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Der Masserweiterungssatz von Caratheodory englisch Caratheodory s extension theorem oder auch Satz von Caratheodory uber Fortsetzung von Massen ist ein Satz aus dem mathematischen Teilgebiet der Masstheorie Dieser Satz dient dazu Pramasse die auf Mengenringen definiert sind zu Massen auf s Algebren fortzusetzen Mit dieser auf Constantin Caratheodory zuruckgehenden Methode kann insbesondere das Lebesguemass auf die Langenbestimmung von Intervallen zuruckgefuhrt werden Inhaltsverzeichnis 1 Formulierung des Satzes 2 Konstruktion 2 1 Masse auf Ringen 2 2 Konstruktion des ausseren Masses 2 3 Ubergang zu messbaren Mengen 3 Bemerkungen 3 1 Eindeutigkeit 3 2 Grosse der Fortsetzung 3 3 Halbringe 4 Verallgemeinerungen 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseFormulierung des Satzes BearbeitenEs sei m displaystyle mu nbsp ein Pramass auf einem Mengenring R displaystyle mathcal R nbsp von Mengen aus einer Grundmenge X displaystyle X nbsp Dann gibt es eine R displaystyle mathcal R nbsp umfassende s Algebra A displaystyle mathcal A nbsp auf X displaystyle X nbsp und eine Erweiterung m displaystyle tilde mu nbsp von m displaystyle mu nbsp zu einem Mass auf A displaystyle mathcal A nbsp so dass X A m displaystyle X mathcal A tilde mu nbsp ein vollstandiger Massraum ist 1 Konstruktion BearbeitenMan definiert mittels des auf dem Ring gegebenen Pramasses ein auf der gesamten Potenzmenge P X displaystyle mathcal P X nbsp definiertes ausseres Mass und daraus mittels einer geeigneten Einschrankung ein Mass auf einer s Algebra Diese Konstruktion wird nun im Einzelnen beschrieben und parallel auf die Konstruktion des Lebesguemasses angewandt Masse auf Ringen Bearbeiten Ein Mengenring enthalt die leere Menge und ist bezuglich endlicher Vereinigungen und Bildung von Differenzmengen abgeschlossen Ein Pramass auf einem solchen Mengenring ist eine Funktion m R 0 displaystyle mu colon mathcal R rightarrow 0 infty nbsp mit m 0 displaystyle mu emptyset 0 nbsp und m n A n n m A n displaystyle textstyle mu bigcup n A n sum n mu A n nbsp falls A 1 A 2 displaystyle A 1 A 2 ldots nbsp abzahlbar viele paarweise disjunkte Mengen aus R displaystyle mathcal R nbsp sind deren Vereinigung wieder in R displaystyle mathcal R nbsp liegt 2 Das Standardbeispiel ist die Menge R 1 displaystyle mathcal R 1 nbsp aller endlichen Vereinigungen halboffener Intervalle I a b displaystyle I a b nbsp in X R displaystyle X mathbb R nbsp wobei stets a b displaystyle a leq b nbsp sei Fur a b displaystyle a b nbsp ergibt sich die leere Menge Derartige Vereinigungen konnen immer auch als disjunkte Vereinigung I 1 I k displaystyle I 1 cup ldots cup I k nbsp solcher Intervalle geschrieben werden und die Festsetzung m I 1 I k ℓ I 1 ℓ I k displaystyle mu I 1 cup ldots cup I k ell I 1 ldots ell I k nbsp wobei ℓ a b b a displaystyle ell a b b a nbsp die Lange eines solchen Intervalls sei definiert ein Pramass auf R 1 displaystyle mathcal R 1 nbsp das sogenannte Lebesguesche Pramass Dies verallgemeinert sich leicht auf n displaystyle n nbsp Dimensionen wenn man auf X R n displaystyle X mathbb R n nbsp den Mengenring R n displaystyle mathcal R n nbsp aller endlichen Vereinigungen n dimensionaler Intervalle Quader Q a 1 b 1 a n b n displaystyle Q a 1 b 1 times ldots times a n b n nbsp betrachtet wobei stets a i b i displaystyle a i leq b i nbsp sei Auch hier kann man sich auf disjunkte Vereinigungen beschranken und in einem solchen Fall m Q 1 Q k v o l Q 1 v o l Q k displaystyle mu Q 1 cup ldots cup Q k vol Q 1 ldots vol Q k nbsp definieren wobei v o l a 1 b 1 a n b n b 1 a 1 b n a n displaystyle vol a 1 b 1 times ldots times a n b n b 1 a 1 cdot ldots cdot b n a n nbsp das ubliche elementargeometrische Volumen eines Quaders sei Man nennt auch dieses Beispiel das n dimensionale lebesguesche Pramass 3 Konstruktion des ausseren Masses Bearbeiten Es sei ein Inhalt m displaystyle mu nbsp auf einem Mengenring R displaystyle mathcal R nbsp von Mengen aus einer Grundmenge X displaystyle X nbsp gegeben Fur jede Teilmenge Y X displaystyle Y subset X nbsp sei m Y inf k 1 m A k A 1 A 2 R Y k 1 A k displaystyle mu Y inf left sum k 1 infty mu A k A 1 A 2 ldots in mathcal R Y subset bigcup k 1 infty A k right nbsp wobei inf displaystyle inf emptyset infty nbsp Dann ist m displaystyle mu nbsp ein ausseres Mass auf P X displaystyle mathcal P X nbsp Man kann zeigen dass m A m A displaystyle mu A mu A nbsp m Q m Q A m Q X A displaystyle mu Q mu Q cap A mu Q cap X setminus A nbsp fur alle Q X displaystyle Q subset X nbsp und A R displaystyle A in mathcal R nbsp Die erste Eigenschaft besagt dass m displaystyle mu nbsp das vorgegebene Mass fortsetzt die zweite dass jede Menge des Grundraums durch jede Menge des vorgegebenen Ringes in zwei Teile zerlegt wird die sich bzgl m displaystyle mu nbsp additiv verhalten 4 Ubergang zu messbaren Mengen Bearbeiten Der Kern in Caratheodorys Konstruktion ist die Definition von A A X m Q m Q A m Q X A fur alle Q X displaystyle mathcal A A subset X mu Q mu Q cap A mu Q cap X setminus A text fur alle Q subset X nbsp der Nachweis dass dies eine s Algebra definiert die sogenannte s Algebra der Caratheodory messbaren Mengen und dass die Einschrankung m m A displaystyle tilde mu mu mathcal A nbsp ein Mass ist Wegen obiger zweiter Eigenschaft des ausseren Masses ist R A displaystyle mathcal R subset mathcal A nbsp und wegen der ersten ist m displaystyle tilde mu nbsp eine Fortsetzung von m displaystyle mu nbsp 5 Schliesslich zeigt man dass A displaystyle mathcal A nbsp jede Menge mit ausserem Mass 0 enthalt woraus sich dann die Vollstandigkeit des Massraums X A m displaystyle X mathcal A tilde mu nbsp ergibt Wendet man diese Konstruktion auf unser Beispiel des lebesgueschen Pramasses an so erhalt man das Lebesguemass auf der lebesgueschen s Algebra In diesem Fall kann man zeigen dass die lebesguesche s Algebra echt grosser ist als die von R n displaystyle mathcal R n nbsp erzeugte s Algebra die mit der borelschen s Algebra zusammenfallt 6 Allerdings ist der Unterschied nicht zu gross denn jede Menge der lebesgueschen s Algebra unterscheidet sich nur um eine m displaystyle mu nbsp Nullmenge von einer Borelmenge das heisst die lebesguesche s Algebra ist die Vervollstandigung der borelschen 7 Bemerkungen BearbeitenEindeutigkeit Bearbeiten Als Folgerung aus obigem Satz erhalt man dass sich jedes Pramass auf einem Ring zu einem Mass auf der vom Ring erzeugten s Algebra fortsetzen lasst Man erhalt hier aus dem Eindeutigkeitssatz eine Eindeutigkeitsaussage wenn man zusatzlich voraussetzt dass X displaystyle X nbsp als abzahlbare Vereinigung von Ringmengen endlichen Pramasses geschrieben werden kann das Pramass also s displaystyle sigma nbsp endlich ist Grosse der Fortsetzung Bearbeiten Es lasst sich zeigen dass wenn das zur Konstruktion verwendete aussere Mass ein metrisches ausseres Mass ist dass dann die s Algebra der messbaren Mengen die Borelsche s Algebra enthalt Dies ist eine weitere Erklarung dafur dass lebesguesche s Algebra echt grosser ist als die borelsche s Algebra Halbringe Bearbeiten Statt von Mengenringen kann man auch vom allgemeineren Begriff des Halbrings ausgehen Ein Mass bzw Pramass auf einem Halbring H displaystyle mathcal H nbsp wird wie auf Ringen definiert das heisst es handelt sich um eine Mengenfunktion m H 0 displaystyle mu colon mathcal H rightarrow 0 infty nbsp so dass m 0 displaystyle mu emptyset 0 nbsp und m n A n n m A n displaystyle textstyle mu bigcup n A n sum n mu A n nbsp falls A 1 A 2 displaystyle A 1 A 2 ldots nbsp paarweise disjunkte Mengen aus H displaystyle mathcal H nbsp sind deren Vereinigung wieder in H displaystyle mathcal H nbsp liegt 8 Um in dieser Situation zu einer Masserweiterung zu kommen bildet man zunachst den von H displaystyle mathcal H nbsp erzeugten Ring R H displaystyle mathcal R mathcal H nbsp der gleich der Menge aller endlichen disjunkten Vereinigungen von Mengen aus H displaystyle mathcal H nbsp ist 9 Ist C 1 C k displaystyle C 1 cup ldots cup C k nbsp eine solche disjunkte Vereinigung so wird durch die Festsetzung m C 1 C k m C 1 m C k displaystyle hat mu C 1 cup ldots cup C k mu C 1 ldots mu C k nbsp ein Pramass m displaystyle hat mu nbsp auf dem Mengenring R H displaystyle mathcal R mathcal H nbsp erklart 10 Darauf kann dann die oben beschriebene Konstruktion angewendet werden Das Standardbeispiel ist der Halbring H n displaystyle mathcal H n nbsp aller halboffenen n dimensionalen Intervalle Quader a b X x 1 x n a i x i lt b i fur alle i 1 n displaystyle a b X x 1 ldots x n a i leq x i lt b i text fur alle i 1 ldots n nbsp mit a a 1 a n b b 1 b n R n displaystyle a a 1 ldots a n b b 1 ldots b n in mathbb R n nbsp und das darauf erklarte Mass des elementargeometrischen Inhalts Die hier vorgestellte Konstruktion fuhrt also direkt von der Definition des Quadervolumens als Produkt der Seitenlangen zum Lebesguemass Sie kann direkt auf allgemeine Produktmasse verallgemeinert werden Verallgemeinerungen BearbeitenAllgemeiner lasst sich zeigen dass wenn H displaystyle mathcal H nbsp ein Halbring ist und m displaystyle mu nbsp eine additive s displaystyle sigma nbsp subadditive und s displaystyle sigma nbsp endliche Mengenfunktion eine eindeutige Fortsetzung von m displaystyle mu nbsp auf s H displaystyle sigma mathcal H nbsp existiert die ein Mass ist und auf jeder Menge des Halbrings mit der Mengenfunktion ubereinstimmt Diese Formulierung enthalt die obige als Spezialfall Weblinks BearbeitenEintrag Caratheodory Satz von uber Fortsetzung von Massen im Lexikon der Mathematik 2017 Eintrag Caratheodory s extension theorem auf PlanetmathEinzelnachweise Bearbeiten Ludger Ruschendorf Wahrscheinlichkeitstheorie Springer Verlag 2016 ISBN 978 3 662 48937 6 Satz 1 2 29 Ernst Henze Einfuhrung in die Masstheorie BI Hochschultaschenbucher Bd 505 Bibliographisches Institut Mannheim u a 1971 ISBN 3 411 00505 X Kap 2 Heinz Bauer Wahrscheinlichkeitstheorie 4 vollig uberarbeitete und neugestaltete Auflage de Gruyter Berlin 1991 ISBN 3 11 012191 3 Kap I 4 Heinz Bauer Wahrscheinlichkeitstheorie 4 vollig uberarbeitete und neugestaltete Auflage de Gruyter Berlin 1991 ISBN 3 11 012191 3 Kap I Satz 5 2 Heinz Bauer Wahrscheinlichkeitstheorie 4 vollig uberarbeitete und neugestaltete Auflage de Gruyter Berlin 1991 ISBN 3 11 012191 3 Kap I Satz 5 4 Donald L Cohn Measure Theory Birkhauser Boston MA u a 1980 ISBN 3 7643 3003 1 Satz 2 1 9 Donald L Cohn Measure Theory Birkhauser Boston MA u a 1980 ISBN 3 7643 3003 1 Satz 1 5 2 Ernst Henze Einfuhrung in die Masstheorie BI Hochschultaschenbucher Bd 505 Bibliographisches Institut Mannheim u a 1971 ISBN 3 411 00505 X Kap 2 Ernst Henze Einfuhrung in die Masstheorie BI Hochschultaschenbucher Bd 505 Bibliographisches Institut Mannheim u a 1971 ISBN 3 411 00505 X Kap 1 5 Satz 6 Ernst Henze Einfuhrung in die Masstheorie BI Hochschultaschenbucher Bd 505 Bibliographisches Institut Mannheim u a 1971 ISBN 3 411 00505 X Kap 2 3 Satz 2 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Masserweiterungssatz von Caratheodory amp oldid 239508274