of the Siam Society Band 82 Teil 2 1994 S 135 144 Volker Grabowsky Bevolkerung und Staat in Lan Na Ein Beitrag zur Bevolkerungsgeschichte Sudostasiens Harrassowitz Verlag Wiesbaden 2004 Insbesondere Abschnitt Muang und maṇḍala S 4 15 Hermann Kulke Kings and Cults State Formation and Legitimation in India and Southeast Asia 1993 Stanley J Tambiah The Galactic Polity The Structure of Traditional Kingdoms in Southeast Asia In Anthropology and the Climate of Opinion Annals of the New York Academy of Sciences Band 293 New York 1977 S 69 97 O W Wolters Culture and Region in Southeast Asian Perspectives 1982 uberarbeitete Auflage 1999 Einzelnachweise Bearbeiten Derichs Grundzuge der Geschichte Sudostasiens Bundeszentrale fur politische Bildung 22 September 2014 abgerufen am 27 Marz 2019 O W Wolters Culture and Region in Southeast Asian Perspectives 1982 S 17 Zitiert in Grabowsky Bevolkerung und Staat in Lan Na 2004 S 11 Grabowsky Bevolkerung und Staat in Lan Na 2004 S 11 12 Wolters Culture and Region in Southeast Asian Perspectives 1999 S 27 28 Craig J Reynolds Seditious Histories Contesting Thai and Southeast Asian Pasts University of Washington Press Seattle 2006 S 39 Martin Stuart Fox Historiography Power and Identity History and Political Legitimization in Laos In Contesting Visions of the Lao Past Lao Historiography at the Crossroads NIAS Press Kopenhagen 2003 S 82 Grabowsky Bevolkerung und Staat in Lan Na 2004 S 14 Grabowsky Bevolkerung und Staat in Lan Na 2004 S 11 14 Reynolds Seditious Histories 2006 S 41 Robert L Brown The Dvaravati Wheels of the Law and the Indianization of South East Asia Brill Leiden 1996 S 7 Geoffrey C Gunn History Without Borders The Making of an Asian World Region 1000 1800 Hong Kong University Press Hongkong 2011 S 36 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mandala politisches Modell amp oldid 234074729